Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Die Beschwerdeführer, A.A._ und B.A._, sind Eigentümer einer Liegenschaft (Nr. 461, Grundbuch Güttingen) in der Landwirtschafts- und teilweise in der Landschaftsschutzzone. Auf dieser Liegenschaft befindet sich eine Remise. Gegenstand des Verfahrens ist ihr Baugesuch für die Erstellung einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach und der Nordostfassade der Remise sowie die Verlängerung des südlichen Vordachs der Remise um 7 m. Der Beschwerdegegner C.__ ist Pächter der Liegenschaft und hat Einsprache erhoben. Das Bundesgericht hatte zu prüfen, ob die kantonalen Instanzen die Baubewilligung für die Fassadenanlage und die Vordachverlängerung zu Recht verweigert haben.
Sachverhalt und VorinstanzenAuf der Remise befindet sich eine Fassade, deren Materialisierung (Sandwich-Paneele statt Holz) entgegen einer Auflage der ursprünglichen Baubewilligung von 2005 widerrechtlich erfolgte. Ein diesbezüglicher Wiederherstellungsentscheid der Gemeinde von 2020, der die Ausführung der Fassade aus Holz anordnete, erwuchs in Rechtskraft. Im Jahr 2021 ordnete die Gemeinde die Ersatzvornahme an, was vom Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau bestätigt wurde.
Am 22. Dezember 2021 reichten die Beschwerdeführer das streitige Baugesuch ein. Die Gemeinde Güttingen verweigerte die Baubewilligung. Das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau (DBU) hiess einen Rekurs teilweise gut, indem es die Verweigerung der Bewilligung für die Solaranlage auf dem bestehenden Dach der Remise aufhob und die Sache insoweit zur Neubeurteilung zurückwies – dieser Teil ist unstreitig und nicht Gegenstand der bundesgerichtlichen Beurteilung, da PV-Anlagen auf bestehenden Dächern nach Art. 18a Abs. 1 RPG in der Regel bewilligungsfrei sind. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die Beschwerde der Eigentümer am 3. April 2024 jedoch ab, soweit sie die Bewilligung für die Fassadenanlage und die Vordachverlängerung betraf.
Massgebende rechtliche Argumente und Begründung des BundesgerichtsDas Bundesgericht bestätigte im Wesentlichen die Argumentation der Vorinstanz und des Amtes für Raumentwicklung (ARE).
1. Zur Einspracheberechtigung des Pächters C.__ (marginaler Punkt)Die Beschwerdeführer rügten die Einspracheberechtigung des Pächters C._. Das Bundesgericht verwarf diesen Einwand. Es hielt fest, dass C._ aufgrund zweier rechtskräftiger Urteile des Bundesgerichts (4A_76/2021 vom 1. April 2021 und 4A_465/2023 vom 13. Dezember 2023) als Pächter der Parzelle Nr. 461, einschliesslich der Remise, anzusehen sei. Seine Einsprachebefugnis gemäss § 103 Abs. 1 des Thurgauer Planungs- und Baugesetzes (PBG/TG) sei zu bejahen, insbesondere angesichts festgestellter Nachteile wie Schattenwurf durch das vergrösserte Vordach und der Befürchtung, die Nutzung der Remise könnte durch die Bau- und Wartungsarbeiten eingeschränkt werden. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass die Aberkennung der Einspracheberechtigung am Ausgang des Verfahrens nichts ändern würde, da die Behörden ohnehnehin verpflichtet waren, den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen und das Recht anzuwenden.
2. Zur Bewilligungsfähigkeit der PV-Anlage an der Nordostfassade der Remise a) Fehlende ZonenkonformitätDas Bundesgericht stellte fest, dass PV-Anlagen an Fassaden im Gegensatz zu Dach-PV-Anlagen bewilligungspflichtig sind (Art. 22 Abs. 1 RPG und Art. 18a Abs. 1 RPG e contrario). Für PV-Anlagen an Fassaden landwirtschaftlicher Bauten in der Landwirtschaftszone kann grundsätzlich Zonenkonformität bestehen, wenn sie dem Eigenverbrauch eines landwirtschaftlichen Betriebs dienen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch ein betriebliches Bedürfnis für die vom Pächter abgelehnte PV-Anlage von den Beschwerdeführern nicht dargetan. Vielmehr beriefen sie sich auf das öffentliche Interesse an der Produktion von Solarstrom. Folglich ist die PV-Anlage in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform.
b) Anforderungen an die Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG i.V.m. Art. 32c RPVDa die Anlage nicht zonenkonform ist, bedarf sie einer Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG. Dies setzt voraus, dass der Zweck der Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (Standortgebundenheit, lit. a) und ihr keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b).
Das Bundesgericht legte dar, dass mit Inkrafttreten von Art. 32c RPV am 1. Juli 2022 spezifische Regelungen für standortgebundene Solaranlagen ausserhalb der Bauzonen gelten. Gemäss Art. 32c Abs. 1 lit. a RPV können Solaranlagen mit Anschluss ans Stromnetz standortgebunden sein, wenn sie "optisch eine Einheit bilden mit Bauten oder Anlagen, die voraussichtlich längerfristig rechtmässig bestehen". Das ARE führte in seiner Vernehmlassung hierzu aus, dass keine Vermutung der Standortgebundenheit bestehe, sondern eine Einzelfallbeurteilung erforderlich sei, und dass gewichtige Interessen dem Vorhaben nicht entgegenstehen dürften. Der Erläuternde Bericht des UVEK zur Revision der RPV präzisiert, dass die Nutzung von Flächen an rechtmässig bestehenden Bauten oder Anlagen für die Energieproduktion ermöglicht werden soll, wobei rechtswidrige Bauten und Anlagen vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind. Das Schicksal der PV-Anlage müsse dabei vom Schicksal der sie tragenden Fläche abhängig gemacht werden (Art. 32c Abs. 4 RPV).
c) Anwendung auf den vorliegenden Fall – Widerrechtlichkeit der FassadeDas Bundesgericht bestätigte die Auffassung der Vorinstanz und des ARE, dass die Voraussetzungen von Art. 32c Abs. 1 lit. a RPV nicht erfüllt sind. Die geplante PV-Anlage sollte auf den bestehenden Sandwich-Paneelen an der Nordostfassade montiert werden. Diese Paneele wurden jedoch widerrechtlich angebracht und hätten gemäss einem rechtskräftigen Wiederherstellungsentscheid durch eine Holzfassade ersetzt werden müssen. Der Teil der Baute, auf den die PV-Anlage montiert werden soll, kann somit nicht als "längerfristig rechtmässig bestehend" im Sinne der Bestimmung gelten. Eine illegale Baute oder Anlage kann nicht mit der Bewilligung einer Solaranlage legalisiert werden. Die Standortgebundenheit der PV-Anlage an der Fassade war daher zu verneinen.
Zudem stünden der PV-Anlage gewichtige Interessen an der Durchsetzung der Rechtsordnung entgegen. Selbst wenn die PV-Anlage einen Grossteil der Paneele überdecken würde, wären diese (teilweise) noch sichtbar. Das Bundesgericht betonte, dass die Behörden aus grundsätzlichen Erwägungen, insbesondere zum Schutz der Rechtsgleichheit und der baurechtlichen Ordnung, dem Interesse an der Wiederherstellung des gesetzlichen Zustands hohes Gewicht beimessen dürfen. Die Beschwerdeführer können nicht unter Berufung auf die Verdeckung der Paneele eine Abänderung des rechtskräftigen Wiederherstellungsbefehls erwirken. Das Bundesgericht verwies auch auf die Stellungnahme des ARE, wonach die Rechtmässigkeit der Baute auch für eine künftige, bewilligungsfreie Fassaden-Solaranlage unter dem noch nicht in Kraft getretenen nArt. 18a Abs. 1 RPG des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung Voraussetzung wäre.
3. Zur Bewilligungsfähigkeit der VordachverlängerungDie geplante Verlängerung des Vordachs der Remise im Süden um 7 m als Tragkonstruktion für die PV-Anlage wurde ebenfalls als unzulässig erachtet.
Das Bundesgericht stützte sich auf Art. 16a Abs. 1 RPG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 4 RPV, wonach Bauten und Anlagen in der Landwirtschaftszone nur bewilligt werden dürfen, wenn sie für die in Frage stehende Bewirtschaftung nötig sind (lit. a), ihnen keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b) und der Betrieb voraussichtlich längerfristig bestehen kann (lit. c). Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung (z.B. BGE 132 II 10 E. 2.4) müssen landwirtschaftliche Betriebsbauten sich auf das objektiv Nötige beschränken und dürfen nicht überdimensioniert sein.
Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass keine betriebliche Notwendigkeit für die Dachverlängerung bestehe, da die bestehende Remise gemäss Stellungnahme des Landwirtschaftsamts bereits über mehr als genügend Nutzungsfläche für den landwirtschaftlichen Betrieb verfüge. Das Bundesgericht bestätigte dies. Die neue Tragkonstruktion würde die überdachte Fläche und damit die Raumbeanspruchung der Remise erheblich erhöhen (zwischen 116 m² und 182 m²), ohne dass ein betriebliches Bedürfnis ausgewiesen wäre. Eine solche Erweiterung würde neue Nutzungen des Vorplatzes (z.B. Abstellen von Material und Maschinen) ermöglichen und damit die ohnehin schon zu grosse Remisenfläche des Betriebs weiter vergrössern. Die Bewilligung für die Vordachverlängerung wurde somit zu Recht verweigert.
FazitDie Beschwerde wurde vollumfänglich abgewiesen. Die zentralen Punkte des Entscheids sind: