Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_1014/2023 vom 24. Juli 2025

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Im Urteil 6B_1014/2023 vom 24. Juli 2025 hat das Schweizerische Bundesgericht die Beschwerde von A.__, dem Beschwerdeführer, abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Das Bundesgericht bestätigte die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Obergericht des Kantons Zürich wegen gewerbsmässigen Betrugs sowie mehrfacher Urkundenfälschung und befasste sich zudem mit dessen Beanstandungen bezüglich der Kostenfolgen einer Yachtbeschlagnahme.

I. Sachverhalt und vorinstanzliche Verurteilung

Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A.__ im Wesentlichen wegen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung (Gebrauch unwahrer Urkunden) zu einer teilbedingten Freiheits- und Geldstrafe. Dem Urteil lag folgender, vom Bundesgericht als verbindlich übernommener Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer A._ war Verwaltungsratspräsident, (Mit-)Geschäftsführer und 50-prozentiger Aktieneigentümer der G._ AG. Er wirkte massgeblich an sogenannten "Funding Commitment-Geschäften" mit, die die Finanzierung von Unternehmensprojekten zum Ziel hatten. Die G.__ AG agierte dabei als Zeichnerin und "Market Maker".

Zwischen Mai und August 2011 schloss der Beschwerdeführer als Vertreter der G._ AG mit drei finanzierungssuchenden Gesellschaften (H._ Inc., I._ Inc., J._ Inc.) "Funding Commitments" ab. Diese Vereinbarungen sahen vor, dass die Finanzierungssuchenden eine "Underwriting Fee" (Vorauszahlungsgebühr) an die G._ AG entrichten mussten, um die Finanzierung zu erhalten und die Leistungen abzugelten. Diese Gebühren, die in der Regel 4 % der Finanzierungssumme betrugen und sich auf erhebliche Summen (z.B. USD 400'000.-, USD 500'000.-, USD 1.2 Mio.) beliefen, waren im Voraus zu zahlen. Für den Fall, dass die G._ AG die Finanzierung nicht zustande bringen sollte, verpflichtete sie sich (und teilweise der Beschwerdeführer persönlich), die Vorauszahlungsgebühren vollumfänglich und ohne Abzüge zurückzuerstatten.

Die G._ AG verfügte jedoch über keine wesentlichen Vermögenswerte und war keine etablierte Gesellschaft im Finanzmarkt. Sie wurde den Finanzierungssuchenden gegenüber fälschlicherweise als kapitalstark dargestellt, insbesondere mittels zweier unwahrer schriftlicher Bestätigungen der Banken L._ und M._. Die Vorauszahlungsgebühren wurden nach Eingang bei der G._ AG umgehend unter dem Beschwerdeführer (der insgesamt USD 170'000.- erhielt) und weiteren Beteiligten ("Amerikaner") aufgeteilt. Der Beschwerdeführer und die anderen Beteiligten waren weder willens, die Gebühren für den vorgesehenen Zweck zu verwenden, noch diese zurückzuerstatten. Die G.__ AG war mangels Kapitals auch nicht in der Lage, Rückerstattungen zu leisten. Es kam in der Folge weder zu den versprochenen Finanzierungen noch zu einer Rückzahlung der Gebühren.

II. Die massgebenden Punkte und rechtlichen Argumente des Bundesgerichts

Das Bundesgericht beurteilte die Rügen des Beschwerdeführers in drei Hauptbereichen: den Schuldspruch wegen gewerbsmässigen Betrugs, den Schuldspruch wegen mehrfacher Urkundenfälschung und die Kostenfolge der Yachtbeschlagnahme.

1. Schuldspruch wegen gewerbsmässigen Betrugs (Art. 146 StGB)

Der Beschwerdeführer rügte den Schuldspruch wegen gewerbsmässigen Betrugs in sachverhaltlicher und rechtlicher Hinsicht. Er machte geltend, die Vorauszahlungsgebühren seien nicht zweckgebunden gewesen, ein Wille zur Erfüllung der Verträge habe stets bestanden, und mangels Erfüllung vertraglicher Pflichten durch die Finanzierungssuchenden sei kein Rückzahlungsanspruch entstanden. Auch bestritt er seine Kenntnis von der fehlenden Rückzahlungsfähigkeit der G.__ AG und die Echtheit bzw. Relevanz der Bankbestätigungen. Er behauptete zudem, keine arglistige Täuschung begangen zu haben und seine Bereicherung sei falsch berechnet worden.

1.1. Rechtliche Grundlagen des Betrugs Das Bundesgericht erinnert an die Tatbestandsmerkmale des Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB: arglistige Irreführung oder Bestärkung im Irrtum durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen, in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung, die zu einem vermögensschädigenden Verhalten des Irrenden führt. Vorsatz (Art. 12 Abs. 2 StGB) und Eventualvorsatz (BGE 147 IV 349 E. 7.3.1) werden erläutert. Bezüglich der Sachverhaltsfeststellung verweist das Bundesgericht auf Art. 105 Abs. 1 BGG und die eingeschränkte Prüfungsbefugnis bei Willkür (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1). Die qualifizierte Rügepflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG wird betont. Der Grundsatz "in dubio pro reo" hat vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung.

