Zusammenfassung von BGer-Urteil 7B_957/2023 vom 15. Oktober 2025

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Gerne, hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 7B_957/2023 des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. Oktober 2025:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 7B_957/2023 vom 15. Oktober 2025

1. Einleitung und Parteien

Das vorliegende Urteil betrifft einen Rekurs in Strafsachen (Art. 78 ff. BGG) des Beschwerdeführers A._ gegen den Entscheid des Einzelrichters der Strafkammer des Kantonsgerichts Wallis vom 31. Oktober 2023. Mit diesem Entscheid wurde die Beschwerde des A._ gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung des Regionalen Ministeriums publics des Unterwallis vom 30. Mai 2022 abgewiesen. Der Beschwerdeführer hatte eine Strafanzeige wegen möglicher Vergiftung eingereicht.

2. Sachverhalt und Vorinstanzen

2.1. Sachverhalt der Strafanzeige A.__ reichte am 19. Mai 2022 eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein, da er vermutete, zwischen 2011 und 2013 zweimal mit Blei, Arsen und Quecksilber vergiftet worden zu sein. Seit November 2011 litt er unter starken Kopfschmerzen sowie Gedächtnis- und Gesichtserkennungsschwierigkeiten. Urinanalysen im Mai und November 2012 sowie im November 2014 zeigten in der Regel stark erhöhte Werte für Arsen, Kupfer und Quecksilber, während eine Haaranalyse im Juni 2012 keine Überschreitungen dieser Schwermetalle ergab.

Der Beschwerdeführer verdächtigte seinen damaligen Nachbarn, mit dem er wegen illegaler Bauten im Streit lag, für die erste mögliche Vergiftung verantwortlich zu sein, nachdem er eine Fotokopie einer Bibelstelle über einen "langsamen und schmerzhaften Tod" vor seiner Tür gefunden hatte. Eine zweite mögliche Vergiftung soll Ende Januar 2013 nach dem Konsum eines Getränks in einem Lokal namens "B._" in U._ erfolgt sein, gefolgt von Brust- und Lungenschmerzen, Schwitzen und später Nierenschmerzen und Tinnitus. Zuvor, Ende November 2012, sei er in einem Lokal in V.__ gewarnt worden, man werde ihm "nächstes Mal mehr ins Glas tun" und "ihm nicht glauben".

Die Gedächtnisprobleme und Kopfschmerzen verschwanden nach Einnahme eines Chelatbildners, der von seinem inzwischen verstorbenen Arzt verschrieben wurde. Er litt jedoch an erheblicher Gewichtszunahme und weiteren "lästigen somatischen Symptomen". Er kündigte an, weitere Tests durchzuführen und bei Entwicklung einer schwermetallbedingten Krankheit eine neue Anzeige zu erstatten.

2.2. Verfahrensgang bei den Vorinstanzen * Regionaler Minister public des Unterwallis (30. Mai 2022): Erliess eine Nichtanhandnahmeverfügung. Er qualifizierte die denunzierten Tatsachen als einfache Körperverletzung (Art. 123 Abs. 2 Ziff. 1 StGB) oder fahrlässige Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 StGB). Da die Strafverfolgung für diese Delikte verjährt sei, lehnte er das Eintreten ab. * Einzelrichter der Strafkammer des Kantonsgerichts Wallis (31. Oktober 2023): Wies die Beschwerde des A.__ gegen die Nichtanhandnahmeverfügung ab, "soweit zulässig". Das Kantonsgericht stützte seinen Entscheid auf mehrere unabhängige Begründungen: 1. Keine Anhaltspunkte für schwere Körperverletzungen; einfache Körperverletzungen sind verjährt. 2. Die Strafanzeige beruhe nicht auf ernsthaften und konkreten Tatsachenindizien, sondern auf blossen Vermutungen. Angesichts des fragilen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und möglicher Arsenvergiftungssymptome seiner Mutter könnten auch andere Ursachen (z.B. Umweltfaktoren) für seine Beschwerden verantwortlich sein. 3. Ungeachtet dessen seien mehr als zehn Jahre nach den angeblichen Ereignissen keine Ermittlungshandlungen aussichtsreich, um eine Straftat einer bestimmten Person nachzuweisen.

3. Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte zunächst die Zulässigkeit des Rekurses, da die Vorinstanz die Beschwerde nur "soweit zulässig" behandelt hatte und der Beschwerdeführer nur die Aufhebung und Rückweisung der Sache beantragte.

3.1. Zulässigkeit des Rekurses (Art. 78 ff. BGG)

3.1.1. Formelle Anforderungen an die Anträge (Art. 107 Abs. 2 BGG) Grundsätzlich ist der Rekurs in Strafsachen ein Reformrechtsmittel, was bedeutet, dass der Beschwerdeführer Sachanträge stellen muss und sich nicht auf die blosse Aufhebung und Rückweisung beschränken kann. Im vorliegenden Fall beantragte der Beschwerdeführer lediglich die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Rückweisung an die Vorinstanz. Das Bundesgericht interpretierte diese Anträge jedoch im Lichte der Begründung als Antrag auf Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung und Anordnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft, was für die Einhaltung der Formvorschriften als ausreichend erachtet wurde.

3.1.2. Anforderungen an die Begründung des Rekurses (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG, Art. 106 Abs. 2 BGG) Das Bundesgericht hält fest, dass der Beschwerdeführer die Erwägungen des angefochtenen Entscheids hinreichend diskutieren muss. Insbesondere wenn ein Entscheid auf einer mehrfachen, voneinander unabhängigen Begründung basiert, muss jede dieser Begründungen angegriffen werden, da der Rekurs andernfalls unzulässig ist (sog. "Doppelmotivation"). Die Sachverhaltsfeststellungen des Bundesgerichts sind grundsätzlich bindend, es sei denn, sie wurden willkürlich (Art. 9 BV) oder offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG) festgestellt, was präzise zu rügen und zu begründen ist.

Das Bundesgericht stellte fest, dass die kantonale Vorinstanz ihren Entscheid auf drei unabhängige Gründe stützte (Verjährung; fehlende konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat; Aussichtslosigkeit weiterer Ermittlungen nach über zehn Jahren). Der Beschwerdeführer versäumte es, die zweite und dritte Begründung der Vorinstanz rechtsgenüglich zu widerlegen: * Fehlende konkrete Indizien (zweite Begründung): Der Beschwerdeführer wiederholte im Wesentlichen die Umstände seiner angeblichen Vergiftung. Er legte jedoch nicht dar, inwiefern das Kantonsgericht irrte, als es das Fehlen wichtiger und konkreter Indizien für die Begehung einer Straftat feststellte. Insbesondere lieferte er keine Hinweise auf den möglichen Urheber der zweiten Vergiftung und nannte die Identität des mutmasslichen Urhebers der ersten Vergiftung nicht. Seine Behauptung, er habe nie seinen Nachbarn, sondern dessen "Gäste" verdächtigt, weicht von den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ab, ohne dass er Willkür rügte. Auch die von der Vorinstanz erwogenen anderen Ursachen für seine Beschwerden (z.B. Umweltfaktoren, Symptome der Mutter) wurde nicht substantiiert bestritten. * Aussichtslosigkeit weiterer Ermittlungen (dritte Begründung): Der Beschwerdeführer rügte, die Behörden hätten keine Untersuchungsmassnahmen ergriffen. Er erklärte jedoch in keiner Weise, inwiefern solche Massnahmen nach vielen Jahren noch Licht in die denunzierten Tatsachen bringen oder den Nachweis einer Straftat einer bestimmten Person erbringen könnten. Seine Verweise auf den Dossierinhalt genügen den Begründungsanforderungen von Art. 42 BGG nicht.

Da die zweite und dritte Begründung der kantonalen Vorinstanz jeweils für sich allein den Ausgang des kantonalen Verfahrens besiegeln konnten und der Beschwerdeführer sie nicht rechtsgenüglich angefochten hatte, erklärte das Bundesgericht den Rekurs in diesem Punkt vollumfänglich als unzulässig.

