Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft die rechtliche Qualifikation und Verkehrsfähigkeit von CBD-Ölen, die aufgrund ihrer Überschreitung von Höchstwerten für Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) beanstandet wurden. Streitgegenstand war die Frage, ob diese Produkte als Lebensmittel einzustufen und damit den strengen Anforderungen des Lebensmittelrechts unterworfen sind, sowie die daraus resultierende Frage der Gesundheitsgefährdung und der korrekten Adressierung der behördlichen Massnahmen.
Der Sachverhalt begann mit einer amtlichen Kontrolle des Kantonalen Laboratoriums des Kantons Thurgau am 10. März 2021 in der "C._ Drogerie" in U._, die von der B._ GmbH betrieben und von A._ als bewilligtem Drogisten geführt wird. Bei der Kontrolle wurden Proben von CBD-Ölen (5% und 20% Konzentration) entnommen. Der Untersuchungsbericht vom 20. August 2021 stellte fest, dass die analytisch ermittelten THC-Gehalte von 288 mg/kg (5%-Öl) bzw. 1'702 mg/kg (20%-Öl) die in der Kontaminantenverordnung (VHK; SR 817.022.15) festgelegten Höchstwerte von 1 mg/kg für "übrige pflanzliche Lebensmittel" bzw. 20 mg/kg für "Hanfsamenöl" zweifelsfrei überschritten. Die Produkte wurden als nicht verkehrsfähig beanstandet und als potenziell gesundheitsgefährdend gemäss Art. 7 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes (LMG; SR 817.0) eingestuft.
Infolge dessen verfügte der Kantonschemiker am 23. August 2021 Massnahmen wie ein sofortiges Abgabeverbot für alle CBD-Öle im Sortiment, die Veranlassung eines Warenrückrufs und die Kundeninformation für Konzentrationen ab 16%, die sich als besonders gesundheitsgefährdend erwiesen, sowie die Löschung von Produktinformationen von der Website. Ein wesentlicher Verfahrenspunkt war die Festlegung des Verfügungsadressaten: Während die ursprüngliche Verfügung an "C._ Drogerie A._" gerichtet war und die C._ Drogerie die Rechtsmittel einlegte, stellte das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau später klar, dass A._ als lebensmittelrechtlich verantwortliche Person im Sinne von Art. 73 der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV; SR 817.02) der korrekte Adressat des Entscheids sei und nahm einen Parteiwechsel vor. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde von A.__ ab und bestätigte die Qualifikation als Lebensmittel, die Höchstwertüberschreitung und die Verhältnismässigkeit der Massnahmen.
II. Massgebende Punkte und rechtliche Argumente des BundesgerichtsDas Bundesgericht hatte im Wesentlichen drei Hauptfragen zu prüfen: 1) allfällige Gehörsverletzungen, 2) die korrekte Adressierung der Verfügung und die daraus abgeleitete Frage der Nichtigkeit, und 3) die materielle Rechtmässigkeit der Massnahmen, insbesondere die Qualifikation der Produkte als Lebensmittel und deren Gesundheitsgefährdung.
1. Zur Gehörsverletzung und antizipierten Beweiswürdigung (E.3)Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), weil die Vorinstanz auf die Abnahme der angebotenen Rezepturen der einzelnen CBD-Öle verzichtet und sich nicht ausreichend mit allen Argumenten auseinandergesetzt habe.
Das Bundesgericht verwarf diese Rügen. Es bestätigte, dass die Vorinstanz im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung willkürfrei zum Schluss kommen durfte, dass die THC-Werte der nicht gesondert analysierten Öle durch Interpolation der gemessenen Werte ermittelt werden könnten. Dies insbesondere, da die Herstellerin selbst auf ihrer Website die Herstellung durch Extraktion und Verdünnung mit Sonnenblumenöl beschrieb. Eine nachträglich eingereichte Rezeptur hätte zudem nur beschränkte Beweiskraft. Auch die Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) sah das Gericht als erfüllt an, da die Vorinstanz die für den Entscheid zentralen Punkte benannt hatte und der Beschwerdeführer die Überlegungen erkennen und anfechten konnte.
2. Zur Frage des Verfügungsadressaten und der Nichtigkeit (E.4)Ein zentraler Verfahrensstreitpunkt war die Behauptung des Beschwerdeführers, die ursprüngliche Verfügung sei an ein nicht rechtsfähiges Gebilde ("C.__ Drogerie") gerichtet und daher nichtig gewesen, und seine spätere Einsetzung als Verfügungsadressat durch das Verwaltungsgericht verletze Verfahrensgarantien.
Das Bundesgericht präzisiert die Anforderungen an die Eröffnung von Verfügungen und die Lehre der Nichtigkeit: * Eröffnung von Verfügungen: Verfügungen müssen ihren Adressaten eröffnet werden, um rechtliche Existenz zu erlangen (BGE 142 II 411 E. 4.2). Die Verpflichtung zur Eröffnung an die Person, gegenüber der Rechte und Pflichten festgelegt werden, ergibt sich aus Art. 29 Abs. 2 BV (rechtliches Gehör) und Art. 29a BV (Rechtsweggarantie). * Eröffnungsmängel und Nichtigkeit: Ein Eröffnungsmangel führt nicht zwingend zur Nichtigkeit; diese ist nur bei besonders gravierenden Mängeln gegeben (BGE 145 IV 197 E. 1.3.2). Eine unrichtige oder unvollständige Adressatenbezeichnung führt nicht zur Nichtigkeit, solange sich der Adressat aus dem Sachzusammenhang eindeutig ergibt (BGE 143 V 363 E. 5.3.1). * Lebensmittelrechtliche Verantwortlichkeit: * Art. 26 LMG legt die Pflicht zur Selbstkontrolle der Unternehmen fest. * Art. 73 Abs. 1 LGV schreibt vor, dass für jeden Lebensmittelbetrieb eine verantwortliche Person mit Geschäftsadresse in der Schweiz zu bezeichnen ist, die als "Schlüsselfigur" und direkte Ansprechpartnerin der Vollzugsbehörden fungiert (vgl. LEUCH-SCHERRER, Kontrolle von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, 2020, S. 152 f. Rz. 8 f.). * Art. 73 Abs. 2 LGV enthält eine Auffangregelung: Ist keine verantwortliche Person bezeichnet, ist die Betriebs- oder Unternehmensleitung für die Produktsicherheit verantwortlich. Diese Bestimmung ist nicht zu eng auszulegen, um die Durchsetzung des Lebensmittelrechts zu gewährleisten. * Art. 34 LMG regelt die Massnahmen der Vollzugsbehörden. Gemäss Botschaft zum LMG (BBl 2011 5622) obliegen die finanziellen Pflichten nach Art. 34 Abs. 2 lit. b und c LMG dem Unternehmen, während die Handlungspflichten (zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands) an die für den Betrieb verantwortliche Person oder subsidiär die Unternehmensleitung zu richten sind. Auch die Mitteilung der Kontrollergebnisse (Art. 32 Abs. 1 LMG) erfolgt an die verantwortliche Person.
Anwendung im Fall: Die vom Kantonalen Laboratorium angeordneten Massnahmen (Abgabeverbot, Kundeninformation, Rückruf, Aufbewahrung, Website-Löschung) wurden als Handlungs- und Informationspflichten im Sinne von Art. 34 Abs. 1 und 3 LMG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 LMG und Art. 84 LGV qualifiziert, welche die verantwortliche Person betreffen. Es handelte sich nicht um Massnahmen mit direkter Kostenfolge für das Unternehmen nach Art. 34 Abs. 2 lit. b und c LMG.
Das Bundesgericht stellte fest, dass A._ mindestens als Betriebsleiter im Sinne von Art. 73 Abs. 2 LGV die lebensmittelrechtliche Verantwortung für die C._ Drogerie trug. Die Bewilligung von 2014 hatte ihm bereits die sanitätspolizeiliche Verantwortung für den Betrieb auferlegt. Zudem wurde er im Untersuchungsbericht und der ursprünglichen Verfügung namentlich adressiert und trat in allen kantonalen Verfahren als verantwortlicher Vertreter auf. Ein tatsächlicher Nachteil, der eine Gehörsverletzung oder Nichtigkeit begründen könnte, lag nicht vor, da A.__ seine Parteirechte umfassend wahrnehmen konnte. Die Vorinstanz durfte den Parteiwechsel daher bundesrechtskonform vornehmen; eine Nichtigkeit der Verfügung kam nicht in Frage.
3. Zur Qualifikation der CBD-Öle (Lebensmittel vs. Chemikalien) (E.5)Der Beschwerdeführer machte geltend, die Öle seien zu Unrecht als Lebensmittel statt als Chemikalien qualifiziert worden. * Definition "Lebensmittel" (Art. 4 Abs. 1 LMG): Alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen sich vernünftigerweise vorhersehen lässt, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Massstab ist eine Gesamtbetrachtung und ein durchschnittlicher Konsument (Urteil 2C_576/2023 vom 18. Januar 2024 E. 7.3.1; Donauer/Hablützel, Abgrenzung von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, Jusletter vom 28. März 2022, Rz. 34). Ausgenommen sind u.a. Arzneimittel und Betäubungsmittel (Art. 4 Abs. 3 lit. d, g LMG). * Chemikalienrecht (ChemG; SR 813.1): Regelt den Umgang mit Stoffen und Zubereitungen. Zwar kann es ergänzend zum Lebensmittelrecht anwendbar sein, jedoch sieht Art. 1 Abs. 5 lit. c Ziff. 1 der Chemikalienverordnung (ChemV; SR 813.11) vor, dass die Verordnung nicht für Fertigerzeugnisse gilt, die unter den Lebensmittelbegriff des LMG fallen.
