Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (6B_251/2025, 6B_253/2025 vom 6. August 2025) detailliert zusammen.
Bundesgericht, Urteil 6B_251/2025, 6B_253/2025 vom 6. August 2025
I. Sachverhalt
Das Bundesgericht hatte über zwei Beschwerden der Ex-Eheleute A.A._ (Beschwerdeführer 1, nachfolgend BF1) und B.A._ (Beschwerdeführerin 2, nachfolgend BF2) zu befinden. Das kantonale Gericht des Kantons Neuenburg hatte in seinem Urteil vom 17. Dezember 2024 die erstinstanzlichen Verurteilungen wegen qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG) und im Falle von BF1 zusätzlich wegen Geldwäscherei bestätigt.
- BF1 (A.A.__): Geboren 1953, kosovarischer Staatsangehöriger mit Niederlassungsbewilligung (C-Permit), seit den späten 1970er Jahren in der Schweiz. Er bezog seit 1990 Invaliden- und Unfallversicherungsleistungen nach einem Arbeitsunfall und leidet an verschiedenen gesundheitlichen Problemen (Herzprobleme, tiefer Blutdruck, Schlafapnoe, Atemprobleme, Augenleiden, mittelschwere Spondylarthrose L4-S1, Polyneuropathie). Seine Vorstrafen umfassen eine schwere Verkehrsregelverletzung (2013, bedingte Geldstrafe) und Anstiftung zur rechtswidrigen Ein-, Aus- oder Durchreise bzw. zum rechtswidrigen Aufenthalt (2021, bedingte Geldstrafe). Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren und einer Landesverweisung von 5 Jahren verurteilt.
- BF2 (B.A.__): Geboren 1969, albanische Staatsangehörige mit abgelaufener Niederlassungsbewilligung, seit 1999 in der Schweiz. Sie lebte zwischen 2005 und 2010 mit ihrem Sohn in Albanien und arbeitete nach ihrer Rückkehr in der Schweiz als Reinigungskraft und Servicemitarbeiterin, bevor sie Sozialhilfe bezog. Das Vorstrafenregister ist leer. Sie wurde zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und einer Landesverweisung von 5 Jahren verurteilt.
- Sohn (C.A.__): Geboren 2000, wurde ebenfalls wegen qualifizierter BetmG-Widerhandlungen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren (teilweise bedingt) verurteilt, jedoch ohne Landesverweisung.
Die Straftaten:
Zwischen Januar 2015 und März 2023 waren BF1, BF2 und ihr Sohn im Rahmen einer internationalen kriminellen Organisation, die von Albanien aus agierte, professionell am Heroinhandel beteiligt. Ihre Rolle bestand darin, Gelder von albanischen Drogenverkäufern in der Schweiz (hauptsächlich im Kanton Neuenburg) einzusammeln, für die Auftraggeber bereitzuhalten und teilweise in Gebrauchtwagen nach Albanien zu überführen. BF1 leistete zudem weitere Dienste (Aufnahme von Verkäufern, Fahrzeugbereitstellung, Organisation der Rückreise). BF2 führte die Buchhaltung, las und beantwortete Nachrichten für den analphabetischen BF1 und begleitete ihn häufig bei Geldsammlungen und -transporten.
Die Ermittlungen zeigten, dass monatlich durchschnittlich 225'000 CHF gesammelt wurden, was über acht Jahre hinweg einem theoretischen Gesamtbetrag von 21.6 Mio CHF bzw. 720 kg Heroin entspricht. Für die Bemessung wurden Gelder zwischen Januar 2022 und März 2023 von 3 Mio CHF (20 kg reines Heroin) angenommen. Dem BF1 wurden 1'404'000 CHF (9.36 kg reines Heroin) und der BF2 1'305'700 CHF (8.7 kg reines Heroin) zugerechnet.
II. Rügen der Beschwerdeführer
- BF1: Verlangte primär eine Reduktion seiner Freiheitsstrafe auf maximal 4 Jahre und den Verzicht auf die Landesverweisung.
- BF2: Verlangte primär ihren Freispruch und den Verzicht auf die Landesverweisung, subsidiär eine Reduktion ihrer Freiheitsstrafe auf 3 Jahre (davon 1 Jahr bedingt).
III. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts
A. Zur Schuldigsprechung der Beschwerdeführerin 2 (B.A.__) – Sachverhaltsirrtum und Willkür
Die BF2 bestritt ihre Schuld am Betäubungsmittelhandel, indem sie sich auf einen Sachverhaltsirrtum (Art. 13 Abs. 1 StGB), Willkür in der Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 Cst.) und die Unschuldsvermutung (Art. 10 StPO, 32 Abs. 1 Cst., 14 Abs. 2 UNO-Pakt II, 6 Abs. 2 EMRK) berief. Sie gab an, das gesammelte Geld sei aus dem angeblich legitimen Gebrauchtwagenhandel ihres Ex-Mannes gestammt, und sie habe nichts von Drogenhandel gewusst.
- Grundlagen der Sachverhaltsprüfung: Das Bundesgericht ist keine Appellationsinstanz und an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, diese wurden offensichtlich unrichtig oder in Verletzung des Rechts festgestellt (Art. 97 Abs. 1 BGG), d.h. willkürlich. Appellatorische Kritik ist unzulässig. Die Unschuldsvermutung als Beweiswürdigungsregel bedeutet, dass der Richter von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt nur überzeugt sein darf, wenn objektiv keine ernsthaften, nicht bloss abstrakten oder theoretischen Zweifel bestehen. In dieser Hinsicht hat sie keine weitergehende Bedeutung als das Willkürverbot (ATF 146 IV 88 E. 1.3.1).
- Qualifizierte Widerhandlung gegen das BetmG (Art. 19 Abs. 2 BetmG): Erfordert eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn der Täter weiss oder nicht ignorieren kann, dass die Tat die Gesundheit vieler Menschen direkt oder indirekt gefährden kann. Diese objektive (Gefährdung) und subjektive (Wissen/Kennenmüssen) Bedingung sind kumulativ.
- Sachverhaltsirrtum (Art. 13 Abs. 1 StGB): Liegt vor, wenn jemand einen Sachverhaltselement einer Straftat nicht kennt oder falsch einschätzt, wodurch die Absicht zur Verwirklichung des Tatbestandes fehlt. Der Täter ist dann nach seiner irrigen Einschätzung zu beurteilen, falls diese ihm günstig ist. Ein Irrtum liegt jedoch nicht vor, wenn der Täter sich bewusst ist, dass er für die Beurteilung seines Verhaltens wichtige tatsächliche oder rechtliche Elemente ignoriert (ATF 135 IV 12 E. 2.3.1).
- Bundesgerichtliche Würdigung der Rüge der BF2: Das Bundesgericht qualifizierte die Argumentation der BF2 als appellatorisch und unzulässig. Es hielt fest, dass ihre Aussagen wenig glaubwürdig seien und im Widerspruch zu den zahlreichen Beweismitteln stünden, welche ihre aktive Beteiligung und Mittäterschaft belegten.
- Aktive Beteiligung: BF2 begleitete ihren Ex-Mann wiederholt zu Geldabholungen bei albanischen Verkäufern, die in der Schweiz verteilt waren. Der dabei angewandte, typische und leicht erkennbare Ablauf ("furtives Übergeben von Bargeld in kurzen Treffen") sowie die astronomischen Summen (233'230 CHF und 3'450 Euro in wenigen Wochen, 902'650 CHF und 5'730 Euro in vier Monaten) waren ihr bekannt, da sie selbst die detaillierte Buchhaltung führte.
