Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_675/2024 vom 15. August 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (4A_675/2024 vom 15. August 2025)

I. Einleitung Das Bundesgericht, I. zivilrechtliche Abteilung, hat am 15. August 2025 unter dem Aktenzeichen 4A_675/2024 über eine Beschwerde in Zivilsachen von A._ (Beschwerdeführer/Beklagter) gegen die B._ AG (Beschwerdegegnerin/Klägerin) entschieden. Gegenstand des Verfahrens war eine Konventionalstrafe, die aufgrund des Bruchs einer Vertraulichkeitsvereinbarung geltend gemacht wurde. Das Bundesgericht hatte zu prüfen, ob das Kantonsgericht Schwyz bundesrechtskonform entschieden hatte, sowohl hinsichtlich seines Nichteintretens auf Teile der Berufung als auch in Bezug auf die Auslegung der Vertraulichkeitsvereinbarung.

II. Sachverhalt und Vorinstanzen A._ war als Assistenztierarzt und Chiropraktor bei der B._ AG angestellt. Im Rahmen von Übernahmeverhandlungen, bei denen A.__ Interesse an der Übernahme der Klägerin zeigte, schlossen die Parteien am 5. Mai 2020 eine Vertraulichkeitsvereinbarung ab. Diese Vereinbarung sah für den Fall der Zuwiderhandlung die Bezahlung einer Konventionalstrafe von CHF 50'000.-- vor.

Das Bezirksgericht Schwyz verpflichtete A._ mit Urteil vom 28. August 2023 zur Zahlung der Konventionalstrafe, da es feststellte, dass er mit einem Schreiben vom Dezember 2021 den durch die Vertraulichkeitsvereinbarung geschützten Kundenstamm der Klägerin zweckwidrig verwendet habe. Die dagegen gerichtete Berufung von A._ wies das Kantonsgericht Schwyz am 12. November 2024 ab, soweit es darauf eintrat.

III. Rechtliche Fragestellungen und Begründung des Bundesgerichts

1. Nichteintreten des Kantonsgerichts auf Teile der Berufung

  • Rüge des Beschwerdeführers: A._ machte geltend, das Kantonsgericht sei zu Unrecht teilweise nicht auf seine Berufung eingetreten. Dies betraf insbesondere die angebliche fehlende Aktivlegitimation der B._ AG sowie die Herabsetzung der Konventionalstrafe gemäss Art. 163 Abs. 2 OR.
  • Grundsätze des Berufungsverfahrens (Art. 311 Abs. 1 ZPO) und des Novenrechts (aArt. 229 ZPO):
    • Das Bundesgericht erinnerte an die Anforderungen an die Begründung einer Berufung: Der Berufungskläger muss sich explizit und argumentativ mit den erstinstanzlichen Erwägungen auseinandersetzen; ein blosser Verweis auf frühere Vorbringen genügt nicht (BGE 138 III 374 E. 4.3.1).
    • Hinsichtlich des Novenrechts (Einbringen neuer Tatsachen und Beweismittel) hielt das Bundesgericht fest, dass nach der zum Zeitpunkt des Verfahrens massgebenden Fassung der ZPO (vor dem 1. Januar 2025) neue Tatsachen und Beweismittel im ordentlichen Verfahren spätestens zu Beginn der Hauptverhandlung, d.h. vor den ersten Parteivorträgen, in den Prozess einzuführen sind (aArt. 229 Abs. 2 ZPO, BGE 147 III 475 E. 2.3.3.6). Danach sind sie nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen von aArt. 229 Abs. 1 ZPO zulässig.
  • Anwendung auf den konkreten Fall:
    • Aktivlegitimation: Die Erstinstanz hatte festgestellt, dass A._ die Behauptung, die Vertraulichkeitsvereinbarung sei nicht mit der Beschwerdegegnerin, sondern mit B._ persönlich abgeschlossen worden, erstmals in seinem Schlussvortrag erhoben hatte. Dies wurde als verspätet qualifiziert, da keine Ausnahmesituation nach aArt. 229 Abs. 1 ZPO dargelegt wurde. Das Bundesgericht bestätigte diese Einschätzung. Es wies A._s Verweis auf BGE 118 Ia 129 zurück, da dieser Entscheid vor Inkrafttreten der ZPO erging und selbst dort die Sachlegitimation nur nach Massgabe des behaupteten und festgestellten Sachverhalts geprüft wird. A._ hatte nicht dargelegt, die notwendigen Behauptungen rechtzeitig vorgebracht zu haben, und sich auch nicht hinreichend mit der Eventualbegründung der Erstinstanz auseinandergesetzt, wonach B._ ohnehin für die B._ AG handelte.
    • Herabsetzung der Konventionalstrafe: Die Erstinstanz hatte ein entsprechendes Herabsetzungsbegehren sowie Ausführungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer Herabsetzung vermisst. Das Kantonsgericht trat daher auch auf diesen Punkt nicht ein. Das Bundesgericht befand dies für bundesrechtskonform, da A.__ nicht substantiiert aufgezeigt hatte, die entsprechenden Vorbringen rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren eingebracht zu haben.
  • Fazit zum Nichteintreten: Das Bundesgericht erachtete das Nichteintreten des Kantonsgerichts auf diese Berufungspunkte als rechtmässig, da A.__ die prozessualen Anforderungen an das Einbringen von Tatsachen und die Begründung der Berufung nicht erfüllt hatte.

