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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (7B_938/2025 vom 26. September 2025)
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft die Beschwerde in Strafsachen von A.__ gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 14. August 2025, welche die Verlängerung seiner Untersuchungshaft wegen versuchten Mordes bestätigte. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung des Entscheids und seine umgehende Haftentlassung, allenfalls unter Anordnung von Ersatzmassnahmen.
1. Sachverhalt und Verfahrenshistorie
A._ wird vorgeworfen, B._ am Montag, 28. Oktober 2024, gegen 23:15 Uhr, in dessen Wohnung unvermittelt angegriffen und mit einem Messer schwer verletzt, mithin versucht zu haben, ihn zu töten (versuchter Mord). Er wurde am Folgetag festgenommen. Der regionale Zwangsmassnahmenrichter ordnete am 1. November 2024 zunächst eine dreimonatige Untersuchungshaft an, die in der Folge um weitere drei bzw. zwei Monate verlängert wurde, zuletzt bis zum 26. August 2025. Die gegen diese Verlängerung erhobene Beschwerde wies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen ab, worauf A.__ das Bundesgericht anrief.
2. Rechtliche Grundlagen der Untersuchungshaft
Das Bundesgericht prüfte die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft nach den Bestimmungen der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO). Gemäss Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO ist Untersuchungshaft zulässig, wenn eine Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (sog. Fluchtgefahr). Darüber hinaus muss die Haft verhältnismässig sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d, Art. 212 Abs. 3 StPO), und es sind mildere Massnahmen zu prüfen, wenn diese den gleichen Zweck erfüllen (Art. 237 Abs. 1 StPO). Die Vorinstanz bejahte sowohl den dringenden Tatverdacht als auch die Fluchtgefahr und erachtete die Haft als verhältnismässig.
3. Prüfung des dringenden Tatverdachts
3.1. Begründung der Vorinstanz: Die Anklagekammer stützte den dringenden Tatverdacht des versuchten Mordes auf eine umfassende Beweiswürdigung: * Opferaussagen: Das Opfer B.__ tätigte einen Notruf unmittelbar nach der Tat und gab an, vom Beschwerdeführer mit einem Messer angegriffen worden zu sein. Diese Aussagen bestätigte es später in einer Einvernahme. * Rechtsmedizinisches Gutachten: Das Institut für Rechtsmedizin stellte zwölf Stichverletzungen beim Opfer fest, unter anderem an Brust und Bauch. * DNA-Beweise: Bei der Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers gefundene Kleidung (Jeans, Jacke) sowie Schuhe wiesen die DNA des Opfers auf. Am Tatmesser und dessen abgebrochenem Griff wurden die DNA des Opfers und des Beschwerdeführers nachgewiesen. * Mobiltelefon-Ortung: Das Mobiltelefon des Beschwerdeführers befand sich zur Tatzeit in der Nähe der Wohnung des Opfers. * Widerlegung der Beschwerdeführer-Version: Der Beschwerdeführer behauptete, das Opfer habe sich die Verletzungen bei einer Rangelei selbst zugefügt, nachdem er versucht hatte, ein von ihm geliehenes Geld zurückzufordern. Diese Darstellung wurde als unglaubwürdig beurteilt, da sie nicht mit dem Verletzungsbild übereinstimmt und die angebliche Geldforderung angesichts der hohen Verschuldung des Beschwerdeführers (Lohnpfändung, Fr. 48'000.-- Schulden) als widersprüchlich erschien. Die Vorinstanz folgerte, dass die Indizien auf ein besonders skrupelloses Handeln hindeuten, das die Voraussetzungen eines versuchten Mordes (Art. 112 i.V.m. Art. 22 StGB) erfüllen könnte, und zumindest eine versuchte vorsätzliche Tötung (Art. 111 i.V.m. Art. 22 StGB) in Betracht kommt.
3.2. Bundesgerichtliche Prüfung: Der Beschwerdeführer machte vor Bundesgericht zwar geltend, die Vorwürfe seien bestritten, substantiierte jedoch keine Rügen gegen den von der Vorinstanz bejahten dringenden Tatverdacht. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), geht aber, unter Berücksichtigung der Rügepflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur auf die geltend gemachten Rügen ein, es sei denn, die Mängel lägen offensichtlich auf der Hand (vgl. BGE 149 II 337 E. 2.2). Da die Begründung der Vorinstanz nachvollziehbar und ohne offensichtliche Mängel war, übernahm das Bundesgericht den dringenden Tatverdacht des versuchten Mordes als gegeben für die weitere Haftprüfung.
4. Prüfung des besonderen Haftgrundes der Fluchtgefahr
4.1. Rechtliche Anforderungen und Kognition des Bundesgerichts: Fluchtgefahr erfordert ernsthafte Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person dem Verfahren oder der Sanktion entzieht. Massgebende Kriterien sind der Charakter der Person, ihre moralische Integrität, finanzielle Mittel, Verbindungen zur Schweiz und zum Ausland sowie die Schwere der drohenden Strafe. Letztere allein genügt nicht, ist aber ein wichtiges Indiz (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.2). Bei Eingriffen in die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) prüft das Bundesgericht die Rechtsanwendung frei; reine Sachverhaltsfragen werden jedoch nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit (Willkür) überprüft (Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 316 E. 3.3).
4.2. Würdigung der Argumente des Beschwerdeführers und des Gerichts: Der Beschwerdeführer rügte, die Vorinstanz habe wichtige Kriterien zur Fluchtgefahr ausser Acht gelassen oder willkürlich gewürdigt, und die Fluchtgefahr faktisch nur auf die drohende Strafe gestützt. Das Bundesgericht entkräftete diese Einwände detailliert:
Zusammenfassend bestätigte das Bundesgericht, dass die Vorinstanz aufgrund der dargelegten Umstände (insbesondere die hohe drohende Strafe und die obligatorische Landesverweisung im Kontext der schwierigen finanziellen Lage und der eher lockeren familiären Bindungen in der Schweiz) zu Recht ein erhöhtes Fluchtrisiko und damit den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr bejaht hatte.
5. Prüfung der Verhältnismässigkeit und der Ersatzmassnahmen
5.1. Grundsatz: Strafprozessuale Haft ist stets als ultima ratio zu betrachten. Mildernde Ersatzmassnahmen sind zu prüfen und anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1).
5.2. Prüfung der Ersatzmassnahmen: Das Bundesgericht prüfte die Tauglichkeit von Ersatzmassnahmen: * Haftkaution (Art. 237 Abs. 2 lit. a StPO): Angesichts der hohen Verschuldung des Beschwerdeführers ist er als mittellos anzusehen. Bei mittellosen Personen ist eine Kaution grundsätzlich keine wirksame Ersatzmassnahme (vgl. Urteil 7B_15/2024 vom 30. Januar 2024 E. 4.2). Eine Leistung durch Dritte (Art. 240 Abs. 2 StPO) käme in Betracht, jedoch hat der Beschwerdeführer die Vermögensverhältnisse potenzieller Drittleister nicht offengelegt. Es war zudem nicht geklärt, ob diese das Geld im Falle einer Flucht zurückfordern würden, was aber für die Abschreckungswirkung der Kaution entscheidend wäre (vgl. Urteil 7B_645/2023 vom 13. Oktober 2023 E. 3.2.2). Angesichts seiner eigenen Schulden und der Tatsache, dass er in der Vergangenheit geliehenes Geld nicht zurückbezahlt haben soll, ist es unwahrscheinlich, dass er sich der Strafe stellen würde, um Drittpersonen vor dem Verlust der Kaution zu bewahren. Eine Kaution wurde daher als ungeeignet abgelehnt. * Andere Ersatzmassnahmen: Bei derart schwerwiegenden Vorwürfen, einer drohenden langjährigen Freiheitsstrafe, einer potenziellen Landesverweisung und der festgestellten ausgeprägten Fluchtgefahr sind Massnahmen wie eine Meldepflicht oder eine Ausweis- und Schriftensperre regelmässig als unzureichend zu erachten (vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.2-3.3).
5.3. Verhältnismässigkeit der Haftdauer: Der Beschwerdeführer rügte nicht, dass die Dauer der Haft im Verhältnis zur drohenden Freiheitsstrafe unverhältnismässig wäre. Die Haft wurde als verhältnismässig erachtet.
6. Entscheid und Kosten
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und bestätigte die Verlängerung der Untersuchungshaft. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und unentgeltliche Verbeiständung wurde gutgeheissen. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, und sein Rechtsvertreter wurde aus der Bundesgerichtskasse entschädigt, mit dem Hinweis auf die Rückzahlungspflicht bei späterer Zahlungsfähigkeit (Art. 64 Abs. 4 BGG).
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht bestätigte die Verlängerung der Untersuchungshaft gegen A.__ wegen dringenden Tatverdachts des versuchten Mordes. Dieser Verdacht stützt sich auf umfassende Beweismittel wie Opferaussagen, rechtsmedizinische Gutachten, DNA-Spuren und Mobiltelefondaten, welche die abweichende Darstellung des Beschwerdeführers widerlegen.
Der besondere Haftgrund der Fluchtgefahr wurde bejaht, da aufgrund der drohenden langjährigen Freiheitsstrafe (nicht unter 10 Jahren) und der wahrscheinlichen obligatorischen Landesverweisung als italienischer Staatsangehöriger ein ausserordentlich grosser Fluchtanreiz besteht. Verstärkt wird dies durch die ungünstige finanzielle Situation des Beschwerdeführers (hohe Schulden, Lohnpfändung) und seine eher losen familiären Bindungen in der Schweiz.
Ersatzmassnahmen wurden als nicht zielführend erachtet: Eine Kaution ist angesichts der Mittellosigkeit und der mangelnden Offenlegung der Vermögensverhältnisse Dritter ungeeignet, und mildere Massnahmen wie eine Meldepflicht können bei derart ausgeprägter Fluchtgefahr und der Schwere der drohenden Sanktionen den Zweck der Haft nicht erfüllen. Die Untersuchungshaft wurde somit als verhältnismässig erachtet.