1.2. Würdigung der Rügen durch das Bundesgericht Das Bundesgericht weist die Kritik des Beschwerdeführers als unbegründet ab, soweit sie den formellen Anforderungen genügt:

  • Zweckgebundenheit der Vorauszahlungsgebühren: Die Vorinstanz habe willkürfrei festgestellt, dass die Vorauszahlungsgebühren zweckgebunden waren, was sich aus den "Funding Commitments" ergebe. Die rasche, zweckwidrige Übertragung der Gelder auf den Beschwerdeführer und die weiteren Beteiligten untermauere diese Annahme.
  • Täuschung über den Leistungswillen und die Leistungsfähigkeit: Die Annahme einer Täuschung über den Vertragsbindungswillen der G._ AG sei nicht willkürlich. Die zweckwidrige Abzweigung der Gebühren, die Verwendung gefälschter Unterlagen, das Ausbleiben von Finanzierungen und Rückzahlungen sowie die fehlenden Eigenmittel der G._ AG begründen dies. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Finanzierungssuchenden hätten ihren Informationspflichten nicht genügt, sei irrelevant, da die Zweckentfremdung der Gebühren unmittelbar nach deren Eingang erfolgte, also bevor die Erfüllung etwaiger Informationspflichten überhaupt geprüft werden konnte.
  • Umgang mit den falschen Bankbestätigungen (L._ und M._): Das Bundesgericht bestätigt die willkürfreie Feststellung der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer das Schreiben der Bank L._ selbst angefordert ("As for your request...") und dieses zusammen mit der Bestätigung der Bank M._ zur Täuschung über die finanzielle Leistungsfähigkeit der G.__ AG verwendet wurde. Der Beschwerdeführer habe die E-Mails umgehend an die "Amerikaner" weitergeleitet, um damit Finanzierungsnachweise zu erbringen und die Rückzahlungsfähigkeit vorzutäuschen. Seine Einwände, die Dokumente hätten keine täuschenden Elemente enthalten oder seien nicht für diese Transaktionen relevant gewesen, seien appellatorischer Natur und würden vom verbindlichen Sachverhalt abweichen, ohne Willkür darzulegen.
  • Subjektiver Tatbestand (Vorsatz und Arglist): Das Bundesgericht bekräftigt die vorinstanzliche Annahme von (eventual-)vorsätzlichem und arglistigem Handeln. Der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer und Vertreter der G.__ AG, die die Verträge abschloss und die unwahren Bankbestätigungen selbst beschaffte und übermittelte, mit Wissen und Willen gehandelt. Die Behauptung, "nicht alles wissen zu müssen", entlaste ihn nicht. Direkter Vorsatz bezüglich der Bankbestätigungen und mindestens Eventualvorsatz bezüglich der weiteren Falschinformationen der "Amerikaner" sei gegeben.
  • Berechnung der Bereicherung: Die vom Beschwerdeführer gerügte falsche Berechnung seiner Bereicherung wird zurückgewiesen, da sie auf der unzutreffenden Annahme einer fehlenden Zweckgebundenheit der Vorauszahlungsgebühren beruhte. Angesichts der festgestellten Zweckbindung konnten die Gelder nicht zur Tilgung angeblich bestehender Schulden verwendet werden.

2. Schuldspruch wegen mehrfacher Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB)

Der Beschwerdeführer monierte, seine Täterschaft sei zu Unrecht bejaht worden. Er wiederholte seine Kritikpunkte bezüglich der Bankbestätigungen und rügte eine Verletzung des Anklagegrundsatzes.

2.1. Rechtliche Grundlagen der Urkundenfälschung Gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB macht sich der Urkundenfälschung schuldig, wer u.a. eine Urkunde fälscht, verfälscht oder eine unwahre Urkunde dieser Art zum Zwecke der Täuschung gebraucht.

2.2. Würdigung der Rügen durch das Bundesgericht Das Bundesgericht bestätigt auch hier die vorinstanzliche Verurteilung. Die Bankbestätigungen, die unwahre Angaben über die finanzielle Situation der G.__ AG enthielten, wurden als tatbestandsmässige qualifizierte schriftliche Lügen beurteilt. Der Beschwerdeführer hat diese angefordert und an die "Amerikaner" weitergeleitet, damit sie als Finanzierungsnachweis dienen und über die Rückzahlungsfähigkeit täuschen konnten, was als mittäterschaftliches Handeln qualifiziert wurde. Mit seinen Rügen, die bereits beim Betrugstatbestand vorgebracht wurden, vermag der Beschwerdeführer keine Willkür oder Rechtsverletzung darzutun. Auch die Rüge einer Verletzung des Anklagegrundsatzes wurde nicht substantiiert.