2. Auslegung der Vertraulichkeitsvereinbarung und Verstoss

  • Problemstellung: Die zentrale materielle Streitfrage war, ob die Vertraulichkeitsvereinbarung den Kundenstamm der B._ AG absolut schützt oder nur jene Kundendaten, die A._ im Rahmen der Übernahmeverhandlungen zur Verfügung gestellt wurden. Ein übereinstimmender wirklicher Parteiwille war nicht feststellbar.
  • Grundsätze der Vertragsauslegung nach dem Vertrauensprinzip:
    • Mangels übereinstimmenden wirklichen Willens ist eine Willenserklärung nach dem Vertrauensprinzip (Art. 18 Abs. 1 OR analog) so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste (BGE 148 III 57 E. 2.2.1).
    • Die objektivierte Auslegung von Willensäusserungen stellt eine Rechtsfrage dar, die das Bundesgericht frei überprüft. Es ist jedoch an die vorinstanzlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Umständen des Vertragsschlusses sowie zum Wissen und Wollen der Parteien gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG).
  • Auslegung durch die Vorinstanz (und Bestätigung durch das Bundesgericht):
    • Wortlaut und Systematik: Das Kantonsgericht erwog, dass A.__ sich im vierten Absatz der Vertraulichkeitsvereinbarung verpflichtet habe, "bis zu einem allfälligen Verkauf" Stillschweigen über "Kundenstamm und -struktur des Unternehmens" zu wahren. Diese Verpflichtung gelte "ohne Beschränkung". Obwohl die Absätze 1 und 3 von "ihm zur Verfügung gestellten Informationen" sprechen, sei der vierte Absatz, der explizit und uneingeschränkt den Kundenstamm schützt, massgebend.
    • Vertragszweck (telos): Die Vorinstanz stellte fest, dass die Vertraulichkeitsvereinbarung im Rahmen von Übernahmeverhandlungen abgeschlossen wurde. Es entspreche dem objektiv verstandenen Vertragszweck, dass Informationen über den Kundenstamm und die -struktur ohne Einschränkungen geschützt sein sollten. Es sei nach Treu und Glauben davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin nur unter Gewährleistung dieses umfassenden Schutzes zur Preisgabe von Informationen bereit gewesen sei. Diese Auslegung spiegle den mutmasslichen Willen der Parteien wider.
    • Praktikabilität: Das Bundesgericht ergänzte, dass eine Unterscheidung zwischen neu im Rahmen der Verhandlungen erhaltenen Informationen und solchen, die A.__ bereits aus seiner Anstellung kannte, kaum praktikabel wäre.
    • Zurückweisung der Argumente des Beschwerdeführers:
      • A.__s Argument, die Aufzählung im vierten Absatz sei nur eine "Konkretisierung der möglichen Auskünfte", wurde als nicht überzeugend erachtet.
      • Sein Einwand, er habe den Kundenstamm bereits als Angestellter gekannt, war für die Auslegung unerheblich, da der Schutz generell und uneingeschränkt galt.
      • Das Argument, die Vereinbarung komme einem "uneingeschränkten Konkurrenzverbot" gleich, wurde ebenfalls abgelehnt. Das Bundesgericht stellte klar, dass die Vereinbarung A.__ nicht verbot, eine eigene Tierarztpraxis zu eröffnen, sondern lediglich die zweckwidrige Verwendung der geschützten Kundendaten untersagte. Der Verweis auf ein angeblich unzulässiges Konkurrenzverbot gehe daher ins Leere.
  • Verstoss gegen die Vereinbarung: Das Kantonsgericht konnte sich mit der Frage der zweckwidrigen Verwendung (im Sinne des ersten Absatzes der Vereinbarung) sowie der Anzahl der angeschriebenen Kunden (108 Kunden) nicht mehr befassen, da A._ die entsprechenden erstinstanzlichen Feststellungen in der Berufung nicht substantiiert beanstandet bzw. die Bestreitungen zu spät eingebracht hatte. Damit stand fest, dass A._ durch das Schreiben an Kunden der B.__ AG zur Bewerbung seiner eigenen Praxis geschützte Informationen über den Kundenstamm zweckwidrig verwendet hatte.
  • Fazit zum Vertragsbruch: Das Bundesgericht bestätigte, dass die Vorinstanz zu Recht annahm, A.__ habe gegen die Vertraulichkeitsvereinbarung verstossen, was die Konventionalstrafe von CHF 50'000.-- auslöste.

IV. Fazit und Entscheidung Das Bundesgericht wies die Beschwerde von A.__ ab, soweit darauf eingetreten wurde. Es bestätigte sowohl das prozessuale Vorgehen des Kantonsgerichts (Nichteintreten auf verspätete oder unzureichend begründete Berufungspunkte) als auch die materielle Auslegung der Vertraulichkeitsvereinbarung. Die Konventionalstrafe von CHF 50'000.-- wurde als geschuldet befunden. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, und er wurde zur Entschädigung der Beschwerdegegnerin verpflichtet.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Novenrecht und Berufungsbegründung: Das Bundesgericht bestätigte die strikte Anwendung des (damals geltenden) Novenrechts der ZPO und die Begründungspflicht im Berufungsverfahren. Späte oder unzureichend substantiiert gerügte Vorbringen in der Berufung führen zum Nichteintreten der Vorinstanz.
  2. Vertragsauslegung nach Vertrauensprinzip: Die Vertraulichkeitsvereinbarung, insbesondere in Bezug auf "Kundenstamm und -struktur des Unternehmens", ist gemäss dem Vertrauensprinzip uneingeschränkt zu verstehen. Der Schutz gilt unabhängig davon, wie die Informationen erlangt wurden, insbesondere im Kontext von Übernahmeverhandlungen, und kann nicht durch allgemeine Formulierungen in anderen Absätzen eingeschränkt werden.
  3. Abgrenzung zum Konkurrenzverbot: Eine Vertraulichkeitsvereinbarung, die die zweckwidrige Nutzung von Kundendaten untersagt, stellt kein uneingeschränktes Konkurrenzverbot dar, wenn die Eröffnung einer eigenen Geschäftstätigkeit an sich nicht untersagt ist.
  4. Verstoss und Konventionalstrafe: Die zweckwidrige Verwendung geschützter Kundendaten zur Bewerbung einer eigenen Geschäftstätigkeit stellt einen Bruch der Vertraulichkeitsvereinbarung dar und löst die vereinbarte Konventionalstrafe aus.