Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_489/2024 vom 7. August 2025

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Das Bundesgericht befasste sich im Urteil 6B_489/2024 vom 7. August 2025 mit einer Beschwerde gegen eine Verurteilung wegen Widerhandlung gegen Art. 130 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes über Geldspiele (Geldspielgesetz, BGS; SR 935.51). Der Beschwerdeführer A.__ wurde der vorsätzlichen Veranstaltung, Durchführung oder Bereitstellung von Casinospielen ohne die erforderlichen Konzessionen oder Bewilligungen schuldig gesprochen.

1. Sachverhalt (Tatbestand)

Der Beschwerdeführer A.__ wurde vom Tribunal de police des Kantons Genf am 7. Dezember 2023 wegen Widerhandlungen gegen Art. 130 Abs. 1 Bst. a BGS zu einer bedingten Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 30 CHF sowie einer Busse von 450 CHF verurteilt. Zwei "Photoplay"-Automaten und deren Zubehör wurden eingezogen und deren Zerstörung angeordnet. Eine Ersatzforderung von 200 CHF zugunsten des Bundes wurde ebenfalls ausgesprochen. Dieses Urteil wurde von der Chambre pénale d'appel et de révision der Cour de justice des Kantons Genf am 7. Mai 2024 im Wesentlichen bestätigt.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, im Zeitraum von Anfang Mai 2019 bis zum 12. Juni 2019 in der Gaststätte "C._" in U._, für die keine entsprechende Bewilligung vorlag, zwei "Photoplay"-Automaten (U17547 und U17548) installiert und zur Verfügung gestellt zu haben. Diese Automaten boten über die Plattform "XXX-tra" ein illegales Casinospielangebot mit insgesamt 35 Spielen an. Die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK/CFMJ) beschlagnahmte die Geräte am 12. Juni 2019. Die ESBK hatte die auf den Geräten befindlichen Spiele bereits am 29. Juli 2019, basierend auf früheren Entscheidungen (Nrn. 532-004 vom 26. Februar 2014, 532-006/01 vom 17. Dezember 2014 und 532-002/03 vom 24. Juni 2015), als Glücksspiele im Sinne des früheren Bundesgesetzes über Glücksspiele und Spielbanken (aLMJ) qualifiziert, darunter 25 Automatenspiele (sogenannte Slot-Maschinen) und ein "Smart Roulette"-Spiel. Der Beschwerdeführer war Eigentümer der Automaten und erhielt die Hälfte der erzielten Einnahmen.

2. Rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht

2.1 Anwendbares Recht Das Bundesgericht stellte eingangs fest, dass das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Geldspielgesetz (BGS) auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, da die den Vorwurf begründenden Handlungen (Installation und Bereitstellung der Geräte) nach diesem Datum erfolgten (vgl. BGE 147 IV 471 E. 4 und 5).

2.2 Die Strafnorm des Art. 130 Abs. 1 Bst. a BGS Die Norm des Art. 130 Abs. 1 Bst. a BGS bestraft Personen, die vorsätzlich Casinospiele oder Grossspiele ohne die erforderlichen Konzessionen oder Bewilligungen veranstalten, durchführen oder dazu bereitstellen. Der objektive Tatbestand umfasst somit drei Elemente: 1. Ein Casinospiel oder Grossspiel. 2. Ein tatbestandsmässiges Verhalten (veranstalten, durchführen, bereitstellen). 3. Das Fehlen der erforderlichen Konzession oder Bewilligung. Subjektiv wird Vorsatz verlangt.

2.2.1 Definition von "Geldspiel" und "Casinospiel" (Art. 3 BGS) * Geldspiel (Art. 3 Bst. a BGS): Definiert als Spiele, bei denen gegen Leistung eines geldwerten Einsatzes oder Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht. Wesentliche Elemente sind kumulativ der Einsatz und die Gewinnmöglichkeit. Der Einsatz kann auch gering sein oder in einer anderen geldwerten Leistung versteckt sein (BGE 133 II 68 E. 7.2; 132 II 240 E. 3.1.2). Die Gewinnmöglichkeit muss nicht zwingend direkt vom Gerät ausgezahlt werden; eine Auszahlung durch das Personal ist ausreichend (BGE 138 IV 106 nicht publ. E. 3.2.1). * Casinospiel (Art. 3 Bst. g BGS): Hierzu gehören Geldspiele, an denen eine begrenzte Anzahl Personen teilnehmen kann (bis 1000 gemäss Art. 3 Geldspielverordnung [BGSV]). Ausgenommen sind Sportwetten, Geschicklichkeitsspiele und Kleinspiele. Die Abgrenzung zu Geschicklichkeitsspielen erfolgt über das Verhältnis von Zufall und Geschick. * Abgrenzung zu Unterhaltungsgeräten: Zur Unterscheidung zwischen reinen Unterhaltungsgeräten mit zufälligen Nebengewinnen und konzessionspflichtigen Geldspielautomaten ist das Verhältnis zwischen Einsatzhöhe und dem Wert des gebotenen Unterhaltungswerts massgeblich. Eine grobe Disproportionalität zwischen Einsatz und Unterhaltungswert deutet auf ein Geldspiel hin, bei dem hohe Geldbeträge verloren werden können (BGE 131 II 680 E. 5.2.2; 2C_442/2007 E. 3.4).

2.2.2 Das "Zur-Verfügung-Stellen" Dieses Verhalten umfasst insbesondere das Bereitstellen von Einrichtungen zum Zwecke der Veranstaltung oder Durchführung von Geldspielen (Botschaft des Bundesrates zum Geldspielgesetz, BBl 2015 7627, S. 7733).

