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Parteien: * Beschwerdeführer: A._ (Apotheker), B._ (Arzt) * Beschwerdegegnerin: CSS Assurance-maladie SA (als Rechtsnachfolgerin von Arcosana SA und Intras Assurance-maladie SA)
Gegenstand: Krankenversicherung; Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei Schadenersatzklagen.
I. Sachverhalt und Vorverfahren
Die Beschwerdeführer A._, ein Apotheker, und B._, ein Arzt, wurden im Jahr 2018 vom Bezirksgericht Siders wegen verschiedener Delikte, insbesondere Falschbeurkundung (A._) und gewerbsmässigen Betrugs (A._) bzw. Betrugs (B._), strafrechtlich verurteilt. Die Urteile wurden im Jahr 2019 vom Kantonsgericht Wallis bestätigt und erwuchsen in Rechtskraft. Das Strafgericht behielt die Zivilforderungen der geschädigten Krankenversicherer vor und setzte eine Frist von 90 Tagen für die Erhebung einer Schadenersatzklage gegen A._ betreffend eine Kompensationsforderung.
Bereits im Jahr 2017 hatten CSS Assurance-maladie SA und Intras Assurance-maladie SA (die später mit CSS fusionierten) ein Schlichtungsgesuch beim kantonalen Schiedsgericht des Kantons Wallis gegen A._ und B._ eingereicht. Dieses Verfahren wurde während des Strafverfahrens sistiert. Nach Scheitern der Schlichtung reichten die Krankenversicherer am 2. Juli 2020 eine "demande de restitution" (Rückforderungsklage) beim Schiedsgericht ein. Darin forderten sie von A._ und B._ solidarisch einen Betrag von CHF 31'980.20 sowie von A.__ zusätzlich CHF 13'593.60, jeweils zuzüglich 5% Zins seit dem 1. Januar 2006. Die Klage stützte sich ausdrücklich auf die Regeln der deliktischen Haftung nach Privatrecht (Art. 41 ff. OR).
Das kantonale Schiedsgericht des Wallis verurteilte A._ und B._ mit Urteil vom 27. Mai 2024 zur Bezahlung der geforderten Beträge (solidarisch CHF 28'698.90, zusätzlich A.__ CHF 12'278.10), jeweils mit Zins. Die Vorinstanz ging dabei davon aus, dass die geltend gemachten Ansprüche ausschliesslich auf dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) beruhten, obwohl die Klägerin ihre Forderung explizit auf Art. 41 OR gestützt hatte.
II. Die Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht trat auf die Beschwerden der beiden Verurteilten ein und prüfte von Amtes wegen die formellen Gültigkeits- und Ordnungsmässigkeitsvoraussetzungen des erstinstanzlichen Verfahrens, insbesondere die Zuständigkeit des kantonalen Schiedsgerichts.
Rechtliche Grundlagen der Schiedsgerichtszuständigkeit: Das Bundesgericht erläutert, dass gemäss Art. 89 Abs. 1 KVG Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern durch ein Schiedsgericht beurteilt werden. Der Begriff der "Streitigkeit" ist dabei weit auszulegen (BGE 111 V 342 E. 1b). Es ist jedoch zwingend erforderlich, dass es sich um Rechtsbeziehungen handelt, die sich aus dem KVG ergeben oder aufgrund dieses Gesetzes begründet wurden. Es muss sich um eine Streitigkeit handeln, die die spezifische Stellung des Versicherers oder Leistungserbringers im Rahmen des KVG betrifft (BGE 134 V 269 E. 2.1). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Zivilrichter zuständig (BGE 131 V 191 E. 2). Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts beurteilt sich dabei nach den Begehren der klagenden Partei und deren rechtlicher Begründung (BGE 141 V 557 E. 2.1; K 5/03 in RAMA 2004 S. 238 E. 2.2).
Anwendung auf den vorliegenden Fall: Im vorliegenden Fall stellte das Bundesgericht fest, dass zwar ein Krankenversicherer (CSS) und zwei Leistungserbringer (Apotheker und Arzt) involviert waren, die Beschwerdegegnerin (CSS) jedoch keine Rechtsbeziehungen geltend machte, die sich aus dem KVG ergeben oder aufgrund dieses Gesetzes begründet worden wären.
Abgrenzung zwischen KVG-Rückforderungsansprüchen und OR-Schadenersatzansprüchen: Das Bundesgericht betont den Unterschied zwischen einer Rückforderung von Leistungen gemäss Art. 56 Abs. 2 KVG und Art. 25 ATSG und einer Schadenersatzklage nach Art. 41 OR:
III. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Basierend auf dieser Abgrenzung kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die vorinstanzliche Annahme des kantonalen Schiedsgerichts, die Ansprüche beruhten ausschliesslich auf dem KVG, unzutreffend war. Da die CSS ihre Forderung ausdrücklich auf deliktische Haftung nach Art. 41 OR gestützt hat, war das kantonale Schiedsgericht nicht zuständig, die Klage zu beurteilen. Es hätte die am 2. Juli 2020 eingereichte Klage als unzulässig erklären müssen.
Das Bundesgericht hiess die Beschwerden der Beschwerdeführer in diesem Punkt teilweise gut und reformierte das angefochtene Urteil dahingehend, dass die Klage als unzulässig erklärt wird. Die übrigen von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen mussten aufgrund dieser primären Frage der Zuständigkeit nicht mehr geprüft werden. Das kantonale Schiedsgericht muss über die Kosten und Entschädigungen des vorangegangenen Verfahrens neu entscheiden.
IV. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
Das Bundesgericht hat im vorliegenden Fall entschieden, dass die Zuständigkeit eines kantonalen Schiedsgerichts gemäss Art. 89 Abs. 1 KVG nur gegeben ist, wenn sich die geltend gemachten Rechtsansprüche aus dem KVG ergeben oder aufgrund dieses Gesetzes begründet wurden. Stützt eine Krankenversicherung ihre Forderung gegen Leistungserbringer explizit auf die deliktische Haftung nach Art. 41 OR mit dem Ziel der Schadenbehebung, so fällt diese Klage in die Zuständigkeit der Zivilgerichte, nicht aber in jene des Schiedsgerichts. Das Bundesgericht unterschied hierbei klar zwischen reinen KVG-Rückforderungsansprüchen (die der Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung dienen) und privatrechtlichen Schadenersatzansprüchen (die einen Schaden beheben sollen). Da die Beschwerdegegnerin ihre Klage ausdrücklich auf Art. 41 OR stützte, war das kantonale Schiedsgericht unzuständig und hätte die Klage als unzulässig erklären müssen. Das Bundesgericht reformierte das Urteil der Vorinstanz entsprechend.