Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_92/2025 vom 4. Juli 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts vom 4. Juli 2025 (4A_92/2025)

Parteien: * Beschwerdeführer: FC A._ (Club, Arbeitgeber), ein ungarischer Fussballclub. * Beschwerdegegner 1: B._ (Spieler, Arbeitnehmer), ein professioneller Fussballspieler. * Beschwerdegegnerin 2: Fédération Internationale de Football Association (FIFA).

Gegenstand: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Zuständigkeit.

Angefochtener Entscheid: Schiedsspruch des Tribunal Arbitral du Sport (TAS) vom 15. Januar 2025 (CAS 2023/A/9636).

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein ungarischer Fussballclub, schloss am 22. September 2020 einen Arbeitsvertrag mit dem Beschwerdegegner 1, einem professionellen Fussballspieler. Der Vertrag enthielt in Ziffer 49 eine umstrittene Klausel betreffend die Streitbeilegung.

Im Juni/Juli 2022 entstanden Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, worauf der Spieler den Arbeitsvertrag am 14. Juli 2022 fristlos kündigte. Anschliessend reichte der Spieler am 16. Juli 2022 eine Klage bei der Dispute Resolution Chamber (DRC) der FIFA ein, in der er die Feststellung der Rechtmässigkeit seiner Vertragsauflösung sowie die Zahlung ausstehenden Lohns und Schadenersatzes beantragte. Die FIFA DRC hiess die Klage des Spielers teilweise gut.

Der Club erhob daraufhin am 8. Mai 2023 Berufung beim TAS und machte primär geltend, die FIFA DRC sei aufgrund der ausschliesslichen Zuständigkeit der staatlichen ungarischen Gerichte nicht zuständig gewesen. Der Club informierte das TAS zudem, dass ein ungarisches Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 25. August 2023 bereits erkannt hatte, dass der Spieler den Arbeitsvertrag ungerechtfertigt aufgelöst hatte. Das TAS verwarf jedoch den Unzuständigkeitseinwand des Clubs, bejahte die Zuständigkeit der FIFA DRC (und implizit seine eigene Zuständigkeit zur materiellen Beurteilung) und bestätigte im Wesentlichen den Entscheid der FIFA DRC, sprach dem Spieler jedoch nur Schadenersatz, nicht aber Lohn zu.

Gegen diesen Schiedsspruch des TAS legte der Club Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht ein, mit dem Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs und Abweisung der Klage des Spielers wegen Unzuständigkeit, eventuell wegen Verstosses gegen den Ordre public (res iudicata).

II. Wesentliche Begründung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht beurteilte in erster Linie die Rüge des Beschwerdeführers bezüglich der mangelnden Zuständigkeit des Schiedsgerichts gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG.

  1. Zur Zulässigkeit der Rüge: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Rüge des Clubs, das TAS (und die ihm vorangehende FIFA DRC) sei mangels anwendbarer Schiedsvereinbarung zur materiellen Beurteilung der eingeklagten Forderungen nicht zuständig, unter den Beschwerdegrund von Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG fällt. Es präzisierte, dass es sich hier nicht um eine verbandsinterne Kompetenzstreitigkeit handele, sondern um die grundlegende Frage, ob sich die Zuständigkeit der FIFA-Organe und des TAS auf eine gültige Schiedsklausel stützen könne oder ob die Parteien mittels einer "Opting-out-Klausel" die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte vereinbart hätten.

  2. Rechtliche Grundlagen und Auslegung von Schiedsvereinbarungen: Das Bundesgericht prüft die Zuständigkeitsrüge in rechtlicher Hinsicht frei, einschliesslich materieller Vorfragen, von deren Beantwortung die Zuständigkeit abhängt (E. 5.1). Die Gültigkeit und Tragweite einer Schiedsvereinbarung beurteilt sich nach Art. 178 Abs. 2 IPRG (E. 5.2). Für die Auslegung gelten die allgemeinen Grundsätze privater Willenserklärungen: primär der übereinstimmende tatsächliche Wille (subjektive Auslegung) oder, falls dieser nicht feststellbar ist, der mutmassliche Wille nach dem Vertrauensprinzip (objektive Auslegung) (E. 5.5). Zentrales Element der Auslegung ist die restriktive Haltung bei der Derogation staatlicher Gerichtsbarkeit. Ein Verzicht auf staatliche Gerichte und die damit verbundenen eingeschränkten Rechtsmittelwege wird nicht leichthin angenommen; im Zweifelsfall ist eine restriktive Auslegung geboten (E. 5.5 unter Verweis auf BGE 147 III 107 E. 3.1.2).

  3. Abweichende Beurteilung des TAS und Korrektur durch das Bundesgericht:

    • Fehlerhafte Ausgangslage des TAS: Der Einzelschiedsrichter des TAS ging davon aus, dass die Zuständigkeit für arbeitsrechtliche Streitigkeiten grundsätzlich bei der FIFA DRC liege (Art. 22 Abs. 1 RSTP), sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen hätten (E. 6.1). Er sah die zu klärende Frage nicht darin, ob eine Schiedsklausel zugunsten der FIFA/TAS vereinbart wurde, sondern ob die Parteien mit Ziffer 49 des Arbeitsvertrags eine gültige "Opting-out-Klausel" zugunsten der staatlichen Gerichte vereinbart hätten. Entsprechend erachtete er den Grundsatz der restriktiven Auslegung bei der Derogation staatlicher Gerichtsbarkeit als hier nicht anwendbar. Er kam zum Schluss, die in Ziff. 49 vorgesehene Zuständigkeit des staatlichen "Administrative and Labour Court" sei ungültig oder jedenfalls nicht ausschliesslich (E. 6.1).
    • Präjudizwirkung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung: Das Bundesgericht stellte fest, dass es sich mit der vorliegend strittigen Ziffer 49 des Arbeitsvertrags bereits dreimal in sehr ähnlichen Fällen befasst hatte (E. 6.2 unter Verweis auf Urteile 4A_64/2025, 4A_430/2023, 4A_2/2023). In diesen Fällen hatte es – bei umgekehrter Parteikonstellation, aber gleicher Klauselauslegung – stets die Berufungen der Spieler abgewiesen und bestätigt, dass Ziffer 49 eine ausschliessliche und nicht lediglich alternative Zuständigkeit der staatlichen ungarischen Gerichte für Arbeitsstreitigkeiten stipuliert. Die Klausel erlaube keine Schiedsklausel zugunsten des TAS und der FIFA.
    • Bindung und Begründung der Korrektur: Das Bundesgericht betonte, dass der Einzelschiedsrichter des TAS die Bedeutung dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung verkannt hat (E. 6.3). Obwohl Schiedsgerichte grundsätzlich nicht an frühere Schiedsentscheide gebunden sind, ist das Bundesgericht in der internationalen Sportschiedsgerichtsbarkeit die einzige staatliche Revisionsinstanz für TAS-Entscheide. Abweichende TAS-Entscheide in parallelen Fällen sind daher auf Beschwerde hin der Kassation ausgesetzt. Das Bundesgericht hielt fest, dass der Einzelschiedsrichter mit seiner abweichenden Auslegung die für Schiedsvereinbarungen anwendbaren Auslegungsgrundsätze verletzt hat (E. 6.3).
    • Widerlegung der TAS-Argumente für Abweichung:
      • Standardklausel: Der Umstand, dass Ziffer 49 eine Standardklausel ist, ändert nichts. Er schliesst lediglich eine subjektive Auslegung aus und erfordert eine objektivierte Auslegung, die das Bundesgericht bereits vorgenommen hatte (E. 6.4.1).
      • Keine Unterscheidung international/national: Auch dieser Umstand ist irrelevant. Die zitierten Bundesgerichtsentscheide betrafen ebenfalls internationale Arbeitsstreitigkeiten, und das Bundesgericht hatte die Opting-out-Klausel nicht deshalb als ungültig erachtet (E. 6.4.2).
      • Fehlende freie Verhandelbarkeit: Dieser Punkt wäre relevant, wenn es um die Frage ginge, ob die Parteien freiwillig ein Schiedsgericht anstelle eines staatlichen Gerichts vereinbart hätten. Hier liegt jedoch die umgekehrte Konstellation vor: die Frage ist, ob die Parteien die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte vereinbart haben. Die restriktive Auslegung der Derogation staatlicher Gerichtsbarkeit spricht gegen eine Zuständigkeit der FIFA/TAS (E. 6.4.3).
      • Alternative Zuständigkeit ("may"): Weder die Verwendung des Wortes "may" noch die unpräzise Bezeichnung des ungarischen Gerichts ändert etwas an der mehrfach bestätigten Interpretation des Bundesgerichts, dass Ziffer 49 des Arbeitsvertrags die ausschliessliche Zuständigkeit des zuständigen staatlichen Arbeitsgerichts vorbehält (E. 6.5).
      • Missbräuchliches Verhalten: Der Vorwurf des TAS, der Club handle missbräuchlich, weil er nicht bereits auf eine Absichtserklärung des Spielers zur Anrufung der FIFA widersprochen habe, wurde vom Bundesgericht zurückgewiesen. Der Club war nicht verpflichtet, bereits in der Parteikorrespondenz zu reagieren, und hat die Zuständigkeit der FIFA DRC von Anfang an im Verfahren bestritten (E. 6.6).

III. Fazit des Bundesgerichts

Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass kein Grund vorliegt, von seiner ständigen Rechtsprechung abzuweichen, die eine exklusive Zuständigkeit der ungarischen staatlichen Arbeitsgerichte für Streitigkeiten aus dem Arbeitsvertrag zwischen Club und Spieler bejaht. Die Rüge der Unzuständigkeit gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG erwies sich somit als begründet (E. 6.7). Die weitere Rüge der Verletzung des Ordre public (Missachtung des Prinzips der res iudicata) musste aufgrund der bereits festgestellten Unzuständigkeit nicht mehr geprüft werden (E. 7).

IV. Entscheid des Bundesgerichts

Die Beschwerde wurde gutgeheissen, soweit darauf einzutreten war, und der Schiedsspruch des Tribunal Arbitral du Sport vom 15. Januar 2025 wurde aufgehoben.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht hob den Schiedsspruch des TAS auf, da es die Zuständigkeit der FIFA DRC und des TAS zur Beurteilung des Arbeitskonflikts zwischen Club und Spieler verneinte. Es stützte sich dabei auf die restriktive Auslegung der Derogation staatlicher Gerichtsbarkeit und auf seine konsistente Präzedenzrechtsprechung bezüglich der Auslegung von Ziffer 49 des Arbeitsvertrags. Diese Klausel sah nach Ansicht des Bundesgerichts eine ausschliessliche Zuständigkeit der ungarischen staatlichen Arbeitsgerichte für arbeitsrechtliche Streitigkeiten vor und stellte somit ein wirksames "Opting-out" von der FIFA-Schiedsgerichtsbarkeit gemäss Art. 22 Abs. 1 RSTP dar. Die abweichende Argumentation des TAS, insbesondere die Annahme einer Grundzuständigkeit der FIFA und die Nichtanwendung der restriktiven Auslegung auf die Opting-out-Klausel, wurde vom Bundesgericht als fehlerhaft zurückgewiesen.