Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_388/2024 vom 25. August 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (6B_388/2024 vom 25. August 2025)

Das Bundesgericht hatte in diesem Fall die Beschwerde eines nordmazedonischen Staatsbürgers, A.__ (Jahrgang 1994), gegen die Anordnung einer nicht obligatorischen Landesverweisung zu beurteilen, die das Obergericht des Kantons Zürich für die Dauer von 3 Jahren angeordnet hatte. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der Landesverweisung.

I. Sachverhalt und Vorinstanzliche Entscheidungen

Der Beschwerdeführer wurde vom Bezirksgericht Hinwil am 5. Januar 2023 wegen Sachbeschädigung, einfacher Körperverletzung und mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten sowie einer Busse von Fr. 1'000.-- verurteilt. Gleichzeitig ordnete das Gericht eine nicht obligatorische Landesverweisung für 3 Jahre an. Der Beschwerdeführer beschränkte seine Berufung auf die Anfechtung der Landesverweisung. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Urteil vom 8. März 2024 die Anordnung der nicht obligatorischen Landesverweisung für 3 Jahre.

II. Rechtliche Grundlagen und Prüfungsstandard des Bundesgerichts

  1. Nicht obligatorische Landesverweisung (Art. 66a bis StGB): Gemäss dieser Bestimmung kann das Gericht einen Ausländer für 3 bis 15 Jahre des Landes verweisen, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das nicht von Art. 66a StGB erfasst wird, zu einer Strafe verurteilt oder eine Massnahme gegen ihn angeordnet wird. Das Bundesgericht hebt hervor, dass Art. 66a bis StGB keine Mindeststrafhöhe voraussetzt und gerade in Fällen zur Anwendung gelangen soll, in denen es um Gesetzesverstösse von geringerer Schwere, aber dafür um wiederholte Delinquenz geht.

  2. Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 2 und 3 BV, Art. 8 Ziff. 2 EMRK): Die Anordnung einer Landesverweisung muss verhältnismässig sein. Dies erfordert eine Abwägung der öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegen die privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz. Diese Interessenabwägung entspricht den Anforderungen von Art. 8 EMRK an einen Eingriff in das Privat- und Familienleben.

  3. Kriterien des EGMR: Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Art und Schwere der Straftat, die Dauer des Aufenthalts im Aufnahmestaat, die seit der Tat verstrichene Zeit und das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit sowie der Umfang der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- und im Heimatstaat zu berücksichtigen (unter Verweis auf Urteile des EGMR wie E.V. gegen Schweiz und M.M. gegen Schweiz, sowie diverse frühere Bundesgerichtsurteile).

  4. Prüfungsstandard des Bundesgerichts: Das Bundesgericht kann vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung nur prüfen, wenn sie offensichtlich unrichtig (d.h. willkürlich) sind oder auf einer Rechtsverletzung beruhen und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Die Willkürrüge erfordert erhöhte Begründungsanforderungen.

III. Detaillierte Begründung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht erachtet die vorinstanzlichen Erwägungen zur Landesverweisung als korrekt und weist die Argumente des Beschwerdeführers zurück.

  1. Private Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz (Interessenabwägung gemäss Art. 8 EMRK):

    • Aufenthaltsdauer und Integration: Der Beschwerdeführer kam im Alter von 7 Jahren in die Schweiz und verbrachte den Grossteil seines Lebens hier. Das Bundesgericht bestätigt jedoch die vorinstanzliche Feststellung, dass trotz des langen Aufenthalts keine Rede von einer erfolgreichen Integration sein kann. Seine Jugend war von fortlaufender Delinquenz und zahlreichen Massnahmen begleitet.
    • Familiäre Bindungen: Seine Eltern, die meisten Geschwister sowie weitere Verwandte leben in der Schweiz, und es besteht unzweifelhaft eine enge Beziehung zu ihnen. Das Bundesgericht bestätigt jedoch die vorinstanzliche Verneinung einer Kernfamilie im Sinne von Art. 8 EMRK, da der Beschwerdeführer volljährig ist, keine Kinder hat und seine Beziehung zu einer Freundin im Zeitpunkt des Urteils erst rund drei Monate bestand. Eine besondere Abhängigkeit von seinen Eltern oder Geschwistern ist weder dargetan noch ersichtlich.
    • Soziale und berufliche/wirtschaftliche Integration: Eine besondere soziale Einbettung ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer absolvierte keine Ausbildung und war bzw. ist immer wieder arbeitslos, verschuldet und regelmässig auf die finanzielle Unterstützung seiner Eltern und Schwestern angewiesen. Das Bundesgericht erachtet die berufliche und wirtschaftliche Integration als gescheitert. Die blosse Behauptung einer künftigen Festanstellung ohne Belege wird nicht als Nachweis einer grundlegenden Stabilisierung anerkannt.
    • Zumutbarkeit der Kontaktpflege: Obwohl die Landesverweisung die Pflege der familiären Kontakte erschwert, wird dies als der Landesverweisung inhärente Härte betrachtet. Die Kontaktaufnahme mittels moderner Kommunikationsmittel und Besuchen (nach Ablauf der 3 Jahre oder in Nordmazedonien, wo die Eltern teils leben) erscheint zumutbar.
  2. Bindungen des Beschwerdeführers zu Nordmazedonien:

    • Das Bundesgericht schliesst sich der Vorinstanz an, dass der Beschwerdeführer über Verbindungen zu Nordmazedonien verfügt. Er sprach gemäss früheren Angaben fliessend Albanisch und besuchte das Land regelmässig. Die vorinstanzliche Beurteilung, wonach seine Behauptung, die Sprache verlernt zu haben, eine Schutzbehauptung sei, wird als willkürfrei bestätigt.
    • Familienangehörige (eine Schwester mit Ehemann) leben in Nordmazedonien, und seine Eltern verbringen seit ihrer Pensionierung teilweise Zeit dort und besitzen ein Haus in Gostivar, was eine anfängliche Unterkunft sichert.
    • Die Integration in Nordmazedonien wird als grundsätzlich möglich und zumutbar erachtet, auch wenn sie mit anfänglichen Schwierigkeiten verbunden wäre. Die Sprachkenntnisse (Albanisch, sowie Spanisch, Französisch, Englisch und Deutsch, die der Beschwerdeführer angegeben hat) könnten dort sogar einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt darstellen, insbesondere im Baugewerbe. Dass in der Schweiz allenfalls bessere wirtschaftliche Bedingungen herrschen, hindert die strafrechtliche Landesverweisung nicht.
  3. Öffentliche Interessen an der Landesverweisung und Legalprognose:

    • Strafrechtliches Vorleben: Das Bundesgericht betont, dass für die Verhältnismässigkeitsprüfung das gesamte prognoserelevante strafrechtliche Vorleben massgeblich ist und sämtliche Vorstrafen in die Gesamtwürdigung einfliessen müssen. Der Beschwerdeführer delinquierte seit 2013 und bis zur jüngsten Verurteilung vom März 2024 regelmässig und beging mehrfach Straftaten gegen die körperliche Integrität (Raub, einfache Körperverletzung), an deren Schutz gewichtige öffentliche Interessen bestehen.
    • Fehlende Abschreckung: Weder unbedingte Freiheitsstrafen, noch eine laufende Probezeit (einschliesslich Bewährungshilfe und Reststrafe von 112 Tagen), noch die im Prozess 2018 bereits thematisierte und als "allerletzte Chance" verworfene fakultative Landesverweisung, noch eine wegen Verweigerungshaltung gescheiterte stationäre Massnahme für junge Erwachsene konnten ihn von weiterer Delinquenz abhalten. Die vorliegenden Delikte (einfache Körperverletzung und Sachbeschädigung) beging er erneut, obwohl er dafür bereits einschlägig vorbestraft war.
    • Negative Legalprognose: Es ist keine positive Entwicklung oder Stabilisierung der Lebensumstände erkennbar, die eine Gewähr für ein deliktfreies Leben bieten würde. Eine Strafenfreiheit seit den jüngsten Vorfällen wird vor dem Hintergrund der drohenden Landesverweisung nicht als besonders aussagekräftig gewertet. Das Bundesgericht gelangt zur Einschätzung einer negativen Legalprognose.
    • Zurückweisung der Relativierung: Die Relativierungen des Beschwerdeführers bezüglich der Schwere seiner jüngsten Taten ("bloss" eine Ohrfeige und Sachbeschädigung einer Tür) werden zurückgewiesen. Das Gericht bestätigt, dass es sich um einen "Akt roher Gewalt" handelte, der zu Verletzungen führte, und dass die Tat als nicht mehr leichtes bis erhebliches Verschulden zu werten ist. Auch die Begründung mit einer "toxischen Beziehung" oder einem "besonderen emotionalen Zustand" entbindet nicht von krimineller Energie und entkräftet nicht die Tatsache, dass er trotz einschlägiger Vorstrafen erneut eine Gewalttat beging. Seine Relativierungen sprechen vielmehr gegen echte Einsicht.

IV. Interessenabwägung und Verhältnismässigkeit

Aufgrund der wiederholten Gesetzesverstösse des Beschwerdeführers und seiner ungünstigen Legalprognose überwiegen die gewichtigen öffentlichen Interessen am Schutz vor weiterer gleichartiger Delinquenz die mässigen privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz. Die Anordnung der nicht obligatorischen Landesverweisung für die Dauer von 3 Jahren erweist sich in bundes- und völkerrechtlicher Hinsicht als rechtskonform und verhältnismässig.

V. Schlussfolgerung

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigt die nicht obligatorische Landesverweisung eines nordmazedonischen Staatsbürgers für 3 Jahre. Es stützt sich auf eine umfassende Interessenabwägung gemäss Art. 66a bis StGB und Art. 8 EMRK. Die zentralen Gründe sind die wiederholte Delinquenz des Beschwerdeführers seit seiner Jugend, einschliesslich einschlägiger Vorstrafen wegen Gewaltdelikten, die fehlende Abschreckung durch frühere Strafen und Massnahmen, eine festgestellte negative Legalprognose sowie die gescheiterte berufliche und wirtschaftliche Integration in der Schweiz. Demgegenüber wiegen seine privaten Interessen am Verbleib, insbesondere seine familiären Bindungen, weniger schwer, da er keine Kernfamilie hat und eine Reintegration in Nordmazedonien, wo er über familiäre und sprachliche Verbindungen verfügt, als zumutbar erachtet wird. Die öffentlichen Interessen am Schutz vor weiterer Delinquenz überwiegen somit klar die privaten Interessen des Beschwerdeführers.