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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts im Detail zusammen:
Bundesgerichtsurteil 9C_555/2024 vom 11. Oktober 2025
1. Parteien und Gegenstand Die Beschwerdeführerin, A._ AG (nachfolgend: Steuerpflichtige), mit Sitz in U._/ZH, ist ein in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen, das sich hauptsächlich mit der Organisation und Durchführung von Schulungsprogrammen im Ausland befasst. Beschwerdegegnerin ist die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Gegenstand des Verfahrens ist die mehrwertsteuerliche Behandlung von Reiseversicherungen, die die Steuerpflichtige in Verbindung mit ihren Schulungsprogrammen im Ausland anbietet, und die daraus resultierende Vorsteuerkorrektur für die Steuerperioden 2014 bis 2018.
2. Sachverhalt und Vorinstanzliches Verfahren Die A._ AG bietet Sprachkurse, Sprachreisen, Auslandsemester und Studienreisen im Ausland an. Als Zusatzleistung zu diesen "Schulungsprogrammen" bietet sie den Reiseteilnehmern einen Reiseversicherungsschutz an. Voraussetzung für die Buchung eines Schulungsprogramms ist eine ausreichende Versicherungsdeckung, die entweder eigenständig erworben oder als "Package" über die Steuerpflichtige beansprucht werden kann. Die Steuerpflichtige unterhält hierfür einen Gruppenversicherungsvertrag mit der schwedischen B._ AB. Sie fakturiert die Prämie für den Versicherungsschutz gesondert und in eigenem Namen an die Reiseteilnehmer.
Die ESTV unterzog die Steuerpflichtige einer Kontrolle für die Jahre 2014-2018 und kam zu folgenden Schlüssen: * Schulungsprogramme: Diese stellen steuerausgenommene, aber optierbare Leistungen im Bereich der Erziehung und Bildung dar (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 lit. a und d MWSTG). Da der Ort der Dienstleistung im Ausland liegt (Art. 8 Abs. 2 lit. c MWSTG), ist die Steuerpflichtige berechtigt, die darauf entfallenden Vorsteuern zum Abzug zu bringen (Art. 29 Abs. 1bis MWSTG bzw. Art. 60 MWSTV). Dieser Punkt war zwischen den Parteien unbestritten. * Versicherungsschutz: Die ESTV qualifizierte den Versicherungsschutz als steuerausgenommene, nicht optierbare, selbständige (Haupt-) Leistung im Bereich der Versicherungen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 lit. a MWSTG). Da keine Option möglich ist, besteht insoweit kein Recht auf Vorsteuerabzug (Art. 29 Abs. 1 MWSTG). * Folge: Wegen der unterschiedlichen Behandlung beider Leistungskomponenten sei eine Korrektur des Vorsteuerabzugs zufolge gemischter Verwendung vorzunehmen.
Die Steuerpflichtige bestritt die daraus resultierende Vorsteuerkorrektur. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde der Steuerpflichtigen ab und bestätigte, dass die Versicherungsleistungen keine Nebenleistung zu den Schulungsprogrammen bildeten, sondern eine eigenständige (Haupt-) Leistung darstellten. Die von der ESTV vorgenommene Vorsteuerkorrektur sei bundesrechtlich einwandfrei.
3. Rechtsbegehren vor Bundesgericht Die Steuerpflichtige beantragte im Hauptantrag die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Festsetzung der Steuerforderung, die zu einem um Fr. 22'998.- erhöhten Guthaben führt. Im Kern forderte sie die steuerliche Gleichbehandlung der Versicherungsleistungen mit den Schulungsprogrammen, da sie diese als Nebenleistung zur Hauptleistung (Schulungsprogramm) betrachtete. Eventualiter verlangte sie die Rückweisung der Sache zur Neuberechnung der Vorsteuerkorrektur anhand einer sachgerechten Methode.
