Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_603/2024 vom 5. Mai 2025

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Zusammenfassung des Bundesgerichts-Urteils 4A_603/2024 vom 5. Mai 2025

Parteien und Streitgegenstand:

  • Beschwerdeführer (Vermieter): A.__
  • Beschwerdegegner (Mieter): B.B._ und C.B._
  • Gegenstand: Anfechtung der Wirksamkeit von Kündigungen dreier Mietverhältnisse (5 ½-Zimmer-Wohnung, Luftschutzkeller, Velokeller) durch den Vermieter wegen angeblichem Zahlungsrückstand der Mieter.

Verfahrensgang (Kurz):

Die Mieter (Beschwerdegegner) fochten die Kündigungen vom 30. Januar 2020 beim Regionalgericht an. Das Regionalgericht erklärte die Kündigungen für unwirksam. Die dagegen vom Vermieter (Beschwerdeführer) erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Bern ab. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragte der Vermieter die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und Abweisung der Klage. Das Bundesgericht beurteilte die Rechtmässigkeit des obergerichtlichen Entscheids.

Massgebende rechtliche Erwägungen und Begründung des Bundesgerichts:

Das Bundesgericht hatte im Wesentlichen zwei zentrale Fragen zu prüfen: 1. War die Kündigung der 5 ½-Zimmer-Wohnung gestützt auf Art. 257d OR wegen Zahlungsrückstands wirksam? 2. Waren die Kündigungen des Luftschutzkellers und des Velokellers wirksam, insbesondere unter Anwendung der Regeln für Wohnräume (Art. 253a Abs. 1 OR)?

1. Kündigung der 5 ½-Zimmer-Wohnung nach Art. 257d OR:

  • Ausgangslage: Der Vermieter stützte die Kündigung der Wohnung auf Art. 257d OR, welcher dem Vermieter das Recht gibt, bei Zahlungsverzug des Mieters und nach erfolgloser schriftlicher Mahnung mit Kündigungsandrohung das Mietverhältnis ausserordentlich zu kündigen. Voraussetzung ist das Bestehen eines Zahlungsrückstands.
  • Streitpunkt: Unbestritten war, dass der Mieter (B.B.__) gleichzeitig als Hauswart für den Vermieter tätig war und dass der Hauswartlohn zumindest teilweise mit dem Mietzins für die Wohnung verrechnet wurde. Umstritten war jedoch, ob der gesamte Mietzins inklusive Nebenkosten durch den Hauswartlohn abgegolten wurde oder nur ein Teil davon, wie vom Vermieter behauptet. Die Mieter machten geltend, der gesamte Mietzins und die Nebenkosten seien durch die Hauswarttätigkeit abgegolten worden.
  • Rechtliche Grundlage der Vertragsauslegung (Art. 18 OR): Das Bundesgericht erinnerte an die massgebenden Grundsätze der Vertragsauslegung. Primär ist der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien massgebend (subjektive Auslegung). Kann dieser nicht festgestellt werden, sind die Erklärungen nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie nach Treu und Glauben verstanden werden durften (normative Auslegung). Die Feststellung des wirklichen Willens ist eine Tatsachenfrage, die das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür überprüfen kann (Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 9 BV).
  • Beweiswürdigung durch die Vorinstanz (und Billigung durch das Bundesgericht): Die Vorinstanz (Obergericht) hatte, gestützt auf die Beweiserhebung der Erstinstanz, den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien festgestellt. Sie stützte sich dabei insbesondere auf:
    • Glaubwürdige Aussagen der Mieter: Beide Mieter sagten übereinstimmend aus, dass der Hauswartlohn für die Tätigkeit in V.__ den gesamten Mietzins einschliesslich effektiver Nebenkosten abdecken sollte. Der Mieter zitierte den Vermieter mit der Aussage, dass ein guter Hauswart stets Anspruch auf Miete und Nebenkosten habe und dass dies bereits mit dem Vorgänger so gehandhabt worden sei.
    • Abwicklungspraxis über Jahre: Während 17 Jahren (in beiden Wohnungen) stellte der Vermieter den Mietern keine Nebenkosten in Rechnung. Die Vorinstanz würdigte dies als starkes Indiz dafür, dass keine Nebenkosten geschuldet waren und somit eine entsprechende Vereinbarung existierte. Der Vermieter legte keine Nebenkostenabrechnungen aus dieser langen Zeit vor.
    • Zeitlicher Zusammenhang mit dem Streit: Die Forderung nach Nebenkostenrückständen und die Zustellung von Abrechnungen (die ungewöhnlich weit zurückreichten, nämlich bis 2013/2014) erfolgten erst, nachdem sich das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter Ende 2019 verschlechtert hatte. Dies sprach dafür, dass der Vermieter erst dann von der ursprünglichen, über Jahre gelebten Vereinbarung abweichen wollte.
    • Vom Vermieter angeführte Gegenindizien: Der Vermieter führte eine Überweisung des Mieters an einen Heizöllieferanten und eine Verrechnungserklärung an. Die Vorinstanz berücksichtigte dies, kam aber zum Schluss, dass diese Transaktionen nach Ausbruch des Streits erfolgten und somit keine Rückschlüsse auf die frühere Praxis zuliessen. Zudem erklärte der Mieter nachvollziehbar, dass er Heizöl bestellen musste, weil die Grossanbieter den Vermieter nicht mehr belieferten, und dass der Vermieter ihn dafür entschädigte.
  • Ergebnis der Beweiswürdigung: Die Vorinstanz gelangte zum Beweisergebnis, dass die Parteien mündlich und konkludent vereinbart hatten, dass der Hauswartlohn des Beschwerdegegners für die Liegenschaft in V.__ den Mietzins und die effektiven Nebenkosten der 5 ½-Zimmer-Wohnung abgolten.
  • Anwendung auf Art. 257d OR: Da gemäss dieser vereinbarten Verrechnungspraxis keine Nebenkosten geschuldet waren, bestand zum Zeitpunkt der Kündigung kein Zahlungsrückstand im Sinne von Art. 257d OR.
  • Bundesgerichtliche Überprüfung: Das Bundesgericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit seiner Rüge einer Verletzung von Art. 1 und 18 OR im Wesentlichen die Beweiswürdigung der Vorinstanz angriff. Da die Feststellung des wirklichen Willens eine Tatsachenfrage ist, hätte er darlegen müssen, inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sei (Art. 106 Abs. 2 BGG). Seine Ausführungen erschöpften sich jedoch in unzulässiger appellatorischer Kritik, indem er einzelne Aussagen herausgriff und seine eigene Würdigung darlegte, ohne auf die umfassende Beweiswürdigung der Vorinstanz einzugehen und deren Willkür aufzuzeigen. Das Bundesgericht war somit an die Feststellung der Vorinstanz gebunden, dass eine Vereinbarung über die vollständige Abgeltung der Wohnkosten durch den Hauswartlohn existierte. Daher war die Kündigung der Wohnung nach Art. 257d OR unwirksam.

2. Kündigung des Luftschutzkellers und des Velokellers:

  • Ausgangslage: Die Kündigungen für den Luftschutzkeller und den Velokeller basierten ebenfalls auf angeblichem Zahlungsrückstand. Es stellte sich die Frage, ob für diese "gesondert vermieteten Einrichtungen" (im Sinne von Art. 266e OR) die erleichterten Kündigungsregeln von Art. 266e OR oder die Schutzbestimmungen für Wohnräume gemäss Art. 253a Abs. 1 OR gelten.
  • Anwendbarkeit von Art. 253a Abs. 1 OR: Gemäss Art. 253a Abs. 1 OR gelten die Bestimmungen über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen auch für Sachen, die der Vermieter zusammen mit diesen Räumen dem Mieter zum Gebrauch überlässt, sofern ihr Gebrauch mit dem des Hauptmietobjekts zusammenhängt. Die Rechtsprechung (BGE 137 III 123 E. 2.2; BGE 125 III 231 E. 2a) verlangt zudem Parteiidentität (dieselben Parteien für Haupt- und Nebenmietobjekt) und stellt darauf ab, ob eine rechtliche Einheitsbetrachtung der Objekte sinnvoll ist im Hinblick auf die Interessenlage und den Mieterschutz.
  • Anwendung auf den Fall durch die Vorinstanz (und Billigung durch das Bundesgericht):
    • Funktionaler Zusammenhang: Die Vorinstanz stellte fest, dass ein funktionaler Zusammenhang gegeben ist, da der Keller und der Veloraum als private Lagerräume vom Mieter genutzt wurden und sich in der gleichen Liegenschaft oder in unmittelbarer Nähe der Wohnung befanden. Deren Gebrauch hängt somit mit dem Gebrauch der Wohnung zusammen.
    • Parteiidentität: Die Vorinstanz bejahte auch die Parteiidentität. Der Beschwerdeführer ist der Vermieter aller Objekte. Der Beschwerdegegner (B.B.) ist Mieter aller drei Objekte. Dass bei der als Familienwohnung genutzten 5 ½-Zimmer-Wohnung zusätzlich die Ehefrau (C.B.) als Mieterin auftritt, ändert gemäss Vorinstanz nichts an der erforderlichen Identität im Sinne der Rechtsprechung. Das Bundesgericht teilt diese Ansicht implizit, indem es die Begründung der Vorinstanz billigt.
  • Rechtliche Konsequenz: Da die Kriterien von Art. 253a Abs. 1 OR erfüllt sind, finden auf die Mietverhältnisse betreffend Luftschutzkeller und Velokeller die Schutzbestimmungen für Wohnräume Anwendung, insbesondere Art. 257d OR.
  • Anwendung von Art. 257d OR auf die Nebenkündigungen: Die Vorinstanz stellte fest (basierend auf unbeanstandeten Feststellungen der Erstinstanz), dass der Vermieter die nach Art. 257d OR für diese spezifischen Mietverhältnisse erforderliche schriftliche Mahnung mit Kündigungsandrohung nicht vorgenommen hatte.
  • Schlussfolgerung: Da die formellen Voraussetzungen von Art. 257d OR nicht erfüllt waren, waren auch die Kündigungen des Luftschutzkellers und des Velokellers unwirksam.
  • Bundesgerichtliche Überprüfung: Der Beschwerdeführer rügte die Anwendung von Art. 253a Abs. 1 OR auf diese Mietverhältnisse nicht hinreichend. Das Bundesgericht erachtete die Anwendung durch die Vorinstanz daher als nicht zu beanstanden.

Gesamturteil des Bundesgerichts:

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Obergericht zu Recht festgestellt hat, dass sowohl die Kündigung der 5 ½-Zimmer-Wohnung (mangels Zahlungsrückstands aufgrund der Verrechnungsvereinbarung) als auch die Kündigungen des Luftschutzkellers und des Velokellers (mangels Einhaltung der formalen Anforderungen von Art. 257d OR, welcher aufgrund des Zusammenhangs mit der Wohnung anwendbar ist) unwirksam sind.

Verweise auf ähnliche Entscheidungen:

Das Bundesgericht stützte sich bei der Anwendung von Art. 253a Abs. 1 OR auf seine gefestigte Rechtsprechung, insbesondere BGE 137 III 123 und BGE 125 III 231. Diese Urteile präzisieren die Kriterien des funktionalen Zusammenhangs und der Parteiidentität für die Einheitsbetrachtung von Haupt- und Nebenmietobjekten zugunsten des Mieterschutzes.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die Unwirksamkeit der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigungen. Bezüglich der Wohnung befand es, dass aufgrund einer mündlichen Vereinbarung zwischen den Parteien der Hauswartlohn des Mieters den Mietzins und die Nebenkosten der Wohnung vollständig abdeckte; folglich bestand kein Zahlungsrückstand nach Art. 257d OR. Bezüglich des Kellers und des Veloraums stellte das Gericht fest, dass diese Mietobjekte aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs mit der Wohnung und der Parteiidentität den Schutzbestimmungen für Wohnräume unterliegen (Art. 253a Abs. 1 OR). Da die für eine Kündigung wegen Zahlungsrückstands nach Art. 257d OR erforderliche vorherige Mahnung für diese Objekte unterblieb, waren auch diese Kündigungen unwirksam. Die bundesgerichtliche Überprüfung der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz bezüglich der Verrechnungsvereinbarung war aufgrund fehlender substanziierter Willkürrüge nicht möglich.

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des Mieterschutzes und die strenge Anwendung der Formvorschriften und materiellen Voraussetzungen für Kündigungen nach Art. 257d OR, auch im Kontext von Mischverhältnissen (Arbeitsvertrag und Mietvertrag) und funktional zusammenhängenden Mietobjekten.