Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 6B_337/2024 des Schweizerischen Bundesgerichts vom 30. April 2025:
Bundesgerichtsurteil 6B_337/2024 vom 30. April 2025
Gericht: Schweizerisches Bundesgericht, I. Strafrechtliche Abteilung
Datum des Urteils: 30. April 2025
Gegenstand: Betrug (Art. 146 StGB); Strafzumessung (Art. 47 ff. StGB); Begründungspflicht (Art. 50 StGB)
Verfahrensgeschichte:
Der Beschwerdeführer A.__ wurde vom Bezirksgericht Visp am 9. November 2022 wegen diverser Delikte, darunter mehrfacher, teilweise versuchter Betrug, zu einer Freiheitsstrafe von 42 Monaten verurteilt und zur Zahlung von Schadenersatz an die Beschwerdegegnerin 2 (eine Versicherungsgesellschaft) verpflichtet. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Beschwerdeführer als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein.
Das Kantonsgericht Wallis bestätigte mit Urteil vom 12. März 2024 die Schuldsprüche des Bezirksgerichts, unter anderem wegen Betrugs betreffend einen fingierten Einbruch, passte jedoch die Strafe auf 39 Monate Freiheitsstrafe (neben einer bedingten Geldstrafe und Busse) an. Es bestätigte auch die Schadenersatzpflicht gegenüber der Beschwerdegegnerin 2.
Rügen des Beschwerdeführers vor Bundesgericht:
Der Beschwerdeführer focht vor Bundesgericht einzig den Schuldspruch wegen Betrugs im Zusammenhang mit dem fingierten Einbruch an. Er machte geltend, sein Verhalten sei nicht arglistig im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB gewesen, da er lediglich eine einfache falsche Schadenmeldung abgegeben habe und die Täuschung nur aufgrund unterlassener, zumutbarer Kontrollmassnahmen der Beschwerdegegnerin 2 erfolgreich gewesen sei.
Des Weiteren wandte er sich gegen die Strafzumessung, insbesondere gegen die Höhe der Freiheitsstrafe von 39 Monaten. Er argumentierte, diese Strafe liege im Grenzbereich zum teilbedingten Vollzug (Grenze bei 36 Monaten gemäss Art. 43 Abs. 1 StGB) und die Vorinstanz habe die knappe Überschreitung dieser Grenze nicht ausreichend begründet. Er beantragte eine tiefere Freiheitsstrafe, allenfalls mit teilbedingtem Vollzug.
Schliesslich beantragte er die Abweisung der Zivilforderung der Beschwerdegegnerin 2 oder deren Verweisung auf den Zivilweg.
Massgebende rechtliche Erwägungen und Argumente des Bundesgerichts:
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Prüfung des Betrugs (Art. 146 Abs. 1 StGB):
- Das Bundesgericht rekapituliert zunächst die Elemente des Betrugstatbestands: Arglistige Irreführung oder arglistiges Bestärken eines Irrtums durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen, wodurch der Irrende zu einem vermögensschädigenden Verhalten bestimmt wird, mit Bereicherungsabsicht.
- Täuschung und Arglist: Täuschung ist jedes Verhalten zur Erzeugung einer von der Wirklichkeit abweichenden Vorstellung. Arglist erfordert eine gewisse Raffinesse oder Durchtriebenheit. Beispiele sind das Lügengebäude oder besondere Machenschaften (intensive, planmässige Vorkehrungen). Bei einfachen falschen Angaben liegt Arglist vor, wenn eine Überprüfung schwierig, unzumutbar oder vom Täter verhindert wird, oder wenn der Täter weiss, dass das Opfer aus besonderem Vertrauen auf eine Überprüfung verzichtet (E. 1.2.2, unter Verweis auf diverse BGE).
- Opfermitverantwortung: Arglist entfällt, wenn das Opfer den Irrtum mit einem Minimum an Aufmerksamkeit hätte vermeiden können. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Der Schutz entfällt nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit, die das Täterverhalten in den Hintergrund treten lässt (E. 1.2.3, unter Verweis auf diverse BGE).
- Versicherungsbetrug: Das Bundesgericht verweist auf seine Rechtsprechung, wonach die Abfassung einer falschen Schadenanzeige grundsätzlich immer arglistig ist, insbesondere bei geringfügigen Schäden, wo eine Überprüfung unverhältnismässig wäre (E. 1.2.4, unter Verweis auf BGE 143 IV 302 E. 1.3.4 und diverse Urteile).
- Anwendung auf den Fall: Das Bundesgericht hält die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) für verbindlich: Der Beschwerdeführer täuschte einen Einbruchdiebstahl vor, indem er Dritte gewaltsam in die Geschäftsräume eindringen liess, nachdem er die angeblich gestohlenen Gegenstände beiseitegeschafft hatte. Anschliessend informierte er die Polizei und reichte der Versicherung eine Schadenmeldung mit einer Liste der angeblich gestohlenen Gegenstände ein. Die Versicherung zahlte gestützt auf die Polizeiermittlungsergebnisse Fr. 20'000.-- aus (E. 1.3).
- Beurteilung der Arglist: Das Bundesgericht anerkennt, dass die blosse falsche Schadenmeldung (Auflistung der Gegenstände) isoliert betrachtet eine einfache schriftliche Lüge darstellt (E. 1.5.2). Es widerspricht jedoch der Argumentation des Beschwerdeführers, dass vorgelagerte Handlungen (Inszenierung des Einbruchs) für die Arglist unerheblich seien. Die Arglist betrifft die Qualität der Täuschungshandlung und die Umstände, die sich im Rahmen der Kommunikation zwischen Täter und Opfer auswirken sollen. Die Inszenierung des Einbruchs war Teil des Täuschungsverhaltens, da sie dazu diente, die falsche Schadenmeldung zu untermauern und die Polizeiergebnisse zu manipulieren, auf die sich die Versicherung stützte (E. 1.5.2, 1.5.3). Durch die Inszenierung des Einbruchs durch Dritte und die anschliessende Vorlage der Polizeiermittlungsergebnisse an die Versicherung verstärkte der Beschwerdeführer den Irrtum der Versicherung erheblich und hielt sie davon ab, weitere Überprüfungsmassnahmen zu ergreifen (E. 1.5.3, 1.5.4, unter Verweis auf Literatur).
- Beurteilung der Opfermitverantwortung: Das Bundesgericht verneint eine Leichtfertigkeit der Beschwerdegegnerin 2. Selbst wenn der Schaden nicht als reiner Routinefall gelten sollte, ist nicht ersichtlich, welche elementaren Vorsichtsmassnahmen die Versicherung leichtfertig unterlassen haben soll. Sie stützte sich auf die Ermittlungsergebnisse der Polizei, die der Beschwerdeführer selbst inszeniert hatte. Das Vorgehen (Einbruch durch Dritte) ist schwer aufzudecken (E. 1.5.5, unter Verweis auf BGE 105 IV 330 E. 2.a und Literatur).
- Fazit Betrug: Der Schuldspruch wegen Betrugs ist bundesrechtskonform (E. 1.5.6).
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Prüfung der Strafzumessung und Begründungspflicht (Art. 50 StGB):
- Der Beschwerdeführer rügt die Strafhöhe von 39 Monaten, die den teilbedingten Vollzug (Grenze bei 36 Monaten) knapp überschreitet, und die unzureichende Begründung der Vorinstanz für diese Überschreitung.
- Teilbedingter Vollzug (Art. 43 StGB): Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von 1 bis 3 Jahren teilweise aufschieben, wenn dies zur Berücksichtigung des Verschuldens notwendig ist. Der unbedingte Teil darf die Hälfte nicht übersteigen, beide Teile müssen mindestens 6 Monate betragen (E. 2.2.1).
- Begründungspflicht (Art. 50 StGB, Art. 29 Abs. 2 BV): Das Gericht muss die massgebenden Umstände und deren Gewichtung für die Strafzumessung festhalten, damit diese nachvollziehbar ist und der Entscheid angefochten werden kann. Das Bundesgericht hebt ein Urteil nicht allein wegen unzureichender Begründung auf, wenn das Ergebnis korrekt ist (E. 2.2.2).
