Zusammenfassung von BGer-Urteil 8C_65/2025 vom 26. August 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Bundesgerichtsentscheid 8C_65/2025 vom 26. August 2025

1. Parteien und Streitgegenstand: Die Beschwerdeführerin, A.__, wehrte sich gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. November 2024, welches einen Rentenanspruch von mehr als 20 % ablehnte und die Integritätsentschädigung auf 15 % festlegte. Streitig waren zudem die Höhe des versicherten Verdienstes sowie der zeitliche Verlauf der Arbeitsfähigkeit. Die Beschwerdegegnerin ist die AXA Versicherungen AG.

2. Sachverhalt und Verlauf (fokusiert auf relevante Entscheidungen): Die 1968 geborene A._, im Aussendienst bei der AXA versichert, erlitt am 27. Mai 2013 einen Strassenverkehrsunfall (linksseitige Handgelenks- und HWS-Distorsion) und am 11. Oktober 2013 eine erneute linksseitige Handgelenksdistorsion. Trotz mehrerer handchirurgischer Eingriffe blieb die Beschwerdesituation bestehen. * 17. September 2018 (AXA Verfügung): Einstellung der Taggelder, Zusprechung einer Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 55 % ab 1. August 2018. * 3. Dezember 2019 (AXA Verfügung): Ablehnung der Leistungspflicht für rechtsseitige Beschwerden, Zusprechung einer 10%igen Integritätsentschädigung für die linke Hand, Einstellung von Pflegeleistungen. * 21. Juni 2022 (AXA Einspracheentscheid nach Hinweis auf Reformatio in peius): Verneinung der Leistungspflicht für rechtsseitige Beschwerden, Bestätigung der 10%igen Integritätsentschädigung. Reduktion der Invalidenrente auf 20 % ab 1. August 2018, Rückforderung zu viel ausbezahlter Rentenbeträge ab 1. Juli 2021. * 28. November 2024 (Sozialversicherungsgericht Zürich): Teilweise Gutheissung der Beschwerde der A._, indem die Integritätsentschädigung auf 15 % erhöht wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. * 26. August 2025 (Bundesgericht): Teilweise Gutheissung der Beschwerde, Rückweisung an die AXA zur weiteren Abklärung.

3. Rechtliche Grundlagen und Beweiswürdigung (allgemeine Prinzipien): Das Bundesgericht prüft Rechtsverletzungen (Art. 95 f. BGG) und wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es sich an die gerügten Rechtsmängel hält. Im Bereich der Geldleistungen der Unfallversicherung ist es nicht an die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 97 Abs. 2, Art. 105 Abs. 3 BGG). Die massgebenden rechtlichen Grundlagen betreffen den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden (Art. 6 UVG; BGE 147 V 161), den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 51 E. 5.1) und den Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten, insbesondere von versicherungsinternen oder beratenden Ärzten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2; 145 V 97 E. 8.5). Die revidierten Bestimmungen des UVG von 2017 sind aufgrund der Unfalldaten (2013) nicht anwendbar. Als zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis dient der Erlass des Einspracheentscheids vom 21. Juni 2022 (BGE 143 V 409 E. 2.1).

4. Kernpunkte der Streitigkeiten und Urteilsbegründung des Bundesgerichts:

4.1. Kausalzusammenhang der rechtsseitigen Beschwerden: * Beschwerdeführerin: Rügte eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43, 61 lit. c ATSG) und des Willkürverbots (Art. 9 BV), bestritt den Beweiswert des Berichts von Dr. med. D._ (beratender Arzt der AXA) und führte Zweifel aufgrund der Berichte ihres behandelnden Arztes Dr. med. E._ an. * Gerichtliche Begründung: * Die Fachkompetenz von Dr. med. D._ als "Vertrauensarzt" wurde bestätigt. * Dr. med. D._ hatte die rechtsseitigen Beschwerden (Tendovaginitis de Quervain, Epicondylopathia humeri ulnaris) als degenerativer Natur und nicht als Folge einer Überlastung durch die linksseitige Einschränkung beurteilt. Diese Einschätzung stützte sich auf fachmedizinische Literatur und widersprach der Annahme einer primär mechanischen Ursache. * Die behandelnden Ärzte (Dr. E.__) setzten sich mit dieser detaillierten Beurteilung nicht auseinander, sondern begründeten den Kausalzusammenhang lediglich pauschal mit einer "überlastungsbedingten Mehrbenutzung rechts nach Immobilisation links". * Das Bundesgericht wies auf die im SMAB-Gutachten erhobenen Befunde und das Observationsmaterial hin, die gegen hochgradige Funktionseinschränkungen der linken Hand und somit gegen eine entlastungsbedingte Überlastung der rechten Hand sprachen. Die Beobachtungen zeigten, dass die Beschwerdeführerin ihre linke Hand im Wesentlichen gleich wie die rechte einsetzte (Autofahren mit beiden Händen, Behändigung von Gegenständen links, etc.). Es lagen keine Anzeichen für einen Mindereinsatz der linken Hand vor. * Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Observationsergebnisse seien veraltet, wurde zurückgewiesen, da auch spätere handchirurgische Untersuchungen keine Hinweise auf einen Mindereinsatz ergaben. * Da eine erhebliche Überlastung der rechten Hand nicht nachvollziehbar war, entfiel die Grundlage für die Kausalitätsbeurteilung der behandelnden Ärzte. Der Stellungnahme des beratenden Arztes wurde daher Beweiswert beigemessen. * Bezüglich der Reizung des Sternoclaviculargelenks gingen auch die behandelnden Ärzte primär von einer degenerativen Ursache aus. * Fazit: Die rechtsseitigen Beschwerden stellen keine (mittelbaren) Unfallfolgen dar. Die AXA hat zu Recht eine Leistungspflicht verneint.

4.2. Beweiswert des SMAB-Gutachtens und Arbeitsfähigkeit (linksseitig): * Beschwerdeführerin: Rügte fehlende eingehende Testungen im SMAB-Gutachten vom 1. Juli 2021 und sah einen Widerspruch zum asim-Gutachten, der eine Gerichtsexpertise erforderlich mache. Sie bestritt zudem das Zumutbarkeitsprofil. * Gerichtliche Begründung: * Konkrete, zwingende fehlende Untersuchungen wurden von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt. * Zwischen dem SMAB- und dem asim-Gutachten bestand kein grundlegender Widerspruch hinsichtlich einer 100%igen Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten. Lediglich die Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit wurde unterschiedlich beurteilt. Der asim-Gutachter begründete die Unzumutbarkeit der bisherigen Tätigkeit mit der Annahme, die linke Hand sei nur als Hilfshand einsetzbar und das Autofahren nicht möglich – beides wurde jedoch durch die Observation widerlegt. Die abweichende Beurteilung der SMAB-Gutachter war daher nachvollziehbar begründet, weshalb keine Gerichtsexpertise erforderlich war. * Die Behauptung, die linke Hand könne nicht einmal mehr als Hilfshand eingesetzt werden, fand im Observationsmaterial und den Untersuchungsbefunden keine Bestätigung. Auch der behandelnde Arzt Dr. E.__ wies in seinem Bericht vom 1. November 2021 auf die Möglichkeit von "von der Begutachtung erlaubten Tätigkeiten" hin, was die Einschätzung des SMAB-Gutachtens stützte. * Fazit: Das SMAB-Gutachten ist zuverlässig.

4.3. Auswirkungen der Handoperationen auf Arbeitsfähigkeit und Integritätseinbusse sowie Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes: * Beschwerdeführerin: Machte geltend, die Auswirkungen der Operationen vom 17. Mai 2022 (Panarthrodese und CMC-I-Arthrodese) und 21. September 2023 (Arthrodese des MCP-Gelenks) seien unberücksichtigt geblieben und hätten zu einer funktionsunfähigen Hand geführt. Die Operation vom 17. Mai 2022 sei vor dem Einspracheentscheid erfolgt und hätte von der AXA beachtet werden müssen. * Gerichtliche Begründung: * Die Operation vom 17. Mai 2022 erfolgte vor dem Einspracheentscheid vom 21. Juni 2022 und fällt damit in den richterlichen Überprüfungszeitraum. * Die Vorinstanz hatte zwar die Operation für die Integritätsentschädigung berücksichtigt, aber für die Arbeitsfähigkeit argumentiert, die attestierte 20%ige Leistungseinschränkung sei bereits auf eine immobilisationsbedingte Einschränkung zurückzuführen, weshalb sich durch die spätere Versteifung nichts ändere. * Das Bundesgericht rügte dies als eine Annahme, die medizinisches Fachwissen erfordert und nicht von einem Gericht getroffen werden kann. Die SMAB-Gutachter gingen davon aus, dass die Ruhigstellung beendet werden könnte, was sich nach einer permanenten Arthrodese anders verhält. Ob sich Gesundheitszustand und Zumutbarkeitsprofil relevant verändert haben, muss ärztlich beurteilt werden. * Auch bei der Integritätsentschädigung fehle eine nachvollziehbare medizinische Einschätzung unter Einbezug der Operation vom 17. Mai 2022. Die Gleichsetzung der Versteifungen mit einer "radiocarpalen Arthrodese" durch die Vorinstanz sei fraglich und erfordere medizinische Begutachtung. * Fazit: Die Vorinstanz hat den Sachverhalt in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) unvollständig festgestellt, indem sie es unterlassen hat, den Gesundheitszustand und die Auswirkungen der Operation vom 17. Mai 2022 auf Arbeitsfähigkeit und Integrität medizinisch abklären zu lassen.

4.4. Zeitlicher Verlauf der Arbeitsfähigkeit: * Beschwerdeführerin: Vertrat die Ansicht, dass bis zur SMAB-Untersuchung eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit in sämtlichen Tätigkeiten bestanden habe, was einen 100%igen Rentenanspruch ab 1. August 2018 bedeute. * Gerichtliche Begründung: * Die retrospektive Einschätzung der SMAB-Gutachter, wonach bis zur Untersuchung eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, sei nicht nachvollziehbar, insbesondere da der asim-Experte eine 100%ige Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten annahm. * Die Annahme des asim-Experten, Autofahren sei kritisch, wurde durch die Observation und die Tatsache eines Automatikgetriebes widerlegt. Das SMAB-Gutachten bestätigte die uneingeschränkte Möglichkeit feinmotorischer Tätigkeiten, Autofahren und sämtlicher Griffqualitäten. * Fazit: Die AXA ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von den SMAB-Gutachtern attestierte 80%ige Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit bereits ab dem Rentenbeginn am 1. August 2018 galt. Der Invaliditätsgrad von 20 % ab diesem Zeitpunkt wurde bestätigt. Ob sich die Arbeitsfähigkeit ab dem 17. Mai 2022 verändert hat, ist Gegenstand der neu anzuordnenden Abklärungen.

4.5. Berechnung des versicherten Verdienstes: * Beschwerdeführerin: Rügte die Nichtberücksichtigung der Provisionsausfallentschädigung (PAE) und der nach dem Unfall ausbezahlten Provisionen. * Gerichtliche Begründung: * PAE: Gemäss Art. 15 Abs. 2 UVG und Art. 22 Abs. 4 UVV gehört zum versicherten Verdienst der Lohn, auf den vor dem Unfall ein Rechtsanspruch bestand. Ein Anspruch auf PAE entsteht jedoch erst mit und wegen des Unfalls und konnte daher im Unfallzeitpunkt nicht bestehen. Die Nichtberücksichtigung war korrekt. * Provisionen: Die Beschwerdeführerin berief sich auf Art. 322b Abs. 1 OR (Anspruch entsteht mit Vertragsabschluss). Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass das Provisionsreglement der Arbeitgeberin eine von Art. 322b Abs. 1 OR abweichende Regelung traf, wonach die Freigabe der Provisionen erst nach Zahlungseingang der Erstprämie oder Vertrags-/Mutationsbeginn erfolgte (vgl. Art. 322b Abs. 2 OR). Dies wurde als gewollte vertragliche Abweichung ausgelegt. * Fazit: Die AXA und die Vorinstanz haben die PAE und die erst nach dem Unfall freigegebenen Provisionen zu Recht bei der Berechnung des versicherten Verdienstes unberücksichtigt gelassen.

4.6. Höhe der Integritätsentschädigung: * Beschwerdeführerin: Forderte eine höhere Integritätsentschädigung (25 %), insbesondere unter Berücksichtigung der "Gebrauchsunfähigkeit" der Hand nach den Operationen. * Gerichtliche Begründung: * Die Nichtberücksichtigung der rechtsseitigen Beschwerden war korrekt. * Die vorinstanzliche Erhöhung der Integritätsentschädigung auf 15 % (durch Gleichsetzung der Versteifungen vom 17. Mai 2022 mit einer radiocarpalen Arthrodese gemäss Suva-Tabellen) wurde als fragwürdig und ohne ausreichende medizinische Grundlage beurteilt. Es fehle eine nachvollziehbare medizinische Einschätzung der Integritätseinbusse nach der Operation vom 17. Mai 2022 durch eine Fachperson. * Fazit: Die Vorinstanz hat auch hier den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) verletzt, indem sie keine weiteren medizinischen Abklärungen zur Integritätseinbusse veranlasste.

5. Ergebnis und Rückweisung: Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Bundesgericht hält fest, dass die Verneinung der Unfallkausalität der rechtsseitigen Beschwerden, die Bemessung des versicherten Verdienstes und der ab 1. August 2018 festgestellte Invaliditätsgrad von 20 % vor Bundesrecht standhalten. Hingegen hat die Vorinstanz den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie die Auswirkungen der Operation vom 17. Mai 2022 auf die Arbeitsfähigkeit und die Integritätseinbusse nicht medizinisch abklären liess.

Die Sache wird gemäss Art. 107 Abs. 2 BGG an die AXA Versicherungen AG zurückgewiesen. Diese muss die erforderlichen Abklärungen tätigen (ggf. unter Beizug von Akten der Invalidenversicherung), da es in erster Linie ihre Aufgabe gewesen wäre, den Sachverhalt hinsichtlich der Operation vor dem Einspracheentscheid hinreichend abzuklären.

6. Kostenfolgen: Die Gerichtskosten werden hälftig zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin aufgeteilt. Die Beschwerdegegnerin muss der Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren zahlen. Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Rechtsseitige Beschwerden: Die AXA wurde zu Recht von einer Leistungspflicht für die rechtsseitigen Beschwerden entbunden, da deren unfallbedingter Kausalzusammenhang (auch indirekt als Überlastungsfolge) aufgrund umfassender medizinischer Beurteilungen und Observationsergebnissen als nicht überwiegend wahrscheinlich erachtet wurde.
  2. Arbeitsfähigkeit (linksseitig): Das SMAB-Gutachten wurde als beweiswertig anerkannt, und die daraus abgeleitete 80%ige Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit (bzw. 100% in angepassten Tätigkeiten) ab dem 1. August 2018 wurde bestätigt, was zu einem Invaliditätsgrad von 20 % führte.
  3. Versicherter Verdienst: Die Berechnung des versicherten Verdienstes durch die AXA, welche Provisionsausfallentschädigungen und nach dem Unfall freigegebene Provisionen nicht berücksichtigte, wurde vom Bundesgericht bestätigt, da hierauf im Unfallzeitpunkt kein Rechtsanspruch bestand.
  4. Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Rückweisung): Die Vorinstanz hat den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie die Auswirkungen einer am 17. Mai 2022 erfolgten Handoperation (Panarthrodese und CMC-I-Arthrodese) auf die Arbeitsfähigkeit und die Integritätseinbusse ohne weitere medizinische Abklärungen beurteilte. Diese Frage erfordert medizinisches Fachwissen.
  5. Rückweisung: Die Sache wird zur Durchführung der erforderlichen medizinischen Abklärungen an die AXA Versicherungen AG zurückgewiesen.