Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_200/2025 vom 12. September 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 9C_200/2025 vom 12. September 2025

1. Einleitung und Verfahrensgegenstand

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts (BGer) vom 12. September 2025 (9C_200/2025) befasst sich mit einer Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) gegen einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) betreffend Mehrwertsteuern (MWST) für die Steuerperioden 2015 bis 2017. Streitig war primär die korrekte Ermittlung des Entgelts ("Drittpreis") bei Leistungen an eng verbundene Personen im Kontext der Überlassung einer Ferienwohnung sowie, sekundär, die Bestimmung des Privatanteils bei der Nutzung von Geschäftsfahrzeugen. Die Beschwerde richtete sich insbesondere gegen die vom BVGer angeordneten Rückweisungen an die ESTV zur Neubeurteilung nach bestimmten Kriterien.

2. Sachverhalt und Vorinstanzenentscheid

Die Beschwerdegegnerin, A._ AG, ist im MWST-Register eingetragen und rechnet nach der effektiven Abrechnungsmethode ab. Eine MWST-Kontrolle der ESTV für die Perioden 2014-2017 führte zu Steuernachforderungen, die nach einer Einsprache der A._ AG zuletzt Fr. 29'065.- (zzgl. Verzugszins) betrugen.

Die A._ AG erhob hiergegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) und verlangte eine Korrektur in zwei Hauptpunkten: 1. Ferienwohnung: Eine in U._ gelegene Ferienwohnung (bestehend aus zwei Stockwerkeigentums-Grundstücken), die einer eng verbundenen Person für jährlich Fr. 10'000.- (inkl. MWST) zur exklusiven Nutzung überlassen worden war. 2. Geschäftsfahrzeuge: Die untergeordnete private Nutzung von zwei Geschäftsfahrzeugen (Porsche 911 und VW Touareg) durch Verwaltungsratsmitglieder.

Das BVGer hiess die Beschwerde der A.__ AG mit Urteil vom 3. März 2025 (teilweise) gut. Es hob den Einspracheentscheid der ESTV vom 13. April 2023 auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung an die ESTV zurück. Hinsichtlich der Ferienwohnung wies das BVGer die ESTV an, den Drittpreis im Sinne der in Ziff. 7.1.2 der MWST-Branchen-Info 17 ("Liegenschaftsverwaltung / Vermietung und Verkauf von Immobilien", nachfolgend MBI 17) publizierten Praxis festzulegen. Bezüglich der Geschäftsfahrzeuge sollte die ESTV die Privatanteile auf Basis ihrer publizierten Praxis neu bestimmen und zudem prüfen, ob ein allfälliger Vorzugspreis für den Erwerb des VW Touareg durch eine eng verbundene Person vorlag.

3. Beschwerde an das Bundesgericht und deren Zulässigkeit

Die ESTV gelangte mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragte, das Urteil des BVGer betreffend die Ferienwohnung (E. 3.7) aufzuheben und ihren ursprünglichen Einspracheentscheid zu bestätigen. Betreffend die Geschäftsfahrzeuge (E. 4.4) verlangte sie die Anweisung an das BVGer, sich mit ihren Ausführungen im Eventualantrag der Vernehmlassung auseinanderzusetzen.

Das Bundesgericht prüfte die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen. Es stellte fest, dass der vorinstanzliche Entscheid in Bezug auf die Steuerperioden 2015 bis 2017 einen selbständig eröffneten Vor- bzw. Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG darstellt. Eine Beschwerde gegen solche Entscheide ist nur zulässig, wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten ersparen würde (lit. b).

  • Hinsichtlich der Ferienwohnung (E. 3.7): Die ESTV machte geltend, dass sie durch die Vorgaben des BVGer gezwungen wäre, einen ihres Erachtens rechtswidrigen Entscheid zu erlassen. Das Bundesgericht bejahte das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Die Beschwerde war in diesem Punkt zulässig.
  • Hinsichtlich der Geschäftsfahrzeuge (E. 4.4): Die ESTV berief sich auf "prozessökonomische Gründe", was das Bundesgericht als sinngemässe Berufung auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG interpretierte. Das Bundesgericht verneinte jedoch das Vorliegen der doppelten Voraussetzung (sofortiger Endentscheid und bedeutende Ersparnis von Zeit/Kosten). Auch ein nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss lit. a BGG konnte nicht hinreichend substanziiert werden. Die Beschwerde war in diesem Punkt unzulässig.

