Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_241/2025 vom 22. Oktober 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts (2C_241/2025 vom 22. Oktober 2025) Einleitung

Das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts betrifft die Anfechtung eines Entscheids der Genfer Kantonalen Gerichts (Cour de justice), welcher A.__, einer Apicultrice, die Bewilligung zum Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks erteilt hatte. Das Bundesamt für Justiz (BJ) focht diesen Entscheid mit der Begründung an, die Qualität als Selbstbewirtschafterin sei nicht umfassend geprüft worden.

Sachverhalt

A._, geboren 1974, ist Apicultrice und Eigentümerin mehrerer Parzellen in verschiedenen Gemeinden, auf denen sie Bienenstöcke installiert hat. Am 6. Februar 2024 beantragte sie die Bewilligung zum Erwerb einer 16'880 m² grossen Parzelle in G._, die in der Landwirtschaftszone liegt und zum Zeitpunkt des Antrags an H._ verpachtet war. A._ beabsichtigte zunächst, diesen Pachtvertrag aufrechtzuerhalten, da die landwirtschaftliche Nutzung durch den Pächter ihre Imkeraktivitäten nicht beeinträchtige.

Ortstermine der Landwirtschaftlichen Bodenkommission (Commission foncière) auf den bereits von A.__ genutzten Parzellen zeigten, dass die für die Bienenstöcke benötigte Fläche jeweils nur wenige hundert Quadratmeter betrug, während der Rest der Grundstücke oft verpachtet oder anderweitig genutzt wurde (z.B. Weideland, Wald, Blumenfeld).

Die Landwirtschaftliche Bodenkommission wies den Antrag am 3. September 2024 ab. Sie argumentierte, dass die Qualität als Selbstbewirtschafterin bei jedem neuen Erwerbsantrag neu zu prüfen sei. Angesichts der Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der beantragten Parzelle für die Bienenstöcke genutzt würde und der Pachtvertrag beibehalten werden sollte, könne A.__ für das nahezu 1.7 Hektar grosse Grundstück nicht als Selbstbewirtschafterin anerkannt werden.

Die Kantonale Gerichts (Cour de justice) hiess die Beschwerde von A._ am 18. März 2025 gut und erteilte die Erwerbsbewilligung. Sie verwies auf einen früheren eigenen Entscheid (ATA_1), in dem A._ bereits als Selbstbewirtschafterin im Bereich der Imkerei anerkannt worden war. Das Gericht hob hervor, dass A.__ auf der streitigen Parzelle weitere Bienenstöcke installieren wolle, um ihre Produktion zu steigern. Es stellte fest, dass Imkerei auch auf bewirtschaftetem Land möglich sei und dass A.__s Imkereiproduktion aufgrund ihrer kommerziellen Erfolge (Verkauf an Supermärkte, Bäckereien, Hotels, Goldlabel) einer wachsenden Nachfrage entspreche. Die Frage, ob A.__s späteres Angebot, den Pachtvertrag aufzulösen und eine Blühbrache anzulegen, zulässig war, liess das Gericht offen.

Rechtliche Grundlagen und Argumentation des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde des BJ gestützt auf die Bestimmungen des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11).

1. Qualität als Selbstbewirtschafter (Art. 9 Abs. 1 BGBB) und Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung (Art. 9 Abs. 2 BGBB)

Das Gericht legt die Definitionen von Art. 9 BGBB zugrunde: * Art. 9 Abs. 1 BGBB (Selbstbewirtschafter): Wer landwirtschaftliche Böden selber bewirtschaftet oder, wenn es sich um einen Betrieb handelt, diesen selber leitet. Im vorliegenden Fall, bei einem Grundstückserwerb, ist massgeblich, ob die Person die Böden persönlich bewirtschaftet. Bei neu erworbenen oder noch nicht genutzten Grundstücken genügt es, wenn der Erwerber sich verpflichtet, die Böden persönlich zu bewirtschaften, und dies als zukünftiges Verhalten glaubhaft macht (ATF 150 II 168 E. 4.1.3). * Art. 9 Abs. 2 BGBB (Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung): Wer die in der schweizerischen Landwirtschaft üblichen Voraussetzungen zur Selbstbewirtschaftung von landwirtschaftlichen Böden und zur persönlichen Leitung eines landwirtschaftlichen Betriebs besitzt. Dies setzt in der Regel eine landwirtschaftliche Ausbildung oder ausreichende praktische Kenntnisse voraus (ATF 150 II 168 E. 4.1.3; 110 II 488 E. 5).

Gemäss Art. 61 Abs. 1 BGBB bedarf der Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke einer Bewilligung, die gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a BGBB zu verweigern ist, wenn der Erwerber kein Selbstbewirtschafter ist.

2. Apikultur als landwirtschaftliche Tätigkeit

Das Bundesgericht hält unzweifelhaft fest, dass die Apikultur (Imkerei) eine landwirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Es verweist auf die Botschaft zur Agrarpolitik ab 2022 (BBl 2020 3851 ff., Ziff. 5.1.1.3 S. 3925) und auf Art. 3 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 des Landwirtschaftsgesetzes (LwG; SR 910.1), sowie auf entsprechende Fachliteratur. Diese Qualifizierung der Imkerei als Landwirtschaft wird im Urteil nicht in Frage gestellt und war auch nicht Streitpunkt.

3. Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung von A.__

Das Gericht bestätigt, dass A.__ aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung als Imkerin, der Anzahl der von ihr gehaltenen Bienenstöcke (rund 500) und ihrer kommerziellen Tätigkeit (Verkauf des Honigs an verschiedene Abnehmer, Auszeichnung mit einem Goldlabel) die Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 BGBB für die Imkerei unzweifelhaft besitzt.

4. Qualität als Selbstbewirtschafterin für das gesamte Grundstück (Art. 9 Abs. 1 BGBB)

Der zentrale Punkt der rechtlichen Prüfung liegt in der Frage, ob A.__ die Qualität als Selbstbewirtschafterin für das gesamte zu erwerbende Grundstück von 16'880 m² erfüllt.

  • Grundsatz der vollumfänglichen Bewirtschaftung: Das Bundesgericht betont, dass die Qualität als Selbstbewirtschafter für die gesamte Fläche des betreffenden Grundstücks gegeben sein muss (Urteil 2C_855/2008 vom 11. Dezember 2009 E. 3.3). Die für die Imkerei benötigte Fläche, die oft nur wenige hundert Quadratmeter beträgt, ist im Verhältnis zur Gesamtfläche eines grösseren landwirtschaftlichen Grundstücks, das nicht vollständig für die Bienenstöcke genutzt wird, von Bedeutung.

  • Beibehaltung des Pachtvertrags: Das Bundesgericht stellt fest, dass A._ ursprünglich beabsichtigte, den Pachtvertrag für die Parzelle aufrechtzuerhalten. In diesem Szenario würde A._ den Grossteil der Parzelle nicht selbst bewirtschaften, sondern durch einen Dritten bewirtschaften lassen. Diese Tatsache allein genügt, um festzuhalten, dass sie unter diesen Umständen die Qualität als Selbstbewirtschafterin für das zu erwerbende Grundstück nicht besitzt. Ihre Tätigkeit auf einem minimalen Teil des Grundstücks ist unzureichend, um ihr diese Qualität für die gesamte Fläche zu verleihen.

  • Anlage einer Blühbrache (Blumenwiese): Eine andere Beurteilung könnte sich ergeben, wenn A._ auf der streitigen Parzelle eine Blühbrache anlegen würde, wie sie es später vor dem Kantonsgericht erklärt hatte. Die persönliche Bewirtschaftung einer Blühbrache erfordert jedoch die Durchführung wesentlicher Arbeiten wie Aussaat, Mähen und Ernte. Diese Arbeiten setzen Maschinen und Kompetenzen voraus, die sich von denen der reinen Imkerei unterscheiden. Es bedarf zudem einer besonderen Sorgfalt beim Mähen, um Bienen zu schützen. Das Bundesgericht rügt, dass der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts keine Informationen darüber enthält, ob A._ diese Arbeiten selbst durchführen will und ob sie die dafür notwendigen Fähigkeiten besitzt. Obwohl sie bereits Eigentümerin einer Parzelle mit einem Blumenfeld ist, sei dies nicht ausreichend geklärt. Daher sei der Sachverhalt in diesem Punkt unvollständig.

  • Problematik der BGBB-Anwendung auf Imker: Das Bundesgericht hebt hervor, dass das BGBB nicht spezifisch für Imker konzipiert wurde. Es sei für Imker aufgrund der geringen Flächenanforderungen ihrer Tätigkeit schwierig, als Selbstbewirtschafter im Sinne von Art. 9 Abs. 1 BGBB zu gelten. Das Gericht betont, dass es nicht seine Aufgabe sei, den Begriff des Selbstbewirtschafters an die spezifischen Bedürfnisse von Imkern anzupassen; dies obliege dem Gesetzgeber. Ein reiner Imker könnte die Bedingung des Art. 9 Abs. 1 BGBB nur dann erfüllen, wenn die zu erwerbende Parzelle in ihrer Fläche mehr oder weniger der für Bienenstöcke und eine entsprechende Umgebung benötigten Fläche entspricht und somit vollständig durch die Imkertätigkeit genutzt wird.

Fazit und Rückweisung

Aufgrund dieser Erwägungen kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts ungenügend ist, da die notwendigen Abklärungen bezüglich A.__s Absicht und Fähigkeit, die Blühbrache persönlich zu bewirtschaften, fehlen.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das Urteil des Kantonsgerichts vom 18. März 2025 auf und weist die Sache zur weiteren Abklärung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück. Das Kantonsgericht muss insbesondere prüfen, ob A.__ im Rahmen der Bewirtschaftung einer Blühbrache als Selbstbewirtschafterin qualifiziert werden kann.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
  1. Imkerei als Landwirtschaft: Die Apikultur wird als landwirtschaftliche Tätigkeit anerkannt.
  2. Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung: Die Beschwerdegegnerin A.__ erfüllt die Fähigkeit zur Selbstbewirtschaftung (Art. 9 Abs. 2 BGBB) aufgrund ihrer Erfahrung und ihres Geschäftsumfangs.
  3. Qualität als Selbstbewirtschafterin für gesamtes Grundstück: Die Bewilligung zum Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks erfordert, dass der Erwerber das gesamte Grundstück persönlich bewirtschaftet.
  4. Problem der Teilnutzung: Eine lediglich geringfügige Nutzung eines grossen Grundstücks für Bienenstöcke, während der Grossteil verpachtet bleibt, genügt nicht, um die Qualität als Selbstbewirtschafterin für das gesamte Grundstück zu erfüllen.
  5. Nachprüfung bei Blühbrache: Die spätere Absicht, eine Blühbrache anzulegen, könnte die Qualität als Selbstbewirtschafterin begründen, erfordert aber eine genaue Prüfung der persönlichen Absicht und Fähigkeit der Beschwerdegegnerin, die dafür notwendigen Arbeiten (Aussaat, Mähen, Ernte) selbst durchzuführen, da diese über die reine Imkerei hinausgehen. Diese Abklärungen fehlen im vorinstanzlichen Urteil.
  6. Gesetzgeberische Lücke: Das BGBB ist nicht optimal auf die geringen Flächenbedürfnisse von Imkern zugeschnitten, eine Anpassung des Begriffs des Selbstbewirtschafters ist Sache des Gesetzgebers.
  7. Rückweisung: Das Bundesgericht weist die Sache an die Vorinstanz zurück, um die fehlenden Abklärungen zur persönlichen Bewirtschaftung der Blühbrache vorzunehmen.