- Wissenselement: Die BF2 konnte vernünftigerweise nicht annehmen, dass die monatlichen Geldsammlungen von 225'000 CHF mit einem Gebrauchtwagenhandel in Verbindung standen, der nach ihren eigenen Angaben nur 2'000 bis 3'000 CHF pro Monat einbrachte. Zudem las und beantwortete sie Nachrichten ihres Ex-Mannes von und an die albanischen Drogenhändler und begleitete ihn zu Geldtransporten nach Albanien in Fahrzeugen mit versteckten Bargeldbeständen.
- Kein Irrtum: Eine angebliche Unerfahrenheit oder Unterwerfung unter ihren Ex-Mann genügen nicht, um einen Sachverhaltsirrtum zu belegen. Das Bundesgericht sah keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung oder Verletzung von Art. 13 Abs. 1 StGB oder der Unschuldsvermutung. Die Registrierung der Fahrzeuge auf den BF1 oder BF2s Unkenntnis spezifischer Deal-Orte seien irrelevant für ihre vorsätzliche Beteiligung am Drogenhandel.
B. Zur Strafzumessung (A.A._ und B.A._)
Beide Beschwerdeführer fochten das Strafmass an.
- Grundsätze der Strafzumessung (Art. 47 StGB): Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt dabei Vorleben und persönliche Verhältnisse des Täters sowie die Wirkung der Strafe auf dessen Zukunft. Das Verschulden wird durch die Schwere der Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung, die Verwerflichkeit des Handelns, die Beweggründe und Ziele des Täters sowie die Vermeidbarkeit der Tat bestimmt. Alter und schlechter Gesundheitszustand können die Strafempfindlichkeit erhöhen, wenn die Strafe dadurch erheblich härter ausfällt als für den Durchschnitt der Verurteilten. Die Wirkung der Strafe auf die Zukunft des Verurteilten ist ein Element der Spezialprävention, das nur zu marginalen Korrekturen führen darf.
- Besonderheiten im Betäubungsmittelhandel: Neben der Drogenmenge (über 12g reines Heroin gilt als schwerer Fall gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG, ATF 145 IV 312 E. 2.1.1), sind Art und Reinheit der Droge, die Art des Handels (autonom oder in einer Organisation, Position in der Hierarchie, Umfang, internationale Dimension), die Anzahl der Operationen und die Motive (Sucht vs. reiner Bereicherungsmotiv) zu berücksichtigen.
- Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts: Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die kantonale Behörde das Strafmass ausserhalb des gesetzlichen Rahmens festgesetzt, sich auf sachfremde Kriterien gestützt, wichtige Bemessungsfaktoren nicht berücksichtigt oder die Strafe in einem Masse über- oder unterschritten hat, das einen Ermessensmissbrauch darstellt. Der Richter muss die wesentlichen Gründe für das Strafmass offenlegen (Art. 50 StGB).
Strafzumessung bei A.A.__ (Beschwerdeführer 1):
Die Vorinstanz hatte ein sehr hohes Verschulden festgestellt, aufgrund seiner entscheidenden Rolle, seiner hohen Stellung in der Organisation, seiner intensiven kriminellen Energie, der sehr grossen Mengen an Drogen und Geldern, des internationalen Charakters des Handels, seines ausreichenden legalen Einkommens (keine Notlage), der bewussten Involvierung seines Sohnes, seiner fehlenden Einsicht und Reue sowie seiner Gleichgültigkeit gegenüber der Gesundheit der Konsumenten. Die insgesamt 9 Jahre Freiheitsstrafe setzten sich aus 8 Jahren für die BetmG-Widerhandlung und 1 Jahr für Geldwäscherei zusammen.
- Alter und Gesundheitszustand: BF1 machte geltend, sein Alter (70/71 Jahre) und seine Gesundheit machten die Strafe zu einer "Todesstrafe". Das Bundesgericht bekräftigte, dass sein Alter nicht derart fortgeschritten sei, dass die Sanktion für ihn erheblich härter ausfallen würde (vgl. 6B_233/2020 E. 3.2). Der Gesundheitszustand wurde zwar von den Vorinstanzen berücksichtigt, jedoch "nur in beschränktem Masse", da die seit 1990 bestehenden Beschwerden ihn nicht daran gehindert hatten, über acht Jahre eine intensive kriminelle Tätigkeit auszuüben. Zudem habe BF1 im Strafvollzug Zugang zu adäquater medizinischer Behandlung. Die Wirkung der Strafe auf die Zukunft des Verurteilten erlaube nur marginale Korrekturen.
- Fazit: Angesichts des besonders hohen Verschuldens des BF1 ist die Freiheitsstrafe von 9 Jahren nicht übermässig streng und liegt im weiten Ermessen der Vorinstanzen. Die Rüge wurde abgewiesen.
Strafzumessung bei B.A.__ (Beschwerdeführerin 2):
Die Vorinstanz hatte eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren bestätigt. Sie berücksichtigte, dass ihre Beteiligung kürzer war (Sept. 2020 – März 2023), sie auf einer mittleren Stufe der Hierarchie agierte, aber für den Drogenfluss und Geldtransfer unerlässlich war. Sie zeigte eine "bestätigte kriminelle Energie", zögerte nicht, ihren Sohn zu kompromittieren, zeigte keine Einsicht oder Reue und handelte aus purem Bereicherungsmotiv.
- Alter und fehlende Vorstrafen: BF2 führte ihr Alter (55 Jahre) und fehlende Vorstrafen als mildernd ins Feld. Das Bundesgericht verneinte, dass Alter 55 die Strafempfindlichkeit erhöht. Das Fehlen von Vorstrafen hat gemäss ständiger Rechtsprechung eine neutrale Wirkung auf die Strafzumessung (ATF 141 IV 61 E. 6.3.2).
- Finanzieller Vorteil und Unterordnung: Entgegen BF2s Behauptung hatte sie erhebliche finanzielle Vorteile; es wurden 127'905.75 CHF an Vermögenswerten beschlagnahmt, und der hohe Lebensstandard der Familie überstieg die legalen Einkünfte. Die angebliche Unterordnung unter ihren Ex-Mann, die lediglich mit kulturellen Unterschieden begründet wurde, hielt das Gericht für wenig glaubwürdig, zumal die Eheleute seit vielen Jahren getrennt lebten.
- Fazit: Die BF2 konnte keine wesentlichen, die Strafe mildernden Punkte aufzeigen. Ihre anhaltende Bestreitung der Beteiligung zeigt zudem eine "totale fehlende Einsicht". Die Vorinstanz hat ihr Ermessen bei der Festsetzung der Freiheitsstrafe von 6 Jahren nicht missbraucht. Die Rüge wurde abgewiesen.
C. Zur Landesverweisung (A.A.__)
Nur BF1 focht die Landesverweisung an. Die Rüge der BF2, die Landesverweisung sei auf ihren Freispruch angewiesen, wurde gegenstandslos.
- Zwingende Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB): Für eine qualifizierte Widerhandlung gegen das BetmG (Art. 19 Abs. 2 BetmG) ist eine Landesverweisung von 5 bis 15 Jahren zwingend anzuordnen. BF1 erfüllt diese Voraussetzungen.
- Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB): Der Richter kann ausnahmsweise auf die Landesverweisung verzichten, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bedeuten würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung die privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Diese Bedingungen sind kumulativ und die Klausel ist restriktiv anzuwenden (ATF 146 IV 105 E. 3.4.2). Dabei sind Kriterien wie die Integration, familiäre Situation, Dauer des Aufenthalts, Gesundheitszustand und Reintegrationsmöglichkeiten im Herkunftsland zu berücksichtigen (Art. 31 Abs. 1 AIG, Art. 58a Abs. 1 AIG). Ein Härtefall liegt typischerweise vor, wenn die Landesverweisung einen erheblichen Eingriff in das durch Art. 13 Cst. und Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt.
- Art. 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben):
- Privatleben: Erfordert besonders intensive soziale und berufliche Bindungen zur Schweiz, die über eine gewöhnliche Integration hinausgehen. Die Aufenthaltsdauer ist ein Faktor, aber illegaler Aufenthalt, Gefängnis oder Duldung haben geringes Gewicht.
- Familienleben: Schützt die Kernfamilie (Eheleute, minderjährige Kinder im gemeinsamen Haushalt). Beziehungen zu erwachsenen Kindern sind nur geschützt, wenn eine über normale emotionale Bindungen hinausgehende Abhängigkeit (z.B. wegen Krankheit) besteht (ATF 144 II 1 E. 6.1). Eine Verletzung liegt nicht vor, wenn erwartet werden kann, dass die Familie ihr Leben im Ausland realisiert.
- Gesundheitszustand und Landesverweisung: Der Gesundheitszustand und die Verfügbarkeit von medizinischer Versorgung im Herkunftsstaat sind zu prüfen, um eine unverhältnismässige Massnahme zu vermeiden (ATF 145 IV 455 E. 9.1).
- Interessenabwägung (Verhältnismässigkeitsprinzip Art. 8 Abs. 2 EMRK): Bei Eingriff in Art. 8 EMRK muss die Landesverweisung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, d.h. durch ein zwingendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Kriterien sind Art und Schwere der Straftat, seit der Tat vergangene Zeit, Verhalten des Täters, Dauer des Aufenthalts und Stärke der Bindungen zum Gast- und Herkunftsland. Für Familienleben zusätzlich: Nationalität, Ehedauer, Kenntnis der Straftat bei Familiengründung, Alter der Kinder, Schwierigkeiten bei der Umsiedlung.
- "Zweijahresregel": Bei Freiheitsstrafen von zwei Jahren oder mehr sind ausserordentliche Umstände erforderlich, damit das private Interesse am Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an der Landesverweisung überwiegt.
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Anwendung auf A.A.__: Die Freiheitsstrafe von 9 Jahren überschreitet die Zweijahresregel, weshalb ausserordentliche Umstände nötig wären.
- Privates Interesse des BF1: Er war über 40 Jahre in der Schweiz und hatte ein C-Permit. Seine Integration war jedoch nicht besonders ausgeprägt (nur Bauarbeiter, dann Rentner, keine besonderen sozialen/Vereinsaktivitäten). Er pflegte enge Bindungen zu seinem Heimatland Kosovo, wo er regelmässig für kriminelle Aktivitäten, Ferien und Familienbesuche (Neffe) weilte. Er spricht fliessend Kosovarisch und würde keine Reintegrationsschwierigkeiten haben. Seine Familie in der Schweiz beschränkt sich auf seinen erwachsenen Sohn, zu dem keine über die üblichen emotionalen Bindungen hinausgehende Abhängigkeitsbeziehung besteht (Sohn ebenfalls verurteilt). Seine Ex-Frau wird ebenfalls ausgewiesen. Das Bundesgericht hielt fest, dass es zweifelhaft sei, ob der BF1 sich auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen kann, dies aber ohnehin nicht entscheidend sei, da das öffentliche Interesse sein privates Interesse überwiegt.
- Gesundheitszustand des BF1: BF1 argumentierte, seine medizinische Behandlung sei im Kosovo nicht gewährleistet und die Landesverweisung würde eine schwere persönliche Härte bedeuten, berief sich dabei auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (OSAR) von 2017. Das Bundesgericht wies dies zurück. Es verwies auf seine eigene Rechtsprechung und SEM-Berichte (Fokus Kosovo, 2017), die den fortschreitenden kosovarischen Gesundheitssystem bestätigen: es biete korrekte Basisleistungen, freien Zugang, ausreichende Versorgung und eine aktualisierte Liste essenzieller, prinzipiell kostenloser Medikamente (2023). Es gebe keine Hinweise, dass BF1s Leiden nicht adäquat behandelt werden könnten oder dass Spezialisten nicht verfügbar wären. Psychische Störungen wurden bei BF1 zudem nicht diagnostiziert. Der Gesundheitszustand wurde daher kein bestimmendes Gewicht in der Interessenabwägung beigemessen.
