Gerne, hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils des schweizerischen Bundesgerichts 4A_183/2025 vom 7. Juli 2025:
Bundesgerichtsentscheid 4A_183/2025 vom 7. Juli 2025: Detaillierte Zusammenfassung
1. Einleitung
Das Bundesgericht hatte im vorliegenden Fall über eine zivilrechtliche Beschwerde des Arbeitnehmers A._ (Beschwerdeführer) gegen seine Mutter B._ (Beschwerdegegnerin) zu befinden. Gegenstand des Verfahrens war ein Arbeitsvertrag und die daraus resultierenden Forderungen des Arbeitnehmers auf Überstundenvergütung und Spesenrückerstattung. Das Bundesgericht bestätigte den Entscheid des Waadtländer Kantonsgerichts (Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud), das die Klage des Arbeitnehmers vollumfänglich abgewiesen hatte.
2. Sachverhalt
- Arbeitsverhältnis: Die Beschwerdegegnerin (B._) führte zunächst ein Einzelunternehmen und später eine GmbH (C._ Sàrl) im Lebensmittelimport. Sie stellte ihren Sohn, den Beschwerdeführer (A.__), am 24. März 2017 als Kommerzialisten mit einem Pensum von 50 % und einem Bruttomonatslohn von CHF 2'500.- ein. Der Arbeitsvertrag sah zudem einen monatlichen Spesenpauschalbetrag von CHF 500.- für Repräsentationsauslagen vor, und der Beschwerdeführer verfügte über eine Firmenkreditkarte.
- Spesenabrechnung: Die Beschwerdegegnerin legte eine Abrechnung "Frais payés pour A.__ 2017 à 2020" vor, welche die Nutzung der Firmenkreditkarte durch den Beschwerdeführer sowie weitere Ausgaben für die Jahre 2017 bis 2020 detaillierte. Darin waren CHF 8'810.16 als "Frais remboursés en plus du forfait" und CHF 1'799.80 als "Total téléphones payés en plus du forfait" aufgeführt. Die Beschwerdegegnerin behauptete, diese Beträge seien private, nicht geschäftliche Ausgaben gewesen.
- Kündigung und Lohnabrechnung: Das Arbeitsverhältnis wurde am 10. Januar 2020 auf den 31. März 2020 gekündigt. Am 17. April 2020 sandte die Buchhalterin der Firma der Beschwerdegegnerin eine E-Mail, in der sie mitteilte, eine Lohnabrechnung für März erstellt zu haben, die die vom Beschwerdeführer angegebenen Überstunden für 2017 bis 2019 berücksichtigte. Gleichzeitig seien "Frais payés à rembourser 2017 à 2019" in Höhe von CHF 9'979.95 abgezogen worden, die laut Buchhalterin, wie bei jedem Angestellten, im monatlichen Pauschalbetrag enthalten gewesen seien. Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass nichts darauf hindeute, dass diese Abrechnung von der Beschwerdegegnerin genehmigt worden wäre. Der Beschwerdeführer erhielt diese E-Mail, verstand aber nach eigener Aussage nicht, dass die Spesenpauschale auch diese Kosten umfasste.
- Forderungen des Arbeitnehmers: Mit Schreiben vom 21. April 2020 forderte der Beschwerdeführer die Vergütung der angeblich geleisteten Überstunden von 2017 bis 2019.
3. Vorinstanzliche Verfahren
- Arbeitsgericht (Tribunal de prud'hommes): Das erstinstanzliche Gericht hiess die Klage des Beschwerdeführers teilweise gut. Es verurteilte die Beschwerdegegnerin zur Zahlung von CHF 11'999.40 für Überstunden, CHF 2'999.85 als deren Zuschlag sowie CHF 9'979.95 als Spesenrückerstattung. Das Gericht ging davon aus, die Beschwerdegegnerin habe die Überstunden genehmigt.
- Kantonsgericht (Cour d'appel civile): Die zweite Instanz (Berufungsgericht) gab der Berufung der Beschwerdegegnerin statt und wies die Klage des Beschwerdeführers vollumfänglich ab.
4. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts
4.1. Grundsätze der Sachverhaltsüberprüfung (Rz. 2)
Das Bundesgericht prüft das Recht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG), beurteilt aber nur die vorgebrachten Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Es ist an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG), ausser dieser wurde willkürlich (Art. 9 BV) oder unter Verletzung von Bundesrecht festgestellt (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Sachverhaltsrüge muss präzise und substanziiert erfolgen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Im Bereich der Beweiswürdigung greift das Bundesgericht nur ein, wenn die Vorinstanz offensichtlich den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels verkannt, relevante Beweise ohne objektiven Grund unberücksichtigt gelassen oder aufgrund der erhobenen Beweise unhaltbare Schlüsse gezogen hat (Willkür).
4.2. Anspruch auf Überstundenvergütung (Rz. 3)
- Argumentation der Vorinstanz: Die Vorinstanz verneinte einen Anspruch auf Überstundenvergütung aus mehreren Gründen:
- Es sei nicht bewiesen, dass die Beschwerdegegnerin die Lohnabrechnung vom März 2020, welche die Überstunden auswies, dem Beschwerdeführer zugesandt hätte und damit ihren Inhalt genehmigt hätte.
- Die E-Mail der Buchhalterin vom 17. April 2020 mit der Lohnabrechnung sei lediglich ein Entwurf gewesen, den die Buchhalterin auf der alleinigen Grundlage der vom Beschwerdeführer übermittelten Überstundenangaben erstellt und der Beschwerdegegnerin zur Genehmigung vorgelegt hatte.
- Es gebe keine Beweise dafür, dass die Beschwerdegegnerin diesen Entwurf genehmigt oder die Überstunden überhaupt zur Kenntnis genommen hätte, bevor sie die E-Mail erhielt.
- Die Buchhalterin hatte den Entwurf ohne Überprüfung der Existenz, Notwendigkeit oder Vergütungspflicht der angegebenen Überstunden erstellt.
- Der Beschwerdeführer hatte selbst ausgesagt, er habe die Stunden geschätzt und der Treuhänderin übermittelt, nicht aber, dass diese im Namen der Beschwerdegegnerin als erwiesen anerkannt worden seien.
- Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 21. April 2020 mit Forderungen belege ebenfalls keine Genehmigung durch die Beschwerdegegnerin.
- Im Übrigen fehlten im Dossier jegliche Beweise für: (1) die Leistung von Überstunden, (2) deren Umfang, (3) deren rechtzeitige Meldung an die Beschwerdegegnerin bzw. deren Kenntnis oder Kenntnisnahme durch sie, und (4) deren Notwendigkeit.
- Die Vorinstanz folgerte, dass der Beschwerdeführer die ihm obliegende Beweislast (Art. 8 ZGB) nicht erfüllt habe.
- Angriffe des Beschwerdeführers und Würdigung durch das Bundesgericht:
- Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Verletzung der Beweislastregeln. Er machte geltend, die E-Mail vom 17. April 2020 beweise die Kenntnis der Überstunden durch die Beschwerdegegnerin, und die Aufnahme in die Lohnabrechnung zeige, dass diese bekannt gewesen seien.
- Das Bundesgericht wies dies zurück. Der Beschwerdeführer setze lediglich seine eigene Beweiswürdigung derjenigen der Vorinstanz entgegen, ohne jedoch Willkür darzulegen. Insbesondere gehe aus der E-Mail hervor, dass die Buchhalterin sich ausschliesslich auf die Angaben des Beschwerdeführers gestützt habe.
- Der Beschwerdeführer bestritt, dass die Lohnabrechnung ein Entwurf gewesen sei, und führte an, er sei in cc gesetzt worden und die Beschwerdegegnerin habe sich nicht dagegen gewehrt. Das Bundesgericht verwarf auch dies als blosse Gegenüberstellung einer anderen Beweiswürdigung, ohne Willkür nachzuweisen. Es hielt fest, dass Willkür nicht allein daraus resultiere, dass eine andere Lösung denkbar oder sogar vorzugswürdig wäre.
- Grundsatz der Beweislast: Das Bundesgericht bekräftigte den Grundsatz, dass es dem Arbeitnehmer obliegt, die Leistung von Überstunden zu beweisen (Art. 8 ZGB; BGE 129 III 171 E. 2.4; vgl. auch Urteil 4A_662/2024 vom 8. April 2025 E. 3.1).
- Fazit: Die Vorinstanz habe weder willkürlich gehandelt noch Bundesrecht verletzt, indem sie die Ansprüche des Beschwerdeführers auf Überstundenvergütung abwies.
4.3. Anspruch auf Spesenrückerstattung (Rz. 4)
- Argumentation der Vorinstanz: Die Vorinstanz führte aus, dass der Beschwerdeführer die geforderten CHF 9'979.95 nicht selbst bezahlt habe, da sie mittels Firmenkreditkarte beglichen wurden. Somit sei eine Rückerstattung durch die Beschwerdegegnerin ausgeschlossen. Die Frage, ob die Beschwerdegegnerin diese Spesen vom Lohn oder den Überstunden abziehen dürfe, stelle sich nicht mehr, da der März-Lohn bezahlt oder nicht mehr strittig sei und die Überstundenforderungen abgewiesen wurden. Da die Beschwerdegegnerin im Berufungsverfahren keinen Gegenanspruch mehr auf diesen Betrag geltend machte, sei die Frage nicht erneut zu prüfen. Letztlich habe die Beschwerdegegnerin keine Spesen zurückzuerstatten, die sie selbst übernommen und die sie schliesslich nie von geschuldeten Beträgen des Beschwerdeführers abgezogen hatte.
- Angriffe des Beschwerdeführers und Würdigung durch das Bundesgericht:
- Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Verletzung von Art. 327a OR. Er behauptete, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, es handle sich um Privatausgaben.
- Das Bundesgericht stellte klar, dass die Vorinstanz nicht angenommen hatte, es handle sich um Privatausgaben (dies war eine Fehlinterpretation des Beschwerdeführers).
- Der Beschwerdeführer argumentierte weiter, er habe die Kosten selbst getragen, da sie von seiner Vergütung abgezogen worden seien, wie die Lohnabrechnung vom März 2020 belege.
- Das Bundesgericht hielt fest, dass der Beschwerdeführer die Ausführungen der Vorinstanz bezüglich des März-Lohns (bezahlt/unbestritten) und der abgewiesenen Überstunden nicht wirksam bestritten habe. Da die Spesen über die Firmenkreditkarte bezahlt und nicht von Beträgen abgezogen wurden, auf die der Beschwerdeführer Anspruch hatte, habe er diese Kosten nicht selbst getragen.
- Fazit: Die Rügen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen.
5. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht wies die zivilrechtliche Beschwerde des Beschwerdeführers ab, soweit sie zulässig war. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Wesentliche Punkte (Key Takeaways):
- Beweislast des Arbeitnehmers bei Überstunden: Der Arbeitnehmer trägt die volle Beweislast (Art. 8 ZGB) für die Leistung von Überstunden, deren Umfang, Notwendigkeit und die Kenntnis bzw. Genehmigung durch den Arbeitgeber. Bloße Schätzungen oder die Aufnahme in einen Entwurf einer Lohnabrechnung durch eine Treuhänderin, ohne ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers, genügen nicht.
- Anforderungen an die Sachverhaltsrüge: Werden vom Beschwerdeführer Fakten in Frage gestellt, muss er präzise darlegen, inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich (Art. 9 BV) oder bundesrechtswidrig ist. Die bloße Gegenüberstellung einer eigenen Beweiswürdigung genügt nicht.
- Spesenrückerstattung bei Firmenkreditkarte: Ein Anspruch auf Spesenrückerstattung besteht nicht, wenn die Ausgaben direkt über eine Firmenkreditkarte beglichen wurden und der Arbeitnehmer nicht nachweisen kann, dass diese Beträge nachträglich von ihm zustehenden Lohn- oder Überstundenforderungen abgezogen wurden. Wer die Kosten nicht selbst getragen hat, kann deren Rückerstattung nicht verlangen.
- Unterscheidung zwischen Entwurf und Genehmigung: Eine von einer Treuhänderin erstellte Lohnabrechnung, die auf den Angaben des Arbeitnehmers basiert und zur Genehmigung an den Arbeitgeber gesandt wird, stellt keinen Beleg für die Kenntnis oder Genehmigung der darin aufgeführten Positionen durch den Arbeitgeber dar.