Anwendung im Fall: Das Bundesgericht bestätigte die Qualifikation der CBD-Öle als Lebensmittel. Die Vorinstanz stützte sich auf die Produktbeschreibung auf der Website der B.__ GmbH, welche Angaben zum Geschmack ("nicht ganz so bitter wie mit Olivenöl als Grundlage") und zur Verteilung im menschlichen Körper ("lipophiles Molekül, das sich deshalb gut im Körper verteile") enthielt. Diese Anpreisungen deuten auf einen lebensmitteltypischen Aufnahmezweck hin. Es war somit vernünftigerweise vorhersehbar, dass Konsumenten die Öle oral einnehmen würden. Das Gericht verwies zudem auf die Allgemeinverfügung der Anmeldestelle Chemikalien zu CBD-haltigen Duftölen von 2022, welche unterstreicht, dass solche Produkte ohne Vergällungsmittel nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, um eine missbräuchliche orale Einnahme zu verhindern (BBl 2022 736).
4. Zur Gesundheitsgefährdung und Verkehrsfähigkeit (E.6)Der Beschwerdeführer bestritt die Gesundheitsgefährdung der Öle und damit deren Nicht-Verkehrsfähigkeit. * Lebensmittelsicherheit (Art. 7 LMG): Nur sichere Lebensmittel dürfen in Verkehr gebracht werden (Abs. 1). Als nicht sicher gelten Lebensmittel, die gesundheitsschädlich sind (Abs. 2 lit. a). Bei der Beurteilung sind normale Verwendungsbedingungen und verfügbare Informationen zu berücksichtigen (Abs. 3). * Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit (Art. 8 LGV): Hier sind wahrscheinliche sofortige, kurz- und langfristige Auswirkungen, kumulative toxische Auswirkungen und die Empfindlichkeit bestimmter Konsumentengruppen zu berücksichtigen. * Höchstgehalte für Kontaminanten (VHK): Die Verordnung des EDI über die Höchstgehalte für Kontaminanten (VHK) legt Grenzwerte fest. Für THC waren in Anhang 9 Teil B (Stand 1. Juli 2020) u.a. 200 µg/kg für "alkoholfreie Getränke", 20 mg/kg für "Hanfsamenöl" und 1 mg/kg für "übrige pflanzliche Lebensmittel" festgelegt. Die Weisung des BLV 2020/4 hält fest, dass bei Überschreitung dieser Höchstwerte in der Regel von einem Risiko für die Gesundheit auszugehen ist. Ein Briefing Letter des BLV von 2021 empfiehlt zudem eine maximale Tagesaufnahme von 1 µg THC/kg Körpergewicht (70 µg/Person).
Anwendung im Fall: Die festgestellten THC-Gehalte von 288 mg/kg (5%-Öl) und 1'702 mg/kg (20%-Öl) überschritten die in der VHK festgelegten Grenzwerte massiv. Das Bundesgericht bestätigte, dass die Interpolation dieser Werte für die anderen Konzentrationen zulässig war. Angesichts dieser extrem hohen Konzentrationen war die Annahme einer Gesundheitsgefährdung gerechtfertigt, da bereits bei geringfügiger Einnahme die empfohlene maximale Tagesmenge von 70 µg THC weit überschritten würde. Ein Vergleich mit Tabakprodukten, wie vom Beschwerdeführer versucht, wurde als irrelevant zurückgewiesen, da es sich um grundsätzlich verschiedene Produktkategorien mit jeweils eigenen gesetzlichen Bestimmungen handelt.
Das Bundesgericht bestätigte somit, dass die streitgegenständlichen CBD-Öle als gesundheitsschädlich, nicht sicher und folglich nicht verkehrsfähig einzustufen waren. Die angeordneten Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes (Art. 34 LMG) waren daher gerechtfertigt.
III. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen PunkteDas Bundesgericht hat die Beschwerde von A._ abgewiesen und die vorinstanzlichen Entscheidungen bestätigt: 1. Keine Gehörsverletzung: Der Verzicht auf die Beweisabnahme der Rezepturen war im Rahmen einer willkürfreien antizipierten Beweiswürdigung zulässig, und die Begründungspflicht wurde eingehalten. 2. Korrekter Adressat der Verfügung: A._ war als Drogist und mindestens als Betriebsleiter im Sinne von Art. 73 Abs. 2 LGV die lebensmittelrechtlich verantwortliche Person. Die an ihn gerichteten Handlungs- und Informationspflichten gemäss Art. 34 Abs. 1 und 3 LMG waren korrekt adressiert. Ein Eröffnungsmangel oder eine Nichtigkeit der Verfügung liegt nicht vor, da der Adressat aus dem Sachzusammenhang eindeutig hervorging und A.__ seine Parteirechte umfassend wahrnehmen konnte. 3. Qualifikation als Lebensmittel: Die CBD-Öle wurden aufgrund ihrer Aufmachung, Anpreisung und des vernünftigerweise vorhersehbaren Gebrauchs als Lebensmittel im Sinne von Art. 4 Abs. 1 LMG qualifiziert, nicht als Chemikalien. 4. Gesundheitsgefährdung und Nicht-Verkehrsfähigkeit: Die festgestellten THC-Konzentrationen in den CBD-Ölen überschritten die in der Kontaminantenverordnung (VHK) festgelegten Höchstwerte für Lebensmittel massiv. Dies begründet eine Gesundheitsgefährdung gemäss Art. 7 LMG und macht die Produkte nicht verkehrsfähig. Die angeordneten Massnahmen zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands waren somit rechtmässig.