Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_721/2024 vom 5. August 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Bundesgerichtsentscheids 1C_721/2024 vom 5. August 2025

1. Einleitung und Parteien Das Urteil betrifft die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG) von A.__, einem deutschen Staatsangehörigen, gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 23. Oktober 2024. Gegenstand des Verfahrens ist die Aberkennung seines ausländischen Führerausweises nach einer erneuten Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (SVG).

2. Sachverhalt und Vorverfahren Der Beschwerdeführer A.__ hatte bereits eine Aberkennung seines ausländischen Führerausweises von der Staatsanwaltschaft Schaffhausen erhalten (Verfügung vom 14. Oktober 2022) aufgrund einer mittelschweren Widerhandlung gegen das SVG für den Zeitraum vom 1. Februar bis 28. Februar 2023.

Am 5. Februar 2023, d.h. während dieser Entzugsdauer, wechselte A.__ auf dem Hafenareal in Romanshorn auf den Fahrsitz seines Autos und lenkte es über eine Distanz von ca. 10-15 Metern in Richtung einer Fähre. Dies geschah, weil seine Lebenspartnerin, die ihn zuvor gefahren hatte, einen Zug erreichen musste. Er wurde dabei von einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit kontrolliert.

Die Staatsanwaltschaft Bischofszell verurteilte A.__ daraufhin mit Strafbefehl vom 6. März 2023 wegen Fahrens ohne Berechtigung (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG) zu einer Geldstrafe. Dieser Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft.

Gestützt auf diesen Vorfall verfügte das Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau (SVA) am 26. Oktober 2023 eine weitere Aberkennung des Führerausweises für alle Kategorien für die Dauer von sechs Monaten, vom 25. April 2024 bis 24. Oktober 2024.

Gegen diese Verfügung legte A.__ Rekurs bei der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau ein, die ihn am 6. März 2024 abwies. Eine weitere Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wurde am 23. Oktober 2024 ebenfalls abgewiesen.

3. Prozessuale Aspekte vor Bundesgericht Das Bundesgericht prüfte zunächst die Eintretensvoraussetzungen. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG).

Ein zentraler prozessualer Punkt war das Nichteintreten des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau auf die Beschwerde von A.__ wegen verspäteter Leistung des Kostenvorschusses. Das Verwaltungsgericht hatte jedoch eine Eventualbegründung abgegeben, wonach der Beschwerdeführer materiellrechtlich ohnehin unterlegen wäre. Das Bundesgericht hielt fest, dass es in solchen Konstellationen aus prozessökonomischen Gründen die materielle Rechtslage beurteilt, wenn die Eventualbegründung zutrifft, selbst wenn das Nichteintreten zu Unrecht erfolgte (BGE 139 II 233 E. 3.2). Im vorliegenden Fall verzichtete das Bundesgericht darauf, die Frage der Rechtmässigkeit des Nichteintretensentscheids (und die damit verbundene Rüge der Willkür bei der Beweiswürdigung bezüglich des Poststempels) zu prüfen, da die Beschwerde aus materiellrechtlichen Gründen ohnehin abzuweisen sei.

Das Bundesgericht lehnte ferner die Berücksichtigung von echten Noven ab. Der Beschwerdeführer hatte E-Mails eingereicht, die vor dem angefochtenen Urteil datierten und bereits der Vorinstanz hätten vorgelegt werden können. Die damit verbundenen Behauptungen, er habe aufgrund mangelhafter Kommunikation zu Unrecht auf das Fahren verzichtet, wurden als unbeachtlich erklärt, zumal seinem Rechtsvertreter die Konsequenzen der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde bekannt sein sollten. Auch auf das Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers, die Nichtaberkennung des Führerausweises festzustellen, wurde mangels schutzwürdigen Interesses nicht eingetreten, da dies bei Gutheissung des Hauptbegehrens hinfällig wäre (Art. 137 II 199 E. 6.5).

4. Materielle Prüfung und rechtliche Begründung des Bundesgerichts

4.1. Würdigung der Widerhandlung Der Beschwerdeführer rügte, der Entzug sei unverhältnismässig und treuwidrig, da er nur eine sehr kurze Distanz gefahren sei, um seiner Lebenspartnerin das pünktliche Erreichen des Zugs zu ermöglichen, und er sich stets rechtskonform verhalten habe.

Das Bundesgericht verwies auf den unangefochtenen Strafbefehl vom 6. März 2023, der rechtskräftig wegen Fahrens ohne Berechtigung (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG) ergangen war. Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Verwaltungsbehörde an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils – auch eines Strafbefehls – gebunden, es sei denn, es lägen dem Strafgericht unbekannte Tatsachen vor, zusätzliche Beweise wurden erhoben oder nicht alle Rechtsfragen geklärt (BGE 137 I 363 E. 2.3.2; 123 II 97 E. 3c/aa).

Das Bundesgericht bestätigte die Vorinstanz, wonach A.__ durch sein unbestrittenes Verhalten eine schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. f SVG begangen hat. Dies gelte auch für das Zurücklegen einer kurzen Distanz; bereits die Betätigung der Zündung mit Fahrabsicht kann ausreichen (Urteil 1C_171/2015 E. 3). Die Begründung des Beschwerdeführers, er habe seiner Freundin helfen wollen, rechtfertigt die Widerhandlung nicht und schliesst das Verschulden nicht aus. Die Voraussetzungen der strafrechtlichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe (Art. 17 bzw. Art. 19 StGB) seien offensichtlich nicht erfüllt. Damit sei die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich immer rechtskonform verhalten, in dieser Hinsicht nicht zutreffend.

4.2. Die Unabdingbarkeit der Mindestentzugsdauer Der Kern der Argumentation des Beschwerdeführers zielte darauf ab, die gesetzlich vorgesehene Mindestdauer für den Führerausweisentzug von sechs Monaten zu unterschreiten oder ganz davon abzusehen.

Das Bundesgericht bekräftigte, dass das 2005 revidierte Administrativmassnahmenrecht darauf abzielte, schwere und wiederholte Widerhandlungen einheitlicher und strenger zu ahnden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen (Botschaft vom 31. März 1999 zur Änderung des SVG; BBl 1999 4462 ff., 4485). Gemäss Art. 16 Abs. 3 Satz 1 SVG richtet sich die Dauer des Entzugs zwar nach den Umständen des Einzelfalls (Gefährdung der Verkehrssicherheit, Verschulden, Leumund, berufliche Notwendigkeit). Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG schreibt jedoch explizit vor, dass die Mindestentzugsdauer nicht unterschritten werden darf, ausser im Spezialfall von dringlichen Dienstfahrten bestimmter Sonderfahrzeuge (Art. 100 Ziff. 4 Satz 3 SVG), welcher hier nicht vorliegt. Die Botschaft zur SVG-Revision hält fest, dass eine Unterschreitung der Mindestdauer entgegen der früheren Praxis nicht mehr zulässig sei, um die angestrebte einheitliche Handhabung nicht zu vereiteln (BBl 1999 4486; BGE 135 II 334 E. 2.2).

Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die gesetzliche Mindestentzugsdauer von sechs Monaten für eine schwere Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. f SVG – namentlich das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Ausweisentzug – nicht unterschritten werden darf, und dies auch bei einem besonders leichten Fall des Führens trotz Ausweisentzugs (Urteile 1C_372/2022 E. 3.5; 1C_52/2022 E. 2.5; 1C_102/2016 E. 2.5). Das Verschulden des Beschwerdeführers kann zwar für die Bemessung einer Entzugsdauer oberhalb des Minimums eine Rolle spielen, rechtfertigt aber keinesfalls eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestdauer.

4.3. Verhältnismässigkeit und Treu und Glauben Angesichts dieser klaren gesetzlichen und höchstrichterlichen Vorgaben ist eine Unterschreitung der in Art. 16c Abs. 2 lit. b SVG geregelten Mindestdauer von sechs Monaten vorliegend nicht möglich. Dies gilt unabhängig von den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumenten bezüglich seines Verschuldens, der geltend gemachten beruflichen Notwendigkeit und seines angeblich ungetrübten Leumunds (wobei letzterer durch den vorangegangenen Ausweisentzug bereits widerlegt ist).

Das Bundesgericht stellte fest, dass dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände seines Einzelfalls die mildeste gesetzlich mögliche Sanktion auferlegt wurde. Der Vorwurf, er sei auf dieselbe Stufe wie notorische Strassenverkehrssünder gestellt worden oder die Sanktion sei treuwidrig, entkräftet sich somit.

4.4. Verletzung des rechtlichen Gehörs Die Rüge des Beschwerdeführers, die Vorinstanz sei auf seine Argumente nicht eingegangen und habe damit sein rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, wies das Bundesgericht ebenfalls zurück. Die Vorinstanz habe ihn bereits auf die Unabdingbarkeit der Mindestentzugsdauer hingewiesen und seine Argumente inhaltlich behandelt.

5. Schlussfolgerung des Bundesgerichts Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Sachverhalt: Dem Beschwerdeführer wurde der Führerausweis bereits wegen einer mittelschweren Widerhandlung entzogen. Während dieser Entzugsdauer fuhr er erneut ein Motorfahrzeug (kurze Distanz), wurde erwischt und per Strafbefehl wegen Fahrens ohne Berechtigung verurteilt.
  • Widerhandlung: Das erneute Fahren trotz Ausweisentzugs stellt eine schwere Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz dar (Art. 16c Abs. 1 lit. f SVG). Der rechtskräftige Strafbefehl bindet die Administrativbehörden.
  • Rechtfertigung/Schuld: Die vorgebrachten Gründe (kurze Distanz, Hilfe für Lebenspartnerin) rechtfertigen die Widerhandlung nicht und schliessen das Verschulden nicht aus.
  • Mindestentzugsdauer: Gemäss Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG darf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestentzugsdauer von sechs Monaten (Art. 16c Abs. 2 lit. b SVG) nicht unterschritten werden. Dies ist ein zentrales Element der seit 2005 verschärften Administrativmassnahmen.
  • Unabdingbarkeit: Die Mindestdauer ist auch bei einem besonders leichten Fall des Führens ohne Berechtigung oder unter Berücksichtigung von mildernden Umständen (wie geringes Verschulden, berufliche Notwendigkeit, Leumund) nicht reduzierbar.
  • Verhältnismässigkeit: Die Auferlegung der sechsmonatigen Sperre stellt die mildeste gesetzlich mögliche Sanktion dar und ist somit verhältnismässig. Die Rüge der Treuwidrigkeit oder Ungleichbehandlung ist unbegründet.
  • Prozessuale Aspekte: Das Bundesgericht beurteilte die Sache materiell aufgrund einer Eventualbegründung der Vorinstanz, ungeachtet einer möglichen fehlerhaften Nichteintretensentscheidung der Vorinstanz. Neue Beweismittel wurden abgewiesen.
  • Ergebnis: Die Beschwerde wurde abgewiesen.