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Öffentliches Interesse an der Landesverweisung: Das öffentliche Interesse wurde als sehr bedeutsam eingeschätzt, angesichts der Art und Schwere der Taten des BF1. Er spielte eine Schlüsselrolle im grossen internationalen Drogenhandel, der zur Einfuhr astronomischer Mengen Heroin führte und eine totale Missachtung der schweizerischen Rechtsordnung zeigte. BF1 handelte aus reinem Bereicherungsmotiv, ohne Rücksicht auf die Gesundheit vieler Menschen in der Schweiz. Er zeigte während des gesamten Verfahrens weder Einsicht noch Reue, was seine fehlende Bereitschaft zur Resozialisierung unterstreicht. Die Drogenmenge (9.36 kg reines Heroin) übersteigt das 780-fache des Schwellenwerts für einen schweren Fall.
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Fazit: Das kantonale Gericht hat das Bundes- und Konventionsrecht nicht verletzt, indem es das öffentliche Interesse an der Landesverweisung des BF1 als überragend gegenüber dessen privatem Interesse einschätzte. Da eine der kumulativen Bedingungen der Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB) nicht erfüllt ist, ist die Landesverweisung von fünf Jahren (Mindestdauer) zu bestätigen. Die Rüge wurde abgewiesen.
IV. Fazit
Die Beschwerden der Beschwerdeführer 1 und 2 wurden, soweit sie zulässig waren, abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden den Beschwerdeführern auferlegt.
Kurzusammenfassung der wesentlichen Punkte:
- Verurteilung der BF2 bestätigt: Die Beschwerdeführerin 2 (B.A.__) wurde wegen schwerer Betäubungsmitteldelikte verurteilt. Ihre Argumente eines Sachverhaltsirrtums und mangelnder Kenntnis des Drogenhandels wurden als unglaubwürdig und appellatorisch zurückgewiesen, da ihre aktive und bewusste Beteiligung durch zahlreiche Indizien (Geldabholungen, Buchhaltung, Kommunikation mit Drahtziehern, Geldtransporte) klar belegt war.
- Strafzumessung bestätigt: Die Freiheitsstrafen von 9 Jahren für BF1 (A.A.__) und 6 Jahren für BF2 wurden bestätigt. Alter und Gesundheitszustand der Beschwerdeführer wurden bei der Strafzumessung berücksichtigt, aber aufgrund ihres sehr hohen Verschuldens, der intensiven kriminellen Energie und der langjährigen Dauer der Taten nicht als ausreichend mildernd erachtet, um eine Reduktion zu rechtfertigen. Die medizinische Versorgung des BF1 im Strafvollzug sei zudem gewährleistet.
- Landesverweisung des BF1 bestätigt: Die zwingende Landesverweisung von 5 Jahren für BF1 wurde aufrechterhalten. Die Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB) wurde verneint. Obwohl BF1 lange in der Schweiz lebte, überwog sein privates Interesse am Verbleib das sehr starke öffentliche Interesse an seiner Ausweisung aufgrund der extremen Schwere der Drogenvergehen (9.36 kg reines Heroin, 780-fache der Mindestmenge für einen schweren Fall), seines reinen Bereicherungsmotivs und seiner fehlenden Einsicht. Der Gesundheitszustand wurde dabei nicht als ausschlaggebendes Hindernis für die Reintegration im Kosovo gewertet, da das dortige Gesundheitssystem als ausreichend erachtet wurde.