Zusammenfassung von BGer-Urteil 2D_1/2025 vom 14. Oktober 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts im Fall 2D_1/2025 vom 14. Oktober 2025 detailliert zusammen.

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils 2D_1/2025 des Schweizerischen Bundesgerichts vom 14. Oktober 2025

1. Einleitung und Sachverhalt

Das Bundesgericht hatte über eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde des iranischen Staatsangehörigen A.__ (geb. 1953) gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 6. Dezember 2024 zu befinden. Gegenstand des Verfahrens waren Vollzugshindernisse bezüglich seiner Wegweisung in den Iran.

A._ reiste 1992 in die Schweiz ein, erhielt 1993 Asyl und die Flüchtlingseigenschaft. Im Jahr 2006 wurden ihm diese Schutzstatus aberkannt und das Asyl widerrufen, nachdem er vom Obergericht des Kantons Bern wegen Mordes an seiner Ehefrau zu 19 Jahren Zuchthaus und 15 Jahren Landesverweisung verurteilt worden war. Das Migrationsamt des Kantons St. Gallen verfügte 2008 die unbefristete Wegweisung aus der Schweiz, was das Bundesgericht 2009 bestätigte. Nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug im Jahr 2021 wurde A._ zunächst in Sicherheitshaft und anschliessend in Ausschaffungshaft genommen. Ein erster Ausschaffungsversuch scheiterte an der Weigerung des Piloten. Wiedererwägungsgesuche betreffend den Widerruf des Asyls und die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft blieben erfolglos.

Im Januar 2023 ersuchte A._ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung oder eventualiter um Anordnung der vorläufigen Aufnahme, indem er sich auf das Rückschiebungsverbot berief und geltend machte, eine Ausschaffung in den Iran verletze seine Rechte. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) kam in einem Amtsbericht zum Schluss, der Vollzug der Wegweisung in den Iran sei grundsätzlich möglich und zumutbar. Gestützt darauf wies das Migrationsamt das Gesuch ab, da das private Interesse A.__s am Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an seiner Ausschaffung nicht überwiege und keine schwerwiegenden persönlichen Härtefälle vorlägen. Die mit Verfügung von 2008 angeordnete Wegweisung sei weiterhin gültig, und ihr Vollzug sei möglich, zulässig und zumutbar, insbesondere im Lichte von Art. 2 ff. EMRK. Nach erfolglosen kantonalen Rechtsmitteln gelangte A._ an das Bundesgericht.

2. Rechtliche Problematik vor Bundesgericht

Die zentrale Frage vor Bundesgericht war, ob dem Vollzug der Wegweisung in den Iran Hindernisse entgegenstehen, namentlich ob A.__ im Heimatland die Todesstrafe, Folter oder eine andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde (Verletzung des Rückschiebungsverbots gemäss Art. 2 und 3 EMRK sowie Art. 6 des UNO-Paktes II).

3. Erwägungen des Bundesgerichts

A. Zuständigkeit und Kognition Das Bundesgericht stellte zunächst fest, dass gegen Entscheide betreffend die Wegweisung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG unzulässig ist. Folglich war vorliegend einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) zulässig, mit der nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Art. 116 BGG). A.__ war zur Beschwerde legitimiert (Art. 115 lit. b BGG), da er Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK hinreichend begründet anrief. Sein Feststellungsbegehren betreffend die Unzulässigkeit des Vollzugs wurde als unzulässig erachtet, da es bereits vom (zulässigen) Leistungsbegehren (Aufhebung des Entscheids) erfasst wird.

Das Bundesgericht prüft bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde nur Rügen der Verletzung verfassungsmässiger Rechte, die in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet wurden (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Sachverhalt, wie er von der Vorinstanz festgestellt wurde, ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 118 Abs. 1 BGG), ausser er beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 116 BGG.

B. Prüfung der Vollzugshindernisse (Art. 2, 3 EMRK und Art. 6 UNO-Pakt II)

1. Rechtliche Grundlagen des Rückschiebungsverbots Das Gericht erinnerte an die massgeblichen Bestimmungen: Gemäss Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Eine Wegweisung ist unzulässig, wenn nachweisbar ernsthafte Gründe dafür sprechen, dass die betroffene Person im Zielland tatsächlich Gefahr läuft, einer gegen diese Bestimmung verstossenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Ein solches Risiko muss konkret und ernsthaft ("real risk") glaubhaft gemacht werden. Art. 2 EMRK (Recht auf Leben) schützt vor der Rückschaffung in einen Staat, in dem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Todesstrafe droht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) prüft in solchen Fällen Art. 2 und 3 EMRK gemeinsam.

2. Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung A.__ rügte eine ungenügende Sachverhaltsfeststellung, insbesondere im Hinblick auf seine angebliche Vergangenheit als "Putschist/Rebell" und die Notwendigkeit, die Angehörigen seiner ermordeten Ehefrau zu ihren Absichten bezüglich einer möglichen Strafverfolgung im Iran zu befragen. Das Bundesgericht hielt fest, dass die Vorinstanz den Sachverhalt nicht in Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts festgestellt habe. Die Kritik, seine Vergangenheit sei unberücksichtigt geblieben, treffe nicht zu. Die Vorinstanz sei auch nicht gehalten gewesen, die Angehörigen zu befragen. Sie durfte die Angelegenheit aufgrund der umfassenden wissenschaftlichen Spezialliteratur, des Amtsberichts und der Länderanalyse des SEM sowie der vorbestehenden Akten als spruchreif erachten. Die Annahme der Vorinstanz, dass weitere Beweiserhebungen ihre Überzeugung nicht ändern würden, sei nicht willkürlich gewesen.

3. Beurteilung des Risikos im Iran

  • a) Gefahr durch die Opferfamilie (Qisas-Recht): A._s Hauptargument bezog sich auf die Möglichkeit einer erneuten Strafverfolgung im Iran durch die Familie seiner ermordeten Ehefrau nach dem islamischen Qisas-Recht (Vergeltungsrecht). Das Bundesgericht bestätigte, dass im Iran zwar kein Doppelbestrafungsverbot im schweizerischen Sinne gelte. Allerdings würden für eine Klage auf Vergeltung der Tötung sämtliche klageberechtigten Angehörigen des Opfers einverstanden sein und dies im Iran kundtun müssen. Die Vorinstanz habe zu Recht erwogen, dass es höchst unwahrscheinlich sei, dass die Kinder A.__s zur Vollstreckung einer allfälligen Strafe in den Iran reisen würden. Zudem bedeute selbst die Glaubhaftmachung einer möglichen Anhebung einer Strafklage der Opferfamilie nicht zwingend, dass ihm als Folge davon eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Todesstrafe drohe. Das Gericht wies darauf hin, dass A._ selbst den Standpunkt vertrete, der Tod seiner Ehefrau sei Folge unglücklicher Umstände gewesen, und dass ein iranisches Gericht dieser Sichtweise durchaus folgen könnte. Das Bundesgericht befand, dass A.__ keine unberücksichtigt gebliebenen Anhaltspunkte vorgebracht habe, die die vorinstanzliche Beurteilung als falsch erscheinen liessen. Das Restrisiko der Einleitung eines Strafverfahrens sei als höchst selten einzustufen und stelle kein "real risk" dar. Die Abstützung auf die Länderanalyse des SEM sei nicht zu beanstanden.

  • b) Gefahr aufgrund politischer Vergangenheit: A.__ machte geltend, er sei vor seiner Ausreise aus dem Iran als Putschist respektive Rebell eingestuft worden und das Risiko einer Todesstrafe, Folter oder unmenschlicher Behandlung sei auch in Kombination mit dieser Vergangenheit zu beurteilen. Das Bundesgericht folgte dieser Argumentation nicht. Es wies auf A.__s eigene Angaben hin, wonach er bereits vor und nach der Ermordung seiner Ehefrau Kontakt mit dem iranischen Konsulat hatte, im September 2001 einen iranischen Pass zurückverlangte und Ende 2002 in den Iran zurückkehren wollte. Nach der Ermordung seiner Ehefrau im Dezember 2002 sei er am selben Abend am Flughafen Zürich verhaftet worden, als er in den Iran fliehen wollte. Dieses Verhalten spreche eindeutig gegen sein Vorbringen, ihm drohe im Iran politische Verfolgung. Die Behauptung, die beabsichtigte Flucht sei eine "Kurzschlusshandlung" gewesen, sei im Lichte der Umstände nicht nachvollziehbar. Ebenso unplausibel sei der Hinweis, die iranische Botschaft habe ihm den Pass lediglich ausgestellt, um ihn in den Iran "zu locken". Die vorinstanzliche Beurteilung der objektiven Gefahrenlage im Iran sei somit völkerrechtskonform.

4. Fazit des Bundesgerichts Zusammenfassend verneinte das Bundesgericht das Vorliegen eines "real risk" für A._ im Falle einer Rückkehr in den Iran. Es sah keine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK und Art. 6 UNO-Pakt II. Soweit A._ eingangs seiner Beschwerde auf Art. 10 Abs. 2 und 3 BV sowie Art. 25 Abs. 2 und 3 BV hingewiesen hatte, fehlte es an einer hinreichenden Begründung, inwiefern die Vorgaben dieser Verfassungsbestimmungen über Art. 2 f. EMRK hinausgingen.

5. Entscheid des Bundesgerichts Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde abgewiesen, da das Rechtsmittel als aussichtslos beurteilt wurde. Die Gerichtskosten von CHF 1'000.-- wurden A.__ auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Hintergrund: Der Beschwerdeführer, ein wegen Mordes verurteilter iranischer Staatsangehöriger, dessen Asyl und Flüchtlingseigenschaft widerrufen wurden, wehrte sich gegen seine Wegweisung in den Iran.
  • Zentrale Rüge: Verletzung des Rückschiebungsverbots (Art. 2, 3 EMRK, Art. 6 UNO-Pakt II) aufgrund des Risikos der Todesstrafe, Folter oder unmenschlicher Behandlung im Iran.
  • Bundesgerichtliche Prüfung: Das Gericht prüfte, ob ein "real risk" für den Beschwerdeführer im Iran besteht, sowohl bezüglich einer möglichen Verfolgung durch die Opferfamilie nach dem Qisas-Recht als auch aufgrund seiner angeblichen politischen Vergangenheit.
  • Ablehnung der Risiken:
    • Qisas-Recht: Das Risiko einer Strafverfolgung durch die Opferfamilie wurde als höchst selten und nicht als "real risk" eingestuft, da alle Angehörigen zustimmen müssten und die Kinder des Beschwerdeführers wahrscheinlich nicht in den Iran reisen würden.
    • Politische Vergangenheit: Die Behauptung einer politischen Verfolgung wurde als unglaubwürdig befunden, da das frühere Verhalten des Beschwerdeführers (Passantrag, Fluchtversuch in den Iran nach der Tat) dem widersprach und auf ein überlegtes Vorgehen hindeutete.
  • Ergebnis: Das Bundesgericht verneinte das Vorliegen eines "real risk" und wies die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ab. Die unentgeltliche Rechtspflege wurde verweigert, da die Beschwerde als aussichtslos galt.