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1. Einleitung und Streitgegenstand
Das Bundesgericht hatte im Urteil 2C_534/2024 vom 19. November 2025 über die Beschwerde eines italienischen Staatsangehörigen, A.__ (geb. 1969), zu entscheiden. Streitgegenstand war die Nichtverlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA durch die kantonalen Behörden des Kantons Zürich und die daraus resultierende Wegweisung aus der Schweiz. Der Beschwerdeführer machte geltend, ihm stehe aufgrund dauernder Arbeitsunfähigkeit ein völkerrechtlicher Anspruch auf Verbleib gemäss Art. 4 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten (FZA, SR 0.142.112.681) zu.
2. Sachverhalt und Verfahrensgeschichte
A.__ reiste am 16. Oktober 2017 in die Schweiz ein und erhielt im Oktober 2018 im Kanton Zürich eine bis zum 22. Oktober 2022 befristete Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Seit Februar 2022 bezog er Sozialhilfe. Ab September 2022 war er dauerhaft arbeitsunfähig, und im Mai 2023 meldete er sich bei der Invalidenversicherung (IV) an.
Das Migrationsamt des Kantons Zürich wies im Oktober 2023 sein Verlängerungsgesuch ab und wies ihn weg. Die kantonalen Rechtsmittel (Rekurs an die Sicherheitsdirektion und Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich) blieben erfolglos. Das Verwaltungsgericht begründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, dass das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers gemäss nationalem Recht (Art. 61a Abs. 4 des Ausländer- und Integrationsgesetzes, AIG) sechs Monate nach Beendigung seines letzten Arbeitsverhältnisses erloschen sei, was im Einklang mit dem FZA stehe.
3. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts
3.1. Zulässigkeit der Beschwerde Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist im Ausländerrecht nur zulässig, wenn ein bundes- oder völkerrechtlicher Anspruch auf die angestrebte Bewilligung besteht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Das Bundesgericht bejahte die Zulässigkeit, da der Beschwerdeführer in vertretbarer Weise einen potenziellen Anspruch auf ein Verbleiberecht gemäss Art. 4 Anhang I FZA aufgrund seiner dauernden Arbeitsunfähigkeit geltend machte.
3.2. Das Verbleiberecht gemäss FZA Gemäss Art. 4 Abs. 1 Anhang I FZA haben Staatsangehörige einer Vertragspartei nach Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit ein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei. Art. 4 Abs. 2 Anhang I FZA in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 lit. b Satz 1 Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 präzisiert dieses Recht für Arbeitnehmer, die infolge dauernder Arbeitsunfähigkeit eine Beschäftigung aufgeben. Eine zentrale Voraussetzung hierfür ist, dass der Betroffene im Zeitpunkt des Eintritts der dauernden Arbeitsunfähigkeit die freizügigkeitsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft innehatte (vgl. BGE 147 II 35 E. 3.3).
3.3. Der freizügigkeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff Das Bundesgericht legt den Arbeitnehmerbegriff in Übereinstimmung mit der unionsrechtlichen Rechtsprechung, insbesondere der des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vor der Unterzeichnung des FZA (1999), aus (Art. 16 Abs. 2 FZA). Neuere EuGH-Entscheide werden berücksichtigt, sofern keine triftigen Gründe dagegensprechen (vgl. BGE 151 II 277 E. 5.2). Ein Arbeitnehmer ist demnach, wer (1) während einer bestimmten Zeit (2) Leistungen für eine andere Person nach deren Weisungen erbringt und (3) als Gegenleistung hierfür eine Vergütung erhält (BGE 151 II 277 E. 5.3).
Entscheidend ist dabei eine "echte und tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit". Es kommt nicht nur auf den zeitlichen Umfang oder die Höhe des Lohnes an. Eine Gesamtbewertung aller Umstände ist vorzunehmen. Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie als "völlig untergeordnet und unwesentlich" ("marginal et accessoire") erscheinen, begründen keine Arbeitnehmereigenschaft (BGE 151 II 277 E. 5.3; 131 II 339 E. 3.2 f.). Das Bundesgericht hat in früheren Urteilen beispielsweise ein monatliches Einkommen von Fr. 600.– bis Fr. 800.– als untergeordnet eingestuft (Urteil 2C_1137/2014 vom 6. August 2015 E. 4) und ein solches von Fr. 900.– verneint (Urteil 2C_815/2020 vom 11. Februar 2021 E. 3), während es bei Fr. 1'793.15 bei 84.85 Stunden/Monat bejaht wurde (Urteil 2C_198/2024 vom 25. Juni 2024 E. 4).
3.4. Verlust des Arbeitnehmerstatus und nationalrechtliche Kodifizierung Gemäss Art. 6 Abs. 6 Anhang I FZA verliert ein Vertragsausländer seinen Arbeitnehmerstatus bei unfreiwilliger Beendigung der Erwerbstätigkeit nicht unmittelbar. Dieser Status geht jedoch verloren, wenn (1) freiwillige Arbeitslosigkeit vorliegt, (2) keinerlei ernsthafte Aussichten (mehr) darauf bestehen, in absehbarer Zeit eine andere Arbeit zu finden, oder (3) das Verhalten als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist (BGE 141 II 1 E. 2.2.1). Die Praxis geht davon aus, dass nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit und ausgeschöpften Arbeitslosengeldern von fehlenden Aussichten auf eine neue Stelle auszugehen ist (BGE 147 II 1 E. 2.1.3).
Diese Praxis wurde mit dem seit 1. Juli 2018 geltenden Art. 61a Abs. 4 AIG im nationalen Recht kodifiziert. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Aufenthaltsrecht bei unfreiwilliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses (nach den ersten zwölf Monaten des Aufenthalts) sechs Monate nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt. Besteht nach diesen sechs Monaten weiterhin Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, erlischt das Recht sechs Monate nach Ende der Entschädigung.
3.5. Anwendung auf den vorliegenden Fall
3.5.1. Erlöschen des Aufenthaltsrechts nach Art. 61a Abs. 4 AIG: Es war unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 22. November 2021 infolge Kündigung seiner Arbeitgeberin unfreiwillig arbeitslos wurde. Da ihm in der Folge keine Arbeitslosenentschädigung mehr ausbezahlt wurde, stellte das Bundesgericht fest, dass sein Aufenthaltsrecht gemäss Art. 61a Abs. 4 Satz 1 AIG bereits sechs Monate nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, d.h. am 22. Mai 2022, erloschen ist.
3.5.2. Vereinbarkeit mit dem FZA und Verlust der Arbeitnehmereigenschaft: Das Bundesgericht bestätigte, dass diese Anwendung von Art. 61a Abs. 4 AIG mit dem FZA im Einklang steht:
Keine Wiedererlangung einer echten Arbeitnehmereigenschaft: Zwar hatte der Beschwerdeführer nach November 2021 vereinzelte Temporäreinsätze (März Fr. 893.50, April Fr. 2'473.85, Juli Fr. 573.25, August Fr. 2'014.90). Während zweier Monate (Mai, Juni) gab es jedoch keine Einsätze, und das durchschnittliche monatliche Einkommen lag bei lediglich Fr. 992.60. Das Bundesgericht bestätigte die vorinstanzliche Einschätzung, dass dies keine "echte und tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit" darstellt, die für die Arbeitnehmereigenschaft erforderlich wäre. Zu diesem Zeitpunkt war auch keine gesundheitliche Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen.
Fehlende Aussichten auf eine neue Stelle: Das Bundesgericht bekräftigte, dass der Arbeitnehmerstatus des Beschwerdeführers spätestens im Mai 2022 erlosch, da keine ernsthaften Aussichten mehr bestanden, in absehbarer Zeit eine andere Arbeit zu finden. Obwohl die Praxis eine 18-monatige Arbeitslosigkeit und ausgeschöpfte ALV-Leistungen als Richtwert für das Erlöschen des Status annimmt, betonte das Bundesgericht, dass stets eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen sei. Hierbei verwies es auf das Urteil 2C_168/2021 vom 23. November 2021, in dem fehlende Aussichten bereits nach acht Monaten Arbeitslosigkeit bejaht wurden, weil das letzte Arbeitsverhältnis kurz war und der Betroffene bereits zuvor wiederholt und längere Zeit arbeitslos und auf Sozialhilfe angewiesen war.
Analoge Würdigung im vorliegenden Fall: Für A.__ galten ähnliche Umstände: Sein letztes Arbeitsverhältnis dauerte nur etwas mehr als sieben Monate. Zuvor war er bereits von Oktober 2019 bis März 2021 (fast 1.5 Jahre) arbeitslos, wobei seine Arbeitslosengelder im November 2021 ausgeschöpft waren und er ab Februar 2022 Sozialhilfe bezog. Trotz vereinzelter Arbeitseinsätze gab es lange Unterbrüche und ein sehr geringes Durchschnittseinkommen. Hinzu kamen Zweifel an seinem Willen, eine neue Arbeitsstelle zu finden: Er nahm Arbeitstätigkeiten teilweise nur auf externen Druck hin auf, und zwei in Aussicht stehende Festanstellungen scheiterten am Verhalten des Beschwerdeführers (Art. 105 Abs. 2 BGG). Aufgrund dieser Gesamtwürdigung kam das Bundesgericht zum Schluss, dass für den Beschwerdeführer bereits am 22. Mai 2022 keine realistischen Erfolgsaussichten mehr auf eine Stelle bestanden.
3.5.3. Weitere Punkte: Da der Beschwerdeführer seine Arbeitnehmereigenschaft bereits im Mai 2022 verloren hatte und nicht wieder erlangt hatte, war kein Verbleiberecht gemäss Art. 4 Anhang I FZA gegeben. Das hängige IV-Verfahren musste daher nicht abgewartet werden, da die Arbeitnehmereigenschaft zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bestand. Auch der Verweis des Beschwerdeführers auf Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA (Einschränkung der Bewilligungsverlängerung bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit von mehr als 12 Monaten) erwies sich als unbehelflich, da diese Bestimmung das Fortbestehen der Arbeitnehmereigenschaft voraussetzt.
4. Fazit und Abweisung der Beschwerde
Das Bundesgericht bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass die Arbeitnehmereigenschaft des Beschwerdeführers gemäss FZA spätestens am 22. Mai 2022 erloschen ist und er diese nicht wiedererlangt hat. Entsprechend bestand kein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und auch kein Verbleiberecht nach Art. 4 Anhang I FZA. Die Beschwerde wurde daher als unbegründet abgewiesen. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wurde entsprochen, da die Eingabe nicht als zum vornherein aussichtslos galt.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: