Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_76/2025 vom 3. Dezember 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils 6B_76/2025 des Bundesgerichts vom 3. Dezember 2025

1. Einleitung und Verfahrensgegenstand

Das Bundesgericht hatte sich mit einer Beschwerde gegen ein Urteil der Cour pénale des Tribunal cantonal de la République et canton du Jura vom 28. November 2024 zu befassen. Der Beschwerdeführer A.A.__ wurde von der Vorinstanz wegen Beleidigung (Art. 177 StGB), Drohung (Art. 180 StGB) und Nötigung (Art. 181 StGB) zum Nachteil von B.A._ und C.A. verurteilt, wobei er von einigen anderen Vorwürfen (einfache Körperverletzung, Sachbeschädigung, weitere Drohungs- und Nötigungshandlungen) freigesprochen wurde (teils wegen Verjährung, teils mangels Beweises). Die Vorinstanz verhängte eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 30 Franken und ein fünfjähriges Kontakt- und Annäherungsverbot gegenüber B.A.___. Der Beschwerdeführer focht dieses Urteil vor dem Bundesgericht an und beantragte seinen vollumfänglichen Freispruch von den verbleibenden Vorwürfen sowie eine Genugtuung.

2. Die massgebenden Sachverhaltsdetails für das Bundesgericht

Der für das Bundesgericht zentrale Sachverhalt betraf die formelle Gültigkeit des kantonalen Urteils: Die Verhandlung und Beratung vor der Cour pénale des Tribunal cantonal de la République et canton du Jura fand am 28. November 2024 statt. Die Gerichtsbesetzung bestand aus dem Präsidenten D._ sowie den Richterinnen E._ und F._. Das den Parteien zugestellte Urteil war jedoch nicht vom Präsidenten oder einem der Richter, die an der Beratung teilgenommen hatten, unterzeichnet. Stattdessen trug es die Unterschrift "p.o. G._" (per ordre G.__) und die des Gerichtsschreibers.

3. Rechtliche Argumentation des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer rügte einen formellen Rechtsverweigerungsgrund (déni de justice formel), da die kantonale Gerichtsbesetzung nicht korrekt gewesen sei. Er machte geltend, Richterin G._, die das Urteil "auf Anordnung" unterzeichnete, habe weder der Spruchkörperbesetzung angehört noch an der Verhandlung oder den Beratungen vom 28. November 2024 teilgenommen. Er führte zudem an, dass er, wäre Richterin G._ Teil der Gerichtsbesetzung gewesen, ein Ausstandsbegehren (récusation) gegen sie gestellt hätte, da sie bereits in seinem früheren Scheidungsverfahren tätig gewesen sei. Er beantragte daher die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

4. Stellungnahme der Vorinstanz

Der Präsident der Cour pénale des Kantonsgerichts Jura bestätigte in seiner Stellungnahme an das Bundesgericht, dass Richterin G._ das Urteil auf seine Anordnung hin unterzeichnet habe, da er selbst zum Zeitpunkt der Zustellung verhindert gewesen sei. Er bestätigte ausdrücklich, dass Richterin G._ weder an der Verhandlung vom 28. November 2024 noch an den Beratungen oder der Redaktion der schriftlichen Erwägungen teilgenommen habe. Ihre Intervention habe sich ausschliesslich auf die Unterschrift des Urteils anstelle des Präsidenten beschränkt.

5. Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht befasste sich primär mit der Rüge des formellen Rechtsverweigerungsgrundes, da dieser, sofern begründet, eine Aufhebung des Urteils ohne Prüfung weiterer materieller Rügen zur Folge hätte.

5.1. Rechtsgrundlagen und Grundsätze der formellen Gültigkeit Das Bundesgericht verwies auf Art. 80 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), wonach schriftliche und begründete Entscheide von der Verfahrensleitung und dem Protokollführer zu unterzeichnen und den Parteien zuzustellen sind. Einfache Instruktionsentscheide und -verfügungen gemäss Art. 80 Abs. 3 StPO sind von dieser Unterschriftspflicht ausgenommen, was auf das angefochtene Berufungsurteil jedoch nicht zutrifft.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 131 V 483 E. 2.3.3; Urteile 6B_1231/2015 vom 31. Mai 2016 E. 1.2; 1B_608/2011 vom 10. November 2011 E. 2.3) hält fest, dass die Unterschrift eine formelle Gültigkeitsvoraussetzung darstellt. Diese Anforderung dient insbesondere der Rechtssicherheit.

5.2. Funktion der Unterschrift und Anforderungen an den Unterzeichner Die unterzeichnende Person bescheinigt mit ihrer Unterschrift, dass der schriftliche Entscheid dem vom Gericht gefällten Entscheid entspricht. Dies ist von zentraler Bedeutung, da die Parteien darauf vertrauen müssen, dass das ihnen zugestellte Urteil tatsächlich die Entscheidung des Spruchkörpers wiedergibt.

Bei Gerichtsverhandlungen, an denen – wie im vorliegenden Fall – Debatten stattgefunden haben, kann nur ein Richter, der an allen Debatten teilgenommen hat, die Übereinstimmung des schriftlichen Urteils mit dem Entscheid des Spruchkörpers bestätigen (Art. 335 Abs. 1 StPO; Urteil 6B_14/2012 vom 15. September 2012 E. 3.4).

5.3. Schlussfolgerung des Bundesgerichts im konkreten Fall Gestützt auf diese Grundsätze kam das Bundesgericht zum Schluss, dass bei einer Verhinderung der Verfahrensleitung nur ein Richter, der Teil der Urteil fällenden Gerichtsbesetzung war, an deren Stelle unterzeichnen kann.

Im vorliegenden Fall war unbestritten, dass Richterin G.__ weder der Spruchkörperbesetzung angehörte noch an der Verhandlung oder den Beratungen teilgenommen hatte. Ihre Rolle beschränkte sich ausschliesslich auf die Unterschrift "auf Anordnung". Damit war sie nicht in der Lage, die Übereinstimmung des schriftlichen Urteils mit der tatsächlichen Entscheidung des Gerichts zu bescheinigen, da ihr die Kenntnis der Beratungen und der Willensbildung des Spruchkörpers fehlte.

Folglich litt das angefochtene Urteil an einem formellen Mangel, der einen formellen Rechtsverweigerungsgrund darstellt. Das Bundesgericht musste das Urteil daher aufheben und die Sache zur neuen Beurteilung an das Kantonsgericht Jura zurückweisen. Es obliegt nun einem Richter, der tatsächlich an den Debatten teilgenommen hat, die Übereinstimmung des Urteils durch seine Unterschrift zu bestätigen.

6. Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht Jura zurück. Da die Beschwerde bereits aufgrund dieses prozeduralen Mangels erfolgreich war, erachtete das Bundesgericht die Prüfung der weiteren materiellen Rügen des Beschwerdeführers als obsolet.

Dem Beschwerdeführer wurden keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG), und der Kanton Jura wurde verpflichtet, ihm eine Parteientschädigung für das Verfahren vor dem Bundesgericht zu zahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde somit als gegenstandslos erklärt. Die Beschwerdegegnerin (B.A.______) hatte ebenfalls keine Gerichtskosten zu tragen und dem Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zu leisten.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Verfahrensfehler: Das Bundesgericht hob das kantonale Urteil wegen eines gravierenden formellen Mangels auf.
  • Fehlende Unterschrift: Das Urteil wurde von einer Richterin "auf Anordnung" unterschrieben, die weder Teil der Spruchkörperbesetzung war noch an der Verhandlung oder den Beratungen teilgenommen hatte.
  • Rechtliche Begründung: Gemäss Art. 80 Abs. 2 StPO und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Unterschrift eine Gültigkeitsvoraussetzung zur Gewährleistung der Rechtssicherheit.
  • Funktion der Unterschrift: Nur ein Richter, der an allen Debatten teilgenommen hat (Art. 335 Abs. 1 StPO), kann die Übereinstimmung des schriftlichen Urteils mit der gerichtlichen Entscheidung bescheinigen.
  • Konsequenz: Der festgestellte Mangel stellte einen formellen Rechtsverweigerungsgrund dar, der zur Aufhebung des Urteils und zur Rückweisung an die Vorinstanz für eine Neubeurteilung mit korrekter Unterzeichnung führte. Materielle Rügen wurden nicht geprüft.