4. Erwägungen des Bundesgerichts
4.1. Mehrwertsteuerliche Qualifikation der Leistungen Das Bundesgericht bestätigte zunächst die mehrwertsteuerliche Qualifikation der Schulungsprogramme und des Versicherungsschutzes, wie sie von den Parteien und Vorinstanzen vorgenommen wurde: * Schulungsprogramme: Als steuerausgenommene, optierbare Dienstleistungen im Bereich Erziehung und Bildung, deren Ort der Dienstleistung im Ausland liegt, berechtigen sie zum Vorsteuerabzug (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 11 lit. a und d, Art. 8 Abs. 2 lit. c, Art. 29 Abs. 1bis MWSTG). * Versicherungsschutz: Das Verschaffen von Versicherungsschutz gilt gemäss Mehrwertsteuer-Branchen-Info 16 (MBI 16, Ziff. 4.5) als steuerausgenommene Leistung im Bereich der Versicherungen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 lit. a MWSTG). Solche Leistungen sind jedoch der Option im objektiven Sinn nicht zugänglich (Art. 22 Abs. 2 lit. a MWSTG). Dies hat zur Folge, dass die im Zusammenhang mit diesen Leistungen angefallenen inländischen Vorsteuern vom Abzug ausgeschlossen sind (Art. 29 Abs. 1 MWSTG). Die Frage des Leistungsortes ist bei nicht optierbaren steuerausgenommenen Leistungen irrelevant.
4.2. Verhältnis der Leistungskomponenten (Haupt- und Nebenleistung) Der zentrale Streitpunkt war die Frage, ob der angebotene Versicherungsschutz als unselbständige Nebenleistung der Schulungsprogramme (Art. 19 Abs. 4 MWSTG) oder als eigenständige (Haupt-) Leistung (Art. 19 Abs. 1 MWSTG) zu qualifizieren sei. Das Bundesgericht legte die Kriterien für eine unselbständige Nebenleistung dar, wie sie in der Praxis und Doktrin etabliert sind, wobei auch die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH) als Auslegungshilfe herangezogen werden: Eine Leistung ist dann eine unselbständige Nebenleistung, wenn sie kumulativ: 1. im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist; 2. mit der Hauptleistung eng zusammenhängt; 3. die Hauptleistung wirtschaftlich ergänzt, verbessert oder abrundet; und 4. üblicherweise mit der Hauptleistung vorkommt. Eine unselbständige Nebenleistung erfüllt "keinen eigenen Zweck", sondern stellt "lediglich das Mittel dar, um die Hauptleistung unter 'optimalen Bedingungen' in Anspruch zu nehmen" (unter Bezugnahme auf EuGH-Urteil C-349/96 Card Protection Plan Ltd).
Das Bundesgericht verwarf die Argumentation der Steuerpflichtigen, dass der Versicherungsschutz eine Nebenleistung sei, und schloss sich der Ansicht der ESTV und des Bundesverwaltungsgerichts an, dass es sich um zwei selbständige Leistungen handle: * Unterschiedliche Stossrichtung: Das Gericht betonte die unterschiedliche Stossrichtung der beiden Leistungen: Die Schulungsprogramme dienen der Bildung, während die Versicherungsleistungen der Risikoabsicherung dienen. Eine Bildungsleistung muss nicht zwingend mit einer Versicherungsleistung abgesichert werden. Diese Situation ähnele jener im Urteil 2C_969/2015, wo bei "Zentralregulierung" und "Bürgschaftsbesorgung" ebenfalls unterschiedliche Stossrichtungen (Inkasso vs. Absicherung) festgestellt wurden. * Fehlendes "übliches Vorkommen": Entgegen der Behauptung der Steuerpflichtigen sei es nicht so, dass der Versicherungsschutz "üblicherweise" mit den Schulungsprogrammen vorkomme. Das Bundesgericht hielt fest, dass die im vorliegenden Fall erfassten Risiken (Krankheit, Unfall, Gepäck etc.) oft bereits durch andere Policen abgedeckt sind oder Reiseversicherungen auch losgelöst von (Pauschal-) Reisen abgeschlossen werden. Dies widerspreche der "Lebenswirklichkeit" und dem Kriterium des üblichen Vorkommens. * Analogie zu Verpackungen: Die Beispiele im Gesetz (Umschliessungen und Verpackungen gemäss Art. 19 Abs. 4 MWSTG) verdeutlichen, dass Nebenleistungen typischerweise Komponenten sind, die gemeinhin nicht separat bezogen werden. Der Versicherungsschutz sei jedoch kein bloßes Gebinde oder eine Hülle für das Schulungsprogramm.
