Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_477/2024 vom 17. September 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 1C_477/2024 vom 17. September 2025

1. Rubrum und Parteien Das Urteil (1C_477/2024 vom 17. September 2025) erging in der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts. Beschwerdeführerin ist die Flughafen Zürich AG (FZAG), vertreten durch Rechtsanwälte. Die Beschwerde richtet sich gegen eine Verfügung der Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts. Gegenstand des Verfahrens ist eine Forderung der FZAG auf Rückerstattung eines zu viel bezogenen Honorars eines Fachmitglieds der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 10 (ESchK 10).

2. Sachverhalt und Vorverfahren Die FZAG tritt in zahlreichen Entschädigungsverfahren wegen Fluglärmimmissionen als Enteignerin vor der ESchK 10 auf. Bis zum 1. Januar 2021 galt für die Schätzungskommissionen das sogenannte Sportelsystem, bei dem das Personal aus den Gebühren der Enteigner entschädigt wurde.

Im Jahr 2010 forderte der damalige Präsident der ESchK 10 von der FZAG einen Kostenvorschuss von CHF 200'000, welcher einbezahlt wurde. Im April 2011 verfügte die damalige Präsidentin der ESchK 10, dass davon CHF 150'652.85 für Personalkosten einzusetzen seien, wobei Honorarforderungen des Fachmitglieds A.__ auf Basis eines Stundenansatzes von CHF 285.-- verrechnet wurden.

Das Bundesverwaltungsgericht hiess im März 2012 eine Beschwerde der FZAG teilweise gut (Urteil A-3043/2011). Es stellte fest, dass Fachmitglieder ohne technischen Hintergrund gemäss der damals geltenden KostenV 1968 lediglich einen Stundenansatz von CHF 58.80 beanspruchen konnten, und wies die Sache zur Neufestsetzung der Honorarforderungen an die ESchK 10 zurück.

Daraufhin erliess die ESchK 10 am 26. November 2014 einen "Rechnungsbeschluss Verfahrenskosten". Dieser Beschluss stellte fest, dass die FZAG CHF 19'933.60 als Verfahrenskosten für A._ zu tragen habe, verpflichtete A._ aber gleichzeitig, der FZAG innert 30 Tagen CHF 52'322.50 zu bezahlen. Wichtig ist Dispositiv-Ziffer 3, wonach "mit der Zahlung gemäss Dispositiv Ziffer 2" die Nettobezüge, welche das entschädigungsberechtigte Nettohonorar von A.__ übersteigen, zurückerstattet und die entsprechende Gutschrift an den Kostenvorschuss der FZAG "insoweit abgegolten sind". Dispositiv-Ziffer 4 verpflichtete die FZAG, der Schätzungskommission über die Vollstreckung umgehend Mitteilung zu erstatten.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde von A._ wies das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2015 ab (Urteil A-193/2015) und hielt ausdrücklich fest, dass eine Rückerstattung des zu viel bezogenen Honorars durch das Bundesverwaltungsgericht ausser Betracht falle. Eine nachfolgende Beschwerde von A._ an das Bundesgericht wurde aus formalen Gründen nicht behandelt (Urteil 1C_454/2015).

A._ zahlte in der Folge lediglich CHF 10'000 zurück. Für die Restforderung von CHF 43'765.40 erhielt die FZAG im November 2016 einen Verlustschein, da A._ zahlungsunfähig war.

Die FZAG ersuchte daraufhin das Bundesverwaltungsgericht als Aufsichtsbehörde um Übernahme des ausstehenden Betrags. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht zunächst keinen anfechtbaren Entscheid fällen wollte, wurde es durch ein Urteil des Bundesgerichts vom März 2023 (1C_50/2022) dazu angewiesen. Die Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts wies schliesslich mit Verfügung vom 11. Juni 2024 das Gesuch der FZAG ab und hielt fest, dass der FZAG kein Rückzahlungsanspruch gegenüber der ESchK 10 bzw. dem Bundesverwaltungsgericht zustehe und das Ausfallrisiko bei der FZAG liege.

3. Begründung der Vorinstanz (Bundesverwaltungsgericht) Die Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts begründete ihre Abweisung damit, dass der FZAG zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung (analog Art. 62 Abs. 2 OR) gegen die ESchK 10 zugestanden habe. Dieses Honorar hätte die ESchK 10 auch von A._ zurückfordern können. Jedoch habe die ESchK 10 mit dem rechtskräftigen "Rechnungsbeschluss Verfahrenskosten" darauf verzichtet und stattdessen eine Forderungsabtretung an die FZAG verfügt (sog. Direkt- oder Durchgriffskondiktion). Dadurch sei die Forderung der ESchK 10 gegenüber A._ auf die FZAG übergegangen, und der Anspruch der FZAG gegenüber der ESchK 10 oder dem Bundesverwaltungsgericht als deren Kasse sei entfallen.

Das Bundesverwaltungsgericht verwies auf sein eigenes Urteil A-193/2015, welches die Rückerstattungspflicht von A.__ bestätigt und explizit eine Rückerstattung durch das Bundesverwaltungsgericht ausgeschlossen habe. Zudem ergäbe sich keine Rückzahlungspflicht aus der KostenV 2013, und die von der FZAG angeführten Bundesgerichtsentscheide (1C_224/2012, BGE 144 II 167, 1C_232/2017) seien nicht einschlägig.

4. Argumentation der Beschwerdeführerin (FZAG) Die FZAG argumentierte, die Honorarzahlungen seien aus einem Kostenvorschuss erfolgt, ohne dass die Rechnungen ihr gegenüber rechtskräftig verfügt worden wären. Ein Kostenvorschuss begründe einen Rückforderungsanspruch gegen den Empfänger (hier: die Vorinstanz in ihrer Kassenfunktion), falls er nicht vollständig ausgeschöpft werde. Die Nichtanfechtung des "Rechnungsbeschlusses" ändere daran nichts. Die Erwägungen des Beschlusses hätten zudem festgehalten, dass den Parteien durch den Forderungsübergang kein Nachteil entstehe und die direkte Rückerstattung aus verfahrensökonomischen Gründen erfolge. Die Formulierung in Ziffer 3 des Dispositivs – "mit der Zahlung" durch A.__ sei die Gutschrift an den Kostenvorschuss abgegolten – bedeute gerade nicht eine Überwälzung des Ausfallrisikos. Der Rückzahlungsanspruch gegen das Bundesverwaltungsgericht ergebe sich aus der Bundesgerichtspraxis, insbesondere den Urteilen 1C_224/2012 und 1C_232/2017.

5. Massgebende Punkte und rechtliche Würdigung des Bundesgerichts

5.1. Das System der ESchK 10 und die Kassenfunktion des Bundesverwaltungsgerichts: Das Bundesgericht verweist auf seine frühere Rechtsprechung zum Sportelsystem der ESchK 10. Im Urteil 1C_224/2012 vom 6. September 2012 (publ. in: ZBl 114/2013 S. 165) hielt es fest, dass Massenverfahren wie bei der ESchK 10 unter diesem System nicht effizient und ohne unzumutbare finanzielle Risiken für das Präsidium abgeschlossen werden könnten. Das Bundesgericht entschied, dass für alle nicht mit einem Enteignungsfall zusammenhängenden Arbeiten und Auslagen die Kasse des Bundesverwaltungsgerichts Rechnung zu stellen sei. Der Bund müsse alle Kosten übernehmen, die den Enteignern nicht auferlegt werden könnten, und Beträge vorfinanzieren, die erst später auferlegt werden könnten.

Diese Auffassung wurde durch die Verwaltungskommission des Bundesgerichts in BGE 144 II 167 bekräftigt. Sie kritisierte das Bundesverwaltungsgericht dafür, die allgemeine administrative Tragweite des Urteils 1C_224/2012 nicht zu berücksichtigen. Es wurde klargestellt, dass Aufwendungen, die nicht einzelnen Verfahren zugerechnet werden können, vom Bund, d.h. von der Kasse des Bundesverwaltungsgerichts, zu übernehmen sind. Eine allgemeine Kassenfunktion des Bundesverwaltungsgerichts stehe den Bestimmungen der Kostenverordnung nicht entgegen.

Besonders relevant ist das Urteil 1C_232/2017 vom 4. Dezember 2017. Hier musste das Bundesgericht Rechnungsbeschlüsse der ESchK 10 beurteilen, die eine frühere Präsidentin zur Rückerstattung zu hoher Entschädigungen verpflichteten. Das Bundesgericht unterschied zwischen dem Innenverhältnis (Honoraranspruch des Mitglieds) und dem Aussenverhältnis (Verfahrenskosten der Enteignerin). Als die Forderung des Bundes gegen die ehemalige Präsidentin wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar war, stellte das Bundesgericht fest, dass sich die FZAG zur Rückerlangung der zu viel bezahlten Verfahrenskosten an den Bund (d.h. die Kasse des Bundesverwaltungsgerichts) wenden müsse. Die Verjährung sei im öffentlichen Recht von Amtes wegen zu beachten, soweit es um Forderungen des Staates gehe.

5.2. Auslegung des "Rechnungsbeschlusses Verfahrenskosten" vom 26. November 2014: Das Bundesgericht prüfte die Auslegung dieses Beschlusses als Rechtsfrage mit freier Kognition. Es wies die Argumentation der Vorinstanz zurück, die ESchK 10 habe eine Forderungsabtretung verfügt, welche den Anspruch der FZAG gegen den Bund erlöschen lasse.

Entscheidend ist der Wortlaut von Ziffer 3 des Dispositivs: "mit der Zahlung gemäss Dispositiv Ziffer 2 ... insoweit abgegolten sind". Dies bedeutet nach Ansicht des Bundesgerichts, dass erst die tatsächliche Zahlung durch A.__ (und nicht bereits die Verpflichtung zur Zahlung) die Erfüllung der Forderung bewirkt, und zwar nur im Umfang der Zahlung. Die Verpflichtung der FZAG in Ziffer 4, über die Vollstreckung Mitteilung zu erstatten, stütze diese Auslegung, da die ESchK 10 diese Mitteilung nicht benötigt hätte, wenn sie von einem bereits erloschenen Anspruch der FZAG gegenüber dem Bund ausgegangen wäre. Auch der Hinweis in den Erwägungen des Beschlusses, dass den Parteien durch den Forderungsübergang kein Nachteil entstehe, spreche gegen die Überwälzung des Ausfallrisikos auf die FZAG.

Das Bundesgericht gelangt daher zum Schluss, dass die Vorinstanz mit ihrer Auslegung des Rechnungsbeschlusses Bundesrecht verletzt hat, indem sie das Ausfallrisiko der Beschwerdeführerin auferlegte.

5.3. Die Kostentragungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts: Der Anspruch der FZAG aus ungerechtfertigter Bereicherung ist durch den "Rechnungsbeschluss Verfahrenskosten" nicht untergegangen. Dieser Anspruch ist nicht den Verfahrenskosten zuzurechnen und kann daher nicht der Enteignerin auferlegt werden. Gemäss der konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichts (insbesondere 1C_224/2012 und BGE 144 II 167) richtet sich dieser Anspruch gegen den Bund. Da die ESchK 10 keine eigene Kasse besitzt (vgl. 1C_232/2017 E. 1.1), ist die Forderung aus der Kasse des Bundesverwaltungsgerichts zu begleichen.

Das Bundesgericht bestätigt, dass diese subsidiäre Kostentragungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts sich aus einer verfassungskonformen Auslegung der anwendbaren Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen ergibt, gestützt auf die oben dargelegte allgemeine Kassenfunktion des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber der ESchK 10 (BGE 144 II 167 E. 2.6).

Der vorliegende Fall wird vom Bundesgericht explizit mit dem Urteil 1C_232/2017 verglichen. In beiden Fällen ging es um einen zu hohen Kostenvorschuss der Enteignerin (Aussenverhältnis) und das Scheitern der Vollstreckung der Rückforderung gegenüber dem betroffenen Kommissionsmitglied im Innenverhältnis. Der Umstand, dass im früheren Fall eine Verjährung und im vorliegenden Fall die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Vollstreckungshindernis führte, ist für das Bundesgericht unerheblich. Solche Umstände betreffen das Innenverhältnis und können der FZAG nicht entgegengehalten werden.

6. Entscheid des Bundesgerichts Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt die angefochtene Verfügung der Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts auf und verpflichtet die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesverwaltungsgericht, der Beschwerdeführerin CHF 43'765.40 zu bezahlen. Eine Rückweisung zur Neubeurteilung ist nicht notwendig, da der Betrag unbestritten ist und das Bundesgericht in der Sache selbst entscheiden kann (Art. 107 Abs. 2 BGG).

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Flughafen Zürich AG (FZAG) das Ausfallrisiko für ein von einem Fachmitglied der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis 10 (ESchK 10) zu Unrecht bezogenes Honorar nicht tragen muss. Die frühere Verfügung der ESchK 10, die das Fachmitglied zur direkten Rückzahlung an die FZAG verpflichtete, wurde dahingehend ausgelegt, dass die Forderung der FZAG gegen den Bund aus ungerechtfertigter Bereicherung erst durch die tatsächliche Rückzahlung (und nicht bereits durch die Verpflichtung dazu) getilgt wird. Gestützt auf seine frühere Rechtsprechung zur "Kassenfunktion" des Bundesverwaltungsgerichts und dessen subsidiärer Kostentragungspflicht für die ESchK 10, muss der Bund (vertreten durch die Kasse des Bundesverwaltungsgerichts) die ausstehende Forderung von CHF 43'765.40 begleichen. Die Gründe für das Scheitern der Rückforderung vom Fachmitglied (hier: Insolvenz, im Vergleich zu Verjährung in einem früheren Präzedenzfall) sind für die Pflicht des Bundes gegenüber der Enteignerin unerheblich.