2.2.3 Kontinuität zwischen aLMJ und BGS Das Bundesgericht hob hervor, dass die Ziele des BGS (insbesondere Sicherheit, Transparenz, Bewilligungspflicht und Aufsicht) weitgehend jenen des früheren aLMJ entsprechen (Botschaft, BBl 2015 7627, S. 7628 und 7646). Daher bleibt die unter dem aLMJ ergangene Rechtsprechung im Grundsatz, mutatis mutandis, unter dem BGS weiterhin gültig. Die Begriffe "Glücksspiel" (aLMJ) und "Casinospiel" (BGS) überschneiden sich materiell. Eine wichtige Neuerung ist jedoch, dass im Rahmen von Strafverfahren auf eine separate administrative Qualifikation der Spiele verzichtet werden kann (Botschaft, BBl 2015 7627, S. 7731; Moritz Vischer, forumpoenale 2021, S. 215).

2.3 Anwendung auf den vorliegenden Fall Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Automaten in einem Lokal aufstellte, dessen Betreiberin keine erforderliche Bewilligung besass, und er zudem die Hälfte der Einnahmen bezog. Die ESBK hatte die betreffenden Spiele bereits unter der aLMJ als Glücksspiele qualifiziert, was die Vorinstanz als materiell identisch mit der Definition eines Casinospiels unter dem BGS ansah.

  • Bejahung der Gewinnmöglichkeit: Der Beschwerdeführer bestritt das Vorhandensein einer Gewinnmöglichkeit. Die Vorinstanz beurteilte dies jedoch gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung als nicht haltbar. Es sei nicht plausibel, dass Spieler mehrere Franken pro Minute an solchen Automaten nur zum reinen Vergnügen ausgeben würden; der Hauptbeweggrund sei die Suche nach einem geldwerten Vorteil. Das Bundesgericht bestätigte diese vorinstanzliche Würdigung. Angesichts der Tatsache, dass es sich um "Spielautomaten" und "American Roulette" handelte, die nicht als Geschicklichkeitsspiele einzustufen sind und für die ein Einsatz erforderlich war, sei die Annahme einer Gewinnmöglichkeit rechtmässig. Die materielle Übereinstimmung der Begriffe "Glücksspiel" (aLMJ) und "Casinospiel" (BGS) stützte diese Schlussfolgerung zusätzlich.
  • Weitere Tatbestandselemente: Der Beschwerdeführer bestritt weder die fehlende Bewilligung der Lokalbetreiberin noch das "Zur-Verfügung-Stellen" der Spiele durch ihn, noch den subjektiven Vorsatz. Das Bundesgericht befand, dass die Vorinstanz deren Erfüllung ohne Bundesrechtsverletzung annehmen durfte. Insbesondere die Feststellung, dass die Spiele an Einzelspieler gerichtet waren, was die Eigenschaft als Casinospiel weiter untermauert, wurde nicht in Frage gestellt.

2.4 Argument des Analogieverbots (Art. 1 StGB) Das Argument des Beschwerdeführers bezüglich einer Verletzung von Art. 1 StGB und des Analogieverbots im Strafrecht wurde als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Das Bundesgericht verwies auf die bereits dargelegte Kontinuität der Gesetzgebung (aLMJ und BGS) und den gesetzgeberischen Willen, das Strafarsenal in diesem Bereich zu stärken. Es handelte sich nicht um eine analoge Anwendung, sondern um eine materiell übereinstimmende Beurteilung auf der Grundlage einer sich fortsetzenden Gesetzgebung.

3. Ergebnis des Bundesgerichts

Das Bundesgericht wies die Beschwerde in Strafsachen ab und bestätigte die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Widerhandlung gegen Art. 130 Abs. 1 Bst. a BGS.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Verurteilungsgrund: Der Beschwerdeführer wurde wegen vorsätzlicher Bereitstellung von Casinospielen ohne die erforderlichen Konzessionen gemäss Art. 130 Abs. 1 Bst. a BGS verurteilt.
  • Anwendbares Recht: Das Bundesgericht bestätigte die Anwendbarkeit des am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Geldspielgesetzes (BGS), da die Tathandlungen nach diesem Datum erfolgten.
  • Definition Casinospiel: Ein Casinospiel setzt kumulativ einen Einsatz und eine Gewinnmöglichkeit voraus. Das Bundesgericht bekräftigte die Auslegung, dass die Begrifflichkeiten von "Glücksspiel" (aLMJ) und "Casinospiel" (BGS) materiell übereinstimmen und die Rechtsprechung unter dem aLMJ weiterhin relevant ist.
  • Bejahung der Gewinnmöglichkeit: Trotz Bestreitung durch den Beschwerdeführer bestätigte das Bundesgericht die vorinstanzliche Annahme einer Gewinnmöglichkeit. Diese wurde massgeblich auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt, wonach Spieler bei hohen Einsätzen nicht primär nur zur Unterhaltung spielen, sondern einen geldwerten Vorteil anstreben. Die Art der Spiele ("Spielautomaten", "American Roulette") untermauerte dies.
  • Abweisung des Analogieverbots-Arguments: Das Argument, Art. 1 StGB (Analogieverbot) sei verletzt, wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Bundesgericht verwies auf die Kontinuität und den gesetzgeberischen Willen zur Stärkung des Strafschutzes im Geldspielbereich.