4.3. Methode der Vorsteuerkorrektur Zum Eventualantrag der Steuerpflichtigen, die Vorsteuerkorrektur sei mit einer sachgerechteren Methode als dem Umsatzschlüssel vorzunehmen, hielt das Bundesgericht fest: * Die von der ESTV angewandte "Dreitopfmethode" (Teilzuordnung der Vorsteuern) in Verbindung mit dem Umsatzschlüssel sei eine ständige und vom Bundesgericht bestätigte Vorgehensweise. * Der Fokus auf die Output-Seite (Umsatzschlüssel) sei hier unerlässlich, da für die Versicherungsleistungen keine direkt zuordenbaren vorsteuerbelasteten Aufwendungen anfielen. * Die Rüge der Steuerpflichtigen, die Anwendung des Umsatzschlüssels führe zu willkürlichen Ergebnissen und es sei eine Pauschalmethode oder gar keine Korrektur vorzunehmen, wurde als appellatorisch und nicht ausreichend begründet im Sinne der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) zurückgewiesen.
4.4. Eintritt der Verjährung Obwohl das Bundesgericht die materiellen Argumente der Steuerpflichtigen in Bezug auf die Haupt- und Nebenleistung sowie die Korrekturmethode abwies, gab es der Beschwerde teilweise statt. Dies geschah aufgrund des Eintritts der absoluten Festsetzungsverjährung (Art. 42 Abs. 6 MWSTG) für die Steuerperiode 2014. Für die Steuerperioden 2015 bis 2018 wurde die Beschwerde abgewiesen.
5. Kosten und Parteientschädigung Die Gerichtskosten wurden entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen auf die Steuerpflichtige (4/5) und die ESTV (1/5, für die verjährte Periode 2014) aufgeteilt. Eine Parteientschädigung an die Steuerpflichtige wurde abgelehnt, da sie kein überwiegendes Obsiegen erzielt hatte.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht bestätigte, dass die von der A.__ AG angebotenen Reiseversicherungen in Verbindung mit Schulungsprogrammen im Ausland mehrwertsteuerrechtlich als eigenständige (Haupt-) Leistungen und nicht als unselbständige Nebenleistungen zu qualifizieren sind. Die Versicherungsleistungen sind zwar steuerausgenommen, aber im Gegensatz zu den Bildungsprogrammen nicht optierbar. Daher ist der Vorsteuerabzug für Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Versicherungsschutz ausgeschlossen, was eine Vorsteuerkorrektur wegen gemischter Verwendung rechtfertigt. Das Gericht verneinte das Vorliegen eines Subordinationsverhältnisses insbesondere, weil der Versicherungsschutz nicht üblicherweise mit der Hauptleistung vorkommt und eine unterschiedliche Stossrichtung zu den Bildungsprogrammen aufweist. Die von der ESTV angewandte "Dreitopfmethode" mit Umsatzschlüssel zur Vorsteuerkorrektur wurde bestätigt. Die Beschwerde der Steuerpflichtigen wurde im Hauptantrag und Eventualantrag materiell abgewiesen, jedoch teilweise gutgeheissen, da für die Steuerperiode 2014 die absolute Festsetzungsverjährung eingetreten ist.