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Das Bundesgericht hatte in seinem Urteil 6B_277/2024 vom 29. Oktober 2025 über die Beschwerde von A.__ zu befinden, der wegen mehrfachen Ausstellens eines falschen ärztlichen Zeugnisses gemäss Art. 318 Ziff. 1 StGB verurteilt worden war. Der Beschwerdeführer rügte primär eine Verletzung des Rechts auf Verwertbarkeit von Beweismitteln sowie eine willkürliche Beweiswürdigung und die Missachtung der Unschuldsvermutung.
I. Sachverhalt und Vorinstanzen
Der Beschwerdeführer, ein Arzt, wurde von der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten angeklagt, mehrfach falsche ärztliche Zeugnisse ausgestellt zu haben. Das Bezirksgericht Bremgarten sprach ihn am 22. März 2023 in 17 Fällen des mehrfachen Ausstellens eines falschen ärztlichen Zeugnisses schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt ausgefällten Freiheitsstrafe von 8 Monaten sowie einer Busse von CHF 5'000.--. In 80 weiteren Dossiers erfolgte ein Freispruch. Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 21. Februar 2024 die erstinstanzlichen Schuldsprüche und das Strafmass. Dagegen legte A.__ Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht ein, mit dem Antrag auf vollumfänglichen Freispruch oder eine deutlich mildere Bestrafung. Die Oberstaatsanwaltschaft verzichtete auf eine Vernehmlassung. Die Vorinstanz räumte in ihrer Stellungnahme ein, dass ein nach ihrem Urteil ergangener Leitentscheid des Bundesgerichts (BGE 151 IV 73) die Verwertbarkeit der auf dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers gewonnenen Erkenntnisse in Frage stelle, bestritt jedoch eine Auswirkung auf den Schuldspruch oder das Strafmass.
II. Massgebende Punkte und rechtliche Argumente des Bundesgerichts
Das Bundesgericht konzentrierte sich auf zwei zentrale Punkte: die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die durch die Auswertung des Mobiltelefons des Beschwerdeführers gewonnen wurden, und die willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz.
1. Zur Verwertbarkeit der Beweismittel (Erwägungen 1.1 - 1.4)
Rüge des Beschwerdeführers: A._ machte geltend, er sei anlässlich einer Hausdurchsuchung aufgefordert worden, die Zugangscodes für sein Mobiltelefon offenzulegen, ohne vorgängig über sein Aussage- und Mitwirkungsverweigerungsrecht gemäss Art. 158 Abs. 1 StPO belehrt worden zu sein. Dies führe gemäss Art. 158 Abs. 2 i.V.m. Art. 141 Abs. 2 StPO zur absoluten Unverwertbarkeit der Auswertungsergebnisse. Er forderte das Bundesgericht auf, seine frühere Rechtsprechung zu korrigieren. Die Unverwertbarkeit betreffe insbesondere die Fälle B._, C._ und D._ sowie weitere Akten.
Haltung der Vorinstanz: Die Vorinstanz hatte sich auf eine frühere Rechtsprechung (Urteil 1B_535/2021 vom 19. Mai 2020) gestützt, wonach die Frage nach dem Zugangscode lediglich eine Hausdurchsuchung erleichtere und keine Belehrungspflicht gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b StPO auslöse.
Entscheidende Abweichung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht stellte klar, dass seine Rechtsprechung im Leitentscheid BGE 151 IV 73 vom 19. Mai 2020 (im Originaltext vom 19. Mai 2020, hier jedoch aufgrund des zukünftigen Urteilsdatums 29. Okt. 2025 ein Tippfehler im Originaldokument zu vermuten, da der Entscheid 151 IV 73 bereits ergangen ist) geändert wurde. Es hielt fest, dass eine rein formelle Betrachtungsweise des Einvernahmebegriffs ("erste Einvernahme" i.S.v. Art. 158 Abs. 1 StPO) abzulehnen ist. Sobald die Rollenverteilung klar sei, sei die strafrechtlich verantwortlich erscheinende Person als Beschuldigte zu behandeln und nach Art. 158 Abs. 1 StPO zu belehren. Die Erfragung des Zugangscodes zu einem Mobiltelefon durch die Polizei im Rahmen einer Hausdurchsuchung stelle eine eigentliche Beschuldigteneinvernahme dar. Die Preisgabe des Entsperrcodes ohne vorgängige Belehrung über das nemo tenetur-Prinzip (Recht auf Aussage- und Mitwirkungsverweigerung) verletze diesen Grundsatz.
Konsequenz: Dergestalt auf dem Mobiltelefon der beschuldigten Person aufgefundene Beweismittel sind gemäss Art. 158 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 141 Abs. 1 StPO absolut unverwertbar. Dies betrifft alle Textnachrichten, auf welche die Vorinstanz die Schuldsprüche betreffend B._, C._ und D.__ stützte. Da keine Folgebeweise in diesen Fällen vorliegen, sind die Schuldsprüche in diesen drei Fällen nicht haltbar. Darüber hinaus erklärte das Bundesgericht auch die weiteren SMS-Mitteilungen als absolut unverwertbar, mittels derer die Vorinstanz die Unwahrheit der 17 ausgestellten Zeugnisse und den Vorsatz des Beschwerdeführers begründet hatte.
2. Zur Willkür der Beweiswürdigung und Verletzung der Unschuldsvermutung (Erwägungen 2.1 - 2.5)
Rüge des Beschwerdeführers: A.__ beanstandete eine willkürliche und unhaltbare Beweiswürdigung, die die Unschuldsvermutung (Art. 6 und 10 StPO, Art. 32 BV, Art. 6 EMRK) verletze. Die Vorinstanz habe die Beweislast verschoben, entlastende Umstände ignoriert und einseitig geurteilt. Die Ablehnung seiner Beweisanträge, die Attestempfänger zu befragen, sei ein Zeichen der Voreingenommenheit.
Grundlagen der gerichtlichen Prüfung: Das Bundesgericht prüft Sachverhaltsfeststellungen nur, wenn sie offensichtlich unrichtig (willkürlich) sind oder auf einer Rechtsverletzung beruhen (Art. 97 Abs. 1 BGG). Willkür liegt vor, wenn die Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist. Der Grundsatz in dubio pro reo als Beweiswürdigungsregel hat vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung; als Beweislastregel ist er verletzt, wenn der Angeklagte einzig verurteilt wird, weil er seine Unschuld nicht nachgewiesen hat.
Definition des "falschen ärztlichen Zeugnisses" (Art. 318 Ziff. 1 StGB):
Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz:
III. Fazit und Rückweisung
Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass die Vorinstanz den Sachverhalt (neben der Stützung auf absolut unverwertbare Beweismittel) auch willkürlich festgestellt hat. Es hob das vorinstanzliche Urteil auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Diese muss primär prüfen, wie sich die absolute Unverwertbarkeit der auf dem Mobiltelefon gefundenen Beweismittel auf die tatsächlichen Grundlagen des Urteils auswirkt, den Sachverhalt neu erstellen und, soweit angezeigt, weitere Beweise abnehmen.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: