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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_916/2024 vom 12. September 2025 detailliert zusammen.
Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 6B_916/2024 vom 12. September 2025
1. Einleitung und Verfahrensüberblick
Das Urteil des Bundesgerichts 6B_916/2024 vom 12. September 2025 befasst sich mit einem Rekurs von A._ gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Waadt (Cour d'appel pénale) vom 28. August 2024. Der Beschwerdeführer (A._) wurde in erster Instanz, nach Einsprache gegen einen Strafbefehl, vom Polizeigericht des Kreises Lausanne vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen. Das Polizeigericht sprach ihm zudem eine Entschädigung von CHF 263'000.- gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO für erlittenen wirtschaftlichen Schaden zu und auferlegte die Gerichtskosten dem Staat.
Auf Berufung der Staatsanwaltschaft hin änderte die Cour d'appel pénale des Kantonsgerichts Waadt dieses Urteil teilweise. Sie bestätigte zwar den Freispruch vom Betrugsvorwurf, hob jedoch die zugesprochene Entschädigung von CHF 263'000.- vollumfänglich auf. Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschliesslich der Entschädigung für den amtlichen Verteidiger, wurden hälftig dem Beschwerdeführer und hälftig dem Staat auferlegt, wobei die Rückerstattung der amtlichen Verteidigung aufgeschoben wurde, bis die finanzielle Lage des Beschwerdeführers dies zulässt.
Der Beschwerdeführer focht dieses Berufungsurteil beim Bundesgericht an mit dem Hauptbegehren, ihm die Entschädigung von CHF 263'000.- zuzusprechen und die Kosten des Berufungs- sowie des Bundesgerichtsverfahrens vollumfänglich dem Staat aufzuerlegen.
2. Sachverhalt, soweit massgebend für die rechtlichen Argumente
Der Beschwerdeführer, 1973 in Deutschland geboren und deutscher Staatsangehöriger, ist Berufspilot. Er lebte von 1997 bis 2015 in der Schweiz, bezog zeitweise eine Integrationszulage und arbeitete von 2018 bis März 2020 in Indien als Pilot. Seine Anstellung wurde aufgrund der Covid-Pandemie beendet. Anschliessend behauptet er, wegen eines Eintrags in seinem deutschen Strafregister keine neue Anstellung gefunden zu haben. Er ist verheiratet, lebt jedoch getrennt von seiner Ehefrau und ihren drei Kindern und ist aktuell in Deutschland bei Freunden oder seinem Vater wohnhaft und arbeitslos.
Sein Schweizer Strafregister wies eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung vom 2. Juli 2013 (bedingte Geldstrafe) auf. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren enthielt das Schweizer Strafregister zudem einen Eintrag betreffend einen Strafbefehl vom 22. Juli 2020, der jedoch dem Beschwerdeführer nie ordnungsgemäss zugestellt wurde (Rücksendung als "unbekannt/Adresse ungenügend"), aber von der Staatsanwaltschaft fälschlicherweise als rechtskräftig betrachtet wurde. Dieser Eintrag wurde in das deutsche Strafregister des Beschwerdeführers übernommen und figurierte dort noch im September 2023. Eine Löschung dieses Eintrags aus dem deutschen Strafregister wurde im Oktober 2021 abgelehnt. Der Beschwerdeführer machte geltend, dieser Eintrag habe ihn daran gehindert, die für seine Tätigkeit als Pilot in Deutschland erforderliche "Zuverlässigkeitsüberprüfung" erfolgreich zu bestehen und damit seinen Beruf wieder aufzunehmen.
3. Massgebende rechtliche Argumente und Begründung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht konzentrierte sich auf zwei zentrale Rechtsfragen: den Anspruch auf Entschädigung für wirtschaftlichen Schaden und die Verteilung der Kosten des Berufungsverfahrens.
3.1. Zum Entschädigungsanspruch (Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO)
3.1.1. Rechtliche Grundlagen Gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO hat der Beschuldigte, wenn er ganz oder teilweise freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, Anspruch auf eine Entschädigung für den wirtschaftlichen Schaden, der ihm durch seine notwendige Beteiligung am Strafverfahren entstanden ist. Diese Bestimmung statuiert eine verschuldensunabhängige Haftung des Staates, der den gesamten Schaden ersetzen muss, der in einem adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Strafverfahren steht (BGE 142 IV 237 E. 1.3.1). Dazu gehören Lohnausfälle, Erwerbseinbussen durch die Teilnahme an Verfahrenshandlungen, Untersuchungshaft, aber auch allfällige Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Zukunft und andere Verfahrenskosten (Urteile 6B_1246/2022, 7B_29/2022, 7B_12/2021). Die Schadensbemessung erfolgt nach den allgemeinen Regeln des Haftpflichtrechts (Art. 41 ff. OR).
Obwohl die Strafbehörde die Ansprüche des Beschuldigten von Amtes wegen prüft (Art. 429 Abs. 2 StPO) und ihn zur Bezifferung und Begründung auffordern kann, obliegt die Beweislast für das Bestehen und den Umfang des Schadens sowie des Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Strafverfahren dem Beschuldigten (BGE 146 IV 332 E. 1.3; 142 IV 237 E. 1.3.1).
3.1.2. Kausalzusammenhang (natürlich und adäquat) Ein natürlicher Kausalzusammenhang liegt vor, wenn das Ereignis eine conditio sine qua non für den Schaden ist. Der adäquate Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn das inkriminierte Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet war, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen (BGE 143 III 242 E. 3.7). Die Feststellung des natürlichen Kausalzusammenhangs ist eine Tatfrage, die das Bundesgericht grundsätzlich bindet (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Die Beurteilung der adäquaten Kausalität ist hingegen eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei prüft (BGE 143 III 242 E. 3.7).
3.1.3. Ablehnung der Rügen des Beschwerdeführers zur Sachverhaltsfeststellung Der Beschwerdeführer rügte, die kantonale Instanz habe ihm keine Fragen zu den begehrten Entschädigungen gestellt und zu wenig Fakten ermittelt. Das Bundesgericht wies dies mit Verweis auf die ihm obliegende Beweislast (siehe 3.1.1) zurück. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, alle relevanten Fakten zur Entschädigungsforderung von Amtes wegen zu ermitteln.
3.1.4. Detaillierte Begründung der kantonalen Instanz zur Ablehnung der Entschädigung (und Bestätigung durch das Bundesgericht) Die kantonale Instanz (Cour d'appel pénale) hatte die Entschädigung von CHF 263'000.- mit folgender Begründung verweigert, was vom Bundesgericht gestützt wurde: * Fehlender Nachweis des direkten Kausalzusammenhangs: Es sei nicht hinreichend nachgewiesen worden, dass der Beschwerdeführer einen wirtschaftlichen Schaden erlitten habe, der direkt mit dem Strafverfahren in Verbindung stehe. * Unklare und evasive Situation des Beschwerdeführers: Die kantonale Instanz verwies auf die eigene Beschreibung des Beschwerdeführers als "Künstler mit zerrüttetem Leben" sowie auf Äusserungen einer Sozialhilfestelle, die von der "Seltsamkeit" und "unklaren Situation" des Beschwerdeführers sprach und seine mangelnde Kooperation hervorhob. Er sei bei seinen Antworten stets ausweichend gewesen und habe zugegeben, Sozialdiensten gegenüber gelogen zu haben. * Andere Ursachen für Arbeitslosigkeit: Der Beschwerdeführer sei bereits im März 2020 – also vor seiner Verurteilung – wegen Covid entlassen worden. Er habe in der Vergangenheit bereits Phasen der Arbeitslosigkeit oder schlechter bezahlter Arbeit erlebt und berufliche Probleme gehabt (z.B. Lizenzentzug, psychiatrische Begutachtung). Auch sei der Umstand, dass sein letzter Flug über ein Jahr zurücklag, problematisch für eine Wiedereinstellung als Pilot. * Mangelnder Beweis des Kausalzusammenhangs mit dem Strafregistereintrag: Obwohl der Beschwerdeführer behauptete, der Eintrag im deutschen Strafregister hindere ihn an der Jobsuche, habe er dies nicht zufriedenstellend nachgewiesen. * Verweigerung der Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR (Schätzung nach Ermessen): Die kantonale Instanz lehnte eine Schätzung des Schadens ex aequo et bono ab, da der Beschwerdeführer selbst die Unklarheit über seine finanzielle Situation über Jahre hinweg aufrechterhalten habe, indem er keine Belege vorgelegt habe (z.B. zu einem angeblichen Job als Fahrer 2022).
Das Bundesgericht stellte fest, dass die kantonale Instanz das Vorliegen eines natürlichen Kausalzusammenhangs (und damit auch eines adäquaten) verneint habe, was eine Tatfrage darstellt. Die Rügen des Beschwerdeführers, die hauptsächlich darauf abzielten, die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz frei zu diskutieren und als "appellatorisch" einzustufen waren, wurden vom Bundesgericht als unzulässig erachtet (Art. 97 Abs. 1, 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht befand die Beweiswürdigung der kantonalen Instanz – insbesondere im Hinblick auf die verschiedenen Ursachen für die beruflichen Unterbrüche des Beschwerdeführers (Covid-Pandemie, frühere Arbeitslosigkeit, Lizenzentzug) – als nicht willkürlich oder unhaltbar.
Folglich kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die kantonale Instanz bei der Verweigerung der Entschädigung kein Bundesrecht verletzt habe.
3.2. Zur Kostenverteilung im Berufungsverfahren (Art. 428 Abs. 1 StPO)
3.2.1. Rechtliche Grundlagen Art. 428 Abs. 1 StPO regelt die Kostenverteilung im Rechtsmittelverfahren. Demnach werden die Kosten des Rechtsmittelverfahrens den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens auferlegt. Das Gericht hat hierbei ein weites Ermessen, das vom Bundesgericht nur zurückhaltend überprüft wird (Urteile 7B_438/2024, 6B_1160/2023).
3.2.2. Ablehnung der Rügen des Beschwerdeführers zur Kostenverteilung Der Beschwerdeführer rügte, die kantonale Instanz habe ihm eine "Schuld" angerechnet, indem sie ihm Kosten auferlegte, obwohl er freigesprochen worden sei. Er bezog sich dabei offenbar auf Art. 426 Abs. 2 StPO, der eine Kostenauferlegung an einen Freigesprochenen unter bestimmten Umständen (wenn er das Verfahren rechtswidrig und schuldhaft verursacht oder erschwert hat) erlaubt. Das Bundesgericht stellte klar, dass die kantonale Instanz die Anwendung von Art. 426 Abs. 2 StPO lediglich für die Kosten der ersten Instanz geprüft und abgelehnt hatte (Urteil der Vorinstanz, E. 4.2). Für die Kosten des Berufungsverfahrens hatte die kantonale Instanz vielmehr Art. 428 Abs. 1 StPO angewandt und die Kosten nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens verteilt. Da der Beschwerdeführer mit seiner Forderung nach Entschädigung im Berufungsverfahren unterlegen war, war die hälftige Auferlegung der Berufungskosten gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO rechtmässig und lag im Ermessen der Vorinstanz. Die Rüge des Beschwerdeführers bezüglich eines Widerspruchs zwischen seinem Freispruch und der Kostenauferlegung wurde ebenfalls zurückgewiesen. Das Bundesgericht erläuterte den Unterschied zwischen Art. 426 Abs. 1 StPO (Kosten bei Verurteilung in erster Instanz, führt bei Freispruch zur Auferlegung an den Staat) und Art. 428 StPO (Kosten im Rechtsmittelverfahren, basierend auf Obsiegen/Unterliegen im Rechtsmittel).
4. Fazit
Das Bundesgericht wies den Rekurs des Beschwerdeführers, soweit dieser zulässig war, ab. Die zentrale Begründung hierfür war, dass der Beschwerdeführer den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren gegen ihn und dem geltend gemachten wirtschaftlichen Schaden (Arbeitslosigkeit als Pilot) nicht nachweisen konnte. Die Feststellungen der kantonalen Instanz, wonach seine Kündigung aufgrund der Covid-Pandemie erfolgte und seine beruflichen Schwierigkeiten auch auf frühere Probleme und eine unklare persönliche Situation zurückzuführen waren, wurden als nicht willkürlich erachtet und banden das Bundesgericht. Die Beweislast für den Schaden und den Kausalzusammenhang oblag dem Beschwerdeführer, dem es nicht gelungen war, diese zu erbringen. Auch die Rügen zur Kostenverteilung im Berufungsverfahren wurden abgewiesen, da diese sich nicht nach dem Freispruch, sondern nach dem Erfolg bzw. Misserfolg in den im Rechtsmittelverfahren gestellten Anträgen richten (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Forderung nach unentgeltlicher Rechtspflege wurde mangels Erfolgsaussichten abgewiesen, und die Gerichtskosten des Bundesgerichtsverfahrens wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, unter Berücksichtigung seiner finanziellen Lage.