Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_18/2025 vom 3. Juni 2025

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Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 9C_18/2025 vom 3. Juni 2025

1. Einleitung und Streitgegenstand

Das Urteil des Bundesgerichts (BGer) 9C_18/2025 vom 3. Juni 2025 behandelt die Beschwerde eines im Jahr 2011 geborenen Minderjährigen (Beschwerdeführer - Bf), vertreten durch seine Eltern, gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 12. November 2024. Gegenstand ist der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung (HE) der Invalidenversicherung (IV), namentlich aufgrund eines Diabetes Typ 1. Das kantonale Gericht hatte den Anspruch auf HE verneint, und das Bundesgericht wies die dagegen gerichtete Beschwerde ab.

Die zentrale Frage vor Bundesgericht war, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es den Anspruch auf HE verneinte. Der Bf bestritt im letztinstanzlichen Verfahren explizit nicht mehr die vorinstanzliche Feststellung, dass er in keiner der sechs alltäglichen Lebensverrichtungen (Ankleiden, Auskleiden; Aufstehen, Absitzen, Abliegen; Essen; Körperpflege; Verrichtung der Notdurft; Fortbewegung/Kontaktaufnahme) in erheblicher Weise auf Dritthilfe angewiesen ist. Der Streit reduzierte sich somit darauf, ob ein Anspruch auf HE aufgrund des Bedarfs an dauernder persönlicher Überwachung (Art. 37 Abs. 1 IVV) oder ständiger und besonders aufwändiger Pflege (Art. 37 Abs. 3 lit. c IVV) besteht, was beides zur Anerkennung einer leichtgradigen Hilflosigkeit führen kann.

2. Rechtsgrundlagen und allgemeine Grundsätze

Das BGer legte, wie bereits die Vorinstanz, die relevanten Rechtsgrundlagen dar: Den Rechtsbegriff der Hilflosigkeit (Art. 9 ATSG), den Anspruch auf HE (Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG), die drei Hilflosigkeitsgrade (Art. 37 Abs. 1-3 IVV) und die sechs massgebenden alltäglichen Lebensverrichtungen (BGE 133 V 450 E. 7.2). Speziell für den vorliegenden Fall sind die Kriterien der dauernden persönlichen Überwachung (Art. 37 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Abs. 3 lit. b IVV) und der durch das Gebrechen bedingten ständigen und besonders aufwändigen Pflege (Art. 37 Abs. 3 lit. c IVV) von Bedeutung. Bei Minderjährigen ist gemäss Art. 37 Abs. 4 IVV nur der Mehrbedarf im Vergleich zu nicht behinderten Minderjährigen gleichen Alters zu berücksichtigen.

Das Bundesgericht betonte zudem die Regeln zur Sachverhaltsfeststellung und -prüfung (Art. 97 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 2 BGG). Während die Auslegung und Anwendung der Rechtsbegriffe der Hilflosigkeit, des Verordnungsrechts (Art. 35 ff. IVV), des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln (Art. 43 Abs. 1, 61 lit. c ATSG) sowie der Anforderungen an den Beweiswert von Abklärungsberichten vor Ort (Art. 69 Abs. 2 IVV) Rechtsfragen sind, die vom BGer frei geprüft werden können (Art. 95 lit. a BGG), handelt es sich bei den auf medizinische Abklärungen und Abklärungsberichte gestützten Feststellungen über konkrete Einschränkungen und den daraus abgeleiteten Bedarf an Hilfe oder Überwachung um Sachverhaltsfragen. Diese sind für das BGer grundsätzlich bindend, es sei denn, sie sind offensichtlich unrichtig (willkürlich) oder beruhen auf einer Rechtsverletzung (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3. Vorinstanzliche Würdigung

Das Verwaltungsgericht hatte den Anspruch auf HE verneint, da der Bf in keiner alltäglichen Lebensverrichtung erheblich hilflos sei. Es verneinte zudem den Bedarf an dauernder persönlicher Überwachung. Tagsüber sei keine engmaschige Beaufsichtigung nötig, da der Bf Symptome einer Unterzuckerung selbst erkennen könne und nur selten krankheitsbedingt Hilfe benötige. Bezüglich des nächtlichen Aufwands stützte sich das Gericht auf die erste Abklärung vor Ort, wonach über einfache Kontrollen hinausgehende Interventionen nur ungefähr jede dritte Nacht erforderlich seien. Spätere Behauptungen der Mutter über mehrmaliges nächtliches Aufstehen wurden nicht berücksichtigt, da keine Hinweise auf eine gesundheitliche Verschlechterung vorlägen; vielmehr spräche die weitestgehend ungestörte Schulzeit für eine Stabilisierung. Der von der IV akzeptierte Zeitaufwand von 15 Minuten wurde als nicht ausreichend für eine dauernde Überwachung qualifiziert.

Hinsichtlich der ständigen und besonders aufwändigen Pflege (Art. 37 Abs. 3 lit. c IVV) stellte das Gericht fest, dass der Pflegeaufwand maximal 136 Minuten pro Tag betrage. Selbst bei Annahme dieses höheren Werts im Vergleich zur IV (107 Minuten) sei lediglich ein qualitatives Element – die Pflege in der Nacht – zu berücksichtigen. Dies reiche für den Anspruch auf HE nicht aus.

4. Einwände des Beschwerdeführers und deren Beurteilung durch das Bundesgericht

Der Bf erhob vor Bundesgericht verschiedene Rügen:

  • Beweiswert des Abklärungsberichts vor Ort: Der Bf stellte den Beweiswert des zweiten Abklärungsberichts vom 13. Dezember 2022 in Frage. Er rügte, die Abklärungsperson sei nicht qualifiziert gewesen, es liege der Anschein der Befangenheit vor, da dieselbe Person bereits die erste Abklärung durchgeführt habe, und die überlange Verfahrensdauer vor kantonalem Gericht stehe im Widerspruch zu seinen Mitwirkungspflichten.

    • Das BGer wies diese Rügen als unbegründet zurück (E. 5). Die Behauptung der fehlenden Qualifikation sei verspätet und unsubstanziiert; aus den Akten ergäben sich keine Zweifel daran. Der blosse Umstand, dass dieselbe Person beide Abklärungen durchgeführt habe, begründe offensichtlich keinen Anschein der Befangenheit und verletze weder den Untersuchungsgrundsatz noch verfassungsmässige Rechte. Die Rüge der überlangen Verfahrensdauer ziele ins Leere, da kein konkreter Antrag gestellt und keine Schritte unternommen worden seien, um das Verfahren zu beschleunigen. Selbst bei Annahme einer übermässigen Dauer bestehe kein Anspruch auf eine materiell-rechtlich ungeschuldete Sozialversicherungsleistung (unter Verweis auf BGE 129 V 411 E. 3.4 und Urteil 8C_489/2016 E. 2).
  • Anspruch aufgrund dauernder persönlicher Überwachung: Der Bf machte geltend, die Notwendigkeit einer dauernden persönlichen Überwachung sei gegeben, da Hypo- und Hyperglykämien ohne Interventionen zu Gefährdungen führen könnten, Interventionen mehrfach täglich anfielen, der Aufwand unplanbar sei und der Blutzucker rund um die Uhr überwacht werden müsse. Er verwies auf ein anonymisiertes Gutachten.

    • Das BGer wies auch diesen Punkt zurück (E. 6). Das anonymisierte Gutachten beziehe sich offensichtlich nicht auf den Bf und sei daher irrelevant. Die Rüge der rechtsungleichen Behandlung sei unbegründet. Das BGer präzisierte die Rechtsprechung zum Begriff "dauernd": Er sei als Gegensatz zu "vorübergehend" zu verstehen und könne auch erfüllt sein, wenn Anfälle selten, aber unvermittelt und potenziell täglich auftreten (unter Verweis auf Urteile 8C_535/2022 E. 4.3.5.2 und 9C_598/2014 = SVR 2015 IV Nr. 30). Der Bf machte nicht geltend, dass die Vorinstanz diesen Begriff falsch verstanden habe. Seine Behauptungen, ständig sei eine geschulte Person nötig und die Mutter müsse jede Nacht mehrmals intervenieren, widersprächen jedoch den bindenden Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (siehe oben), die nicht als offensichtlich unrichtig oder rechtsfehlerhaft dargetan wurden. Daher sei der Schluss der Vorinstanz, die Intensität der persönlichen Überwachung sei nicht dauernd im Sinne der Rechtsprechung, nicht zu beanstanden.
  • Anspruch aufgrund ständiger und besonders aufwändiger Pflege: Der Bf war der Ansicht, er bedürfe einer besonders aufwändigen Pflege. Er rügte die schematische Anwendung der Kriterien aus dem Kreisschreiben über Hilflosigkeit (KSH) bzw. dessen Vorgänger (KSIH), wonach ein Pflegeaufwand von mehr als zwei Stunden pro Tag plus erschwerende qualitative Momente oder mehr als drei Stunden plus mindestens ein qualitatives Moment nötig seien. Dies finde keine ausreichende gesetzliche oder verordnungsrechtliche Grundlage. Zudem machte er geltend, allein die nächtlichen Interventionen seien mit acht Stunden (für Bereitschaftsdienst) zu veranschlagen und es gäbe weitere qualitative Momente.

    • Das BGer lehnte diese Argumentation ab (E. 7). Es stellte klar, dass die praxisgemässe Anwendung von Art. 37 Abs. 3 lit. c IVV, die kumulativ auf quantitative (Zeitlimite von zwei Stunden) und qualitative Anforderungen abstellt, grundsätzlich nicht zu beanstanden ist und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entspricht (unter Verweis auf Urteil 8C_719/2022 E. 6.4). Die in den Kreisschreiben genannten Zeitlimiten seien mehrfach bestätigt worden. Eine Konstellation, in der die Zeitlimiten nur knapp unterschritten, dafür aber qualitative Momente sehr ausgeprägt seien, die möglicherweise anders zu beurteilen wäre (was das BGer in Urteil 8C_719/2022 offengelassen hatte), liege hier nicht vor (maximal 136 Minuten und gemäss Vorinstanz nur ein qualitatives Moment).
    • Die vom Bf geltend gemachte Veranschlagung nächtlicher Interventionen mit acht Stunden Bereitschaftsdienst unter Verweis auf Urteil 9C_46/2017 gehe fehl. Dieses Urteil befasste sich mit dem Bereitschaftsdienst einer Pflegefachperson der Kinderspitex, was nicht auf die vorliegende Frage der Notwendigkeit einer ständigen und besonders aufwändigen Pflege nach Art. 37 Abs. 3 lit. c IVV übertragbar sei (E. 7.2).
    • Bezüglich weiterer qualitativer Momente folgte das BGer der Vorinstanz (E. 7.3). Die nächtliche Pflege wurde bereits berücksichtigt. Der allenfalls gestörte Schlaf der Mutter sei eine Folge, kein zusätzliches qualitatives Element. Die Komplexität der Medikamenteneinnahme sei quantitativ im Zeitaufwand (136 Minuten) bereits berücksichtigt worden; wie dies die Pflege qualitativ besonders erschweren sollte, sei nicht substantiiert dargelegt. ADHS, Prüfungsangst oder Therapiebesuche seien keine relevanten qualitativen Elemente im Sinne von Art. 37 Abs. 3 lit. c IVV.
    • Daher war der Schluss der Vorinstanz, dass nur ein qualitatives Element zu berücksichtigen sei und dies selbst bei einem Pflegeaufwand von 136 Minuten für den Anspruch nicht genüge, nicht zu beanstanden.

5. Schlussfolgerung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hielt fest, dass der Bf weder einer dauernden persönlichen Überwachung noch einer ständigen und besonders aufwändigen Pflege bedarf. Es anerkannte, dass der Alltag des Bf hohe Anforderungen an die Eltern stelle, betonte aber, dass diese Aufwendungen von der Invalidenversicherung nicht durch eine Hilflosenentschädigung vergütet werden könnten (E. 8).

6. Kosten

Der Beschwerdeführer trägt als unterliegende Partei die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG) in Höhe von Fr. 500.-.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Das Bundesgericht wies die Beschwerde eines minderjährigen Bf mit Diabetes Typ 1 auf Zusprechung einer Hilflosenentschädigung ab.
  • Der Bf war gemäss unbestrittener Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nicht in den alltäglichen Lebensverrichtungen erheblich hilflos.
  • Ein Anspruch auf HE wurde weder aufgrund dauernder persönlicher Überwachung noch ständiger und besonders aufwändiger Pflege bejaht.
  • Der Bedarf an dauernder persönlicher Überwachung wurde basierend auf den verbindlichen, nicht als offensichtlich unrichtig erwiesenen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz verneint (nicht ausreichende Intensität/Häufigkeit der nächtlichen Interventionen).
  • Ein Anspruch aufgrund ständiger und besonders aufwändiger Pflege wurde ebenfalls verneint, da der maximale Pflegeaufwand (136 Minuten) zusammen mit dem einzigen anerkannten qualitativen Element (Nachtpflege) gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und dem damit konformen Verwaltungsschema nicht für einen Anspruch ausreicht.
  • Rügen bezüglich des Beweiswerts des Abklärungsberichts (fehlende Qualifikation, Befangenheit) und der überlangen Verfahrensdauer wurden vom BGer zurückgewiesen.
  • Die HE dient nicht der pauschalen Vergütung des durch die Krankheit bedingten erhöhten elterlichen Betreuungsaufwands.