3.1.3. Subsidiäre Prüfung der Beschwerdebefugnis der Privatklägerschaft (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG) Das Bundesgericht prüfte zudem vorsorglich ("par surabondance") die Beschwerdebefugnis der Privatklägerschaft. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG kann die Privatklägerschaft den Rekurs nur erheben, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilforderungen auswirken kann (z.B. Schadenersatz oder Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR). Die Rechtsprechung ist hier restriktiv und verlangt, dass der Beschwerdeführer im Rekursschreiben präzise darlegt, welche Zivilforderungen er gegen die Gegenpartei geltend macht.

  • Der Beschwerdeführer äusserte sich in seinem Rekurs in keiner Weise zu einem allfälligen Schaden oder einer Genugtuung, weder dem Grund noch der Höhe nach.
  • Obwohl er angab, durch die Vergiftungen "zahlreiche Folgeschäden" erlitten zu haben und unter kognitiven, renalen, hepatischen und kardiovaskulären Störungen zu leiden, legte er keine medizinischen Dokumente vor, die dies belegten oder einen direkten Kausalzusammenhang mit den angeblichen Vergiftungen herstellten.
  • Die Vorinstanz hatte bereits festgestellt, dass er nicht in ärztlicher Behandlung für Leber- oder Nierenerkrankungen sei oder hospitalisiert wurde.
  • Bloße Behauptungen, dass Ärzte seine Symptome fälschlicherweise einer "möglichen Psychose" zugeschrieben hätten, oder Spekulationen über zukünftige hypothetische Auswirkungen einer akuten Arsenintoxikation ("erst viel später" eintreten und zu "Organversagen" führen könnten), sind nicht ausreichend, um einen direkten Schaden aus der angezeigten Straftat glaubhaft zu machen.

Mangels substantiierter Darlegung von Zivilforderungen schloss das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ebenfalls aus.

3.1.4. Star-Praxis und formelle Rechtsverweigerung (Art. 81 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 29 Abs. 2 BV) Unabhängig von Art. 81 Abs. 1 BGG kann die Privatklägerschaft eine Verletzung ihrer Parteirechte, die einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt, rügen ("Star-Praxis"). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Rügen untrennbar mit der materiellen Beurteilung verbunden sind. Der Beschwerdeführer beklagte eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs und kritisierte die Weigerung der Staatsanwaltschaft, eine Untersuchung zu eröffnen, sowie die Nichtberücksichtigung seiner Beweisanträge. Diese Rügen sind jedoch untrennbar mit der materiellen Beurteilung des Falls verbunden und somit ebenfalls unzulässig.

4. Entscheid

Das Bundesgericht erklärte den Rekurs als unzulässig. Die Gerichtskosten von 3'000 Franken wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Nichtanhandnahme und kantonale Abweisung: Der Minister public lehnte die Eröffnung eines Strafverfahrens wegen Verjährung von einfacher Körperverletzung ab. Das Kantonsgericht wies die Beschwerde dagegen auf mehreren unabhängigen Begründungen ab, darunter fehlende konkrete Indizien und Aussichtslosigkeit weiterer Ermittlungen.
  2. Fehlende Begründung des Rekurses: Das Bundesgericht erklärte den Rekurs als unzulässig, da der Beschwerdeführer die unabhängigen Begründungen des Kantonsgerichts (fehlende konkrete Indizien und Aussichtslosigkeit weiterer Ermittlungen nach über zehn Jahren) nicht rechtsgenüglich angefochten hatte.
  3. Mangelnde Beschwerdebefugnis: Zusätzlich stellte das Bundesgericht fest, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerdebefugnis als Privatklägerschaft nicht dargelegt hatte, da er weder Zivilforderungen (Schadenersatz/Genugtuung) substantiierte noch einen direkten Kausalzusammenhang zwischen den angeblichen Vergiftungen und seinen gesundheitlichen Beschwerden belegte.
  4. Keine formelle Rechtsverweigerung: Rügen bezüglich des rechtlichen Gehörs und der Beweiswürdigung wurden als untrennbar vom Sachurteil betrachtet und daher ebenfalls als unzulässig befunden.

Der Rekurs wurde somit aufgrund formeller Mängel und unzureichender Substantiierung als unzulässig erklärt.