- Strafempfindlichkeit und Konsequenzen des Vollzugs: Die Auswirkungen auf das Leben des Täters können strafmindernd wirken, aber die Härte des Vollzugs ist eine gesetzmässige Folge und mindert die Strafe nur bei aussergewöhnlichen Umständen (E. 2.2.3, unter Verweis auf BGE 134 IV 17 E. 3.4 und diverse Urteile).
- Grenzbereich zum teilbedingten Vollzug: Liegt die Strafe im Bereich des gesetzlichen Grenzwertes (36 Monate) und sind die subjektiven Voraussetzungen (Prognose) an sich erfüllt, muss das Gericht prüfen, ob eine Strafe unterhalb der Grenze noch vertretbar ist. Wenn ja, ist eine teilbedingte Strafe zu verhängen. Wenn nein, kann auch eine geringfügig höhere Strafe ausgesprochen werden. Diese Entscheidung muss ausdrücklich begründet werden (E. 2.2.4, unter Verweis auf BGE 134 IV 17 E. 3.5 f.).
- Anwendung auf den Fall: Die Vorinstanz verhängte 39 Monate (3 Monate über der Grenze). Sie attestierte dem Beschwerdeführer keine besondere Strafempfindlichkeit, was das Bundesgericht bestätigt (E. 2.3.1).
- Prognose und Begründung der Überschreitung: Die Vorinstanz stellte eine schlechte Legalprognose fest, indem sie auf die mehrfachen Vorstrafen, die geringe Einsicht/Reue (erst bei Beweislage), die Unbelehrbarkeit und die Begehung weiterer Straftaten nach der ersten Haftentlassung verwies. Nach Ansicht des Bundesgerichts steht diese schlechte Prognose einem teilbedingten Vollzug entgegen. Indem die Vorinstanz diese schlechte Prognose ausführlich begründete, hat sie implizit (aber klar erkennbar) begründet, warum eine Strafe nicht über 36 Monate (welche einen teilbedingten Vollzug erlauben würde) nicht schuldangemessen und daher nicht vertretbar war. Die Begründung der schlechten Prognose durch die Vorinstanz ist ausreichend detailliert und genügt den Anforderungen an die Begründungspflicht gemäss Art. 50 StGB und BGE 134 IV 17 E. 3.6 (E. 2.3.2).
- Fazit Strafzumessung: Die Strafzumessung und ihre Begründung sind bundesrechtskonform.
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Prüfung der Zivilforderung:
- Der Beschwerdeführer stellte Anträge zur Zivilforderung, begründete diese jedoch in seiner Beschwerde nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG).
- Fazit Zivilforderung: Das Bundesgericht tritt mangels Begründung auf diese Anträge nicht ein (E. 3).
Endgültiger Entscheid:
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht bestätigte den Schuldspruch wegen Betrugs im Zusammenhang mit einem fingierten Einbruch. Es entschied, dass die Arglist nicht nur in der falschen Schadenmeldung lag, sondern insbesondere in der vom Täter inszenierten Vortäuschung des Einbruchsgeschehens selbst, welche zu einem manipulierten Polizeibericht führte, auf den sich die Versicherung stützte und der weitere Überprüfungsmassnahmen der Versicherung verhinderte. Es verneinte eine Leichtfertigkeit der Versicherung. Bezüglich der Strafzumessung bestätigte das Gericht die von der Vorinstanz festgesetzte Freiheitsstrafe von 39 Monaten. Die knappe Überschreitung des Grenzwerts für den teilbedingten Vollzug (36 Monate) sei ausreichend begründet worden, da die Vorinstanz eine schlechte Legalprognose des Beschwerdeführers festgestellt und diese ausführlich dargelegt hatte, was einen teilbedingten Vollzug ausschliesse. Anträge zur Zivilforderung wurden mangels Begründung nicht behandelt.