Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_110/2025 vom 10. Juni 2025

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Gerne, hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des schweizerischen Bundesgerichts (9C_110/2025 vom 10. Juni 2025) in deutscher Sprache:

Zusammenfassung des Urteils des schweizerischen Bundesgerichts 9C_110/2025 vom 10. Juni 2025

Gegenstand und Prozessgeschichte

Das Urteil befasst sich hauptsächlich mit der Frage, ob die Gewinne aus dem Verkauf von zwei Stockwerkeigentumseinheiten (PPP) in U.__ im Steuerjahr 2014 und 2015 beim Rekurrenten (einem Architekten) als steuerfreier privater Kapitalgewinn oder als steuerbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Form von gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel zu qualifizieren sind.

Der Rekurrent hatte zusammen mit zwei anderen Personen im Jahr 2011 eine Liegenschaft erworben und diese 2012 in Stockwerkeigentum umgewandelt. Zwei der so entstandenen Einheiten (PPP Nr. xxx und Nr. xxx) wurden 2014 bzw. 2015 verkauft. Das kreisamtliche Steueramt Lugano veranlagte die dabei erzielten Gewinne ursprünglich als Liegenschaftsgewinne, welche der kantonalen Grundstückgewinnsteuer unterliegen. Später (2021) qualifizierte es die Gewinne für die direkte Bundessteuer (DBSt) und die kantonale Einkommenssteuer als Einkommen aus gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel und nahm eine entsprechende Aufrechnung vor.

Der Rekurrent bestritt die Qualifikation als gewerbsmässiger Handel. Das Steueramt wies den Rekurs ab. Das Steuergericht des Kantons Tessin (Camera di diritto tributario) bestätigte mit Urteil vom 10. Januar 2025 die Qualifikation als gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel für die DBSt, hob jedoch die Veranlagungen für die DBSt und die kantonale Steuer bezüglich der Nichtberücksichtigung von Rückstellungen für AHV-Beiträge auf und wies die Akten zur Neufestsetzung an die Steuerbehörde zurück. Gegen dieses Urteil reichte der Rekurrent Beschwerde beim Bundesgericht ein.

Zulässigkeit (Kurzfassung des relevanten Punktes)

Das Bundesgericht prüfte die Zulässigkeit der Beschwerde. Da das Steuergericht den Fall bezüglich der AHV-Rückstellungen zur blossen Neufestsetzung (Neuberechnung) an die Vorinstanz zurückwies, was keinen Spielraum für die Behörde lässt, qualifizierte das Bundesgericht diesen Rückweisungsentscheid ausnahmsweise als einem Endentscheid gleichgestellt (Art. 90 BGG analog), was die Anfechtung zulässig macht. Die Beschwerde war im Übrigen fristgerecht und vom Rekurrenten als Partei des vorinstanzlichen Verfahrens eingereicht. Unbezifferte Begehren und unsubstantiierte Rügen (z.B. weitere pauschale Abzüge) wurden als unzulässig erachtet (Art. 106 Abs. 2 BGG).

Materielle Beurteilung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde sowohl in formeller (Recht auf Gehör) als auch in materieller Hinsicht (Qualifikation als gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel).

  1. Formelle Rügen: Recht auf Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV)

    • Akteneinsicht für den Anwalt: Der Rekurrent rügte, dass das Steuergericht seinem Anwalt die Akten nicht zugesandt habe. Das Bundesgericht hielt fest, dass aus Art. 29 Abs. 2 BV zwar ein Recht auf Akteneinsicht folgt, nicht aber ein Recht, dass die Behörde die Akten dem Anwalt zusendet. Die Rechtsprechung (u.a. Urteil 2C_181/2019) und Lehre bestätigen dies. Solange die Gleichbehandlung gewährleistet ist, besteht kein Anspruch auf Zusendung der Akten. Der Rekurrent habe keine Ungleichbehandlung geltend gemacht. Die Rüge wurde abgewiesen.
    • Begründung der Rekursentscheidung: Der Rekurrent machte geltend, die Steuerbehörde (im Rekursverfahren) und das Steuergericht hätten seine Argumentation nicht vollständig berücksichtigt, insbesondere das Vorbringen, er sei zum Kauf bzw. zur persönlichen Baubegleitung gezwungen gewesen. Das Bundesgericht wiederholte seine ständige Rechtsprechung, wonach das Recht auf eine begründete Entscheidung gemäss Art. 29 Abs. 2 BV nicht verlange, dass die Behörde sich zu jedem einzelnen Argument äussert. Es genüge, wenn die massgebenden Gründe für den Entscheid genannt werden. Eine Verletzung liege nur vor, wenn wichtige, entscheidungserhebliche Vorbringen unbehandelt bleiben. Das Bundesgericht stellte fest, dass das Steuergericht die Gründe für die Bestätigung des gewerbsmässigen Handels dargelegt habe und dass der Rekurrent nicht dargelegt habe, inwiefern das von ihm genannte Argument (Zwang zum Kauf/zur Baubegleitung) für die Entscheidung über den gewerbsmässigen Handel massgebend gewesen wäre. Die Rüge wurde abgewiesen. (Eine allfällige Heilung einer ungenügenden Begründung durch die höhere Instanz wurde daher vom Bundesgericht nicht vertieft geprüft.)
  2. Materielle Rüge: Qualifikation als gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel (Art. 18 Abs. 2 LIFD)

    • Rechtlicher Rahmen: Das Bundesgericht erläuterte den Unterschied zwischen steuerfreiem privatem Kapitalgewinn (Art. 16 Abs. 3 LIFD) und steuerbarem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 18 Abs. 2 LIFD). Das schweizerische Steuerrecht folgt für natürliche Personen der Reinvermögenszugangstheorie: Grundsätzlich sind alle Vermögenszugänge steuerbar, ausser ausdrücklich ausgenommene wie private Kapitalgewinne. Letztere sind Gewinne aus der Verwaltung von Privatvermögen, die zufällig anfallen. Eine selbständige Erwerbstätigkeit liegt hingegen vor, wenn die Tätigkeit auf Einkommenserzielung ausgerichtet ist und über die blosse Vermögensverwaltung hinausgeht, selbst wenn sie nur nebenberuflich, gelegentlich oder punktuell ausgeübt wird.
    • Indizien für gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel: Das Bundesgericht wandte den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterienkatalog an, um die Grenze zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel zu ziehen (vgl. insbesondere BGE 125 II 113 E. 6a). Massgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Veräusserung. Wichtige Indizien sind:
      • Systematisches oder planmässiges Vorgehen (z.B. durch Wertsteigerungsmassnahmen wie Parzellierung, Überbauung, Kauf mit kurzfristiger Verkaufsabsicht)
      • Hohe Frequenz der Transaktionen
      • Kurze Besitzesdauer
      • Enge Beziehung der Tätigkeit zum Beruf oder zu den Fachkenntnissen des Steuerpflichtigen
      • Einsatz erheblicher Drittmittel (Fremdfinanzierung)
      • Wiederanlage der Gewinne
      • Bildung einer Personengesellschaft
    • Anwendung auf den vorliegenden Fall: Das Bundesgericht stützte sich auf die vom Steuergericht festgestellten und für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Tatsachen (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es bestätigte, dass im vorliegenden Fall mehrere Indizien für gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel sprachen, die in ihrer Gesamtheit oder teilweise auch einzeln bereits ausreichend sein können:
      • Kurze Besitzesdauer: Die beiden PPP-Einheiten wurden nach ca. 2 Jahren und 8 Monaten bzw. ca. 4 Jahren verkauft, was als eher kurz zu betrachten ist.
      • Fachkenntnisse/Beruf: Der Rekurrent ist Architekt und Mitglied des Verwaltungsrates einer im Baubereich tätigen Gesellschaft. Dies verschaffte ihm die nötigen Kenntnisse, um direkt auf die Liegenschaft einzuwirken, die Umbauarbeiten zu begleiten und den Verkauf zu tätigen (Verweis auf neuere Urteile: 9C_537/2024, 9C_541/2023, 9C_632/2023).
      • Systematisches/Planmässiges Vorgehen: Die Umwandlung in Stockwerkeigentum nur etwa ein Jahr nach dem Kauf (2012 nach Kauf 2011) deutet auf eine geplante Verwertung hin (Verweis auf Urteil 2C_18/2018).
      • Beteiligung an einer Personengesellschaft: Der Kauf und die Entwicklung der Liegenschaft erfolgte in Form einer einfachen Gesellschaft mit zwei weiteren Personen (Verweis auf Urteile 9C_262/2024, 9C_613/2023).
      • Einsatz erheblicher Drittmittel: Ende 2014 waren erhebliche Drittmittel (Hypotheken in Höhe von xxx CHF) eingesetzt, sowohl für den Kauf als auch für die Arbeiten an der Liegenschaft.
    • Würdigung der Gegenargumente: Das Bundesgericht erachtete die Argumente des Rekurrenten, er sei zum Kauf gezwungen gewesen oder die Wohnungen seien ursprünglich zur Vermietung vorgesehen gewesen, angesichts der aufgeführten, stark für einen gewerbsmässigen Handel sprechenden Indizien als nicht entscheidend (Verweis auf Urteile 9C_541/2023, 9C_632/2023). Die Besteuerung des Gewinns als kommerzielles Einkommen für die DBSt stehe im Übrigen nicht im Widerspruch zur kantonalen Grundstückgewinnsteuer, da es sich um zwei unterschiedliche Steuern und Gesetze handle (Art. 12 StHG vs. LIFD).

Schlussfolgerung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Steuergericht des Kantons Tessin zu Recht angenommen hat, dass die streitigen Gewinne aus dem Verkauf der PPP-Einheiten als Einkommen aus gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel gemäss Art. 18 Abs. 2 LIFD zu besteuern sind. Die formellen Rügen (Recht auf Gehör) wurden als unbegründet abgewiesen. Der Rückweisungsentscheid bezüglich der AHV-Rückstellungen, der vom Rekurrenten nicht angefochten wurde und zu seinen Gunsten ausfiel, blieb bestehen.

Ergebnis

Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht bestätigte die Qualifikation der Gewinne aus dem Verkauf von Stockwerkeigentumseinheiten als steuerbares Einkommen aus gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel für die direkte Bundessteuer. Dies stützte sich auf eine Würdigung mehrerer Indizien des gewerbsmässigen Handels, insbesondere die kurze Besitzesdauer, die Fachkenntnisse des Rekurrenten (Architekt), das systematische Vorgehen (PPP-Begründung), die Beteiligung an einer Personengesellschaft und der Einsatz erheblicher Drittmittel. Das Bundesgericht wies auch die formellen Rügen wegen Verletzung des Rechts auf Gehör (Akteneinsicht, Begründungspflicht) ab. Der Fall wurde vom Steuergericht lediglich zur Neuberechnung der AHV-Rückstellungen an die Steuerbehörde zurückgewiesen.