Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_532/2024 vom 18. August 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Urteil des Bundesgerichts 6B_532/2024 vom 18. August 2025

1. Einleitung und Parteien Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde in Strafsachen von A._ (Beschwerdeführerin) gegen ein Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 22. Mai 2024 zu befinden. Das Obergericht hatte den erstinstanzlichen Freispruch von B._ (Beschwerdegegner 2) von den Vorwürfen der Tätlichkeiten, schweren Körperverletzung (eventualiter einfacher Körperverletzung) und Tierquälerei bestätigt und die von A._ erhobene Zivilklage abgewiesen. A._ beantragte vor Bundesgericht die Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Verurteilung von B.__ sowie die Zuerkennung von Genugtuung und Schadenersatz.

2. Sachverhaltsgrundlage und Vorinstanzen Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau klagte B._ am 9. März 2022 wegen einfacher Körperverletzung, Tätlichkeit und Tierquälerei an. Das Bezirksgericht Lenzburg sprach B._ am 13. Juli 2022 frei und wies die Zivilklage von A._ ab. Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte diesen Freispruch und die Abweisung der Zivilklage in zweiter Instanz. Unbestritten war, dass es am 30. August 2019 an der Strasse U._ in V.__ (AG) zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdegegner 2 kam, bei der der Beschwerdegegner 2 das Mobiltelefon der Beschwerdeführerin an sich nahm und die Beschwerdeführerin sich am rechten Fuss eine Sprunggelenksfraktur zuzog. Der Beschwerdegegner 2 gab das Mobiltelefon später in Anwesenheit einer Zeugin zurück.

3. Prüfungsrahmen des Bundesgerichts Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig (willkürlich) ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, 105 Abs. 2 BGG). Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn diese schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde von Tatsachen ausgeht, die in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Eine andere mögliche Lösung genügt nicht; der Entscheid muss im Ergebnis willkürlich sein. Die Rüge muss explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Dem Sachgericht steht ein weites Ermessen bei der Beweiswürdigung zu.

4. Rügen der Beschwerdeführerin und deren Beurteilung

4.1. Verletzung des rechtlichen Gehörs und willkürliche Sachverhaltsfeststellung Die Beschwerdeführerin rügte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK) und eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung bezüglich ihrer Knieverletzung. Sie bemängelte, dass die Vorinstanzen diese Verletzung ausser Acht gelassen hätten. Das Bundesgericht wies dies zurück. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordere, dass die Behörde die wesentlichen Punkte nicht prüft und berücksichtigt. Die Vorinstanz sei auf die entscheidwesentlichen Punkte eingegangen. Die pauschale Behauptung der Beschwerdeführerin, ihre Knieverletzung (Splitterfraktur) sei ohne Dritteinwirkung unmöglich, reiche nicht aus, um Willkür darzutun. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Knieverletzung auf eine direkte Fremdeinwirkung hinweisen sollte und somit entscheidwesentlich wäre. Auch die Rüge bezüglich der angeblich nicht frei zugänglichen Internetquelle (Pschyrembel) zur Entstehung von Knöchelfrakturen wurde abgewiesen. Das Bundesgericht hielt fest, dass Internetquellen zu objektivierbaren Fakten, sofern keine berechtigten Zweifel bestehen, ohne vorangehende Anhörung berücksichtigt werden dürfen. Die Beschwerdeführerin habe nicht rechtsgenüglich dargetan, inwiefern dies vorliegend anders sein sollte, und stattdessen lediglich eine eigene Konsultationsschwierigkeit geltend gemacht.

4.2. Willkürliche Beweiswürdigung zum Tathergang Den Kern der Beschwerde bildeten Rügen gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung.

4.2.1. Versionen der Ereignisse: * Beschwerdeführerin: Ihr Hund habe sein Geschäft verrichtet, als der Beschwerdegegner 2 sie angeschrien, dem Hund einen Tritt versetzt und ihr einen Faustschlag bzw. einen Tritt an den rechten Fuss gegeben habe. Sie wisse nichts von einem Zalando-Paket, und ihr Hund habe den Beschwerdegegner 2 nicht gebissen. * Beschwerdegegner 2: Er habe die Beschwerdeführerin dabei beobachtet, wie sie mit einem Zalando-Paket über seinen Hausplatz gelaufen sei, hinter einem Gebüsch verschwand und nur noch mit Kleidersäcken, aber ohne Paket zurückkam. Er habe sie daraufhin wegen des Pakets angesprochen. Als sie fliehen wollte, habe er ihr das Mobiltelefon zur Identifikation weggenommen. Daraufhin sei sie auf ihn losgegangen, ihr Hund habe ihn in die Wade gebissen, und sie habe sich den Fuss vertreten, ohne dass er sie gestossen habe.

4.2.2. Würdigung der Glaubhaftigkeit durch die Vorinstanz (vom Bundesgericht bestätigt): * Aussagen der Beschwerdeführerin als unglaubhaft eingestuft: * Die Angabe, der Beschwerdegegner 2 habe sich über das Urinieren des Hundes aufgeregt, sei als nachgeschobene Begründung unglaubwürdig, da ein solches Motiv bei der ersten Gelegenheit hätte genannt werden müssen. * Die Schilderung passte nicht zu den Zeugenaussagen: * Zeuge D._ (Beobachtung aus Entfernung) berichtete von einem gegenseitigen "Gerangel" und "Schüpfen", nicht von einem einseitigen Angriff, Tritt oder Sturz der Beschwerdeführerin. Er sah den Beschwerdegegner 2 danach unauffällig weggehen, was der Darstellung der Beschwerdeführerin widersprach, dieser sei erschrocken weggelaufen. * Zeugin C._ (Passantin) erwähnte kein Weinen der Beschwerdeführerin und gab an, sie habe keine starken Schmerzen wahrgenommen. Die Beschwerdeführerin habe der Zeugin vor Ort nur von einem Sturz berichtet und erst auf Vorhalt einen Paketdiebstahl verneint. * Die Anamnese des Spitals Muri vom 30. August 2019 erwähnte einen "Fehltritt (Gerangel und unklar, ob nach Fusstritt)", was nicht auf einen tätlichen Angriff hindeutete. * Die Erklärung, vom Hund hinter ein Gebüsch gezogen worden zu sein oder sich wegen der Hitze (am Morgen zwischen 8:45 und 9:00 Uhr) dorthin begeben zu haben, wurde als unglaubhaft erachtet. * Aussagen des Beschwerdegegners 2 als glaubhaft eingestuft: * Er habe bei allen Einvernahmen und gegenüber der Zeugin C._ widerspruchsfrei den Tathergang geschildert. * Seine Erklärung zum Paketdiebstahl und zur Wegnahme des Telefons zur Identifikation sei nachvollziehbar. Es sei nicht plausibel, dass er aus nichtigem Grund (Hundeurinieren) einen Streit angefangen und dann ein ganzes Lügengebäude (mit Tochterpaket) aufgebaut hätte. * Seine Schilderung erklärte den Wechsel des Konfliktortes. * Die Beobachtungen des Zeugen D._ (gegenseitiges Gerangel, kein Sturz) passten zu seiner Darstellung. * Der Arztbericht über die Bissverletzung an seiner Wade stützte seine Aussage, dass sein Hund ihn gebissen habe, und entkräftete die Beschwerdeführerin.

4.3. Bestätigung der vorinstanzlichen Beweiswürdigung durch das Bundesgericht Das Bundesgericht befand, die Beschwerdeführerin übe weitgehend unzulässige appellatorische Kritik aus, indem sie lediglich ihre eigene Version der Geschehnisse präsentiere, ohne die vorinstanzliche Beweiswürdigung als schlechterdings unhaltbar auszuweisen. Die detaillierten und schlüssigen Begründungen der Vorinstanz zur Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdegegners 2 und zur Unglaubhaftigkeit derer der Beschwerdeführerin seien nicht zu beanstanden. Auch die fehlende DNA der Beschwerdeführerin auf dem Paket widerlege nicht zwingend, dass sie es in den Händen gehalten habe.

4.4. Würdigung der Delikte * Einfache/Schwere Körperverletzung und Tierquälerei: Aufgrund der als glaubhaft erachteten Aussagen des Beschwerdegegners 2 und der mangelnden Beweise für Tritte gegen die Beschwerdeführerin und ihren Hund, seien diese Vorwürfe als nicht erwiesen betrachtet und die Freisprüche bestätigt worden. Die Sachverhaltsrügen der Beschwerdeführerin zu diesen Punkten drangen nicht durch. * Tätlichkeiten: Die Vorinstanz ging davon aus, dass der Beschwerdegegner 2 im Gerangel zur Sicherung des Mobiltelefons die Beschwerdeführerin (leicht) gegen den Oberkörper geschlagen habe, was an sich eine Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB darstelle. * Rechtfertigungsgrund: Diese Handlung wurde jedoch als rechtmässig eingestuft. Die Beschwerdeführerin sei vom Beschwerdegegner 2 auf frischer Tat bei einem Diebstahl zum Nachteil seiner Tochter erwischt worden. Da polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden konnte, sei der Beschwerdegegner 2 nach Art. 218 Abs. 1 StPO (vorläufige Festnahme durch Privatpersonen) zu einer vorläufigen Festnahme berechtigt gewesen. Art. 218 Abs. 1 StPO statuiere einen ausserstrafgesetzlichen Rechtfertigungsgrund, der die Handlung im Sinne von Art. 14 StGB als gesetzlich erlaubt erscheinen lasse. * Obwohl der Beschwerdegegner 2 die Beschwerdeführerin nicht formell festgenommen habe, habe die Wegnahme des Mobiltelefons zur Übergabe an die Polizei zwecks Identitätsfeststellung denselben Zweck verfolgt und weniger stark in die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin eingegriffen. Dies sei als verhältnismässige Wahrung berechtigter Interessen gerechtfertigt. Die Beschwerdeführerin hätte die vorübergehende Wegnahme dulden müssen, weshalb der Beschwerdegegner 2 berechtigt war, ihre gewaltsamen Versuche zur Wiedererlangung des Telefons abzuwehren. Ein leichter Schlag gegen den Oberkörper wurde dabei als verhältnismässig erachtet, ohne dass nachträglich allzu subtile Überlegungen über weniger einschneidende Massnahmen angestellt werden dürften. * Da die Beschwerdeführerin ihre Rügen gegen diesen Rechtfertigungsgrund nicht rechtsgenüglich substanziierte und auf einem von den willkürfrei festgestellten Tatsachen abweichenden Sachverhalt aufbaute, wurden auch diese Rügen abgewiesen.

5. Zivilansprüche und Kosten Da die Beschwerdeführerin mit ihren Sachverhalts- und Schuldvorwürfen nicht durchdrang, wurden auch ihre Anträge bezüglich Genugtuung, Feststellung einer Schadenersatzpflicht und die erst- und zweitinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen abgewiesen.

6. Fazit Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten wurde, und bestätigte damit die Freisprüche des Beschwerdegegners 2 von allen angeklagten Delikten. Die Gerichtskosten wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Bestätigung der Freisprüche: Das Bundesgericht bestätigte die Freisprüche des Beschwerdegegners 2 von Tätlichkeiten, schwerer/einfacher Körperverletzung und Tierquälerei.
  • Keine Willkür in der Beweiswürdigung: Die Rügen der Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung wurden abgewiesen, da sie keine offensichtliche Willkür darlegen konnte und lediglich eine eigene Version der Geschehnisse präsentierte.
  • Glaubhaftigkeit der Aussagen: Das Bundesgericht stützte die vorinstanzliche Einschätzung, wonach die Aussagen des Beschwerdegegners 2 glaubhaft und diejenigen der Beschwerdeführerin unglaubhaft seien, basierend auf Zeugenaussagen, medizinischen Berichten und der inneren Kohärenz.
  • Rechtfertigungsgrund bei Tätlichkeiten: Eine im Gerangel begangene Tätlichkeit (leichter Schlag zur Sicherung des Telefons) wurde als gerechtfertigt gemäss den Grundsätzen der vorläufigen Festnahme durch Privatpersonen (Art. 218 Abs. 1 StPO) zum Schutz berechtigter Interessen (Diebstahl, Identitätsfeststellung) beurteilt.
  • Abweisung der Zivilansprüche: Da keine strafbare Handlung festgestellt wurde, wurden auch die Genugtuungs- und Schadenersatzforderungen der Beschwerdeführerin abgewiesen.