Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_224/2025 vom 24. September 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 1C_224/2025 vom 24. September 2025

I. Einleitung und Verfahrensgegenstand

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten der A.__ AG (Beschwerdeführerin) gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 24. März 2025. Gegenstand der Beschwerde ist die Höhe der Entschädigung im Rahmen einer formellen Enteignung von Land und der Errichtung eines Fuss- und Fahrwegrechts zugunsten des Kantons Aargau (Beschwerdegegner) für das Strassenbauprojekt "Umfahrung Mellingen". Die Beschwerdeführerin rügt primär eine Verletzung ihres verfassungsmässigen Anspruchs auf volle Entschädigung (Art. 26 Abs. 2 BV und § 21 Abs. 4 KV/AG) und beanstandet die Kostenverteilung in den kantonalen Verfahren.

II. Sachverhalt und Vorinstanzen

  1. Hintergrund: Der Regierungsrat des Kantons Aargau genehmigte am 17. Januar 2018 das Strassenbauprojekt Umfahrung Mellingen und erteilte das nötige Enteignungsrecht. Die Beschwerdeführerin musste Teile ihrer Parzellen 157, 160 und 161 abtreten. Zudem wurde auf ihren Grundstücken ein Fuss- und Fahrwegrecht für den Strassenunterhalt errichtet. Zur Kompensation erhielt die Beschwerdeführerin Flächen aus der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugewiesen.

  2. Kantonales Verfahren: Da sich die Parteien nicht über die Enteignungsentschädigung einigen konnten, leitete das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) das Enteignungsverfahren vor dem Spezialverwaltungsgericht, Abteilung Kausalabgaben und Enteignungen (SKE) ein.

    • SKE-Urteil (30. Januar 2024): Das SKE sprach der A._ AG Entschädigungen für die abgetretenen Flächen (Fr. 250/m² für Arbeitszone, Fr. 10/m² für Grünzone, Fr. 500/m² für weitere Arbeitszone) zu. Für die der A._ AG zugewiesenen Flächen legte es einen Anrechnungswert von Fr. 50/m² fest und reduzierte diesen Wert um Fr. 8/m² für das darauf lastende Wegrecht. Für das auf den Parzellen 160 und 161 errichtete Fuss- und Fahrwegrecht wurde eine Entschädigung von Fr. 83/m² plus Fr. 25/m² für künftigen Wegunterhalt zugesprochen. Zudem erhielt die Beschwerdeführerin eine pauschale Entschädigung von Fr. 5'800 für Lärmimmissionen.
    • Verwaltungsgerichtsurteil (24. März 2025): Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde der A.__ AG gegen das SKE-Urteil ab.

III. Prüfungsrahmen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüft bei kantonalrechtlich festgesetzten Enteignungsentschädigungen frei, ob die kantonalen Regeln (oder die angewandten Regeln zur Lückenfüllung) dem in Art. 26 Abs. 2 BV statuierten Prinzip der vollen Entschädigung genügen. Die Anwendung der kantonalen Regeln sowie die Sachverhaltsfeststellungen der kantonalen Instanzen werden hingegen nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür überprüft (Art. 106 Abs. 2 BGG). Eine Verletzung des Willkürverbots fällt insoweit mit dem Einwand der Verletzung von Art. 26 BV zusammen.

IV. Begründung des Bundesgerichts

1. Höhe der Enteignungsentschädigung und Verkehrswert der Grundstücke

a. Grundsatz der vollen Entschädigung und Vergleichsmethode: Gemäss Art. 26 Abs. 2 BV sollen Enteignungen und enteignungsgleiche Eigentumsbeschränkungen voll entschädigt werden. Dies bedeutet, dass die Enteigneten weder einen Verlust erleiden noch einen Gewinn erzielen sollen; wirtschaftlich sind sie wie ohne Enteignung zu stellen. Der zu entschädigende Verkehrswert wird nach ständiger Rechtsprechung primär anhand von Vergleichspreisen (statistische Methode oder Vergleichsmethode) festgelegt. Dies ist die zuverlässigste Methode, da sie auf tatsächlich gehandelten Preisen für vergleichbare Liegenschaften beruht. An die Voraussetzung der Vergleichbarkeit dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden; Unterschiede können durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt werden. Selbst aus vereinzelten Vergleichspreisen lässt sich auf das allgemeine Preisniveau schliessen, sofern die Vergleichsobjekte sorgfältig geprüft und die Transaktionen nicht von unüblichen Verhältnissen geprägt sind. Nur wenn überhaupt keine Vergleichspreise vorhanden sind, dürfen Schätzungsbehörden auf hypothesenbasierte Methoden zurückgreifen (vgl. BGE 122 I 168 E. 3a; 1C_704/2024 vom 13. Mai 2025 E. 3.2).

b. Anwendung der Vergleichsmethode durch die Vorinstanzen: * Das SKE und das Verwaltungsgericht stützten sich auf die statistische Methode. Das Verwaltungsgericht schied ein Vergleichsobjekt wegen unklarer Altlastensanierungskosten aus. * Es erachtete zwei andere Vergleichsobjekte als tauglich: ein Grundstück in Mägenwil (2016, Fr. 670/m²) und eines in Oberrohrdorf (2019, Fr. 669/m²). Das Verwaltungsgericht schützte den vom SKE vorgenommenen Abschlag von 25% gegenüber diesen Vergleichspreisen für das Land der Beschwerdeführerin. Dieser Abschlag begründete sich mit zwei Faktoren: * In der Arbeitszone Ar I von Mellingen ist, anders als in den Vergleichsobjekten, keine Wohnnutzung (auch keine betrieblich bedingte) zulässig. * Die Gemeinden Oberrohrdorf und Mägenwil gelten als attraktivere Wirtschaftsstandorte als Mellingen, insbesondere aufgrund besserer strassenverkehrstechnischer Erschliessung.

c. Einwände der Beschwerdeführerin und deren Widerlegung: * Unzureichende Anzahl von Vergleichsobjekten: Die Beschwerdeführerin rügte, zwei Vergleichsparzeln seien zu wenig repräsentativ und führten zu einer willkürlichen Preisfestsetzung. Das Bundesgericht widerspricht: Die Rechtsprechung erlaube die Verwendung vereinzelter Vergleichspreise, zumal die Preise der beiden herangezogenen Objekte (Mägenwil und Oberrohrdorf) sehr nahe beieinander lagen, was ein starkes Indiz für den tatsächlichen Marktwert darstelle. Der Vorteil der Vergleichsmethode liege in der Nutzung realer Transaktionen, im Gegensatz zur stärker hypothesenbasierten Ertragswertmethode. * Vergleichbarkeit der Objekte: * Parzelle in Oberrohrdorf: Die Beschwerdeführerin machte geltend, ein Teil dieser Parzelle liege in der Grünzone und hätte wie ihr eigenes Grünzonenland mit Fr. 10/m² bewertet werden müssen. Das Bundesgericht folgte der Vorinstanz, wonach aufgrund der Grösse der Parzelle in Oberrohrdorf und der offenen Zonenvorschriften der Grünzonenanteil die Bebaubarkeit nicht wesentlich einschränke und daher keinen Abzug vom Verkaufspreis rechtfertige. Die strassenverkehrstechnische Erschliessung sei im Vergleich zu Mellingen zumindest nicht schlechter. * Parzelle in Mägenwil: Der Einwand, der Zeitpunkt der Handänderung (2016) liege zu weit zurück, wurde vom Bundesgericht verworfen. Dieser Umstand allein mache das Objekt nicht unvergleichbar; eine allfällige Preisentwicklung müsste durch Zuschläge berücksichtigt werden. * Abzug von 25%: * Wohnnutzungsausschluss in Mellingen: Die Beschwerdeführerin führte an, dass eine künftige Zulassung von betriebsnotwendigem Wohnen zu erwarten sei. Das Bundesgericht verweist auf die Feststellung der Vorinstanz, dass eine entsprechende Änderung der Bau- und Nutzungsordnung von der Gemeindeversammlung Mellingen abgelehnt wurde und die Zukunft ungewiss sei. Der Ausschluss der Wohnnutzung rechtfertige daher den Abschlag. * Wirtschaftliche Attraktivität der Standorte: Die Beschwerdeführerin stellte die Beurteilung der Vergleichsstandorte als wirtschaftlich attraktiver in Frage und verwies auf die gute verkehrsmässige Erschliessung ihrer eigenen Grundstücke. Das Bundesgericht qualifizierte dies als Sachverhaltsfrage und bestätigte die vorinstanzliche Einschätzung, dass Mägenwil aufgrund eines eigenen Autobahnanschlusses besser erschlossen sei und die Beschwerdeführerin keine Willkür bezüglich der Attraktivität der Standorte belegen konnte. * "Explosion der Bodenpreise": Der Einwand, die Preisentwicklung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, wurde vom Bundesgericht als unsubstanziiert zurückgewiesen. Die Vorinstanz sei von einer mehrjährigen Phase stabiler Preise ausgegangen, was sich aus den ähnlichen Transaktionspreisen 2016 und 2019 ableiten lasse. Eine Bodenpreisstatistik aus einem anderen Kanton sei untauglich zum Nachweis der Preisentwicklung im Kanton Aargau. * Reduktion des Landwerts für Parzelle 157: Die Beschwerdeführerin wehrte sich gegen die Reduktion um die Hälfte des ermittelten Landwerts (Fr. 500/m²), da das Land wegen Gewässerraum und Strassenabstand nicht überbaubar sei. Das Bundesgericht stützte die Vorinstanz: Das Land liege im Gewässerraum der Reuss (Art. 41c GSchV) und unterliege Strassenabstandsvorschriften (§ 111 BauG/AG), was die Nutzbarkeit stark einschränke und einen Wertabschlag rechtfertige. Ein Abschlag von 50% sei angesichts von Präzedenzfällen mit 75% Abschlag für eingeschränkt nutzbares Vorgartenland vertretbar.

2. Entschädigung für den künftigen Wegunterhalt auf neu zugeteilten Flächen

Die Beschwerdeführerin rügte, es sei ihr keine Entschädigung für den künftigen Wegunterhalt auf den ihr neu zugeteilten Flächen zugesprochen worden. Das Bundesgericht stellte fest, dass die Vorinstanz sehr wohl eine Entschädigung zugesprochen hatte. Der Anrechnungswert der zugeteilten Flächen wurde von Fr. 50/m² um Fr. 8/m² (für das darauf lastende Wegrecht) auf Fr. 42/m² reduziert. Diese Reduktion kompensiere den künftigen Wegunterhalt. Die Rüge erwies sich als unbegründet.

3. Kostenverteilung im kantonalen Verfahren (Kostenprivileg)

a. Grundsatz: Die Beschwerdeführerin beanstandete, dass ihr im Schätzungsverfahren vor dem SKE das in § 149 Abs. 2 BauG/AG verankerte sogenannte Kostenprivileg (Kostenübernahme durch das entschädigungspflichtige Gemeinwesen) weitgehend verweigert wurde. Dieses Kostenprivileg wird nach kantonaler Praxis eingeschränkt oder verweigert, wenn geltend gemachte Forderungen offensichtlich missbräuchlich, unbegründet oder übersetzt sind oder die Begehren grösstenteils abgewiesen werden, wobei dann das Unterliegerprinzip Anwendung findet.

b. Anwendung durch die Vorinstanzen: Das SKE hatte der Beschwerdeführerin das Kostenprivileg teilweise verweigert, insbesondere betreffend ihre Forderung wegen der Enteignung von Nachbarrechten im Zusammenhang mit Lärmimmissionen (85% ihrer Gesamtforderung), welche das SKE als "offensichtlich überhöht und haltlos" einstufte. Diese Forderung machte die Beschwerdeführerin im Bundesgerichtsverfahren nicht mehr geltend. Das Verwaltungsgericht hatte § 149 Abs. 2 BauG/AG im Übrigen auf das Rechtsmittelverfahren vor Verwaltungsgericht als nicht anwendbar betrachtet, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde.

c. Prüfung der Willkür bei der Kostenverlegung: Das Bundesgericht wies darauf hin, dass den kantonalen Gerichten bei der Kostenverlegung ein weiter Spielraum zusteht und es deren Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts nur unter Willkürgesichtspunkten prüft. Es verneinte Willkür: * Der Einwand der Beschwerdeführerin, das Kostenprivileg könne nur bei rechtsmissbräuchlichen Begehren verweigert werden, wurde zurückgewiesen. Die kantonale Praxis, wonach dies auch bei "offensichtlich unbegründeten oder übersetzten Forderungen" gelte, sei nicht willkürlich und entspreche der Regelung von Art. 114 Abs. 2 EntG. * Die Forderung von über Fr. 2.3 Millionen für Lärmimmissionen, für die schliesslich Fr. 5'800 zugesprochen wurden, sei als "massiv übersetzt" zu qualifizieren. Das Angebot des Kantons in Vergleichsverhandlungen von Fr. 100'000 ändere daran nichts, da solche Angebote auch zur Vermeidung langer und kostspieliger Verfahren gemacht werden können und die ursprüngliche Forderung in einem "sehr ausgeprägten Missverhältnis" zum angebotenen Betrag stand. * Schliesslich hatte das SKE die Kosten nicht vollumfänglich der Beschwerdeführerin auferlegt, sondern in dem Umfang, als die Forderungen nicht als haltlos qualifiziert wurden, dem Kanton als Gesuchsteller. Eine weitergehende Differenzierung sehe das kantonale Recht nicht vor.

V. Schlussfolgerung

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Die Gerichtskosten des Bundesgerichtsverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die kantonale Festsetzung der Enteignungsentschädigung für Landabtretungen und Wegrechte. Es hielt an der Vergleichsmethode zur Ermittlung des Verkehrswerts fest, auch mit wenigen Vergleichsobjekten, und verneinte die willkürliche Anwendung dieser Methode durch die kantonalen Gerichte. Die Argumente der Beschwerdeführerin bezüglich der Vergleichbarkeit der Objekte, der 25%-igen Wertminderung (wegen fehlender Wohnnutzung und weniger attraktiven Standorts) sowie der Berücksichtigung der Bodenpreisentwicklung und eingeschränkter Nutzbarkeit (Gewässerraum, Strassenabstand) wurden zurückgewiesen. Die Entschädigung für den künftigen Wegunterhalt auf den neu zugeteilten Flächen sei bereits durch eine Wertreduktion des Anrechnungswertes erfolgt. Auch die Verweigerung des Kostenprivilegs im kantonalen Verfahren aufgrund einer massiv übersetzten Forderung für Lärmimmissionen wurde als nicht willkürlich erachtet. Die Beschwerde wurde abgewiesen.