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Gerne, hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 6B_451/2025 des Schweizerischen Bundesgerichts vom 3. September 2025:
Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_451/2025
Datum: 3. September 2025 Gericht: I. strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts Verfahrensbeteiligte: A.__ (Beschwerdeführer) gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Beschwerdegegnerin) Gegenstand: Grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 2 SVG); Höhe der Verbindungsbusse; willkürliche Beweiswürdigung. Vorinstanz: Obergericht des Kantons Graubünden, Erste strafrechtliche Kammer (SR1 22 41 vom 18. März 2025)
I. Sachverhalt und Vorinstanzen
Der Beschwerdeführer A.__ wurde vorgeworfen, am 8. April 2020 in Davos die signalisierte Höchstgeschwindigkeit innerorts von 60 km/h um 26 km/h überschritten zu haben. Das Regionalgericht Prättigau/Davos verurteilte ihn am 7. April 2022 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 1'730.-- und einer Busse von Fr. 10'000.--.
Das Obergericht des Kantons Graubünden bestätigte im Berufungsverfahren am 18. März 2025 den Schuldspruch. Es holte zuvor ein Gutachten des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (METAS) zum verwendeten Radargerät ein, lehnte jedoch den Antrag des Beschwerdeführers ab, eine unabhängige Ermittlung der maximal zu erwartenden Einzelwertabweichung im realen Verkehr durchzuführen. Das Obergericht reduzierte die Geldstrafe auf 28 Tagessätze, erhöhte jedoch den Tagessatz auf Fr. 3'000.-- (bedingt) und bestätigte die Busse von Fr. 10'000.--.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragte A.__ seinen Freispruch, eventualiter die Rückweisung der Sache an das Obergericht.
II. Massgebende Rechtsfragen und Argumentation des Bundesgerichts
Das Bundesgericht hatte im Wesentlichen drei Hauptpunkte zu beurteilen: die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung und die Erfüllung des Tatbestands von Art. 90 Abs. 2 SVG, die Strafzumessung (insbesondere das Verbot der reformatio in peius), sowie die Höhe der Verbindungsbusse.
1. Zur Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung und Erfüllung des Tatbestands der groben Verkehrsregelverletzung (Art. 90 Abs. 2 SVG)
Der Beschwerdeführer rügte die Unverwertbarkeit der Messung aus verschiedenen Gründen: abgelaufene Zulassung des Radargeräts, falsche ermittelte Werte und Messmethode, was zu einer Überschreitung von maximal 24 km/h statt 25 km/h geführt hätte, wodurch der Tatbestand des Art. 90 Abs. 2 SVG nicht erfüllt sei.
1.1. Zulassung und Nacheichung des Messgeräts
Das Bundesgericht schloss sich den überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz an: * Zulassung als Typenprüfung: Die Zulassung eines Messgeräts (hier: "Radar Geschwindigkeitsmesssystem Gatso RS-GS11 F/R") durch das METAS ist primär für die erstmalige Inverkehrbringung eines Messgerättyps erforderlich (Art. 16 f. MessMV). Das Ablaufen der Zulassungsfrist (hier: 3. November 2019) bedeutet lediglich, dass keine neuen Geräte dieses Typs mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, nicht aber, dass bereits vorschriftsgemäss in Verkehr gebrachte und funktionstüchtige Geräte ausser Betrieb genommen werden müssten. * Weiterverwendung und Messbeständigkeit: Für die Weiterverwendung ist entscheidend, dass das Messgerät die Anforderungen der Art. 5-9 MessMV während seiner gesamten Verwendungsdauer erfüllt (Art. 20 MessMV) und zum Zeitpunkt des Einsatzes eine gültige Eichung vorliegt. Dies wird durch regelmässige Prüfungen der Messbeständigkeit (Nacheichungen) sichergestellt (Art. 24 Abs. 1 und 2 MessMV). Das Bundesgericht verweist auf Anhang 5 Ziff. 1.1.11 MessMV, wonach der Entzug der Zulassung in der Regel keine Wirkung auf bereits in Verkehr gebrachte Messmittel hat. * Querverweise: Das Gericht verweist auf frühere Urteile (6B_774/2015 E. 3.2), in denen nicht impliziert wurde, dass eine Zulassung während der gesamten Einsatzdauer gültig sein müsse, sowie auf Urteil 6B_443/2021 E. 1.5.1, welches explizit für das hier verwendete Messgerät "Gatso RS-GS11" festhielt, dass ein zur Tatzeit gültiges Eichzertifikat genüge. Da im vorliegenden Fall Eichzertifikate vom 26. März 2020 und 11. März 2021 vorlagen, war die Zuverlässigkeit des Geräts gewährleistet. * Übergangsbestimmung Nacheichung: Art. 8 der Geschwindigkeitsmessmittel-Verordnung ist eine Übergangsbestimmung für nach altem Recht zugelassene Messmittel. Sie regelt deren Weiterverwendung und Nacheichung. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers lässt sich daraus nicht ableiten, dass nach neuem Recht in Verkehr gesetzte Messmittel nicht nachgeeicht werden dürften. Dies wäre widersinnig und würde eine technisch rückschrittliche Auslegung bedeuten.
1.2. Mängelfreiheit der Eichung und Beweiswürdigung
Das Bundesgericht bestätigte ebenfalls die Gültigkeit der Eichung des Radargeräts: * Anzahl Messungen: Die Rüge, dass im Bereich bis 100 km/h nur 102 statt 120 Messungen stattfanden, wurde vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht genügend begründet, weshalb darauf nicht eingegangen wurde. * Eichung unter Laborbedingungen: Die Eichung unter simulierten Verkehrsbedingungen ist gemäss Ziff. 2 des Anhangs zur Geschwindigkeitsmessmittel-Verordnung explizit vorgesehen und zulässig. Daher war die Abweisung des Beweisantrags des Beschwerdeführers, die Einzelwertabweichung im realen Verkehr zu ermitteln, nicht zu beanstanden. * Beweiswürdigung des METAS-Gutachtens: Das Gericht wies die Rügen des Beschwerdeführers gegen das METAS-Gutachten (an dessen Stelle er ein Parteigutachten setzen wollte) als unzulässige appellatorische Kritik zurück. Eine willkürliche Beweiswürdigung (Art. 9 BV) liegt nur vor, wenn die Sachverhaltsfeststellung schlechterdings unhaltbar ist, nicht schon, wenn eine andere Würdigung denkbar wäre (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). * Messmethode und Sicherheitsabzüge: Die Vorinstanz hat korrekt erkannt, dass die in Art. 8 VSKV-ASTRA vorgesehenen pauschalen Sicherheitsabzüge nur bei Geschwindigkeitsmessungen ohne gutachterliche Überprüfung zur Anwendung kommen. Bei der Erstellung von Gutachten sind Sachverständige in der Wahl ihrer Methodik grundsätzlich frei. Das Bundesgericht verweist auf sein Urteil 6B_921/2014 E. 1.3.1, wonach die ASTRA-Weisungen die freie Beweiswürdigung durch die Gerichte und Fachexpertisen nicht binden. Die Anwendung einer wissenschaftlichen Methode durch das METAS, die zu einer gemessenen Geschwindigkeit von mindestens 85 km/h (nach Abzug eines Sicherheitsabzugs von 3,3534 km/h) führte, ist nicht willkürlich. * Weitere Mängelrügen: Auch die Rügen bezüglich angeblich unterschiedlicher Prüfberichte, Lücken in Datentabellen oder eines Winkelfehlers (1,3% korrekt, 1,6% ein offensichtlicher Schreibfehler mit marginaler Auswirkung) wurden als unbegründet oder als unzulässige eigene Beweiswürdigung abgewiesen. Ein Verstoss gegen das rechtliche Gehör durch die Nicht-Auseinandersetzung mit jedem Detail des Privatgutachtens wurde ebenfalls verneint.
1.3. Erfüllung des Tatbestands nach Art. 90 Abs. 2 SVG
Basierend auf den verbindlich festgestellten Tatsachen, wonach der Beschwerdeführer mit mindestens 85 km/h statt der erlaubten 60 km/h (d.h. 25 km/h zu schnell) unterwegs war, bejahte das Bundesgericht die Erfüllung des Tatbestands von Art. 90 Abs. 2 SVG: * Objektive und subjektive Voraussetzungen: Nach ständiger Rechtsprechung sind die objektiven (erhöhte abstrakte Gefahr) und grundsätzlich auch die subjektiven (rücksichtsloses oder schwerwiegend verkehrsregelwidriges Verhalten) Voraussetzungen einer groben Verkehrsregelverletzung ungeachtet der konkreten Umstände zu bejahen, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts um 25 km/h oder mehr überschritten wird (BGE 143 IV 508 E. 1.3; 132 II 234 E. 3.1 f.). * Keine besonderen Umstände: Gute Witterungs-, Strassen- und Verkehrsverhältnisse stellen keine "besonderen Umstände" dar, die das Merkmal der Rücksichtslosigkeit ausnahmsweise entfallen liessen (Urteil 6B_55/2024 E. 2.3). * Kenntnis der Signalisation: Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführer die 60 km/h-Beschilderung und den Innerortsbereich kannte oder bei pflichtgemässer Vorsicht hätte kennen müssen, da er die Strecke regelmässig befuhr. Die Argumente eines "künstlichen" Innerortsbereichs oder einer Erwartung einer unveränderten Signalisation wurden zurückgewiesen.
2. Zur Strafzumessung (insbesondere zum Verbot der reformatio in peius)
Der Beschwerdeführer rügte einen Verstoss gegen das Verbot der reformatio in peius (Verschlechterungsverbot) wegen der Erhöhung des Tagessatzes von Fr. 1'730.-- auf Fr. 3'000.--. * Grundsatz der reformatio in peius: Art. 391 Abs. 2 StPO verbietet eine Abänderung zum Nachteil der beschuldigten Person, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen wurde. * Ausnahme für neue Tatsachen: Das Verschlechterungsverbot gilt jedoch nicht absolut; eine strengere Bestrafung ist zulässig, wenn sie auf Tatsachen beruht, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht bekannt sein konnten. Dies betrifft beispielsweise die wirtschaftlichen Verhältnisse zur Bemessung der Tagessatzhöhe (BGE 146 IV 172 E. 3.3.3; 144 IV 198 E. 5.4.3). * Anwendung im vorliegenden Fall: Die Erstinstanz stützte sich auf Steuerdaten von 2018, während das Obergericht die aktuelleren Steuerdaten von 2021 heranzog. Da die Steuerdaten des Jahres 2021 zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils (7. April 2022) noch nicht rechtskräftig gewesen sein und dem Erstgericht somit nicht bekannt sein konnten, liegt keine unzulässige reformatio in peius vor. * Tagessatzhöhe: Die vom Beschwerdeführer behaupteten stark schwankenden Einkommen widersprachen seinen eigenen Angaben in der Berufungsverhandlung, wonach sich seine Verhältnisse seit 2021 nicht geändert hätten. Die vom Obergericht vorgenommene Berechnung des massgebenden Monatseinkommens (Fr. 2,6 Mio. Familieneinkommen abzüglich Pauschalen für Eigenmietwert, Krankenkasse, Steuern und Unterstützung der Ehefrau, resultierend in einem Monatseinkommen von Fr. 169'330.-- und einem Tagessatz von Fr. 5'644.--, schliesslich auf das Maximum von Fr. 3'000.-- reduziert) wurde nicht als willkürlich oder stossend ungerecht befunden, zumal der Beschwerdeführer über ein sehr hohes verfügbares Einkommen verfügt.
3. Zur Höhe der Verbindungsbusse
Der Beschwerdeführer beanstandete die Höhe der Busse von Fr. 10'000.-- als unangemessen. * Zweck der Verbindungsbusse: Gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB kann eine bedingte Strafe mit einer Busse verbunden werden. Die Verbindungsbusse dient spezialpräventiven Zwecken, indem sie trotz bedingtem Vollzug einen spürbaren "Denkzettel" verpassen soll. Sie ist akzessorisch zur Hauptstrafe und soll höchstens 20% der schuldangemessenen Gesamtsanktion betragen (BGE 149 IV 321 E. 1.3.1 f.). * Angemessenheit: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Vorinstanz die Busse ausdrücklich auf Basis dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung bemass. Angesichts des äusserst hohen verfügbaren Einkommens des Beschwerdeführers und der Denkzettelfunktion der Busse ist es nicht ermessensmissbräuchlich, diese auf das gesetzliche Maximum von Fr. 10'000.-- festzusetzen (BGE 134 IV 60 E. 7.3.3). * Grenze Art. 90 Abs. 1 und 2 SVG: Die vom Beschwerdeführer bemängelte grosse Diskrepanz der Bussenzumessung an der Schnittstelle von Art. 90 Abs. 1 (Ordnungsbusse, geringere Überschreitung) und Art. 90 Abs. 2 SVG (Geldstrafe/Busse, grobe Verletzung) sei zwar gegeben, aber hinzunehmen, da unterschiedliche Rechtsnormen zur Anwendung kämen und dies keine stossende Ungerechtigkeit begründe.
III. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht wies die Beschwerde vollumfänglich ab und auferlegte dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: