Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_598/2025 vom 6. August 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (BGE 5A_598/2025 vom 6. August 2025) detailliert zusammen.

Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 5A_598/2025 vom 6. August 2025

1. Einführung und Verfahrensgegenstand

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts befasst sich mit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen einen Zwischenentscheid des Obergerichts des Kantons Zürich. Streitgegenstand war die Frage der vorzeitigen Vollstreckung (bzw. des Entzugs der aufschiebenden Wirkung einer Berufung) der erstinstanzlichen Bewilligung zur Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts von Kindern ins Ausland (Griechenland) während des laufenden Berufungsverfahrens. Die Beschwerde wurde vom Vater (Beschwerdeführer) gegen die Mutter (Beschwerdegegnerin) eingereicht.

2. Sachverhalt und Vorinstanzen

Die Eltern der Zwillinge C._ und D._ (geb. 2012) sowie des Sohnes E.__ (geb. 2014) wurden im Jahr 2021 geschieden. Die gemeinsame elterliche Sorge wurde beibehalten, die alleinige Obhut der Mutter zugesprochen. Im Rahmen einer Abänderungsklage verlangte der Vater die Obhut über die Kinder, während die Mutter widerklageweise um Erlaubnis ersuchte, den Wohnsitz der Kinder nach Griechenland zu verlegen. Das Bezirksgericht Horgen bewilligte der Mutter mit Urteil vom 5. Mai 2025 die Verlegung des Wohnsitzes der Kinder nach Griechenland per 1. August 2025 und regelte das Besuchs- und Ferienrecht des Vaters. Gegen dieses Urteil legte der Vater Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich ein. Die Mutter stellte ihrerseits ein Gesuch um vorzeitige Vollstreckung der erstinstanzlichen Wegzugsbewilligung (und damit verbundener Punkte wie der Herausgabe der Pässe). Das Obergericht hiess dieses Gesuch mit ausführlich begründetem Entscheid vom 21. Juli 2025 gut. Dagegen erhob der Vater Beschwerde beim Bundesgericht und beantragte die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids sowie die (superprovisorische) aufschiebende Wirkung, welche jedoch präsidialiter abgewiesen wurde.

3. Rechtliche Problematik und Zulässigkeit vor Bundesgericht

Der angefochtene obergerichtliche Entscheid ist ein Zwischenentscheid im Rahmen eines Abänderungsverfahrens. Die Anfechtung solcher Entscheide ist gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nur unter besonderen Voraussetzungen möglich, namentlich bei drohendem nicht wiedergutzumachendem Nachteil, welcher im vorliegenden Fall als hinreichend begründet erachtet wurde. Entscheide über die aufschiebende Wirkung bzw. vorzeitige Vollstreckung gelten als vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG. Dies hat eine wesentliche Konsequenz für die Kognition des Bundesgerichts: Es können nur Verfassungsrügen erhoben werden, und für diese gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG), d.h., die Verletzung verfassungsmässiger Rechte muss präzise dargelegt und begründet werden.

4. Massgebende Rechtsgrundsätze des Bundesgerichts (E. 3)

Das Bundesgericht rekapituliert seine ständige Rechtsprechung zur Frage der aufschiebenden Wirkung bzw. vorzeitigen Vollstreckung bei Wegzugsfragen gemäss Art. 315 ZPO: * Interessenabwägung und Hauptsachenprognose: Es ist eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen vorzunehmen, wobei die Prognose über den Ausgang des Hauptverfahrens (Hauptsachenprognose) von zentraler Bedeutung ist (BGE 144 III 469 E. 4.2). * Regelfall bei Obhut: Bei bisheriger Alleinobhut des um Bewilligung ersuchenden Elternteils ist die Aufenthaltsverlegung für die Kinder in der Regel bereits während des Rechtsmittelverfahrens zu ermöglichen. Bei praktizierter alternierender Obhut ist tendenziell der bisherige Zustand aufrechtzuerhalten (BGE 144 III 469 E. 4.2.1). * Besondere Vorsicht bei internationalem Wegzug: Bei einem Wegzug ins Ausland ist Zurückhaltung zu üben, selbst wenn der hauptbetreuende Elternteil um Bewilligung ersucht (BGE 144 III 469 E. 4.2.2). Dies liegt daran, dass ein Kind bei der Auswanderung mit dem hauptbetreuenden Elternteil in der Regel sofort den gewöhnlichen Aufenthalt am neuen Ort begründet, was einen Wechsel der Jurisdiktion gemäss Art. 5 Abs. 2 des Haager Kindesschutzübereinkommens (HKsÜ) nach sich zieht (BGE 129 III 288 E. 4.1; 142 III 1 E. 2.1; 143 III 193 E. 2; 144 III 469 E. 4.2.2; 149 III 81 E. 2.4). * Überragendes Kindeswohl und Dringlichkeit als Ausnahmen: Das Kindeswohl bildet stets die oberste Leitmaxime. Ein Abweichen von den genannten Grundsätzen ist bei gegebenen Ausnahmegründen, namentlich bei Dringlichkeit, nicht nur eine Option, sondern eine dem urteilenden Gericht obliegende Pflicht (BGE 143 III 193 E. 4; 144 III 469 E. 4.2.2; Urteil 5A_501/2024 vom 3. September 2024 E. 5). Dies bedeutet, dass die sofortige Umsetzung des erstinstanzlichen Entscheids herbeizuführen ist, wenn Dringlichkeit besteht und das Kindeswohl dies erfordert. * Prüfung im Hauptverfahren (Art. 301a ZGB): Der Gesetzgeber hat mit Art. 301a ZGB die Niederlassungsfreiheit des wegzugswilligen Elternteils bewusst respektiert (BGE 142 III 481 E. 2.5). Die entscheidende Frage ist nicht, ob es für die Kinder am vorteilhaftesten wäre, wenn beide Eltern im Inland blieben, sondern ob das Kindeswohl unter der Prämisse des Wegzuges besser gewahrt ist, wenn sie mit dem auswanderungswilligen Elternteil wegziehen oder beim zurückbleibenden Elternteil bleiben (BGE 142 III 481 E. 2.6). Relevante Kriterien sind die persönliche Beziehung, erzieherische Fähigkeiten, Betreuungskonzept, familiäres/wirtschaftliches Umfeld, Stabilität, Sprache, Beschulung, Gesundheit und – bei älteren Kindern – deren Wünsche (BGE 142 III 481 E. 2.7). War der wegzugswillige Elternteil die Hauptbezugsperson, ist es tendenziell zum besseren Wohl der Kinder, wenn sie mit diesem wegziehen.

5. Anwendung auf den vorliegenden Fall und Widerlegung der Rügen des Vaters

Das Bundesgericht stellt fest, dass der Vater sich mit den ausführlichen Erwägungen des Obergerichts nicht substanziiert auseinandersetzt und seine Verfassungsrügen nicht dem strengen Rügeprinzip genügen.

  • Willkürliche antizipierte Beweiswürdigung (E. 4.1): Der Vater rügt eine willkürliche Beweiswürdigung, ohne jedoch darzulegen, inwiefern weitere Beweiserhebungen (Zeugen, Gutachten) das Entscheidergebnis beeinflussen könnten. Es gab keine Anhaltspunkte für Manipulation oder Gefahren. Insbesondere konnte der Vater kein klares Konzept für die Betreuung der Kinder darlegen, sollten sie in der Schweiz bleiben, noch wollten die Kinder bei ihm leben. Angesichts der Hauptsachenprognose des Obergerichts, wonach die Auswanderung klarerweise zu bewilligen sei, und des Wunsches der Kinder, mit der Mutter zu gehen, wäre ein Hinauszögern des Umzugs in die Mitte des Schuljahres nicht in deren wohlverstandenem Interesse.

  • Falsche Rechtsanwendung Art. 315 ZPO und Art. 301a Abs. 2 ZGB (Gestaltungsurteil) (E. 4.2): Der Vater behauptet, ein Entscheid über den Wegzug sei ein Gestaltungsurteil, dem von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung zukomme und somit keine vorzeitige Vollstreckung hätte angeordnet werden dürfen.

    • Formelle Rüge: Das Bundesgericht tritt auf diesen Punkt aus formellen Gründen nicht ein, da der Vater keine Verfassungsverletzung geltend macht, was Art. 98 BGG jedoch voraussetzt.
    • Materielle Klarstellung (obiter dictum): Das Bundesgericht hält dennoch fest, dass nur der Entscheid über ein Statusrecht (z.B. die Scheidung selbst), nicht aber der Wegzug gemäss Art. 301a Abs. 2 ZGB, ein Gestaltungsurteil in diesem Sinne ist. Die vorzeitige Vollstreckung ist somit grundsätzlich möglich.
  • Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK, Art. 9 UN-KRK) (E. 4.2): Der Vater rügt eine Verletzung seiner Rechte auf Privat- und Familienleben.

    • Das Bundesgericht stellt fest, dass die verfassungsmässigen Ansprüche der Mutter viel stärker tangiert wären, wenn die Kinder, welche seit 2016 unter ihrer alleinigen Obhut stehen, nicht mit ihr an den neuen Lebensort übersiedeln könnten, zumal die 11- und 13-jährigen Kinder den Wegzug wünschen.
    • Der Einschnitt für die Kinder wäre grösser, wenn sie nicht mit der Mutter als Hauptbetreuungsperson sofort nach Griechenland ziehen könnten, sondern unter Obhut des Vaters leben müssten, zu dem sie in den letzten Monaten keinen Kontakt mehr hatten. Der Ortswechsel erscheint als die kleinere Veränderung im Leben der Kinder als ein Obhutswechsel.
    • Das Besuchs- und Ferienrecht des Vaters ist im erstinstanzlichen Urteil geregelt. Zudem ist der Vater griechischer Staatsbürger, dort aufgewachsen und seine Eltern leben in Griechenland; das Obergericht ging sogar von einer möglichen Verbesserung des Besuchsrechts aus. Eine Verfassungsverletzung ist auch hier nicht erkennbar.
  • Verletzung der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK) und des Rechts auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) (E. 4.3): Der Vater befürchtet einen Verlust der schweizerischen Entscheidzuständigkeit durch den faktischen Wegzug.

    • Das Bundesgericht hält fest, dass das Obergericht diesen Verlust der Zuständigkeit in seine Abwägung einbezogen hat. Es hat jedoch angesichts der spezifischen Dringlichkeit (Beginn des Schuljahres) und der Aussichtslosigkeit der Berufung des Vaters entschieden, vom Grundsatz der Aufrechterhaltung des Status quo abzuweichen. Diese Abwägung ist gemäss der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zulässig und verletzt die Rechtsweggarantie nicht.
    • Die Rüge der Verletzung von Art. 13 EMRK ist unbegründet, da diese Garantie akzessorisch ist und eine substanziierte Verletzung einer materiellen EMRK-Garantie voraussetzt, welche hier nicht dargelegt wurde (vgl. BGE 144 I 340 E. 3.4.2; 149 II 302 E. 7.1; 143 III 193 E. 6.1).
    • Im Übrigen hatten sich Gerichte über drei Instanzen mit dem Fall befasst, und der Vater wird auch nach dem Wegzug der Kinder innerhalb des Haager Rechtsraumes (HKsÜ) jederzeit Zugang zu ordentlichen Gerichten haben, um Fragen der Obhut oder des Besuchsrechts zu klären (Art. 5 Abs. 1 und 2 HKsÜ).

6. Fazit

Die Beschwerde des Vaters wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die vorzeitige Vollstreckung der Bewilligung zum Wegzug der Kinder nach Griechenland. Es hielt fest, dass Entscheide über die aufschiebende Wirkung bei vorsorglichen Massnahmen der eingeschränkten Kognition unterliegen und nur substanziierte Verfassungsrügen zulässig sind. Obwohl bei internationalen Wegzügen grundsätzlich Zurückhaltung geboten ist, kann das Kindeswohl im Falle dringlicher Gründe (hier: Schulbeginn, Wunsch der Kinder, geringe Aussicht auf Erfolg der Berufung des Vaters, dessen geringe faktische Betreuungsfähigkeit) eine sofortige Vollstreckung rechtfertigen. Das Gericht betonte, dass der Wegzug mit der primären Bezugsperson, die von den Kindern gewünscht wird, im Vergleich zu einem Obhutswechsel als die im Kindeswohl liegende, kleinere Veränderung zu sehen ist. Der Vater konnte keine schlüssigen Argumente für eine Verletzung seiner Verfassungsrechte oder eine Unzulässigkeit der vorzeitigen Vollstreckung darlegen.