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Das Bundesgericht hatte in der Rechtssache 6B_122/2024 über eine Beschwerde in Strafsachen gegen ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2023 zu entscheiden. Der Beschwerdeführer wurde in den Vorinstanzen wegen Pornografie und mehrfacher Gewaltdarstellungen schuldig gesprochen. Die zentralen rechtlichen Fragen betrafen die Subsumtion der sogenannten Scheinkinderpornografie unter den Tatbestand der Pornografie sowie die subjektive Tatseite des Besitzes von Gewaltdarstellungen.
I. Sachverhalt
Dem Beschwerdeführer A._ wurde vorgeworfen, sich der Pornografie schuldig gemacht zu haben, indem er eine Videodatei über Instagram versandte, die ein vorpubertär wirkendes Mädchen beim Oralverkehr mit einem erwachsenen Mann zeigte. Tatsächlich handelte es sich bei der Darstellerin um eine volljährige Person, deren Erscheinungsbild mittels eines technischen Filters verjüngt wurde. Des Weiteren soll A._ den Tatbestand der Gewaltdarstellungen erfüllt haben, indem er Videodateien mit gewalttätigem Inhalt aus einer Telegram-Gruppe empfing.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte A.__ am 12. April 2023 unter anderem wegen Pornografie und mehrfacher Gewaltdarstellungen. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte dieses Urteil am 21. Dezember 2023. Der Beschwerdeführer beantragte vor Bundesgericht die Aufhebung des Urteils und seinen Freispruch von diesen Vorwürfen.
II. Pornografie (Scheinkinderpornografie) – aArt. 197 Abs. 4 Satz 1 StGB
1. Argumentation des Beschwerdeführers Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung des Legalitätsprinzips (Art. 1 StGB). Er argumentierte, die Subsumtion von Scheinkinderpornografie unter aArt. 197 Abs. 4 Satz 1 StGB sei mit dem Wortlaut der Bestimmung unvereinbar. Diese Norm ziele auf Darstellungen nicht tatsächlicher sexueller Handlungen mit Minderjährigen ab, nicht auf Darstellungen mit tatsächlich volljährigen, aber durch technische Filter minderjährig wirkenden Personen.
2. Argumentation der Vorinstanz Die Vorinstanz bejahte die Strafbarkeit und vertrat die Auffassung, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspreche, Scheinkinderpornografie unter Strafe zu stellen. Hinsichtlich des Schutzzwecks der Norm sei kein Unterschied zu rein virtuell generierten Darstellungen erkennbar.
3. Ausführungen des Bundesgerichts
Definition und normative Grundlage: Das Bundesgericht präzisierte, dass "Scheinkinderpornografie" (oder "Fiktivkinderpornografie") pornografische Inhalte meint, bei denen zwar tatsächlich volljährige Personen mitwirken, diese aber durch technische Mittel (z.B. Filter) auf den Betrachter minderjährig wirken (E. 1.3.1). Die anwendbare Norm sei aArt. 197 Abs. 4 Satz 1 StGB (Fassung bis 30. Juni 2024, wobei der relevante Teil unverändert bleibt), welche pornografische Gegenstände oder Vorführungen mit "nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen" unter Strafe stellt.
Rechtsprechungsstand und Abgrenzung: Das Bundesgericht hielt fest, dass es sich hierbei um eine bislang offene Rechtsfrage handle (E. 1.3.2 unter Verweis auf Urteil 6B_180/2015 E. 3.3.3). Es stellte klar, dass Scheinkinderpornografie nicht unter die qualifizierte harte Pornografie (tatsächliche Kinderpornografie nach Art. 197 Abs. 3 StGB) falle, da diese reale minderjährige Personen voraussetze. Die Diskussion um Scheinkinderpornografie drehe sich um die Kategorie der "nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen".
