Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_2/2025 vom 20. Oktober 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 5A_2/2025 vom 20. Oktober 2025

1. Einleitung Das Bundesgericht hatte in der Sache 5A_2/2025 über eine Beschwerde in Zivilsachen gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Fribourg vom 26. November 2024 zu entscheiden. Gegenstand des Verfahrens waren provisorische Massnahmen im Scheidungsverfahren, insbesondere die Abänderung von Eheschutzmassnahmen und die Festsetzung von Kindesunterhaltsbeiträgen. Die Beschwerdeführerin (Ehefrau) beantragte hauptsächlich die Erhöhung der Kindesunterhaltsbeiträge und die Aufhebung der Verpflichtung, dem Beschwerdegegner (Ehemann) einen Teil der Hilflosenentschädigung für ihren behinderten Sohn F.__ auszuzahlen.

2. Sachverhalt und Vorinstanzen Die Ehegatten heirateten 2001 und haben fünf Kinder, von denen drei (E._, F._, G._) noch minderjährig sind. Der Sohn F._ leidet an einer komplexen, pharmakoresistenten Epilepsie und erhält von der Invalidenversicherung (IV) eine Hilflosenentschädigung sowie einen Intensivpflegezuschlag, wobei der Grad der Hilflosigkeit im Mai 2023 von mittel auf schwer erhöht wurde.

Mit Eheschutzentscheid vom 22. Februar 2021, der später vom Kantonsgericht reformiert wurde (8. September 2021), wurde der Mutter die Obhut über die minderjährigen Kinder zugesprochen und dem Vater ein erweitertes Besuchsrecht eingeräumt. Der Vater wurde zur Zahlung monatlicher Kindesunterhaltsbeiträge verpflichtet, deren Höhe für die einzelnen Kinder detailliert festgelegt wurde. Im Rahmen dieses früheren Entscheids hatte das Kantonsgericht die Hilflosenentschädigung nicht zwischen den Eltern aufgeteilt.

Im Oktober 2023 leitete der Ehemann das Scheidungsverfahren ein und beantragte die Abänderung der bestehenden Massnahmen im Wege provisorischer Massnahmen. Er forderte die Reduktion des Unterhalts für G._ und die Zahlung eines monatlichen Betrags von 736 CHF durch die Ehefrau aus der Hilflosenentschädigung von F._ für dessen Betreuung während des Besuchsrechts. Die Ehefrau stellte Widerklage auf Erhöhung der Beiträge für E._, F._ und G.__ sowie für sich selbst.

Der erstinstanzliche Präsident des Zivilgerichts der Saane (14. Juni 2024) entschied, dass die Ehefrau dem Vater ab dem 1. Oktober 2028 (!) monatlich 735 CHF aus der Hilflosenentschädigung für F.__ zu zahlen habe, und wies die übrigen Begehren ab.

Auf Berufung beider Parteien hin (26. August 2024) reformierte das Kantonsgericht Fribourg (26. November 2024) den erstinstanzlichen Entscheid. Es setzte neue, teilweise angepasste Unterhaltsbeiträge für die Kinder fest und hielt fest, dass die Kosten für G._ in einem bestimmten Zeitraum nicht gedeckt seien und der Fehlbetrag von 571 CHF/Monat unter den Voraussetzungen von Art. 286a Abs. 1 ZGB zu Lasten des Vaters gehe. Entscheidend war ferner die Anordnung, dass die Ehefrau ab dem 1. Oktober 2023 (und nicht erst 2028 wie in erster Instanz) monatlich 735 CHF aus der Hilflosenentschädigung und dem Intensivpflegezuschlag für F._ an den Ehemann für dessen Betreuung während des Besuchsrechts zu zahlen habe.

3. Rügen und Begründung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde der Ehefrau im Rahmen der engen Prüfungsbefugnis bei provisorischen Massnahmen (Art. 98 BGG), wonach nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, insbesondere Willkür (Art. 9 BV), gerügt werden kann. Sachverhaltsfeststellungen werden nur korrigiert, wenn sie willkürlich sind (Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.1. Rüge 1: Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) betreffend das Konkubinat des Ehemanns

  • Argument der Beschwerdeführerin: Das Kantonsgericht habe willkürlich das Konkubinat des Ehemanns unberücksichtigt gelassen, was dessen Existenzminimum und somit die Unterhaltsberechnung beeinflusst hätte (Reduktion von 1'200 CHF auf 1'000 CHF). Die vom Kantonsgericht als unzulässig erklärten schriftlichen Zeugenaussagen seien im Familienrecht (Art. 168 Abs. 2 ZPO) zulässig. Auch die Ablehnung der Einvernahme der Kinder sei willkürlich und verletze das rechtliche Gehör, da im Kindeswohlbereich die unbeschränkte Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1 ZPO) gelte.
  • Begründung des Bundesgerichts:
    • Grundsätzlich ist die Liste der Beweismittel in Art. 168 Abs. 1 ZPO abschliessend; schriftliche Zeugenaussagen sind in der Regel unzulässig.
    • Jedoch: Im Familienrecht, wo es um das Kindeswohl geht und der Richter die Sachverhalte von Amtes wegen abklärt (Art. 296 Abs. 1 ZPO), ist das Gericht gemäss Art. 168 Abs. 2 ZPO nicht an diese abschliessende Liste gebunden. Hier gilt die Beweismittelfreiheit und die unbeschränkte Untersuchungsmaxime.
    • Auch im summarischen Verfahren (Art. 254 ZPO) sind andere Beweismittel als Urkunden zulässig, wenn der Richter die Sachverhalte von Amtes wegen feststellt. Ein Verzicht auf notwendige Beweismassnahmen aus dem alleinigen Grund, dass es sich um ein provisorisches oder Eheschutzverfahren handelt, ist willkürlich.
    • Das Bundesgericht befand, dass die kantonalen Gerichte zu Unrecht die schriftlichen Zeugenaussagen der Beschwerdeführerin als unzulässig erklärten und die beantragte Einvernahme der Kinder ablehnten. Das Vorliegen eines Konkubinats beeinflusst die Unterhaltsbeiträge im Interesse der Kinder. Die Dauer des Verfahrens (drei Monate zwischen Berufung und Entscheid) hätte zudem eine solche Beweiserhebung zugelassen. Auch die Zulässigkeit von Noven im Berufungsverfahren bei der unbeschränkten Untersuchungsmaxime (Art. 317 Abs. 1bis ZPO) wurde betont.
  • Entscheid zu Rüge 1: Das Bundesgericht hiess diese Rüge gut. Das angefochtene Urteil wurde aufgehoben und zur Abklärung der Frage des Konkubinats des Beschwerdegegners an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.2. Rüge 2: Willkürliche Festsetzung eines hypothetischen Einkommens der Beschwerdeführerin (Art. 9 BV, Art. 179 und 285 Abs. 1 ZGB)

  • Argument der Beschwerdeführerin: Das Kantonsgericht habe willkürlich ein hypothetisches Einkommen von 1'900 CHF/Monat (30%-Stelle) ab August 2025 angenommen. Sie monierte, dass der verschlechterte Gesundheitszustand von F._, ihre tägliche Pflegebelastung von 6-8 Stunden sowie die Betreuung der anderen Kinder (D._ mit Gesundheitsproblemen) nicht genügend berücksichtigt worden seien. Es sei unrealistisch, eine 30%-Stelle zu finden, zumal der Verwaltungsaufwand für F.__ hoch sei.
  • Begründung des Bundesgerichts:
    • Das Bundesgericht stellte klar, dass Behauptungen bezüglich D._s Gesundheitszustand oder eines bereits vorhandenen Assistenten für F._ nicht in den Sachverhaltsfeststellungen des Kantonsgerichts enthalten sind und keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung nachgewiesen wurde (Art. 2.2 BGG).
    • Die Pflicht des Gerichts zur Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen (unbeschränkte Untersuchungsmaxime) wird durch die Mitwirkungspflicht der Parteien relativiert, die ihrerseits alle zumutbaren Beweismittel vorlegen müssen. Die Beschwerdeführerin habe diesbezüglich nicht dargelegt, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen sei.
    • Das Kantonsgericht habe die Verschlechterung des Gesundheitszustandes von F._ durchaus berücksichtigt, indem es die Aufnahme einer 30%-Tätigkeit erst ab August 2025 (Eintritt des jüngsten Kindes in den Kindergarten) für zumutbar hielt und dabei auf die Schultage von F._ und die Möglichkeit, eine von der IV finanzierte Assistenzperson einzustellen, verwies. Dies sei nicht willkürlich.
  • Entscheid zu Rüge 2: Das Bundesgericht wies diese Rüge ab.

3.3. Rüge 3: Willkürliche Aufteilung der IV-Hilflosenentschädigung für F.__ (Art. 9 BV)

  • Argument der Beschwerdeführerin: Sie hielt die Zuteilung eines Teils der Hilflosenentschädigung an den Ehemann für willkürlich. Sie verwies auf ihre schwierige finanzielle Lage, die fehlende Deckung des Unterhalts für G.__ und die Tatsache, dass sie die älteren Kinder unterstütze. Sie argumentierte, die Leistungen der IV würden teilweise für den Unterhalt aller Kinder verwendet, während das Existenzminimum des Ehemanns intakt bleibe.
  • Begründung des Bundesgerichts:
    • Die Behauptung, das Existenzminimum des Ehemanns sei intakt, widerspricht den kantonalen Feststellungen, wonach auch er finanzielle Schwierigkeiten habe.
    • Die Behauptung, sie unterstütze die älteren Kinder mit den IV-Leistungen von F.__, wurde nicht als willkürlich festgestellter Sachverhalt gerügt und ist somit unbeachtlich.
    • Das Bundesgericht erinnerte an seine Rechtsprechung (ATF 149 III 297 E. 3.3.1 und 3.3.5), wonach die Hilflosenentschädigung keine Ersatzeinkommen darstellt, sondern eine pauschale Entschädigung für behindertenspezifische Mehrausgaben und für die erforderliche persönliche Pflege. Sie ist nicht dazu bestimmt, den Unterhalt anderer Kinder zu decken.
    • Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht grundsätzlich, dass die IV-Leistungen auch zur Deckung der behinderungsbedingten Auslagen dienen müssen, wenn der Ehemann das Besuchsrecht ausübt und die Betreuungslast trägt. Die Aufteilung basierend auf der Betreuungszeit (ca. 1/5 der Zeit) wurde im Berechnungsverfahren nicht willkürlich beurteilt.
  • Entscheid zu Rüge 3: Das Bundesgericht wies diese Rüge ab.

4. Fazit und Kosten Das Bundesgericht hiess die Beschwerde teilweise gut, soweit sie zulässig war. Es hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück, damit diese die Frage des Konkubinats des Ehemanns abklärt und gegebenenfalls bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Beiden Parteien wurde die unentgeltliche Rechtspflege zugesprochen. Die Gerichtskosten von 3'000 CHF wurden der Beschwerdeführerin zu 2'000 CHF und dem Beschwerdegegner zu 1'000 CHF auferlegt und vorläufig aus der Bundesgerichtskasse bezahlt. Jeder Partei wurde eine reduzierte Parteientschädigung zugesprochen, die ebenfalls vorläufig aus der Bundesgerichtskasse beglichen wird, da die Parteien als mittellos gelten.

5. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht hat entschieden, dass im Familienrecht, insbesondere bei Fragen des Kindeswohls, die unbeschränkte Untersuchungsmaxime und die Beweismittelfreiheit gelten. Das Kantonsgericht durfte daher schriftliche Zeugenaussagen und das Begehren auf Zeugenbefragung zur Klärung eines allfälligen Konkubinats des Vaters nicht pauschal ablehnen, da dies die Unterhaltsberechnung beeinflussen könnte. Die Sache wurde in diesem Punkt zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Hingegen wurde die Rüge bezüglich des hypothetischen Einkommens der Mutter und der Aufteilung der IV-Hilflosenentschädigung abgewiesen, da die Begründung des Kantonsgerichts in diesen Punkten nicht als willkürlich erachtet wurde und die Hilflosenentschädigung ihrem Zweck nach der Deckung behinderungsbedingter Auslagen und Pflegeleistungen dient, nicht dem allgemeinen Familienunterhalt.