Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Parteien: * Beschwerdeführer: A.A._ * Beschwerdegegnerin: Administration cantonale des impôts du canton de Vaud (ACI) * Weitere Beteiligte: B.A._ (Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers)
Gegenstand: Kantonale und kommunale Steuern des Kantons Waadt (ICC) sowie direkte Bundessteuer (IFD) für die Steuerperiode 2014. Die Beschwerde richtet sich gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Waadt vom 8. Juli 2024 (FI.2023.0121).
Kernfrage des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob die Steuerperiode 2014 des Beschwerdeführers in zwei Abschnitte zu fraktionieren ist, da sich seine steuerliche Anknüpfung (von beschränkter zu unbeschränkter Steuerpflicht) im Laufe des Jahres geändert hat, oder ob das Prinzip der Einheit der Steuerperiode mit einer einzigen Veranlagungsverfügung anzuwenden ist. Insbesondere geht es um die Auswirkungen auf die Bestimmung des Steuersatzes, unter Berücksichtigung der vor dem Umzug in die Schweiz erzielten Einkommen.
I. Sachverhalt und Vorinstanzliches Verfahren
Der Beschwerdeführer A.A._ und seine damalige Ehefrau B.A._ waren seit den 2000er-Jahren Miteigentümer einer Liegenschaft im Kanton Waadt. B.A._ meldete ihren Wohnsitz in der Gemeinde U._ am 18. August 2011 an, während A.A.__ bis zum 28. Februar 2014 in Frankreich seinen Hauptwohnsitz hatte und erst am 1. März 2014 seinen Wohnsitz in der Waadt anmeldete.
Am 8. Juni 2015 reichten die Eheleute ihre Steuererklärung für die Steuerperiode 2014 ein. Das zuständige Steueramt veranlagte sie am 24. Dezember 2015 für das Jahr 2014. Eine dagegen erhobene Einsprache vom 5. Januar 2016 wurde von der ACI erst am 8. September 2023 abgewiesen. Das Waadtländer Kantonsgericht (Cour de droit administratif et public, CDAP) wies am 8. Juli 2024 die hiergegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers ab.
Der Beschwerdeführer beantragt vor Bundesgericht im Wesentlichen die Rückweisung der Sache an die ACI, um eine Neuberechnung der Steuer für 2014 vorzunehmen. Er fordert, dass die Steuerperiode 2014 in zwei Perioden (1. Januar bis 28. Februar 2014 und 1. März bis 31. Dezember 2014) unterteilt und die Steuer für ihn und seine Ex-Ehefrau getrennt berechnet wird.
II. Ausführungen des Bundesgerichts
1. Prozessuale Vorfragen (Zulässigkeit und Prüfungsumfang) Das Bundesgericht wies zunächst verschiedene prozessuale Anträge und Rügen des Beschwerdeführers ab: * Öffentliche Verhandlung: Der Antrag auf öffentliche Verhandlung wurde abgelehnt, da die Garantien von Art. 6 EMRK in rein steuerrechtlichen Verfahren nicht gelten und Art. 58 Abs. 1 BGG keinen Anspruch auf eine öffentliche Beratung verleiht (E. 1.1). * Rüge der Sachverhaltsfeststellung: Die Rüge, dass das in Frankreich erzielte Einkommen falsch berücksichtigt worden sei, wurde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer konnte keine offensichtliche Ungenauigkeit nach Art. 97 Abs. 1 BGG aufzeigen, und der Bezug auf ein früheres Urteil betreffend die AVS-Beiträge seiner Ex-Ehefrau war irrelevant (E. 3). * Aktenedition: Der Antrag auf Edition zweier Dokumente wurde abgelehnt, da diese nicht relevant für das vorliegende Verfahren waren (E. 4). * Formelle Rügen (Rechtsverweigerung, Rüge der Nichteinhaltung des Beschleunigungsgebots): Diese wurden ebenfalls abgewiesen. Das Kantonsgericht habe sich ausreichend zu den relevanten Rügen geäussert (E. 6.2 ff.).
2. Massgebende Rechtsgrundlagen (IFD) Das Bundesgericht legte die relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (LIFD) dar: * Persönliche und wirtschaftliche Zugehörigkeit: Art. 3 Abs. 1 LIFD begründet die unbeschränkte Steuerpflicht bei steuerrechtlichem Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz. Art. 6 Abs. 1 und 2 LIFD unterscheiden zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht (bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit, z.B. durch eine Liegenschaft). * Satzbestimmung bei Teilstuerpflicht (Art. 7 Abs. 1 LIFD): Diese zentrale Bestimmung sieht vor, dass Personen, die nur teilweise steuerpflichtig sind, dem Satz unterliegen, zu dem ihr Einkommen und Vermögen besteuert würden, wenn alle Elemente in der Schweiz steuerbar wären. Diese Norm gilt sowohl für beschränkt Steuerpflichtige als auch für unbeschränkt Steuerpflichtige mit nicht steuerbaren ausländischen Einkommen. Sie gilt jedoch nicht für definitiv an der Quelle besteuerte Personen (z.B. Grenzgänger), die nach dem Einzelbetrachtungsprinzip besteuert werden (E. 7.2). * Beginn und Ende der Steuerpflicht (Art. 8 LIFD): Die Steuerpflicht beginnt am Tag der Wohnsitznahme oder des Beginns des Aufenthalts in der Schweiz bzw. am Tag des Erwerbs eines steuerbaren Elements in der Schweiz. Sie endet entsprechend (E. 7.3). * Steuerperiode und Annualisierung (Art. 40 LIFD): Die Steuerperiode ist das Kalenderjahr (Abs. 1). Sind die Voraussetzungen der Steuerpflicht nur während eines Teils der Steuerperiode erfüllt, wird die Steuer auf den während dieser Periode erzielten Einkommen erhoben (Abs. 3 Satz 1). Bei periodisch fliessenden Einkommen wird der Steuersatz auf der Grundlage eines auf zwölf Monate berechneten Einkommens bestimmt (Abs. 3 Satz 2, sog. Annualisierung). Diese Regel dient der Sicherstellung der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und des Gleichbehandlungsprinzips bei progressiven Tarifen (E. 7.4).
3. Die doktrinäre Debatte zur Periodenfraktionierung bei Statuswechsel Das Bundesgericht stellte fest, dass die Lehre bezüglich der Auswirkungen einer Änderung der Anknüpfungsart (z.B. von beschränkter zu unbeschränkter Steuerpflicht) im internationalen Kontext innerhalb derselben Steuerperiode uneinig ist: * Befürworter der Fraktionierung: Eine Mehrheit der Autoren befürwortet die Fragmentierung der Steuerperiode. Sie argumentieren, dass die Änderung der Steuerpflicht ein Ende der einen und einen Beginn der anderen Anknüpfungsart darstellt, was eine separate Besteuerung erfordere. Die beschränkte Steuerpflicht sei subsidiär zur unbeschränkten Steuerpflicht. Eine Fragmentierung würde der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation besser Rechnung tragen und Über- oder Unterbesteuerung vermeiden. Als Beispiel wird die Tessiner Praxis genannt (E. 7.5.1). * Gegner der Fraktionierung: Ein Autor argumentiert, dass die Fragmentierung der Steuerperiode zu einer Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips führe und eine einzige Veranlagung nach den Grundsätzen der internationalen Zuteilung angezeigt sei (E. 7.5.2). * Kontinuität: Andere Autoren sehen keine Einwände, eine Änderung der Anknüpfung als Beginn oder Ende der Steuerpflicht zu behandeln (E. 7.5.3).
4. Interkantonales Steuerrecht und Abgrenzung zum internationalen Kontext Das Bundesgericht verwies auf Art. 4b des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG), der das Prinzip der Einheit der Steuerperiode für das interkantonale Verhältnis (Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz) festschreibt. Dieses Prinzip soll die Verfahren vereinfachen und eine Fragmentierung der Steuerperiode vermeiden. Allerdings schliesst es nicht aus, die Dauer einer wirtschaftlichen Zugehörigkeit für die Aufteilung der steuerbaren Elemente zwischen den Kantonen zu berücksichtigen. Auch hier wird die Tessiner Praxis erwähnt, die bei einem Umzug innerhalb des Kantons eine Fraktionierung vornimmt, wenn zuvor eine beschränkte Steuerpflicht bestand (E. 7.6).
