Zusammenfassung von BGer-Urteil 5D_63/2024 vom 7. Juli 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (BGer 5D_63/2024 vom 7. Juli 2025) detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 5D_63/2024 vom 7. Juli 2025

1. Einleitung und Parteien

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde, die von der A._ AG (Beschwerdeführerin) gegen einen Entscheid des Appellationsgerichts Basel-Stadt eingereicht wurde. Die Beschwerdeführerin, welche ein selbständiges und dauerndes Unterbaurecht am Grundstück Nr. vvv besitzt, begehrte die Entfernung von Ausfahrtschranken, die von der Stiftung B._ (Beschwerdegegnerin), Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks Nr. www, errichtet wurden. Der Streitgegenstand ist die Auslegung des Inhalts und Umfangs eines Fuss- und Fahrwegrechts.

2. Sachverhalt und Prozessgeschichte

Die beiden Grundstücke Nr. vvv (Unterbaurecht der A._ AG) und Nr. www (Eigentum der Stiftung B._) grenzen an eine Verbindungsstrasse, die den C._weg mit der D._-Strasse verbindet. Ein Teil dieser Verbindungsstrasse gehört der A._ AG, der grössere Teil der Stiftung B._. Am 29. Mai 1992 wurde auf beiden Grundstücken ein gegenseitiges Fuss- und Fahrwegrecht (Servitut) zugunsten und zulasten der jeweiligen Parzellen im Bereich der Verbindungsstrasse errichtet.

Die Stiftung B._ betreibt auf ihrem Grundstück Nr. www ein öffentliches Parkhaus. Die Einfahrt zum Parkhaus erfolgt von der D._-Strasse. Die Ausfahrt führt über die Verbindungsstrasse in südwestlicher Richtung zur D._-Strasse. Kurz vor der Einmündung in die D._-Strasse hat die Beschwerdegegnerin auf ihren Grundstücken Nrn. xxx und yyy, an denen die Beschwerdeführerin kein Wegrecht besitzt, zwei fest installierte Parkhausschranken angebracht.

Die A._ AG reichte Klage ein mit dem Begehren, die Stiftung B._ zur Entfernung dieser Schranken zu verpflichten. Das Zivilgericht Basel-Stadt gab der Klage statt und ordnete die Entfernung der Schranken an. Es begründete dies sowohl mit dem Miteigentum der Beschwerdeführerin an einem Teil der Verbindungsstrasse als auch mit ihrer Wegrechtsberechtigung am nicht ihr gehörenden Teil, die durch die Schranken behindert werde.

Das Appellationsgericht Basel-Stadt hiess die Berufung der Stiftung B._ gut, hob den erstinstanzlichen Entscheid auf und wies die Klage der A._ AG ab. Es gelangte zur Auffassung, dass die Schranken weder das Eigentumsrecht noch das Wegrecht der Beschwerdeführerin verletzen.

3. Rügen vor Bundesgericht

Die A.__ AG erhob subsidiäre Verfassungsbeschwerde (da der Streitwert die ordentliche Beschwerde in Zivilsachen nicht erreichte, Art. 74 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 113 ff. BGG). Sie rügte die Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) sowie eine willkürliche Anwendung des Zivilgesetzbuches (Auslegung der Dienstbarkeit), der Zivilprozessordnung (Novenverbot) und eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV). Das Bundesgericht stellte fest, dass die Rüge der Eigentumsgarantie im Wesentlichen mit den Willkürrügen zusammenfällt und daher keine eigenständige Bedeutung hat. Es definierte den Massstab der Willkür (Art. 9 BV) als offensichtliche Unhaltbarkeit, Widerspruch zur tatsächlichen Situation, krasse Verletzung einer Norm/Rechtsgrundsatzes oder Stossung gegen den Gerechtigkeitsgedanken, wobei nicht bereits eine andere denkbare oder vorzuziehende Lösung Willkür begründet.

4. Begründung des Appellationsgerichts (Massgebende Punkte und rechtliche Argumente)

Das Appellationsgericht legte den Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit gemäss der in der Schweiz geltenden Stufenordnung nach Art. 738 ZGB aus: 1. Wortlaut des Grundbucheintrags und Erwerbsgrunds: Der Wortlaut des Fuss- und Fahrwegrechts zu Gunsten des Grundstücks Nr. vvv und zu Lasten des Grundstücks Nr. www lautet: "Die jeweiligen Eigentümer der berechtigten Parzelle und die von ihnen ermächtigten Personen sind berechtigt, die im Servitut- und Baurechtsplan Nr. zzz vom 27. September 1990 mit den Buchstaben a, d, e, f, g, h, i, a bezeichnete Fläche der belasteten Parzelle zu begehen oder mit Motorfahrzeugen zu befahren." Das Appellationsgericht befand, dieser Wortlaut sei nicht klar in Bezug auf die Frage, ob das Wegrecht der Eigentümerin des Grundstücks Nr. vvv einen Zugang über die D.__-Strasse einräume. Es unterschied dabei zwischen der Erschliessungsfunktion eines Notwegrechts und dem spezifischen Zweck eines privaten Wegrechts.

  1. Zweck der Dienstbarkeit (bei Unklarheit des Wortlauts): Da der Wortlaut als unklar beurteilt wurde, legte das Appellationsgericht den Zweck zugrunde, der sich aus dem Erwerbsgrund selbst ergab oder objektiv erkennbar war. Dabei hob es drei zentrale Umstände hervor:

    • Grundstücke der Schranken: Die Ausfahrtschranken befinden sich auf den Grundstücken Nrn. xxx und yyy, die im Eigentum der Stiftung B._ stehen. Die A._ AG hat an diesen Grundstücken kein Wegrecht. Das Appellationsgericht hielt es für unbelegt, dass diese Grundstücke allgemein frei befahren werden dürften. Eine freie Befahrbarkeit über die Parkhausausfahrt hinaus sei nicht erstellt.
    • Zweckbindung durch Parkhaus: Die beiden gegenseitigen Wegrechte wurden 1992 im Zusammenhang mit der Planung und Umsetzung des Parkhauses auf dem Grundstück Nr. www begründet. Der objektiv erkennbare Zweck war somit, den Betrieb des Parkhauses und insbesondere dessen reibungslose Ausfahrt zu ermöglichen. Das Appellationsgericht stellte den ursprünglichen Zweck des Grundstücks vvv (Lagerhaus mit Büros und Garagen) demgegenüber.
    • Breite der Verbindungsstrasse: Gemäss dem Servitut- und Unterbaurechtsplan Nr. zzz vom 1. Juni 1992 ist die Verbindungsstrasse an der schmalsten Stelle, die zur Ausfahrt gehört, nur rund vier Meter breit. Diese Breite sei für ein reibungsloses Beidseitig-Befahren im Gegenverkehrsregime nicht ausreichend.
  2. Schlussfolgerung des Appellationsgerichts: Aus diesen drei Umständen folgerte das Appellationsgericht, dass das zugunsten des Grundstücks Nr. vvv errichtete Wegrecht keinen Zugang im Sinne eines Gegenverkehrsregimes ermöglichen sollte, sondern dem Parkhaus auf dem Grundstück Nr. www als Ausfahrt im Einbahnregime dienen soll.

  3. Eventualerwägung (Prinzip der natürlichen Publizität): Selbst wenn der Wortlaut des Grundbucheintrags ein Zufahrtsrecht im Gegenverkehrsregime zuliesse, wäre der Inhalt des Wegrechts durch das Prinzip der natürlichen Publizität beschränkt. Die A.__ AG habe beim Erwerb ihres Unterbaurechts im Jahr 1999 Kenntnis von der geringen Strassenbreite gehabt und konnte daher nicht gutgläubig annehmen, dass ein solches Recht bestehe.

5. Prüfung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht prüfte die Rügen der Beschwerdeführerin gegen die Argumentation des Appellationsgerichts:

  • Auslegung des Wortlauts: Die Beschwerdeführerin rügte, der Wortlaut der Dienstbarkeit sei klar und nicht auslegungsbedürftig. Das Bundesgericht hielt fest, dass die Frage, ob ein Grundbucheintrag klar oder auslegungsbedürftig ist, eine Rechtsfrage darstellt. Es bestätigte die Auffassung des Appellationsgerichts, dass der Wortlaut in Bezug auf einen allfälligen Zufahrt von der D.__-Strasse aus unklar sei.
  • Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung und Rechtsanwendung hinsichtlich der drei zentralen Umstände:
    • Grundstücke Nrn. xxx/yyy: Die Beschwerdeführerin bestritt die Feststellung, dass diese Grundstücke im Eigentum der Beschwerdegegnerin stünden und nicht frei befahrbar seien, und rügte eine Verletzung des Novenverbots sowie willkürliche Mutmassungen. Das Bundesgericht wies dies zurück, indem es auf die Notorietät von Grundbuchinhalten (Art. 970 Abs. 2 ZGB, Art. 151 ZPO) verwies und feststellte, dass die Beschwerdeführerin keine ausreichende Willkürrüge hinsichtlich der mangelnden freien Befahrbarkeit vorgebracht hatte, insbesondere durch Nichtwiederholung ihrer Beweisanträge auf Augenschein. Ein Widerspruch in der Argumentation des Appellationsgerichts, das einerseits die Ausfahrt ermögliche, andererseits die freie Befahrbarkeit bezweifle, wurde verneint, da es um die zusätzliche Funktion als Zufahrt ging.
    • Zweckbindung durch Parkhaus: Die Beschwerdeführerin bestritt, dass das Wegrecht von Beginn an auf den Parkhausbetrieb ausgelegt war, und verwies auf die spätere Baubewilligung des Parkhauses. Das Bundesgericht erachtete diese Rüge als unzureichende Willkürrüge, die lediglich eine eigene Sachverhaltsdarstellung darstelle. Der Einwand, das Wegrecht würde bei Aufgabe des Parkhausbetriebs seinen Sinn verlieren, wurde als natürliche Konsequenz einer zweckgebundenen Dienstbarkeitsauslegung zurückgewiesen.
    • Breite der Verbindungsstrasse: Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Breite sei grösser als vier Meter, wurde als ungenügende Willkürrüge abgewiesen. Ebenso wurde der Hinweis auf die fehlende Behauptung der Beschwerdegegnerin zur Breite als irrelevant erachtet, da das Appellationsgericht sich auf den notorischen Servitutplan stützen durfte.
  • Sinnlosigkeit des Wegrechts: Die Beschwerdeführerin argumentierte, die Auslegung des Appellationsgerichts mache das ihr zustehende Wegrecht sinnlos, da sie ihre Liegenschaft nur über die Verbindungsstrasse an die D.__-Strasse anschliessen könne und der Zugang über den C.__weg unzulässig sei. Das Bundesgericht hielt dem entgegen, dass die subjektive Empfindung der Beschwerdeführerin, das Wegrecht sei sinnlos, keine Willkür begründet, zumal ihr die Nutzung der Verbindungsstrasse als Ausfahrt (über das Parkhaus) nach wie vor möglich sei.

6. Fazit des Bundesgerichts

Das Bundesgericht gelangte zur Auffassung, dass die Haupterwägung des Appellationsgerichts zur Auslegung der Dienstbarkeit unter verfassungsrechtlichem Gesichtspunkt standhält. Da diese Begründung ausreicht, um den Ausgang des Verfahrens zu tragen, musste auf die Eventualerwägung des Appellationsgerichts zur natürlichen Publizität und die diesbezüglichen Rügen der Beschwerdeführerin nicht eingegangen werden. Die Verfassungsbeschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.

Zusammenfassende Essenzielle Punkte:

  • Kernfrage: Auslegung eines privaten Fuss- und Fahrwegrechts (Dienstbarkeit) gemäss Art. 738 ZGB, insbesondere hinsichtlich der Befugnis zur Zufahrt von einer öffentlichen Strasse im Gegenverkehrsregime.
  • Auslegungsmethode: Bei unklarem Wortlaut des Grundbucheintrags/Erwerbsgrunds ist der objektiv erkennbare Zweck der Dienstbarkeit im Zeitpunkt ihrer Begründung massgebend.
  • Appellationsgerichtliche Gründe für "Einbahnregime":
    1. Die Ausfahrtschranken stehen auf Grundstücken der Beschwerdegegnerin, für die die Beschwerdeführerin kein Wegrecht hat.
    2. Der ursprüngliche Zweck der Dienstbarkeit war die Ermöglichung des Parkhausbetriebs und dessen reibungslose Ausfahrt.
    3. Die geringe Breite der Verbindungsstrasse an der Ausfahrt (4m) lässt objektiv keinen Gegenverkehr zu.
  • Bundesgerichtliche Bestätigung: Das Bundesgericht befand, dass die Würdigung dieser Umstände durch das Appellationsgericht nicht willkürlich war. Insbesondere wurde die Unklarheit des Wortlauts, die Notorietät von Grundbuchinhalten und die ungenügende Substantiierung der Willkürrügen seitens der Beschwerdeführerin hervorgehoben.
  • Ergebnis: Die Schranken der Stiftung B._ verletzen das Wegrecht der A._ AG nicht, da die Dienstbarkeit lediglich eine Ausfahrt (Einbahnregime) für das Parkhaus vorsieht und kein Zufahrtsrecht für das Grundstück der Beschwerdeführerin (Gegenverkehrsregime) einschliesst.