Legalitätsprinzip und Auslegung: Das Gericht erinnerte an den Grundsatz des Legalitätsprinzips (Art. 1 StGB), der die Schaffung oder unzulässige Erweiterung von Straftatbeständen verbiete. Zugleich gehöre es aber zur Aufgabe der Rechtsprechung, technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen (E. 1.3.3).
Wortlautauslegung: Art. 197 Abs. 4 Satz 1 StGB spricht von "nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen". Das Adjektiv "nicht tatsächliche" bezieht sich auf die Handlungen. Bei der Scheinkinderpornografie finden zwar tatsächliche sexuelle Handlungen statt, aber die dargestellten Minderjährigen sind nicht tatsächlich. Das Bundesgericht argumentierte jedoch, dass es sich letztlich um Darstellungen sexueller Handlungen handle, die so, mit einem "Kind", nicht stattgefunden haben und in diesem Sinne "nicht tatsächlich" seien. Daher sei der Gesetzeswortlaut für beide Auslegungen offen (E. 1.3.4).
Historische und teleologische Auslegung (Gesetzesmaterialien, Sinn und Zweck):
III. Mehrfache Gewaltdarstellungen – aArt. 135 Abs. 1bis StGB
1. Argumentation des Beschwerdeführers Der Beschwerdeführer bestritt die subjektive Tatseite, indem er vorbrachte, nicht nachgewiesen werden könne, dass er Kenntnis von der automatischen Speicherung der fraglichen Videodateien in einem Zwischenspeicher gehabt habe.
2. Argumentation der Vorinstanz Die Vorinstanz ging davon aus, dem Beschwerdeführer sei die automatische Speicherung der über Telegram empfangenen Videodateien bewusst gewesen.
3. Ausführungen des Bundesgerichts
Normative Grundlage und subjektiver Tatbestand: aArt. 135 Abs. 1bis StGB (Fassung vor dem 1. Juli 2023) bestrafte den Erwerb, die Beschaffung oder den Besitz von Gewaltdarstellungen. In subjektiver Hinsicht erforderte der Tatbestand Vorsatz, wobei Eventualvorsatz genügte (E. 2.3.1).
Begriff des Besitzes an elektronischen Daten: Das Bundesgericht erläuterte, dass der Besitz an elektronischen Daten objektive und subjektive Komponenten hat. Objektiv ist die tatsächliche Sachherrschaft erforderlich, d.h. die Daten müssen auf dem eigenen Computer oder Datenträger gespeichert sein. Subjektiv bedarf es des Herrschaftswillens, welcher Kenntnis um die Funktionsweise und den Inhalt der Speicherung voraussetzt (E. 2.3.2 unter Verweis auf BGE 137 IV 208 E. 4.1).
Willkürliche Beweiswürdigung: Die Feststellung, was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm (innerer Sachverhalt), ist eine Tatfrage, die das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür prüft (Art. 97 Abs. 1 BGG; E. 2.3.3).
Anwendung auf den Fall: Der Beschwerdeführer bestritt den objektiven Tatbestand des Besitzes nicht. Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass der Beschwerdeführer zuvor eine ebenfalls über Telegram erhaltene pornografische Datei über sein Instagram-Profil weitergeleitet hatte. Das Bundesgericht erachtete es als nicht willkürlich, daraus abzuleiten, dass dem Beschwerdeführer bewusst war, dass über Telegram empfangene Videos automatisch abgespeichert würden und später darauf zugegriffen werden könne. Der Umstand, dass für das Weiterleiten das Laden aus einem spezifischen Ordner nicht zwingend sei, ändere nichts an dieser Schlussfolgerung (E. 2.3.4).
IV. Genugtuungsantrag
Der Genugtuungsantrag des Beschwerdeführers wurde abgewiesen, da er lediglich mit den beantragten Freisprüchen begründet war (E. 3).
V. Fazit und wesentliche Punkte der Entscheidung
Das Bundesgericht wies die Beschwerde in Strafsachen ab. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung sind: