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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_614/2024 vom 19. August 2025 detailliert zusammen:
Bundesgerichtsurteil 6B_614/2024 vom 19. August 2025 (Fahrlässige schwere Körperverletzung, Beschimpfung, Nötigung, Gewalt oder Drohung gegen Behörden und Beamte)
1. Einleitung und Parteien
Das Bundesgericht hatte in diesem Fall über eine Beschwerde von A._ (nachfolgend: Beschwerdeführer) gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Waadt (Cour d'appel pénale) vom 25. April 2024 zu befinden. Der Beschwerdeführer wurde von der Vorinstanz wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung, Beschimpfung, Nötigung sowie Gewalt oder Drohung gegen Behörden und Beamte verurteilt. Die Geschädigten sind B._ (nachfolgend: Geschädigte 2), eine ehemalige Angestellte des Beschwerdeführers, und C.__ (nachfolgend: Geschädigte 3), eine Mitarbeiterin des Betreibungsamtes.
2. Sachverhalt (Zusammenfassung der relevanten Feststellungen der Vorinstanz)
Der Beschwerdeführer A._, geb. 1979, hatte ab 2015 erhebliche finanzielle und steuerliche Schwierigkeiten, die zu einem Konkurs seiner Holzfällerfirma führten. Diese Situation nährte seinen tiefen Groll gegen die Mitarbeiter des Betreibungsamtes U._, insbesondere gegen C.__, die seit 2018 für sein Dossier zuständig war. Sein Vorstrafenregister wies bereits Delikte wie Tätlichkeiten, Drohungen und grobe Verletzung der Verkehrsregeln auf. Auch während der Untersuchungshaft fiel er durch aggressives und beleidigendes Verhalten gegenüber dem Personal auf, was er mit Hypoglykämie erklärte.
Die wesentlichen Vorwürfe, die zur Verurteilung führten, umfassten:
Drohungen und Beleidigungen gegen Behörden und Beamte (insbesondere C.__):
Schikane und fahrlässige schwere Körperverletzung gegen B.__:
Urteile der Vorinstanzen: Das erstinstanzliche Gericht sprach A._ in Bezug auf einen Vorwurf der schweren Körperverletzung (Fall Nr. 5 der Anklageschrift) frei, verurteilte ihn aber wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung, Beschimpfung, Nötigung und Gewalt/Drohung gegen Behörden/Beamte zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, widerrief eine bedingte Strafe und ordnete eine Massnahme gemäss Art. 63 StGB an. Zivilrechtlich wurde A._ zur Zahlung einer Genugtuung von 10'000 CHF an B._ verurteilt. Die Berufung des Beschwerdeführers und die Anschlussberufung von B._ wurden vom Kantonsgericht abgewiesen und die erstinstanzlichen Urteile bestätigt.
3. Rügen und Anträge des Beschwerdeführers vor Bundesgericht
Der Beschwerdeführer beantragte im Wesentlichen, er sei von der Anklage der fahrlässigen schweren Körperverletzung freizusprechen. Er rügte eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit einem Entschädigungsanspruch nach Art. 429 StPO und beantragte die Aufhebung des kantonalen Entscheids diesbezüglich. Zudem verlangte er eine Neufestsetzung der Strafe. Eventualiter beantragte er, die Genugtuung an B.__ auf 3'000 CHF zu reduzieren.
4. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht prüfte die einzelnen Rügen des Beschwerdeführers:
4.1. Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo". Er bestritt verschiedene Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz (z.B. die Äusserung einer Bombendrohung, die Absicht einer Geiselnahme, die Anzahl der Anrufe bei B.__, die fehlende Berücksichtigung seines Diabetes). Das Bundesgericht hielt fest, dass es als Rechtsinstanz an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, diese seien willkürlich (Art. 9 BV) oder offensichtlich unrichtig. Eine rein appellatorische Kritik, bei der die eigene Beweiswürdigung derjenigen der Vorinstanz entgegengestellt wird, sei unzulässig. Da der Beschwerdeführer genau dies tat, ohne eine substanziierte Willkürdarlegung zu liefern, erklärte das Bundesgericht seine Rügen als unzulässig. Es stellte zudem klar, dass der Grundsatz "in dubio pro reo" im Rahmen der Beweiswürdigung keine weitergehende Bedeutung als das Willkürverbot hat.
4.2. Fahrlässige schwere Körperverletzung (Art. 125 StGB) Der Beschwerdeführer bestritt primär den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen seinem Verhalten und den Gesundheitsschäden der Geschädigten 2 (B.__). * Rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht erinnerte an die drei Voraussetzungen der fahrlässigen Körperverletzung: fahrlässiges Verhalten des Täters, Körperverletzung des Opfers und ein natürlicher sowie adäquater Kausalzusammenhang. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter aus schuldhafter Unvorsichtigkeit handelt, ohne die Folgen seines Tuns zu bedenken oder zu berücksichtigen (Art. 12 Abs. 3 StGB). Adäquat kausal ist ein Verhalten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen. Ein Kausalzusammenhang wird nur unterbrochen, wenn eine andere Begleitursache (z.B. Verhalten des Opfers oder Dritter) eine absolut aussergewöhnliche oder so ausserordentliche Umstand darstellt, dass damit nicht zu rechnen war und diese als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache erscheint. * Kantonale Begründung: Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass das wiederholte und über Jahre andauernde Schikanieren, Beleidigen und Herabwürdigen der Geschädigten 2 durch den Beschwerdeführer in einem Arbeitsverhältnis zu einer mittelschweren Angststörung und Depression führte. Dies ist durch ärztliche Atteste belegt und führte zu Arbeitsausfällen und jahrelanger psychotherapeutischer Behandlung. Die Geschädigte hatte vor diesem Vorfall keine psychiatrischen Probleme. Die Vorinstanz sah den natürlichen Kausalzusammenhang als gegeben und den adäquaten Kausalzusammenhang als gegeben an, da nach allgemeiner Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ein solches Verhalten des Arbeitgebers gegenüber einer Arbeitnehmerin vorhersehbar zu Gesundheitsschäden führen kann. * Entscheid des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies die Argumente des Beschwerdeführers zurück. Der vom Beschwerdeführer zitierte BGE 6B_675/2013 sei nicht einschlägig, da dort die Gesundheitsschäden nicht direkt durch die Handlungen des Täters, sondern durch die Teilnahme der geschädigten Partei an den nachfolgenden Gerichtsverfahren entstanden waren. Im vorliegenden Fall hingegen ergaben die willkürfrei festgestellten Tatsachen, dass die Handlungen des Beschwerdeführers selbst die Angststörung und Depression der Geschädigten 2 direkt verursacht hatten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Gesundheitsschäden seien auf die späteren Gerichtsverfahren zurückzuführen, war eine appellatorische Abweichung vom Sachverhalt und unzulässig. Die Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung wurde bestätigt.
4.3. Strafzumessung (Art. 47, 49, 50 StGB) Der Beschwerdeführer beanstandete die Höhe der Freiheitsstrafe. * Rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht betonte, dass dem Sachrichter bei der Strafzumessung ein weites Ermessen zusteht. Es greift nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen überschritten, sachfremde Kriterien angewendet, wichtige Tatsachen ausser Acht gelassen oder eine unverhältnismässig milde oder strenge Strafe verhängt hat. Im Falle einer verminderten Schuldfähigkeit muss der Richter dies explizit berücksichtigen. * Kantonale Begründung: Die Vorinstanz hatte die Schwere des Verhaltens des Beschwerdeführers hervorgehoben, das keinesfalls durch seine persönlichen oder finanziellen Schwierigkeiten gerechtfertigt sei, da er die Ehre und Freiheit Dritter in der Ausübung ihrer Arbeit verletzt habe. Seine Einsicht sei gleich null, er präsentiere sich weiterhin als Opfer, und frühere Verurteilungen sowie Ersatzmassnahmen hätten keine Wirkung gezeigt. Als mildernd wurden seine katastrophale finanzielle Situation und die dadurch verursachte tiefe psychologische Notlage berücksichtigt. Entscheidend war auch das psychiatrische Gutachten, das eine leichte verminderte Schuldfähigkeit (bezüglich der Taten gegen B._) und eine mittlere verminderte Schuldfähigkeit (bezüglich der Taten gegen C._ und Behörden) feststellte. Diese verminderten Schuldfähigkeiten wurden bei der Strafzumessung berücksichtigt. Das Gericht setzte 5 Monate Freiheitsstrafe für die Taten gegen B._ (fahrlässige schwere Körperverletzung, Nötigung) und 3 Monate Freiheitsstrafe für die Taten gegen C._ und Behörden (Gewalt/Drohung, Beschimpfung) fest, was eine Gesamtstrafe von 8 Monaten ergab. * Entscheid des Bundesgerichts: Der Beschwerdeführer monierte, die Vorinstanz habe die Folgen der Strafe für seine berufliche und persönliche Zukunft sowie seine schwere Hypoglykämie nicht ausreichend berücksichtigt. Das Bundesgericht hielt entgegen, dass die Auswirkungen der Strafe auf die Zukunft des Verurteilten als Aspekt der Spezialprävention nur marginale Korrekturen erlauben und die Strafe stets proportional zur Schuld bleiben muss. Die negativen Auswirkungen einer Freiheitsstrafe auf Berufs- und Finanzleben sind unvermeidlich. Aussergewöhnliche Umstände, die eine Strafminderung rechtfertigen würden, wurden nicht dargelegt. Betreffend die Hypoglykämie stellte das Bundesgericht fest, dass das psychiatrische Gutachten den Zusammenhang zwischen depressiven Affekten, schlechter Diabeteskontrolle und daraus resultierender Reizbarkeit/Verhaltensstörungen explizit erwähnt hatte. Dies führte zur Feststellung einer verminderten Schuldfähigkeit, die im Urteil der Vorinstanz berücksichtigt wurde. Es lag somit kein Ermessensmissbrauch vor. Die Rüge wurde abgewiesen.
4.4. Genugtuung an B.__ (Art. 47 OR) Der Beschwerdeführer kritisierte die Höhe der Genugtuung von 10'000 CHF an B.__ als unverhältnismässig. * Rechtliche Grundlagen: Gemäss Art. 47 OR kann der Richter bei Körperverletzung unter Berücksichtigung besonderer Umstände eine billige Entschädigung für immaterielle Unbill zusprechen. Massgebend ist die Schwere der Persönlichkeitsverletzung, insbesondere erhebliche physische oder psychische Schmerzen oder eine dauerhafte Gesundheitsschädigung. Die Höhe der Genugtuung liegt im weiten Ermessen des Richters und entzieht sich mathematischen Kriterien. Das Bundesgericht schreitet nur bei Ermessensmissbrauch ein (sachfremde Kriterien, fehlende Berücksichtigung relevanter Elemente, offensichtlich unbilliger Betrag). * Kantonale Begründung: Die Vorinstanz begründete die Genugtuung mit den medizinisch nachgewiesenen anhaltenden Gesundheitsschäden der Geschädigten 2 (Posttraumatische Belastungsstörung, Angstzustände, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, chronische Erschöpfung, rezidivierende Depression moderater Intensität). Diese Schäden gingen direkt aus der Schikane hervor, dauerten über Jahre an und beeinträchtigten ihre Lebensqualität erheblich. Angesichts der zahlreichen und langandauernden Taten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sei ein Betrag von 10'000 CHF sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gerechtfertigt. * Entscheid des Bundesgerichts: Der Beschwerdeführer hielt die 10'000 CHF für unverhältnismässig und verwies auf einen nicht näher bezeichneten Vergleichsfall. Zudem bemängelte er, seine "dramatische Lebensgeschichte" sei nicht berücksichtigt worden. Das Bundesgericht erklärte, dass ein Vergleich mit anderen, undifferenzierten Fällen unergiebig sei, da die Genugtuung stets fallbezogen festzulegen ist. Die persönliche Lebensgeschichte des Beschwerdeführers ist für die Bemessung der Genugtuung des Opfers nicht relevant. Angesichts der Gesamtheit der Umstände, insbesondere der Schwere und Dauer des erlittenen Leidens der Geschädigten 2, sei der Betrag von 10'000 CHF nicht derart hoch, dass er einen Missbrauch des richterlichen Ermessens darstelle. Die Rüge wurde, soweit zulässig, als unbegründet abgewiesen.
4.5. Entschädigung nach Art. 429 StPO Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs und der Art. 426 Abs. 2 und 429 ff. StPO im Zusammenhang mit einem Einstellungsbeschluss vom 29. November 2022 (betreffend einen Vorfall, bei dem er Mitarbeiter des Betreibungsamtes mit seinem Fahrzeug genötigt haben soll, wofür er freigesprochen wurde). * Kantonale Begründung: Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführer zwar im Rahmen des bevorstehenden Abschlusses der Untersuchung über die Möglichkeit, eine Entschädigung gemäss Art. 429 StPO zu beantragen, informiert worden war, aber durch seinen Anwalt keine entsprechenden Forderungen geltend gemacht hatte. Daher wurde keine Entschädigung zugesprochen. Die Verfahrenskosten für diesen Einstellungsbeschluss wurden dem Staat auferlegt. * Entscheid des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies diese Rüge wegen mangelhafter Begründung gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG als unzulässig ab. Der Beschwerdeführer beschränkte sich darauf, allgemeine Ausführungen zur Rechtsprechung wiederzugeben, ohne jedoch in topischer Weise darzulegen, inwiefern die Begründung der Vorinstanz – dass er trotz Information keinen Antrag gestellt hatte – Bundesrecht verletzen sollte.
5. Fazit
Das Bundesgericht wies die Beschwerde des Beschwerdeführers A.__, soweit sie überhaupt zulässig war, vollumfänglich ab. Die Rügen bezüglich willkürlicher Sachverhaltsfeststellung, fehlenden Kausalzusammenhangs bei der fahrlässigen schweren Körperverletzung, fehlerhafter Strafzumessung und überhöhter Genugtuung wurden zurückgewiesen. Auch die Rüge bezüglich der Entschädigung nach Art. 429 StPO wurde wegen unzureichender Begründung als unzulässig erklärt. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde mangels Erfolgsaussichten abgewiesen, und die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, wobei deren Höhe seiner finanziellen Situation angepasst wurde.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht bestätigte die Verurteilung von A._ wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung (gegen seine ehemalige Angestellte B._) sowie Beleidigung, Nötigung und Gewalt/Drohung gegen Behörden (gegen C.__ und andere Betreibungsamtsmitarbeiter).
Das Bundesgericht wies die Beschwerde im Wesentlichen ab.