Folglich trat das Bundesgericht auf die Beschwerde der ESTV lediglich insoweit ein, als sie sich gegen die Anordnungen des BVGer betreffend die Ferienwohnung (E. 3.7) richtete. Neue Tatsachen und Beweismittel beider Parteien wurden mangels hinreichender Begründung ihrer Zulässigkeit nicht berücksichtigt.

4. Rechtliche Grundlagen zur Mehrwertsteuer und Drittpreisermittlung

Das Bundesgericht legte die massgeblichen MWST-rechtlichen Grundlagen dar: * Art. 24 Abs. 2 MWSTG i.V.m. Art. 26 MWSTV: Bei Leistungen an eng verbundene Personen gilt als Entgelt der Wert, der unter unabhängigen Dritten vereinbart würde (sog. Drittpreis oder "dealing at arm's length"). * Methoden zur Drittpreisermittlung: Es können die auch bei den direkten Steuern angewendeten Methoden wie die Kostenaufschlagsmethode ("Cost Plus Method"), die Preisvergleichsmethode ("Comparable Uncontrolled Price Method" - CUP) oder die Wiederverkaufspreismethode ("Resale Price Method") herangezogen werden. Da der Drittpreis oft nur annäherungsweise ermittelbar ist, handelt es sich um eine Schätzung, auf die die Grundsätze der Ermessenstaxation (Art. 79 MWSTG) analog anwendbar sind. * Verwaltungspraxis (MBI 17 Ziff. 7.1.2): Für die Überlassung von Ferienwohnungen an eng verbundene Personen sieht die MBI 17 Ziff. 7.1.2 eine spezifische Praxis vor: Liegen keine Werte für die Berechnung des Marktmietwerts durch Vermietung an unabhängige Dritte in der entsprechenden Saison vor, anerkennt die ESTV als solchen Wert den bei den direkten Bundessteuern gültigen Jahreseigenmietwert zuzüglich eines Zuschlags von 25%. Dieser Wert unterliegt dem Sondersatz für Beherbergungsleistungen. * Kognition des Bundesgerichts: Das BGer prüft die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ermessenseinschätzung (Rechtsfrage) und die sachgerechte Wahl der Bewertungsmethode (Rechtsfrage mit Beurteilungsspielraum für die Steuerbehörden) mit voller Kognition. Die eigentliche Bewertung oder Schätzung (Tatfrage) überprüft es nur unter dem Blickwinkel der offensichtlichen Unrichtigkeit bzw. Willkür.

5. Materielle Prüfung der Drittpreisermittlung für die Ferienwohnung

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde der ESTV, welche sich gegen die Anweisung des BVGer wandte, den Drittpreis gemäss MBI 17 Ziff. 7.1.2 zu bestimmen.

  • Unbestrittene Punkte: Die Überlassung der Ferienwohnung stellt eine steuerbare Beherbergungsleistung dar, für die der Sondersatz gilt. Eine Steuerumgehung lag nicht vor. Die Bemessung erfolgte nach dem Drittpreis im Rahmen einer Ermessenseinschätzung.
  • ESTV's Argumentation: Die ESTV hatte den Drittpreis im Einspracheentscheid vom 13. April 2023 auf Basis einer Vollkostenrechnung (Kostenaufschlagsmethode) auf ca. Fr. 38'515.- bis Fr. 40'009.- pro Jahr festgelegt. Sie machte geltend, die Praxis von MBI 17 Ziff. 7.1.2 gelte nur für die temporäre Überlassung einer Ferienwohnung, nicht jedoch für eine Dauermiete. Zudem führe diese Praxis zu keinem sachgerechten Ergebnis, da der Drittpreis rund 350% tiefer ausfalle als bei ihrer Kostenaufschlagsmethode.
  • Würdigung der MBI 17 durch das Bundesgericht: Das Bundesgericht qualifizierte die MBI 17 als Verwaltungsverordnung, die als überzeugende Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen dient und von Gerichten nicht ohne triftigen Grund abgewichen wird, um eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten.
  • Widerlegung der ESTV-Argumente durch das Bundesgericht:
    1. Anwendungsbereich der MBI 17 (Dauer- vs. Temporärmiete): Das Gericht verneinte, dass sich aus der Formulierung der MBI 17 ("Vermietung an unabhängige Dritte in der entsprechenden Saison") oder aus dem Urteil 2C_119/2017 vom 5. Oktober 2018 eine Einschränkung auf temporäre Überlassungen ergäbe. Die Formulierung in der MBI 17 dient lediglich der Klarstellung, dass für den Drittpreis saisonale Mietpreise berücksichtigt werden können, sofern vorhanden, ansonsten der Jahreseigenmietwert heranzuziehen sei. Das Urteil 2C_119/2017 befasste sich mit der Frage der Steuerumgehung und nicht mit einer Einschränkung des Anwendungsbereichs der MBI 17 auf temporäre Überlassungen. Im Gegenteil biete sich der Jahreseigenmietwert als Ausgangsgrösse gerade bei ganzjähriger Überlassung an.
    2. Sachgerechtigkeit der MBI 17: Das Gericht wies die Behauptung der ESTV zurück, die MBI 17 führe zu keinem sachgerechten Ergebnis. Der Jahreseigenmietwert basiere auf ortsüblichen Verhältnissen und der tatsächlichen Nutzung (Art. 21 Abs. 2 DBG) und sei daher eine plausible Grundlage. Eine bloße Differenz von 350% zur Kostenaufschlagsmethode sage per se nichts über die Sachgerechtigkeit aus, zumal ein Vergleich ohne feststehenden objektspezifischen Eigenmietwert nicht möglich sei. Eine Kostenaufschlagsmethode müsse nicht zwingend den Marktwert abbilden, den ein Dritter für die Nutzung bezahlen würde.
  • Objektspezifischer Eigenmietwert und Rückweisung: Die ESTV rügte zudem, die vorinstanzliche Feststellung eines fehlenden objektspezifischen Eigenmietwerts sei offensichtlich unrichtig und die Rückweisung an die ESTV verletze Art. 61 Abs. 1 VwVG. Das Bundesgericht verneinte dies. Die von der ESTV angeführten Unterlagen (generische Tabelle der Gemeinde U.__) reichten nicht aus, um einen objektspezifischen Eigenmietwert für die konkrete Ferienwohnung im Sinne der direkten Bundessteuer (und MBI 17) festzulegen. Die Beweiswürdigung des BVGer war nicht offensichtlich unrichtig, und die Rückweisung zur weiteren Abklärung war angesichts der Aktenlage angemessen.

6. Kosten

Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.- wurden der Beschwerdeführerin (ESTV) auferlegt, da sie in ihrem Vermögensinteresse handelte und mit ihrer Beschwerde – soweit zulässig – unterlag. Eine Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin entfiel mangels ersichtlicher Kosten.

7. Endentscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht wies die Beschwerde der ESTV ab, soweit darauf eingetreten wurde.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht wies die Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) im Wesentlichen ab. Es bestätigte, dass die Ermittlung des Drittpreises für die ganzjährige Überlassung einer Ferienwohnung an eine eng verbundene Person nach der in der MWST-Branchen-Info 17 (Ziff. 7.1.2) festgelegten Praxis zu erfolgen hat. Diese Praxis sieht vor, den Jahreseigenmietwert (aus den direkten Steuern) zuzüglich 25% als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Das Gericht verwarf die Argumente der ESTV, wonach diese Praxis nur für temporäre Überlassungen gelte oder nicht sachgerecht sei. Die ursprüngliche Schätzung der ESTV mittels Vollkostenrechnung wurde als pflichtwidrig befunden. Die Beschwerde der ESTV bezüglich der Privatanteile von Geschäftsfahrzeugen wurde aus prozessualen Gründen (kein nicht wieder gutzumachender Nachteil) für unzulässig erklärt und nicht materiell geprüft. Die Rückweisung der Sache an die ESTV zur Neubeurteilung im Sinne der MBI 17 wurde bestätigt.