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Das Bundesgericht hatte im Urteil 5A_808/2024 vom 24. Juli 2025 die Frage zu beurteilen, ob bei einer mehrfachen Arrestlegung in der Schweiz und einem ausländischen Wohnsitz des Arrestschuldners ein Betreibungsamt, bei dem die Arrestprosequierung eingeleitet wurde, die bei einem anderen Betreibungsamt gestützt auf denselben schweizweiten Arrestbefehl verarrestierten Vermögenswerte rechtshilfeweise pfänden lassen kann.
1. Sachverhalt und Vorinstanzlicher Entscheid
Die Beschwerdegegnerin (Gläubigerin) erwirkte am 9. Dezember 2021 beim Tribunal de première instance des Kantons Genf einen Arrestbefehl (vvv) über CHF 115'871'442.-- gegen ihren ehemaligen Ehemann A.__ (Beschwerdeführer/Schuldner) gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG. Dieser Arrestbefehl hatte schweizweite Wirkung und wurde an die Betreibungsämter Genf, Oberland/BE und Zürich 1 übermittelt. Die Betreibungsämter Genf und Oberland/BE vollzogen den Arrest bezüglich der in ihrem Kreis gelegenen Objekte. Das Betreibungsamt Zürich 1 hob den Vollzug mangels Arrestobjekten auf.
Die Gläubigerin prosequierte den Arrest mit Schreiben vom 21. Dezember 2021 einzig beim Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Oberland West, am damaligen Wohnsitz des Schuldners in U.__/BE (Arrestprosequierungsbetreibung Nr. xxx). Der Zahlungsbefehl wurde dem Schuldner am 1. Februar 2022 zugestellt.
Der Schuldner meldete sich am 9. August 2022 von U.__/BE ab und verliess die Schweiz angeblich bereits am 5. August 2022. Dies geschah somit vor der hier relevanten Pfändungsankündigung vom 11. April 2024 (bestätigt durch das Bundesgericht in E. 3.5.1).
Nachdem frühere Pfändungsversuche des Betreibungsamtes Oberland/BE von der bernischen Aufsichtsbehörde aufgehoben worden waren, vollzog das Betreibungsamt Oberland/BE am 15. August 2024 erneut eine Pfändung. Da es nicht genügend pfändbare Vermögenswerte feststellte, gelangte es mit einem "Rechtshilfeauftrag Ergänzungspfändung" an das Betreibungsamt Genf und forderte dieses auf, die bei ihm gestützt auf denselben Arrestbefehl vvv verarrestierten Vermögenswerte einzupfänden.
Gegen diesen Rechtshilfeauftrag erhob der Schuldner Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern (Obergericht). Das Obergericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 12. November 2024 ab. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Arrestbefehl schweizweite Wirkung habe, die Prosequierung am damaligen Wohnsitz des Schuldners gültig gewesen sei und es infolgedessen möglich sein müsse, die bei einem anderen Betreibungsamt verarrestierten Vermögenswerte rechtshilfeweise pfänden zu lassen.
2. Standpunkt des Beschwerdeführers (Schuldner)
Der Beschwerdeführer rügte vor dem Bundesgericht eine Verletzung von Art. 52 und Art. 89 SchKG. Er machte geltend, das Obergericht weigere sich, die Regelung über den Betreibungsort des Arrestes korrekt anzuwenden. Da er die Schweiz verlassen habe, könne die Betreibung nicht als ordentliche Betreibung am Wohnsitz fortgesetzt werden, sondern nur als Betreibung am Arrestort. Er argumentierte, dass die Arrestgläubigerin nicht mit einer einzigen Betreibung mehrere Arreste prosequieren könne, wie dies die ältere Bundesgerichtspraxis (BGE 54 III 226) vorsehe. Die Einführung des schweizweiten Arrestbefehls führe nicht zu einer schweizweiten Zuständigkeit jedes vollziehenden Betreibungsamtes. Schliesslich habe das Arrestgericht Genf kein "Lead-Betreibungsamt" bestimmt (entgegen BGE 148 III 138). Fehle eine solche Bestimmung, müsse die Betreibung zur Arrestprosequierung für die in Genf verarrestierten Gegenstände zwingend beim Genfer Betreibungsamt eingeleitet werden. Die Anordnung des Betreibungsamtes Oberland/BE als "Lead-Betreibungsamt" sei unzulässig, da hierfür das Arrestgericht zuständig sei, was zur Nichtigkeit des Rechtshilfeauftrags führe.
3. Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde in Zivilsachen ein und prüfte die massgebenden Punkte des Arrestprosequierungs- und Pfändungsverfahrens:
3.1. Rechtlicher Rahmen: Das Bundesgericht rekapitulierte die Anforderungen an die Arrestprosequierung (Art. 279 Abs. 1 und 3 SchKG) und die Pfändung (Art. 89 SchKG), welche vorsieht, dass das Betreibungsamt die Pfändung unverzüglich vollzieht oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die Vermögensstücke liegen, vollziehen lässt.
3.2. Bedeutung der Arrestrechtsrevision 2009/2011: Das Bundesgericht betonte die wesentlichen Neuerungen der Revision, die am 1. Januar 2011 in Kraft trat: die Einführung des Arrestgrundes des definitiven Rechtsöffnungstitels (Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG), eines Arrestgerichtsstands auch am Betreibungsort (Art. 272 Abs. 1 SchKG) und insbesondere die Ausdehnung der örtlichen Zuständigkeit des Arrestgerichts auf die ganze Schweiz (Art. 271 Abs. 1 SchKG). Ziel war die Schaffung eines einheitlichen schweizweiten Vollstreckungsraums zur effizienteren Sicherung und Vollstreckung von Geldforderungen (BGE 148 III 138 E. 3.4.1).
3.3. Zulässigkeit der Prosequierung am Wohnsitz des Schuldners: Es stand fest, dass die Gläubigerin den in Genf bewilligten Arrest durch Einleitung der Betreibung am damaligen Wohnsitz des Schuldners (U.__/BE) prosequiert hatte. Das Bundesgericht hielt fest, dass der Gläubiger nach der Revision des Arrestrechts weiterhin das (Wahl-)Recht hat, die Prosequierung durch Betreibung am Wohnsitz des Arrestschuldners vorzunehmen (Verweis auf Meier-Dieterle). Bereits nach früherer Praxis konnten mit der Betreibung am ordentlichen Betreibungsort sämtliche Arreste zugleich prosequiert werden (BGE 88 III 59 E. 4). Die Argumente des Beschwerdeführers gegen diesen Punkt wies das Gericht zurück.
3.4. Auswirkungen des Wohnsitzwechsels ins Ausland: Das Bundesgericht ergänzte den Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer die Schweiz vor der Zustellung der Pfändungsankündigung verlassen hatte. In diesem Fall kann die Betreibung gemäss Art. 53 SchKG in der Schweiz fortgesetzt werden, wenn ein anderer Betreibungsort – wie hier ein Arrestort beim Betreibungsamt Oberland/BE – besteht. Die Betreibung erfasst dann lediglich die verarrestierten Vermögenswerte. Die Bezeichnung "Ergänzungspfändung" im Rechtshilfeauftrag bezog sich hierbei ausschliesslich auf die in Genf verarrestierten Vermögenswerte und nicht auf eine generelle Erweiterung der Pfändung, die nur bei einer Betreibung am Wohnsitz möglich wäre. Damit war der Wechsel der Art des Betreibungsstandes vom Schuldnerwohnsitz zum Arrestort zulässig.
3.5. Prosequierung mehrerer Arreste durch eine Betreibung: Das Bundesgericht verwarf die Argumentation des Beschwerdeführers, die sich auf die ältere Praxis (BGE 54 III 228) stützte, wonach bei mehreren Arrestorten ohne Wohnsitzbetreibung an jedem Arrestort eine separate Betreibung einzuleiten sei. Das Bundesgericht stellte klar, dass diese Praxis durch die Arrestrevision 2009/2011 überholt ist. Die Konzeption des schweizweiten Arrests erfordert, dass der Gläubiger, wenn er Vermögenswerte in der ganzen Schweiz an einem einzigen Ort verarrestieren lassen kann, folgerichtig auch die Prosequierung an einem einzigen Ort vornehmen können muss. Diese Auffassung wird von der herrschenden Lehre geteilt (u.a. Bovey, Staehelin, Meier-Dieterle/Crestani, Reiser, Amonn/Walther, Marchand/Hari, Kren Kostkiewicz).
3.6. Die Rolle des "Lead-Betreibungsamts":
3.7. Zuständigkeit des Betreibungsamtes Oberland/BE: Das Bundesgericht hielt fest, dass es nicht gerechtfertigt sei, einem Arrestgläubiger die Fortsetzung der Betreibung an einem Ort, wo Vermögenswerte des Schuldners verarrestiert und die Betreibung am ordentlichen Betreibungsstand eingeleitet wurde, zu verwehren, nur weil das Arrestgericht kein Lead-Betreibungsamt bestimmt hat. Die Betreibung blieb mit diesem Arrestort genügend verbunden, um die Fortsetzung zu erlauben. Eine nachträgliche Bestimmung des Lead-Betreibungsamtes in der Pfändungsphase durch das Arrestgericht erübrigte sich in dieser Konstellation. Das Bundesgericht bestätigte die Auffassung des Obergerichts, dass es "konsequenterweise möglich" sein müsse, Arrestgegenstände, die im Zuständigkeitsbereich anderer Betreibungsämter verarrestiert worden sind, vom Betreibungsamt Oberland/BE rechtshilfeweise pfänden zu lassen. Der zulässige Wechsel des Betreibungsstandes (vom Wohnsitz zum Arrestort) stand dem nicht entgegen.
4. Schlussfolgerung des Gerichts
Das Bundesgericht kam zum Ergebnis, dass das Obergericht kein Bundesrecht verletzt hat, indem es den Requisitionsauftrag des Betreibungsamtes Oberland/BE an das Betreibungsamt Genf zur rechtshilfeweisen Pfändung der dort verarrestierten Vermögenswerte bestätigt hat. Die Beschwerde wurde abgewiesen.
5. Zusammenfassung der wesentlichen Punkte