5. Würdigung der Argumente der Vorinstanz durch das Bundesgericht Die Vorinstanz hatte die einheitliche Besteuerungspraxis der ACI, die sich auf das Prinzip der Einheit der Steuerperiode stützt, bestätigt und dies damit begründet, dass Art. 40 Abs. 3 LIFD nur bei Fehlen jeglicher Steuerpflicht während eines Teils der Periode gelte. Die Satzbestimmung sei auf der Grundlage der tatsächlich erzielten Einkommen (global) vorzunehmen, was nicht zu einer Mehrbelastung führe. Auch die Doppelbesteuerungsabkommen (CDI CH-FR) würden eine Satzbestimmung basierend auf einem globalen Einkommen zulassen. Zudem sei Art. 7 Abs. 1 LIFD anwendbar, da der Beschwerdeführer der ordentlichen Besteuerung unterliege (E. 8.1).
6. Bundesgerichtliche Beurteilung – Kern der Entscheidung
Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat. * DBA CH-FR und Gutglaubensprinzip: Die Rügen des Beschwerdeführers bezüglich des DBA und des Gutglaubensprinzips (angeblich irreführende Informationen auf der ACI-Website) wurden abgewiesen, da keine konkreten Zusicherungen vorlagen und die Auslegung des DBA durch die Vorinstanz korrekt war (E. 9.1.1 f.). * Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 1 LIFD: Das Gericht stellte klar, dass Art. 7 Abs. 1 LIFD sehr wohl auch für den Beschwerdeführer gilt, da er der ordentlichen Besteuerung unterliegt und die Norm die Satzbestimmung bei Teilsteuerpflicht (nicht nur beschränkter Steuerpflicht) regelt. Das Urteil 9C_676/2022 betreffend quellenbesteuerte Grenzgänger sei für seinen Fall nicht relevant (E. 9.1.3). * Zirkular Nr. 30: Das Zirkular Nr. 30 der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) ist nicht bindend und regelt den spezifischen Fall des Statuswechsels innerhalb einer Steuerperiode nicht (E. 9.1.4).
6.1. Entscheidung für die Periodenfraktionierung: Das Bundesgericht entschied, dass die Periodenfraktionierung die adäquatere Lösung für den vorliegenden Fall darstellt (E. 9.3.1). * Fehlende gesetzliche Grundlage für die Einheit im internationalen Kontext: Weder LIFD noch StHG regeln ausdrücklich die Situation einer Änderung der Anknüpfungsart im internationalen Kontext. Art. 4b StHG betrifft nur interkantonale Verhältnisse (E. 9.2.1, 9.4.3). * Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Gleichbehandlung (Art. 127 Abs. 2 BV): Die Annualisierung nach Art. 40 Abs. 3 LIFD (basierend auf der Fragmentierung) reflektiert die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen besser. Obwohl eine Annualisierung ein "fiktives" Einkommen zugrunde legt, kommt sie der Realität näher und gewährleistet eine gerechtere Behandlung im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die das gesamte Jahr in der Schweiz wohnhaft sind und ausschliesslich Schweizer Einkommen beziehen. Eine einzige jährliche Veranlagung, die Schweizer und ausländische Effektiv-Einkommen berücksichtigt, kann zu Über- oder Unterbesteuerung führen, da sie die Monate, in denen keine Schweizer Einkommen erzielt wurden, nicht adäquat berücksichtigt (E. 9.3.1 f.). * Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit: Die Fragmentierung bietet für neu aus dem Ausland zuziehende Personen eine höhere Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit hinsichtlich ihrer Steuerlast (E. 9.3.2). * Subsidiarität der beschränkten Steuerpflicht: Die beschränkte Steuerpflicht wird durch die unbeschränkte "absorbiert", sobald der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in der Schweiz nimmt. Dies impliziert einen klaren Beginn und ein Ende der jeweiligen Anknüpfung (E. 9.3.2). * Prozedurale Vereinfachung kein hinreichendes Argument: Obwohl die Einheit der Steuerperiode prozedurale Vorteile bieten mag, rechtfertigt dies nicht die Missachtung der Prinzipien der Legalität, Gleichbehandlung und Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Da ohnehin zwei Berechnungen (IFD und ICC) erforderlich sind, ist der Vereinfachungsgedanke in diesem Kontext weniger relevant (E. 9.4.1 f.). * Analogie zum Todesfall: Das Gericht zog die Analogie zu Art. 42 Abs. 3 LIFD (Todesfall eines Ehegatten), wo ausdrücklich zwei Veranlagungen und die Annualisierung vorgesehen sind, um der wirtschaftlichen Realität besser Rechnung zu tragen (E. 9.2.2). * Anwendung auf den konkreten Fall: Das Bundesgericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer und seine Ex-Ehefrau im Januar und Februar 2014 in verschiedenen Staaten wohnten, obwohl sie eine Hausgemeinschaft bildeten. Die Zirkular Nr. 30 sieht in solchen Fällen explizit eine separate Besteuerung vor. Daher müssen die Perioden fraktioniert werden (E. 9.4.3).
6.2. Schlussfolgerung zum IFD: Die Vorinstanz hat Bundesrecht verletzt, indem sie den Steuersatz auf der Grundlage einer einzigen jährlichen Veranlagung unter Berücksichtigung aller in der Schweiz und Frankreich erzielten Einkommen des Beschwerdeführers festgesetzt hat. Stattdessen hätte die Steuerperiode fraktioniert und zwei separate Veranlagungen vorgenommen werden müssen, da der Beschwerdeführer von einer beschränkten zu einer unbeschränkten Steuerpflicht wechselte. Dies bedeutet: * 1. Januar bis 28. Februar 2014: Getrennte Besteuerung der Ex-Eheleute. Für den Beschwerdeführer (beschränkt steuerpflichtig) ist nur das Schweizer Liegenschaftseinkommen steuerbar. Für die Ex-Ehefrau (unbeschränkt steuerpflichtig) werden ihre Schweizer Einkommen und zur Satzbestimmung die französischen Einkommen des Beschwerdeführers berücksichtigt. * 1. März bis 31. Dezember 2014: Gemeinsame Besteuerung der Ex-Eheleute als unbeschränkt Steuerpflichtige in der Schweiz. Hierbei ist Art. 40 Abs. 3 LIFD (Annualisierung der periodischen Einkünfte für die Satzbestimmung) anzuwenden.
7. Kantonale und kommunale Steuern (ICC) Die Waadtländer Gesetzgebung (Art. 7 Abs. 1 LI/VD und Art. 79 Abs. 2 LI/VD) weist hinsichtlich der Satzbestimmung bei Teilstuerpflicht und der Annualisierung von Einkommen bei Änderung der Steuerpflicht Parallelen zu den Bundesrechtsnormen (Art. 7 Abs. 1 LIFD und Art. 40 Abs. 3 LIFD) auf. Das Bundesgericht wendete daher dieselbe Argumentation an: Die Periodenfraktionierung und die Anwendung des Annualisierungsprinzips sind auch für die kantonalen und kommunalen Steuern der Waadt für das Jahr 2014 geboten (E. 10).
III. Ergebnis und Kosten
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die kantonalen und kommunalen Steuern gut. Das Urteil des Kantonsgerichts Waadt vom 8. Juli 2024 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Administration cantonale des impôts des Kantons Waadt zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 2'000 werden dem Kanton Waadt auferlegt. Die Frage der Kosten und Entschädigungen für das vorinstanzliche Verfahren wird zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht Waadt zurückgewiesen. Dem unvertretenen Beschwerdeführer wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Wesentliche Punkte der Zusammenfassung: