Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_435/2025 vom 14. November 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 1C_435/2025 vom 14. November 2025

1. Einleitung und Verfahrensgegenstand

Das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts befasst sich mit einem Fall aus dem Kanton Tessin, in dem es primär um die Kostenverteilung in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren geht, welches die Schliessung eines Platzes mittels fixer Poller und einer Kette betraf. Die Beschwerdeführer (A._, B._ und C.__) wehrten sich gegen die ihnen auferlegten Gerichtsgebühren, nachdem sie vor den kantonalen Instanzen zwar teilweise obsiegt, aber dennoch als teilunterliegend betrachtet wurden.

2. Sachverhalt und Vorinstanzen

Anfang 2025 schloss das Unterhaltszentrum Mendrisio einen Platz an der Kantonsstrasse Bissone-Mendrisio (Punta san Nicolao) mit fest installierten Pollern und einer Kette, wodurch der Zugang für Dritte dauerhaft unterbunden wurde. Dies erfolgte als sogenannter Realakt.

Die Beschwerdeführer fochten diesen Realakt am 5. Februar 2025 beim Tessiner Staatsrat (Consiglio di Stato) an. Der Staatsrat hiess die Beschwerde mit Beschluss vom 7. Mai 2025 teilweise gut. Er stellte die Nichtigkeit des Realakts fest und ordnete die Entfernung der Poller und der Kette an. Gleichzeitig auferlegte er den Beschwerdeführern jedoch eine Gerichtsgebühr von CHF 400.--, da er sie als teilunterliegend betrachtete.

Gegen diese Kostenauflage erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde beim Tessiner Verwaltungsgericht (Tribunale cantonale amministrativo). Sie machten geltend, zu Unrecht als teilunterliegend eingestuft worden zu sein, da ihr zweites Rechtsbegehren (Wiederherstellung der früheren Begrenzung mit weiss-schwarzen Pollern) lediglich ein blosses Korollar zu ihrem Hauptbegehren gewesen sei. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 13. Juni 2025 ab und auferlegte den Beschwerdeführern eine weitere Gerichtsgebühr von CHF 800.--.

Dagegen gelangten die Beschwerdeführer mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (und subsidiär einer Verfassungsbeschwerde, die als unzulässig erachtet wurde) an das Bundesgericht, um die Kostenentscheide der Vorinstanzen anzufechten.

3. Massgebende Rechtsgrundlagen und Verfahrensgrundsätze

Das Bundesgericht prüft die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als letzte Instanz. Bei der Auslegung und Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht beschränkt sich seine Prüfungsbefugnis gemäss Art. 9 der Bundesverfassung (BV) auf Willkür. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, in einem klaren Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht, eine Norm oder einen klaren Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in unerträglicher Weise dem Gerechtigkeits- und Billigkeitsempfinden widerspricht. Dabei ist nicht nur die Begründung, sondern auch das Ergebnis des Entscheids unhaltbar zu sein.

Die Beschwerdeführer, die sich auf diverse Verfassungsrechte (Art. 5 Abs. 1 und 3 BV – Gebot von Treu und Glauben; Art. 8 BV – Rechtsgleichheit; Art. 9 BV – Willkürverbot; Art. 29 Abs. 1 BV – allgemeine Verfahrensgarantien; Art. 35 BV – Umsetzung von Grundrechten) beriefen, mussten diese Rügen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG klar und präzise begründen, was das Bundesgericht bei pauschalen Verweisen als ungenügend qualifizierte.

4. Detaillierte Analyse und Begründung des Bundesgerichts

4.1. Die umstrittene Kostenverteilung durch den Staatsrat

Der Kern des bundesgerichtlichen Verfahrens bildete die Frage der Kostenverteilung im vorangegangenen Verfahren vor dem Staatsrat. Gemäss Art. 47 Abs. 1 des Tessiner Gesetzes über das Verwaltungsverfahren (LPAmm) kann die Verwaltungsbehörde eine Gerichtsgebühr erheben, deren Höhe sich nach Umfang, Schwierigkeit der Sache, Prozessführung und finanzieller Situation der Parteien richtet und zwischen CHF 100.-- und CHF 5'000.-- liegt. Diese Norm hat dispositiven Charakter und räumt dem Staatsrat einen weiten Ermessensspielraum ein, der vom Verwaltungsgericht nur bei Ermessensüberschreitung oder -missbrauch überprüft werden kann.

