Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:
Bundesgericht, Urteil 6B_400/2025 vom 9. Oktober 2025
1. Einleitung und Parteien
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts, verfasst von der I. Strafrechtlichen Abteilung, befasst sich mit einem Fall von sexuellen Handlungen mit einer urteils- oder widerstandsunfähigen Person (Art. 191 aStGB). Die Beschwerdeführerin, A.A._, als Privatklägerin und Geschädigte, wehrte sich gegen den Freispruch des Beschwerdegegners, B._, durch das Kantonsgericht Waadt.
2. Sachverhalt der Vorinstanz
Dem Beschwerdegegner B._ wurde vorgeworfen, am 18. August 2009 sexuelle Handlungen an A.A._ vorgenommen zu haben, als diese aufgrund von Drogenkonsum urteils- oder widerstandsunfähig war. Der Sachverhalt, wie er vom erstinstanzlichen Gericht (Tribunal correctionnel de l'arrondissement de Lausanne) festgestellt wurde, ist detailliert:
B._ (geb. 1989) und A.A._ (geb. 1993) hatten seit Juni 2009 eine Liebesbeziehung. Am 18. August 2009 trafen sie sich in U._. B._ hatte zuvor LSD konsumiert. Nach dem Konsum eines Bieres und eines Marihuana-Joints auf der Kathedralen-Esplanade schlug B._ vor, zu ihm nach Hause zu gehen, was A.A._ annahm. Während des Weges begann A.A.__, sich unwohl zu fühlen, geriet in einen Zustand von Halluzinationen, Schwitzen und äusserte sich inkohärent.
In B._s Wohnung half dieser der gehbehinderten A.A._ ins Schlafzimmer und schlug ihr vor, sich ins Bett zu legen. Trotz ihrer ablehnenden Äusserungen entkleidete er sie, zog ihr die untere und obere Kleidung aus, bevor er sich selbst entkleidete. Anschliessend spreizte er ihre Beine und führte seinen Unterarm für etwa 15 bis 20 Minuten in ihre Vagina ein, wobei er rotierende Bewegungen machte und sich dabei selbst befriedigte. Danach zog er seine Hand zurück, streifte ein Kondom über und vollzog für zwei bis drei Minuten eine vaginale Penetration. A.A._ befand sich in einem Zustand der Erstarrung ("sidération") und stöhnte unaufhörlich. Nach der Ejakulation zog sich B._ wieder an und konsumierte einen weiteren Marihuana-Joint.
Anschliessend rief A.A._ weinend ihren Vater an und sagte, sie fühle sich nicht gut. Der Vater sprach mit B._, der angab, er könnte A.A._ durch einen Kuss LSD übertragen haben. B._ brachte A.A.__ daraufhin zum Bahnhof und drückte seine Enttäuschung darüber aus, dass sie ihren Vater angerufen hatte.
Das erstinstanzliche Gericht sprach B._ schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten, einer Geldstrafe von 3'000 Franken und verpflichtete ihn zivilrechtlich zur Zahlung von 6'000 Franken Schmerzensgeld an A.A._.
3. Urteil der Vorinstanz (Kantonales Appellationsgericht)
Das kantonale Appellationsgericht (Cour d'appel pénale du Tribunal cantonal vaudois) hiess die Berufung von B._ gut. Es sprach ihn vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit einer urteils- oder widerstandsunfähigen Person frei und wies die Zivilforderungen von A.A._ ab. Die Vorinstanz stellte zwar fest, dass A.A._ sich in einem Zustand befunden haben dürfte, der sie wehrlos gegenüber einem sexuellen Übergriff machte, kam aber zum Schluss, dass kein Übergriff nachgewiesen sei und B._ die Situation nicht ausgenutzt habe.
4. Rechtliche Grundlagen und Prüfungsraster des Bundesgerichts
4.1. Delikt des Art. 191 aStGB (Sexuelle Handlungen mit urteils- oder widerstandsunfähiger Person) Das Bundesgericht zitiert Art. 191 aStGB (Fassung bis 30. Juni 2024), wonach bestraft wird, wer in Kenntnis der Urteils- oder Widerstandsunfähigkeit einer Person diese dazu ausnutzt, sexuelle Handlungen vorzunehmen. * Widerstandsunfähigkeit liegt vor, wenn eine Person unfähig ist, sich unerwünschten sexuellen Kontakten zu widersetzen. Dieser Zustand kann dauerhaft oder vorübergehend, chronisch oder situativ bedingt sein (z.B. durch schwere psychische Störungen, starke Alkohol- oder Drogenintoxikation, physische Fesseln). Entscheidend ist, dass das Opfer völlig wehrlos ist. Eine lediglich teilweise eingeschränkte oder bis zu einem gewissen Grad verminderte Abwehrfähigkeit genügt nicht (Verweis auf BGE 133 IV 49 E. 7.2; 119 IV 230 E. 3a). * Das Ausnutzen der Widerstandsunfähigkeit bedeutet, dass der Täter den Zustand oder die Situation, in der sich das Opfer befand, bewusst für seine Handlungen verwendete (Verweis auf BGE 148 IV 329 E. 3.2).
4.2. Prüfungsraster des Bundesgerichts (Willkürverbot und in dubio pro reo) Das Bundesgericht überprüft Sachverhaltsfeststellungen nur eingeschränkt. Es ist an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, diese wurden offensichtlich unrichtig oder unter Verletzung des Rechts (insbesondere willkürlich gemäss Art. 9 BV) festgestellt (Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs. 2 BGG). * Willkür liegt nicht schon vor, wenn die Entscheidung diskutabel oder kritisierbar ist. Sie muss offensichtlich unhaltbar sein, sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis (Verweis auf BGE 148 IV 409 E. 2.2). Im Bereich der Beweiswürdigung liegt Willkür vor, wenn die Behörde ein entscheidungserhebliches Beweismittel ohne ernsthaften Grund nicht berücksichtigt, sich über dessen Sinn und Tragweite hinwegsetzt oder aufgrund der erhobenen Beweise unhaltbare Schlüsse zieht. * Der Grundsatz in dubio pro reo (Art. 10 StPO, 32 Abs. 1 BV, 14 Abs. 2 UNO-Pakt II, 6 Abs. 2 EMRK) betrifft sowohl die Beweislast als auch die Beweiswürdigung. Als Beweiswürdigungsregel besagt er, dass der Richter nur dann von der Existenz einer für den Angeklagten ungünstigen Tatsache überzeugt sein darf, wenn objektiv keine ernsthaften, nicht zu überwindenden Zweifel an der Existenz dieser Tatsache bestehen (Verweis auf BGE 148 IV 409 E. 2.2).
5. Detaillierte Begründung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich war, da sie nicht alle relevanten Beweismittel berücksichtigte und zu unhaltbaren Schlussfolgerungen führte.
5.1. Vorinstanzliche Würdigung und deren Mängel: Die Vorinstanz hatte zwar die Wehrlosigkeit der Beschwerdeführerin als wahrscheinlich angesehen, aber einen Übergriff oder dessen Ausnutzung nicht als hinreichend erwiesen erachtet. Sie stützte sich dabei auf folgende Argumente, die das Bundesgericht als willkürlich beanstandete:
5.2. Ignorierte und selektiv berücksichtigte Beweismittel durch die Vorinstanz:
Das Bundesgericht rügte insbesondere die unvollständige Beweiswürdigung durch die Vorinstanz:
5.3. Fazit zur Beweiswürdigung: Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Vorinstanz durch diese Vorgehensweise (Ignorieren relevanter Zeugenaussagen, selektives Zitieren medizinischer Berichte, widersprüchliche Glaubwürdigkeitsbeurteilung) willkürlich entschieden hat und gegen den Grundsatz der umfassenden Beweiswürdigung und in dubio pro reo verstiess.
6. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Die Beschwerde von A.A.__ wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das kantonale Appellationsgericht zurückgewiesen. Das kantonale Gericht muss den Fall unter Berücksichtigung aller relevanten Beweismittel neu beurteilen.
7. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte