Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Parteien und Streitgegenstand: Der Rekurrent, A.__, ein 1971 geborener portugiesischer Staatsangehöriger, der seit 1982 aufgrund eines Familiennachzugs in der Schweiz lebt und über eine Niederlassungsbewilligung (UE/EFTA) verfügt, ficht die Aufhebung seiner Niederlassungsbewilligung und seine Wegweisung aus der Schweiz an. Er richtet sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 26. Februar 2025, welches die zuvor von der Direktion für Sicherheit des Kantons Bern und dem kantonalen Migrationsdienst verfügten Massnahmen bestätigte.
Sachverhalt: A.__ war von 1987 bis 2010 erwerbstätig. Seit Juli 2011 bezieht er Sozialhilfeleistungen. Massnahmen zur Wiedereingliederung, die vom Sozialdienst organisiert wurden, scheiterten. Seine Sozialhilfeschuld belief sich am 17. Januar 2023 auf CHF 283'688.30, wobei er im Februar 2025 monatlich CHF 1'980.05 bezog. Zusätzlich wies er per 9. April 2020 64 Verlustscheine im Betrag von CHF 254'484.10 auf. Ein 2019 gestellter Antrag auf IV-Leistungen und entsprechende Eingliederungsmassnahmen blieben erfolglos; sein Rentenantrag ist noch hängig. Im Falle einer vollen IV-Rente würde diese lediglich CHF 807 monatlich betragen.
Strafrechtlich wurde A.__ 2018 wegen einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 120 Tagen verurteilt. Er wurde zudem zweimal (im September 2022 und Januar 2023) wegen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe mit Bussen bestraft. Hinzu kommen zahlreiche Verurteilungen wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz (SVG), zuletzt im Dezember 2024 und Januar 2025.
Am 17. Oktober 2018 erteilte ihm der kantonale Migrationsdienst eine förmliche Verwarnung. Die Niederlassungsbewilligung wurde am 10. November 2020 widerrufen und die Wegweisung verfügt.
Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts:
Zulässigkeit der Beschwerde: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist, da der Rekurrent als Inhaber einer Niederlassungsbewilligung grundsätzlich einen Anspruch auf deren Fortbestand hat (vgl. BGE 141 II 169 E. 4.4). Zudem kann er sich gestützt auf Art. 8 EMRK (Schutz des Privatlebens) auf einen potentiellen Anspruch auf Verbleib in der Schweiz berufen (vgl. BGE 149 I 207 E. 5.3.1). Die gleichzeitig erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde war daher unzulässig.
Rüge der unvollständigen Sachverhaltsfeststellung: Der Rekurrent rügte eine willkürliche und unvollständige Sachverhaltsfeststellung. Das Bundesgericht wies diesbezügliche Kritikpunkte zurück. Die Frage, ob das Ausstellungsdatum der Niederlassungsbewilligung oder die Unterscheidung der Sozialhilfeschuld vor und nach dem 1. Januar 2019 (Inkrafttreten des revidierten AIG) rechtlich relevant sind, betrifft die Rechtsanwendung (Rückwirkungsverbot) und nicht die Sachverhaltsfeststellung. Auch die Angaben zu seiner Schulausbildung, Berufsbildung und Sprachkenntnissen wurden vom Verwaltungsgericht präzise erwähnt; deren Gewichtung im Rahmen der Interessenabwägung ist eine Frage der Verhältnismässigkeit. Das Bundesgericht stützte sich daher auf den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG).
Anwendbarkeit des Freizügigkeitsabkommens (FZA): Das Bundesgericht prüfte, ob der Rekurrent als portugiesischer Staatsangehöriger einen auf dem FZA basierenden Aufenthaltsanspruch geltend machen kann, der dem Widerruf der Niederlassungsbewilligung entgegenstünde. Es verneinte dies, da:
Rückwirkungsverbot bei Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG: Der Rekurrent machte geltend, der Widerruf seiner Jahrzehnte vor dem 1. Januar 2019 (Inkrafttreten des revidierten AIG) erteilten Niederlassungsbewilligung verstosse gegen das Rückwirkungsverbot. Bis zu diesem Datum schützte Art. 63 Abs. 2 aAIG Ausländer mit über 15 Jahren legalem und ununterbrochenem Aufenthalt vor einem Widerruf wegen Sozialhilfeabhängigkeit. Das Bundesgericht hielt fest, dass das Rückwirkungsverbot (im eigentlichen Sinne) die Anwendung einer Norm auf vollständig abgeschlossene Sachverhalte vor ihrem Inkrafttreten untersagt. Eine unzulässige Rückwirkung liegt jedoch nicht vor, wenn der Gesetzgeber einen Sachverhalt regeln will, der zwar in der Vergangenheit seinen Ursprung hat, sich aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts noch fortsetzt (unechte Rückwirkung). Diese ist grundsätzlich zulässig, unter Vorbehalt erworbener Rechte (vgl. BGE 148 V 162 E. 3.2.1). Gestützt auf seine Rechtsprechung (BGE 148 II 1 E. 5.3; Urteil 2C_389/2022 E. 7.3) ist Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG auch auf Personen anwendbar, die vor dem 1. Januar 2019 bereits über 15 Jahre in der Schweiz lebten und Sozialhilfe bezogen, sofern die Sozialhilfeabhängigkeit nach diesem Datum begann oder andauert. Es besteht kein erworbener Rechtsanspruch auf Beibehaltung des Aufenthalts unter dem alten Recht, wenn die Sozialhilfeabhängigkeit unter dem neuen Recht fortbesteht. Da der Rekurrent seit Juli 2011 ununterbrochen Sozialhilfe bezieht und diese Situation auch nach dem 1. Januar 2019 andauerte, liegt ein Fall der zulässigen unechten Rückwirkung vor. Seine Rügen bezüglich des Rückwirkungsverbots und der Nichtberücksichtigung von Sozialhilfeschulden vor 2019 wurden daher abgewiesen.
Widerrufsgrund gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG: Gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG kann eine Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn die ausländische Person oder eine Person, für die sie zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichem Masse von der Sozialhilfe abhängig ist.
Verhältnismässigkeitsprüfung (Art. 96 AIG und Art. 8 EMRK): Das Bundesgericht führte eine umfassende Interessenabwägung durch, die sich mit der Prüfung gemäss Art. 8 Abs. 2 EMRK deckt (vgl. BGE 139 I 31 E. 2.3.2). Dabei berücksichtigte es insbesondere:
Rückstufung statt Widerruf (Art. 63 Abs. 2 AIG): Der Rekurrent beantragte subsidiär eine Rückstufung seiner Niederlassungsbewilligung in eine Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 63 Abs. 2 AIG. Das Bundesgericht erinnerte daran, dass eine solche Rückstufung nicht in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 63 Abs. 1 AIG erfüllt sind und die Massnahme verhältnismässig ist (BGE 148 II 1 E. 5). Da dies hier der Fall war, wurde der Antrag auf Rückstufung abgewiesen.
Fazit des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ab und erklärte die subsidiäre Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege wurde mangels Erfolgsaussichten abgewiesen. Die Gerichtskosten von CHF 500 wurden dem Rekurrenten auferlegt.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:Das Bundesgericht bestätigte den Widerruf der Niederlassungsbewilligung (C-Permit) eines portugiesischen Staatsangehörigen, der seit 1982 in der Schweiz lebte. Die zentralen Gründe für den Entscheid waren seine langjährige und erhebliche Sozialhilfeabhängigkeit (über CHF 280'000 Schulden) und seine wiederholten strafrechtlichen Verfehlungen (u.a. einfache Körperverletzung, unrechtmässiger Bezug von Sozialleistungen, Schwarzarbeit).
Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. c AIG ("dauerhafte und in erheblichem Masse von der Sozialhilfe abhängig") erfüllt sind. Die Argumentation des Rekurrenten, der Widerruf verstosse gegen das Rückwirkungsverbot, wurde abgewiesen, da seine Sozialhilfeabhängigkeit auch nach Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes (1. Januar 2019) fortbestand (sogenannte unechte Rückwirkung).
Die umfassende Verhältnismässigkeitsprüfung (Art. 96 AIG und Art. 8 EMRK) ergab, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts aufgrund der teils selbstverschuldeten finanziellen Situation und des strafrechtlichen Verhaltens die privaten Interessen des Rekurrenten (langer Aufenthalt, familiäre Beziehungen, Integration) überwiegt. Eine Rückstufung der Bewilligung (von C nach B) wurde abgelehnt, da die Bedingungen für einen Widerruf erfüllt und dieser verhältnismässig war.