Die Vorinstanzen folgten dem Grundsatz, dass die Gerichtsgebühr in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt wird und bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen proportional zu verteilen ist. Die Beschwerdeführer hatten vor dem Staatsrat beantragt: "Die Beschwerde wird gutgeheissen und folglich werden die Entfernung der Kette, die den Zugang zum Platz versperrt (...), und die Wiederherstellung der zuvor bestehenden Begrenzung mit weiss-schwarzen Pollern angeordnet."

Der Staatsrat hatte zwar die Nichtigkeit des Realakts festgestellt und die Entfernung der Kette und der neu gesetzten Poller angeordnet. Er wies jedoch das zweite Rechtsbegehren der Beschwerdeführer – die Wiederherstellung der vorbestehenden Begrenzung mit weiss-schwarzen Pollern – zurück. Er begründete dies damit, dass der Platz für Unterhalts- und Notfalleinsätze vorgesehen sei und eine Nutzung durch Private als Parkplatz eine Sondernutzung darstelle, die einer vorgängigen Bewilligung des Staatsrats bedürfe. Zudem sei die Anbringung von Begrenzungselementen an Strassen nach Art. 9 und 23 Abs. 1 des Tessiner Strassengesetzes (LStr) an ein Projektverfahren gebunden, für das die Strassenbauabteilung des Staatsrats zuständig sei und nicht das Unterhaltszentrum. Da aus den Akten nicht hervorging, dass die vorbestehenden weiss-schwarzen Poller gemäss diesem Verfahren und von der zuständigen Behörde installiert worden waren, erklärte der Staatsrat das Wiederherstellungsbegehren als unzulässig ("irricevibile").

4.1.1. Abweisung des "Korollar"-Arguments der Beschwerdeführer

Das Bundesgericht verwarf die Argumentation der Beschwerdeführer, ihr zweites Rechtsbegehren sei lediglich ein blosses Korollar oder ein "obiter dictum" gewesen, das den freien Gebrauch des Platzes wiederherstellen sollte und daher für die Kostenverteilung irrelevant sei. Das Bundesgericht hielt fest, dass der Platz nicht für illegales oder missbräuchliches Parkieren von Privaten vorgesehen ist, sondern für Unterhalts- und Notfalleinsätze. Die Beschwerdeführer hatten ein persönliches Interesse an der Wiederherstellung der vorbestehenden Poller und/oder dem Zugang zum Platz, da sie argumentierten, dieser diene auch einem Teil des Baugebiets von Bissone. Ihr Begehren war somit kein nebensächlicher Punkt, sondern ein substanzieller Antrag, der vom Staatsrat geprüft und abgelehnt wurde. Daher war die Einstufung als teilunterliegend korrekt.

4.1.2. Zur Rüge des Anhörungsrechts

Die Beschwerdeführer deuteten an, der Staatsrat habe mit seiner Argumentation zur Unzulässigkeit der Wiederherstellung der vorbestehenden Poller ein neues Argument in das Verfahren eingebracht, ohne ihnen zuvor das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) gewährt zu haben. Das Bundesgericht stellte klar, dass das Anhörungsrecht primär die Sachverhaltsfeststellung betrifft. Hinsichtlich rechtlicher Fragen ist es nur in Ausnahmefällen geschuldet, etwa wenn die Behörde sich auf eine Rechtsnorm stützen will, deren Berücksichtigung von den Parteien vernünftigerweise nicht vorhergesehen werden konnte, oder wenn sich die Rechtslage geändert hat. Im vorliegenden Fall, da die Beschwerdeführer (zwei davon Anwälte) die Kompetenzfrage bei der Anbringung von festen oder mobilen Elementen an Strassen selbst ins Spiel brachten, konnten sie erwarten, dass sich diese Frage auch auf die vorbestehenden Poller erstreckt. Eine vorgängige Anhörung zu dieser rechtlichen Argumentation war daher nicht zwingend erforderlich.

4.1.3. Abweisung des Arguments "über die Erwartungen hinausgehend"

Die Behauptung der Beschwerdeführer, der Staatsrat habe ihnen de facto eine "Wiederherstellung" zugestanden, die über ihre Erwartungen hinausgehe, indem sie allen Nutzern den freien Zugang zum Platz ermögliche, wurde ebenfalls abgewiesen. Das Bundesgericht wiederholte, dass eine solche Nutzung – einschliesslich des Parkierens durch Private – vom Staatsrat ausdrücklich bewilligt werden muss. Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz war somit weder in der Begründung noch im Ergebnis willkürlich.

4.2. Weitere Kostenfragen

4.2.1. Kosten der präsidialen Vorentscheidung

Die Beschwerdeführer kritisierten auch die Gerichtsgebühr für die provisorische Verfügung des Staatsratspräsidenten. Das Verwaltungsgericht hatte zu Recht entschieden, dass diese Kritik hätte vorgebracht werden müssen, indem die provisorische Verfügung gesondert angefochten wird, was die Beschwerdeführer unterlassen hatten. Das Bundesgericht stufte die blosse Behauptung der Beschwerdeführer, ein solcher Rechtsbehelf wäre sinnlos gewesen, als unzulässige appellatorische Kritik ein.

4.2.2. Höhe der kantonalen Gerichtsgebühr

Die Beschwerdeführer hielten die vom Verwaltungsgericht auferlegte Gerichtsgebühr von CHF 800.-- für offensichtlich überhöht. Das Bundesgericht verneinte dies mit dem Hinweis, dass die Beschwerdeführer keinen Missbrauch des weiten Ermessensspielraums der Vorinstanz bei der Festsetzung der Gebühr nachgewiesen hatten. Sie konnten nicht darlegen, dass die kantonale Norm über die Kostenverteilung in unhaltbarer Weise und somit willkürlich angewendet wurde, unter Berücksichtigung der Prinzipien der Legalität, Kostendeckung und Äquivalenz.

4.2.3. Parteientschädigung

Sowohl der Staatsrat als auch das Verwaltungsgericht hatten den Beschwerdeführern, die als Anwälte in eigener Sache agierten, keine Parteientschädigung zugesprochen. Da die Beschwerdeführer diese konstante Praxis nicht angefochten hatten, erachtete das Bundesgericht auch ihren Antrag auf Parteientschädigung für die präsidiale Vorentscheidung als unbegründet.

5. Ergebnis

Das Bundesgericht wies die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, soweit sie zulässig war, ab und erklärte die subsidiäre Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Die Gerichtskosten von CHF 2'000.-- wurden den Beschwerdeführern auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Partialerfolg und Kostenverteilung: Der Kernpunkt des Urteils ist die korrekte Einstufung der Beschwerdeführer als teilunterliegend, was zur anteiligen Auferlegung von Gerichtsgebühren führte.
  2. Abgrenzung von Rechtsbegehren: Das Bundesgericht bestätigte, dass ein konkretes Begehren (Wiederherstellung von Pollern) kein blosses Korollar zum Hauptbegehren (Entfernung einer Kette) war, da ein eigenständiges, persönliches Interesse der Beschwerdeführer daran bestand und es rechtlich gesondert zu prüfen war.
  3. Anhörungsrecht bei Rechtsfragen: Das Gericht präzisierte die Grenzen des Anhörungsrechts bei neuen rechtlichen Argumenten; im vorliegenden Fall war keine vorgängige Anhörung nötig, da die Parteien die Argumentation der Behörde als vorhersehbar erachten mussten.
  4. Willkürprüfung von Kostenentscheiden: Die Beschwerdeführer konnten keine willkürliche Anwendung des kantonalen Kostenrechts oder einen Ermessensmissbrauch bei der Festsetzung der Gerichtsgebühren nachweisen.
  5. Parteientschädigung bei Selbstvertretung: Die Praxis der kantonalen Gerichte, Anwälten in eigener Sache keine Parteientschädigung zuzusprechen, wurde implizit bestätigt.