3. Kostenfolge bezüglich der beschlagnahmten Yacht (Art. 422 Abs. 2 und Art. 426 Abs. 3 lit. a StPO)

Schliesslich beanstandete der Beschwerdeführer die Kosten von Fr. 76'101.25 für die Beschlagnahme, Aufbewahrung und den Unterhalt der Yacht seiner Ehefrau. Er argumentierte, diese Kosten seien keine "Auslagen" gemäss Art. 422 Abs. 2 StPO und seien auf eine fehlerhafte Verfahrenshandlung der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, weshalb sie gemäss Art. 426 Abs. 3 lit. a StPO nicht ihm anzulasten seien. Er kritisierte insbesondere das Nutzungsverbot und die geforderte hohe Sicherheitsleistung.

3.1. Rechtliche Grundlagen der Verfahrenskosten Das Bundesgericht verweist auf die Pflicht der Strafbehörden zur sachgemässen Aufbewahrung beschlagnahmter Gegenstände (Art. 266 Abs. 2 StPO; BGE 148 IV 74 E. 3.1). Verfahrenskosten setzen sich aus Gebühren und Auslagen zusammen (Art. 422 Abs. 1 StPO), wobei die Liste der Auslagen in Art. 422 Abs. 2 StPO nicht abschliessend ist (BGE 141 IV 465 E. 9.5.1). Die beschuldigte Person trägt die Verfahrenskosten bei Verurteilung, es sei denn, der Staat hat sie durch unnötige oder fehlerhafte Verfahrenshandlungen verursacht (Art. 426 Abs. 1 und 3 lit. a StPO).

3.2. Würdigung der Rügen durch das Bundesgericht Das Bundesgericht weist die Rügen des Beschwerdeführers zurück:

  • Klassifizierung der Kosten als Auslagen: Das Bundesgericht hält fest, dass die Aufbewahrungs- und Unterhaltskosten der Yacht durch die Beschlagnahme bedingt und somit kausal mit dem Strafverfahren verbunden sind. Da die Kapazitäten der Strafverfolgungsbehörden für die professionelle Wartung der Yacht überschritten wurden und eine externe Stelle beauftragt werden musste, handelte es sich um rechtmässige Auslagen gemäss Art. 422 Abs. 2 StPO. Die Auflistung in dieser Bestimmung ist nicht abschliessend.
  • Fehlerhafte Verfahrenshandlung der Staatsanwaltschaft: Eine fehlerhafte Verfahrenshandlung der Staatsanwaltschaft wird verneint. Die Staatsanwaltschaft hat zeitnah (innerhalb eines Monats nach Beschlagnahme) die Freigabe der Yacht gegen eine Sicherheitsleistung von Fr. 500'000.- angeboten. Der Beschwerdeführer vermochte nicht substanziiert darzulegen, dass er diese Sicherheit wegen fehlender Barmittel nicht leisten konnte oder dass die geforderte Sicherheit unangemessen hoch war. Es wird darauf verwiesen, dass später (Juni 2014) andere Sicherheiten (Inhaber-Schuldbriefe) akzeptiert wurden. Das Nutzungsverbot war eine legitime Folge der Beschlagnahme.

4. Weitere Rügen

Weitere unspezifische Rügen des Beschwerdeführers, etwa zur Strafzumessung betreffend die Höhe der Tagessätze oder die Bekanntgabe von Informationen an die Medien durch die Staatsanwaltschaft, wurden als unsubstantiiert oder irrelevant abgewiesen.

III. Schlussfolgerung

Das Bundesgericht weist die Beschwerde in allen relevanten Punkten ab. Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen, sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen.

IV. Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

  • Bestätigung der Schuldsprüche: Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung wegen gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung.
  • Arglistige Täuschung und Vorsatz: Die Täuschung über den Leistungswillen und die Leistungsfähigkeit der G.__ AG mittels unwahrer Bankbestätigungen und die zweckwidrige Verwendung der Vorauszahlungsgebühren wurden als arglistig und vorsätzlich begangen befunden. Die Rügen des Beschwerdeführers, insbesondere zur Zweckgebundenheit der Gebühren und seiner Kenntnis der falschen Angaben, wurden als unbegründet abgewiesen.
  • Urkundenfälschung: Die Verwendung der unwahren Bankbestätigungen durch den Beschwerdeführer als "qualifizierte schriftliche Lüge" wurde als mittäterschaftliche Urkundenfälschung bestätigt.
  • Kosten der Beschlagnahme: Die Aufbewahrungs- und Unterhaltskosten der Yacht wurden als rechtmässige Auslagen des Strafverfahrens qualifiziert. Eine fehlerhafte Verfahrenshandlung der Staatsanwaltschaft, die den Beschwerdeführer von der Kostentragung entlasten würde, wurde verneint, da die Staatsanwaltschaft zeitnah eine Freigabe der Yacht gegen Sicherheit angeboten hatte.