Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_14/2025 vom 26. Mai 2025

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Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_14/2025 vom 26. Mai 2025:

Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_14/2025

1. Gegenstand des Verfahrens Das Urteil des Bundesgerichts (Az. 2C_14/2025) befasst sich mit der Frage des Dahinfallens (Verwirkens) einer Niederlassungsbewilligung (Permesso di domicilio) für einen italienischen Staatsangehörigen aufgrund von längerer Abwesenheit aus der Schweiz. Der Beschwerdeführer, ein EU/EFTA-Bürger mit einer Niederlassungsbewilligung, hatte im Mai 2018 ein Gesuch um Aufrechterhaltung (suspension) seiner Bewilligung für die Dauer von mindestens zwei Jahren gestellt, da er sich für medizinische Behandlungen vorübergehend in Italien aufhalten müsse. Die kantonalen Behörden (Sezione della popolazione, Consiglio di Stato und Tribunale cantonale amministrativo des Kantons Tessin) wiesen das Gesuch ab und stellten das Dahinfallen der Bewilligung fest, da der Beschwerdeführer bereits seit längerer Zeit vor Einreichung des Gesuchs ununterbrochen in Italien gelebt habe.

2. Zulässigkeit des Rechtsmittels (Kurz) Das Bundesgericht stellt die Zulässigkeit des Rechtsmittels fest. Obwohl Art. 83 lit. c Ziff. 2 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) den Rekurs in Angelegenheiten des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder Bundesrecht noch Völkerrecht ein Recht verleihen, ausschliesst, ist hier die Prüfung des Dahinfallens einer bereits bestehenden Niederlassungsbewilligung betroffen. Zudem kann sich der Beschwerdeführer als italienischer Staatsangehöriger grundsätzlich auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA) berufen, das ihm ein Recht auf Aufenthalt in der Schweiz verleiht. Diese Umstände schliessen die Anwendung von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG aus.

3. Anwendbares Recht Da das Gesuch um Aufrechterhaltung der Bewilligung am 24. Mai 2018 und damit vor dem Inkrafttreten der revidierten Fassung des Ausländergesetzes (AuG), nun Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG), am 1. Januar 2019 gestellt wurde, ist gemäss der Übergangsbestimmung von Art. 126 Abs. 1 AIG das alte Recht (AuG) anwendbar. Das Bundesgericht hält jedoch fest, dass die massgebenden Normen inhaltlich identisch sind (Verweis auf BGE 149 I 66 E. 4.7 u.w.m.), weshalb die aktuelle Rechtsprechung zum AIG herangezogen werden kann.

4. Rechtlicher Rahmen des Dahinfallens der Niederlassungsbewilligung Eine Niederlassungsbewilligung ist von unbegrenzter Dauer und grundsätzlich an keine Bedingungen geknüpft (Art. 34 AuG). Sie kann jedoch dahinfallen (Art. 61 AuG) oder widerrufen werden (Art. 63 AuG). Gemäss Art. 61 Abs. 1 lit. a AuG fällt die Bewilligung insbesondere bei der Abmeldung aus der Schweiz dahin. Gemäss Art. 61 Abs. 2 AuG fällt die Bewilligung zudem dahin, wenn die ausländische Person die Schweiz während sechs Monaten verlassen hat, ohne beim zuständigen Amt eine Bewilligung zur Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung für die folgenden vier Jahre zu beantragen.

Die Rechtsprechung zu Art. 61 Abs. 2 AuG (bzw. der inhaltlich gleichen Bestimmung in Art. 61 Abs. 2 AIG) interpretiert diese Bestimmung dahingehend, dass die Aufrechterhaltung einer Bewilligung ein Minimum an Präsenz auf Schweizer Territorium voraussetzt. Der Gesetzgeber hat hierfür nicht auf den Kriterium des Lebensmittelpunkts oder des zivilrechtlichen Wohnsitzes abgestellt, sondern auf zwei formelle Kriterien: die Abmeldung oder einen Auslandsaufenthalt von sechs Monaten. Bezüglich des sechsmonatigen Auslandsaufenthalts wird klargestellt, dass dieser grundsätzlich ununterbrochen sein muss. Er gilt jedoch auch als gegeben, wenn er nur durch kurze Unterbrechungen gekennzeichnet ist, d.h. wenn die Person nur für relativ kurze Zeit, aus touristischen, familiären oder geschäftlichen Gründen in die Schweiz zurückkehrt (vgl. Art. 79 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE]). Solche kurzen Rückreisen unterbrechen den Auslandsaufenthalt nicht, selbst wenn die ausländische Person eine Wohnung in der Schweiz hat (Verweis auf BGE 145 II 322 E. 2.2 und 2.3; Urteil 2C_410/2024 E. 3.1 u.w.m.).

Das FZA verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Die Artikel 6 Abs. 5 und 12 Abs. 5 Anhang I FZA sehen vor, dass ein Aufenthalt von über sechs Monaten ausserhalb des Aufenthaltsstaates grundsätzlich zum Dahinfallen der Aufenthaltskarte führt, es sei denn, er ist durch die Erfüllung militärischer Pflichten bedingt (Verweis auf Urteile 2C_448/2024 E. 4.1 und 2C_958/2020 E. 3.1 u.w.m.).

5. Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz und deren Überprüfung durch das Bundesgericht

5.1. Die Feststellungen der Vorinstanz Die Vorinstanz (Kantonales Verwaltungsgericht) bestätigte die Einschätzung der kantonalen Behörden, wonach das Gesuch vom 24. Mai 2018 verspätet war, da die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers aufgrund seiner langen Abwesenheit im Ausland bereits zuvor dahingefallen war. Das Gericht stützte seine Schlussfolgerung auf folgende Indizien und Beweise: * Strafverfahrensakten: Schriftverkehr zwischen der Staatsanwaltschaft und den Migrationsbehörden aus den Jahren 2017 und 2018, wonach die Staatsanwaltschaft im Rahmen eines seit 2014 gegen den Beschwerdeführer geführten Strafverfahrens der Ansicht war, dieser befinde sich seit 2014 bzw. Ende 2015 in Italien und sei dort mindestens bis Anfang 2017 geblieben. * Stromrechnung: Die Stromrechnung für die Wohnung des Beschwerdeführers in W.__ für die Periode vom 21. Juli 2017 bis 16. Februar 2018 wies einen sehr geringen Verbrauch von 32 kWh über 211 Tage auf, deutlich unter dem nationalen Durchschnitt. Zudem war der Liefervertrag erst am 21. Juli 2017 aktiviert worden. * Schwierigkeiten im Strafverfahren: Die Akten des Strafverfahrens zeigten, dass die Ermittlungsbehörden bereits seit März 2014 Schwierigkeiten hatten, den Beschwerdeführer einzuvernehmen. Die erste Einvernahme fand erst am 19. Juli 2017 statt. Geplante Einvernahmen im Februar und Mai 2018 wurden abgesagt, da der Beschwerdeführer sich aufgrund gesundheitlicher Probleme in Italien aufhielt, was durch italienische Arztzeugnisse bestätigt wurde. * Einvernahmeprotokoll: Das Protokoll der Einvernahme vom 19. Juni 2017, in dem der Beschwerdeführer selbst aussagte, er habe zuvor nicht einvernommen werden können, weil er in Italien und schwer krank gewesen sei. Er gab an, sich nicht an Erwerbstätigkeiten von 2013 bis 2014 (ausser einem Möbelverkauf 2013) zu erinnern, 2015 drei Monate gearbeitet zu haben (ohne Zeitpunkt) und 2016/2017 nicht gearbeitet zu haben. Er habe bei Erwerbstätigkeit in der Schweiz an seinem Wohnsitz geschlafen. * Polizeibericht: Ein Bericht der Kantonspolizei vom 6. Mai 2019, wonach es nicht möglich war, den Beschwerdeführer weder vor noch nach der Entscheidung der Sezione della popolazione vom 30. April 2019 einzuvernehmen, da er sich in Italien aufhielt.

5.2. Überprüfung durch das Bundesgericht Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung der Strafverfahrensakten, der Analyse des Einvernahmeprotokolls, der Bewertung des Stromverbrauchs und der Würdigung der Arztzeugnisse.

Das Bundesgericht erinnert an den strengen Massstab für die Rüge der Willkür (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Willkür liegt nur vor, wenn die Vorinstanz den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt, ein erhebliches Beweismittel grundlos nicht berücksichtigt oder daraus unhaltbare Schlüsse gezogen hat (Verweis auf BGE 148 IV 39 E. 2.3.5 u.w.m.). Der Beschwerdeführer muss die Willkür für jede gerügte Feststellung präzise darlegen. Rein appellatorische Kritik ist unzulässig.

Das Bundesgericht gelangt zur Erkenntnis, dass der Beschwerdeführer lediglich seine eigene Sichtweise der Ereignisse derjenigen der Vorinstanz gegenüberstellt, was zur Begründung von Willkür nicht ausreicht. * Hinsichtlich der Strafverfahrensakten setzt der Beschwerdeführer seiner Interpretation die der Vorinstanz entgegen, ohne sich mit den zentralen Feststellungen des Gerichts auseinanderzusetzen, insbesondere dass seine eigenen Aussagen im Einvernahmeprotokoll vom 19. Juni 2017 bestätigten, dass er seit 2014 aufgrund seiner Krankheit nicht in die Schweiz kommen konnte. Die Rüge gegen die Ermittlungsbehörden, ihn nicht intensiver kontaktiert zu haben, beweist nicht, dass er nicht abwesend war. * Bezüglich des Einwands, er sei zum Zeitpunkt der Einvernahme vom 19. Juni 2017 verwirrt gewesen, stellt das Gericht fest, dass die Vorinstanz diesen Punkt sehr wohl berücksichtigt hat. Sie hielt fest, dass der Beschwerdeführer in Begleitung seines damaligen Rechtsvertreters über seine Rechte aufgeklärt wurde und ohne Einwand zu seinem Zustand aussagte. Einzelne Zitate aus dem Protokoll, die seiner Meinung nach seine Verwirrung belegen sollen, reichen nicht aus, um die Beweiswürdigung als unhaltbar zu erweisen. * Zur Rüge bezüglich des geringen Stromverbrauchs und der angeblichen Renovierung und des Aufenthalts bei seiner Schwester hält das Gericht fest, dass die Vorinstanz die angeblichen Renovierungsarbeiten als undokumentiert erachtete und die Aussage der Schwester als vage und im Widerspruch zu den eigenen Angaben des Beschwerdeführers stehend würdigte. Die Tatsache, dass die Vorinstanz die Aussage der Schwester nicht explizit als unglaubwürdig bezeichnete, beweist keine Willkür. Die Rüge, dass die Nichtberücksichtigung dieses Beweismittels den Ausgang des Verfahrens beeinflussen könnte, wird als unzulässig erachtet, da der Beschwerdeführer nicht darlegt, inwiefern dies der Fall sein sollte. * Schliesslich genügt auch bei den Arztzeugnissen die blosse Gegenüberstellung der eigenen Interpretation zur Bewertung der Vorinstanz nicht, um Willkür darzulegen. Die Tatsache, dass die Zeugnisse Behandlungen in Italien bestätigen, stützt die Feststellung der Abwesenheit.

5.3. Bindungswirkung der Sachverhaltsfeststellung Gestützt auf diese Prüfung kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz nicht willkürlich ist. Daher ist das Bundesgericht gemäss Art. 105 Abs. 1 BGG an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden.

6. Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt Auf Grundlage des verbindlichen Sachverhalts stellt das Bundesgericht fest: Seit März 2014 gab es im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer Schwierigkeiten, ihn einzuvernehmen, da er sich aus gesundheitlichen Gründen in Italien aufhielt. Er war bis Ende 2015 nicht erreichbar, trotz Zusage, bei Besserung zurückzukehren. Im Einvernahmeprotokoll vom 19. Juni 2017 gab er selbst zu, dass er in den Jahren 2014-2015 aufgrund seiner Gesundheit nicht in die Schweiz kommen konnte. Kombiniert mit dem sehr geringen Stromverbrauch im Zeitraum Juli 2017 - Februar 2018, den von ihm vorgelegten Arztzeugnissen über Behandlungen in Italien und den weiterhin gescheiterten Versuchen, ihn nach Juni 2017 für weitere Einvernahmen zu erreichen, ist für das Gericht zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer auch nach dem 19. Juni 2017 ununterbrochen ausserhalb der Schweiz abwesend war.

Basierend auf diesen Tatsachen kommt das Bundesgericht zum Ergebnis, dass die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers aufgrund der im Ausland verbrachten Zeit bereits vor der Einreichung des Gesuchs um Aufrechterhaltung am 24. Mai 2018 dahingefallen war, nicht gegen Art. 61 Abs. 2 AuG verstösst. Die Bewilligung ist aufgrund der über sechs Monate hinausgehenden Abwesenheit verwirkt.

7. Ergebnis Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Kernfrage: Dahinfallen einer Niederlassungsbewilligung für einen EU/EFTA-Bürger aufgrund längerer Abwesenheit aus der Schweiz.
  • Massgebende Rechtsgrundlage: Art. 61 Abs. 2 des alten Ausländergesetzes (AuG), wonach die Bewilligung bei einem Auslandsaufenthalt von über sechs Monaten ohne Gesuch um Aufrechterhaltung dahinfällt. Die Rechtsprechung interpretiert dies als formelles Kriterium, das auch bei kurzen Rückreisen erfüllt sein kann.
  • Zentrale Feststellung der Vorinstanz (vom Bundesgericht bestätigt): Der Beschwerdeführer war aufgrund der im Strafverfahren gesammelten Indizien (Schwierigkeiten bei Einvernahmen seit 2014, eigene Aussagen, geringer Stromverbrauch, ärztliche Atteste aus Italien) bereits seit längerer Zeit, jedenfalls aber seit über sechs Monaten vor seinem Gesuch vom 24. Mai 2018, ununterbrochen aus der Schweiz abwesend.
  • Prüfung der Willkürrüge: Das Bundesgericht wies die Rügen des Beschwerdeführers gegen die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung als unbegründet zurück, da er die hohen Anforderungen an die Darlegung von Willkür nicht erfüllte und lediglich eine alternative Sichtweise darlegte.
  • Ergebnis: Da die Niederlassungsbewilligung aufgrund der festgestellten, über sechs Monate hinausgehenden Abwesenheit gemäss Art. 61 Abs. 2 AuG bereits dahingefallen war, wies das Bundesgericht die Beschwerde ab.