Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_47/2025 vom 9. September 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 6B_47/2025 vom 9. September 2025

1. Einleitung und Sachverhalt

Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde in Strafsachen von A._ (nachfolgend Beschwerdeführer) gegen ein Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis vom 27. November 2024 zu befinden. Der Beschwerdeführer wurde von der Vorinstanz (Kantonsgericht) der sexuellen Handlungen mit einem Kind (Art. 187 Ziff. 1 StGB), der Pornografie (Art. 197 Abs. 5 Satz 2 StGB) und der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19a Ziff. 1 BetmG) schuldig gesprochen. Er wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten, einer bedingten Geldstrafe, einer Busse und einer Landesverweisung für fünf Jahre verurteilt. Zudem wurde er zur Zahlung einer Genugtuung von CHF 8'000 an seine Tochter B.B._ verpflichtet.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, im Jahr 2022 regelmässig Marihuana konsumiert zu haben. Weiter soll er am 7. Oktober 2021 kinderpornografische und zoophile Inhalte auf seinen Computer heruntergeladen und mindestens acht dieser Sequenzen konsumiert haben. Der schwerwiegendste Vorwurf betraf sexuelle Handlungen an seiner knapp siebenjährigen Tochter B.B.__ am 5. Februar 2022. Er soll sie beim Baden im Anal- und Vaginalbereich geleckt und mit dem Finger penetriert haben, wobei er sie anschliessend zur Geheimhaltung ermahnte.

Der Beschwerdeführer beantragte vor Bundesgericht Freisprüche von den Vorwürfen der sexuellen Handlungen mit einem Kind und der Pornografie, das Absehen von einer Landesverweisung (eventualiter wegen Härtefalls), eine tiefere Strafe für den BetmG-Schuldspruch, Entschädigungen für erlittene Untersuchungshaft und wirtschaftliche Einbussen sowie die Abweisung der Zivilforderungen seiner Tochter.

2. Rügen des Beschwerdeführers und bundesgerichtliche Prüfung

2.1. Vorbemerkungen (Verletzung von Art. 82 Abs. 4 StPO) Der Beschwerdeführer rügte sinngemäss eine Verletzung von Art. 82 Abs. 4 StPO, da die Vorinstanz wiederholt auf das erstinstanzliche Urteil verweise und keine eigene Beweiswürdigung vorgenommen habe. Das Bundesgericht trat auf diese Rüge mangels hinreichender Begründung gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG nicht ein, da sich der Beschwerdeführer nicht substantiiert mit der vorinstanzlichen Begründung auseinandersetzte.

2.2. Pornografie (Art. 197 Abs. 5 Satz 2 StGB) Der Beschwerdeführer machte geltend, die Vorinstanz sei willkürlich zu dem Schluss gekommen, er sei der einzige Nutzer des Computers gewesen. Ferner habe sie den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie nicht ausreichend geprüft habe, ob er zu den Tatzeiten nicht auf der Arbeit war. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass er die Daten heruntergeladen oder angeschaut habe.

Die Vorinstanz hatte, teilweise unter Verweis auf das erstinstanzliche Urteil, ausgeführt, dass die einschlägigen Dateien auf dem passwortgeschützten Computer des Beschwerdeführers gefunden wurden, dieser sie selbst als Hauptnutzer bestätigt hatte und keine Hinweise auf Malware oder automatische Downloads vorlagen. Eine Cache-Analyse habe zudem ergeben, dass kinderpornografische Bilder tatsächlich angeschaut worden seien.

Das Bundesgericht wies die Rügen ab: * Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 StPO): Der Beschwerdeführer führte nicht aus, welche Tatsachen die Vorinstanz hätte abklären müssen. Die erste Instanz hatte sich bereits mit den Schichtplänen befasst und dargelegt, dass die relevanten Download- und Speicherzeitpunkte ausserhalb der Arbeitszeiten lagen. Eine ungenügende Auseinandersetzung mit diesen Feststellungen führte zur Nichteintreten auf die Rüge (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht hielt an der ständigen Rechtsprechung fest, wonach Strafbehörden auf weitere Beweiserhebungen verzichten können, wenn der Sachverhalt genügend abgeklärt ist und ein an sich taugliches Beweismittel die bereits gewonnene Überzeugung nicht ändern würde. * Willkür (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG): Die Einwände des Beschwerdeführers, es sei "nicht auszuschliessen, dass auch andere Personen diesen Computer genutzt hätten" oder es bestünden "erhebliche Zweifel", seien rein appellatorische Kritik und begründeten keine Willkür. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nur dann willkürlich, wenn sie offensichtlich unrichtig oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). * Vorsatz: Die Rüge, der subjektive Tatbestand des Besitzens von Pornografie im Cache-Speicher sei zurückhaltend zu bejahen (mit Verweis auf BGE 137 IV 208), wurde als ungenügend begründet (Art. 42 Abs. 2 BGG) verworfen. Der Beschwerdeführer setzte sich nicht mit der vorinstanzlichen Begründung auseinander, wonach die hohe Anzahl der Bilder und das Abspeichern von Links auf ein zielgerichtetes Handeln hinwiesen und die abgebildeten Mädchen eindeutig minderjährig waren.

2.3. Sexuelle Handlungen mit einem Kind (Art. 187 Ziff. 1 StGB) Der Beschwerdeführer rügte Willkür in der Sachverhaltsfeststellung, insbesondere dass es keinen familiären Konflikt gegeben habe, der einen Loyalitätskonflikt bei seiner Tochter hätte hervorrufen können. Er beanstandete zudem eine Widersprüchlichkeit der Vorinstanz, wenn diese einerseits nicht als erstellt erachte, dass er mit den Fingern in seine Tochter eingedrungen sei, andererseits aber Berührungen und Lecken als erwiesen annehme. Die Aussagen der Tochter seien nicht glaubhafter als seine eigenen, und die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie kein Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt habe.

Das Bundesgericht wies auch diese Rügen ab: * Willkür bezüglich Familienkonflikt: Die Rüge, die Vorinstanz habe willkürlich einen fehlenden Familienkonflikt angenommen, obwohl er eine eingeschlafene Beziehung zur Kindsmutter und deren Schulden erwähnt habe, vermochte keine Willkür darzutun (Art. 106 Abs. 2 BGG). * Widersprüchliche Sachverhaltsfeststellung: Das Bundesgericht verneinte Willkür bei der Annahme der Vorinstanz, es seien Berührungen und Lecken an Anus und Vulva erwiesen, aber kein Eindringen mit dem Finger. Die Vorinstanz hatte schlüssig dargelegt, dass die Tochter zwar verbal von "Hineingehen" gesprochen, die Handlungen aber gestisch als Streichen zwischen den Gesässbacken und über die Vulva untermalt habe. Zu Gunsten des Beschwerdeführers sei daher davon auszugehen, dass es bei Berührungen und Lecken geblieben sei. Diese Beweiswürdigung sei nachvollziehbar und nicht willkürlich. * Glaubhaftigkeit der Aussagen: Der Beschwerdeführer zitierte erneut seine eigenen Aussagen und deren vermeintliche Würdigung. Das Bundesgericht bestätigte die vorinstanzliche Beweiswürdigung, wonach die Aussagen der Tochter altersentsprechend, klar und verständlich waren und keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung vorlagen. Die sofortige Mitteilung des Vorfalls an die Mutter und die Polizei vor Beginn der Therapie schlossen eine Beeinflussung oder Scheinerinnerung praktisch aus. Die Erklärungsversuche des Beschwerdeführers für das Kerngeschehen wurden als konstruiert und wenig glaubhaft beurteilt. * Glaubhaftigkeitsgutachten: Die Rüge der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes aufgrund des fehlenden Glaubhaftigkeitsgutachtens wurde vom Bundesgericht nicht gehört. Die erste Instanz hatte die Notwendigkeit eines solchen Gutachtens bereits geprüft und verneint. Der Beschwerdeführer hatte im Berufungsverfahren keinen neuen Antrag auf ein Gutachten gestellt, sondern lediglich ausgeführt, dass die Glaubhaftigkeit im Urteil zu entscheiden sei. Das Bundesgericht sah darin einen Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV), da er nicht bereits vor der Vorinstanz substantiierte Beweisanträge gestellt hatte.

2.4. Strafzumessung Die Vorbringen des Beschwerdeführers zur Strafzumessung stützten sich auf die beantragten Freisprüche oder auf vom willkürfrei festgestellten Sachverhalt abweichende Umstände. Da die Freisprüche nicht erfolgten und keine Willkür dargelegt wurde, ging das Bundesgericht auf diese Rügen nicht ein. Die Behauptung eines tieferen Einkommens "mittlerweile" in Deutschland zur Begründung eines tieferen Tagessatzes für die Geldstrafe wurde als unzulässiges echtes Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG) abgewiesen.

2.5. Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 lit. h StGB) Der Beschwerdeführer machte geltend, die Landesverweisung bewirke einen schweren persönlichen Härtefall und sei unverhältnismässig, insbesondere im Hinblick auf die Beziehung zu seiner Tochter.

Das Bundesgericht bestätigte die Landesverweisung: * Voraussetzungen (Art. 66a Abs. 1 lit. h StGB): Der Schuldspruch wegen sexueller Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB) erfüllt die Voraussetzungen für eine zwingende Landesverweisung von 5 bis 15 Jahren. * Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB): Die Vorinstanz verneinte einen schweren persönlichen Härtefall und führte aus, dass der 1985 in Deutschland geborene und aufgewachsene Beschwerdeführer seit Ende 2022 keinen Kontakt mehr zur Beschwerdegegnerin 2 habe, da diese den Kontakt ablehne. Er habe eine neue Beziehung mit einer deutschen Staatsangehörigen und eine gemeinsame Tochter, die beide in Deutschland leben. Auch seine Mutter, Schwester sowie Onkel und Tante leben in Deutschland. Die Wegweisung sei zwar mit Unannehmlichkeiten verbunden, jedoch keine schwere persönliche Härte. * Interessenabwägung (Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB): Selbst unter Annahme eines Härtefalls überwögen die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung. Die Straftaten richteten sich gegen das hohe Rechtsgut der Entwicklung Minderjähriger. Die Vorinstanz berücksichtigte zudem eine nicht ausgeschlossene pädophile sexuelle Neigung, fehlende Einsicht und Reue sowie ein geringes, aber vorhandenes Rückfallrisiko. Auch frühere, nicht landesverweisungsrelevante Delikte (Betäubungsmittelgesetz, SVG) wurden in die Legalprognose einbezogen (BGE 134 IV 1 E. 4.2.1). Die privaten Interessen des Beschwerdeführers (insbesondere der erschwerte Kontakt zu seiner Tochter, sollte sie dies wünschen) wurden als nicht ausreichend erachtet, um die öffentlichen Interessen zu überwiegen, da kein enger Bezug zur Tochter B.B.__ mehr bestehe und ihm eine Reintegration in Deutschland zumutbar sei. Das Bundesgericht verwies zudem auf seine Rechtsprechung, wonach selbst eine intakte familiäre Beziehung kein absolutes Hindernis für eine Landesverweisung darstellt (BGE 139 I 145 E. 2.3). * Noven: Die Behauptung des Beschwerdeführers, er lebe "mittlerweile" freiwillig in Deutschland, wurde als unzulässiges Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG) zurückgewiesen und würde im Übrigen die Verhältnismässigkeit der Landesverweisung bestätigen. * Fazit: Die Landesverweisung erweist sich als bundesrechtskonform und verstösst weder gegen die EMRK noch gegen das Freizügigkeitsabkommen.

2.6. Genugtuung (Art. 49 Abs. 1 OR) Der Beschwerdeführer beanstandete die Genugtuungssumme von CHF 8'000 an seine Tochter. Die von der Rechtsvertreterin vorgebrachten Symptome könnten auch auf die Elterntrennung zurückzuführen sein. Angesichts der Einordnung durch die Vorinstanz, die Genugtuung sei "eher im unteren Bereich" anzusiedeln, wäre CHF 5'000 angemessener gewesen.

Das Bundesgericht bestätigte die Genugtuungssumme: * Bemessungskriterien (Art. 49 Abs. 1 OR und richterliches Ermessen Art. 4 ZGB): Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene immaterielle Unbill. Kriterien sind Art und Schwere der Verletzung, Intensität und Dauer der Auswirkungen, Grad des Verschuldens etc. Das Bundesgericht greift nur mit Zurückhaltung in das richterliche Ermessen ein (BGE 146 IV 231 E. 2.3.1). * Vorinstanzliche Begründung: Die Vorinstanz hatte hervorgehoben, dass zwischen Vater und Tochter ein enges Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis bestand und die Tochter aufgrund ihres Alters besonders schutzbedürftig war. Das Kind litt unter einer akuten Belastungsreaktion (ICD-10 F43.0) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F43.1). Sie litt nachweislich unter dem Vorfall und den Folgen (z.B. Kontaktabbruch zur Grossmutter), ihre schulischen Leistungen fielen ab, und sie litt unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Obwohl der Vorfall einmalig war, rechtfertigte die erhebliche psychische Beeinträchtigung eine Genugtuung von CHF 8'000, welche im unteren Bereich des üblichen Rahmens von CHF 5'000 bis CHF 10'000 liegt. * Fazit: Der Beschwerdeführer konnte keine Willkür in der Sachverhaltsfeststellung oder eine Verletzung von Bundesrecht bei der Bemessung der Genugtuung darlegen. Das Bundesgericht sah keinen Grund, in das Ermessen der Vorinstanz einzugreifen.

3. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

  • Pornografie: Der Schuldspruch wurde bestätigt. Die Rügen des Beschwerdeführers bezüglich Willkür und Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes wurden als unsubstantiiert oder unbegründet abgewiesen. Die Vorinstanzsachverhaltsfeststellung zum alleinigen Gebrauch des Computers und dem bewussten Konsum der Inhalte wurde als willkürfrei erachtet.
  • Sexuelle Handlungen mit einem Kind: Der Schuldspruch wurde bestätigt. Die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Tochter wurde von der Vorinstanz schlüssig bejaht. Die Nichteinholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens wurde vom Bundesgericht mit Verweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben abgelehnt, da der Antrag nicht prozesskonform gestellt worden war.
  • Strafzumessung: Die Rügen waren erfolglos, da sie auf nicht bewilligten Freisprüchen oder unzulässigen Noven basierten.
  • Landesverweisung: Die zwingende Landesverweisung für fünf Jahre wurde bestätigt. Das Bundesgericht verneinte einen schweren persönlichen Härtefall des deutschen Beschwerdeführers angesichts seiner starken familiären und sozialen Bezüge in Deutschland und der fehlenden gelebten Beziehung zur geschädigten Tochter. Die öffentlichen Interessen am Schutz der Minderjährigen und der Sicherheit wurden aufgrund der Schwere der Delikte, der fehlenden Einsicht und eines bestehenden Rückfallrisikos als überwiegen beurteilt.
  • Genugtuung: Die Genugtuung von CHF 8'000 an die Tochter wurde bestätigt. Die Tochter litt nachweislich unter schwerwiegenden psychischen Folgen (u.a. posttraumatische Belastungsstörung) des sexuellen Übergriffs, was die Höhe der Genugtuung rechtfertigt und im richterlichen Ermessen der Vorinstanz lag.

4. Ergebnis

Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wurde infolge Aussichtslosigkeit abgewiesen, und die Gerichtskosten wurden ihm auferlegt.