Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_240/2024 vom 28. April 2025

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Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 1C_240/2024 des Schweizerischen Bundesgerichts vom 28. April 2025 (wahrscheinlich ein Tippfehler, gemeint ist wohl 2024, basierend auf den Sachverhaltsdaten):

Zusammenfassung des Urteils 1C_240/2024 des Schweizerischen Bundesgerichts

1. Verfahrensgegenstand und beteiligte Parteien: Das Urteil betrifft die Anfechtung einer kantonalen Gerichtsentscheidung, die eine von der Gemeinde Sion erteilte Bewilligung zum Abbruch eines Wohnhauses bestätigte. Das Grundstück (Parzelle Nr. 657) liegt im Sektor "Creusets d'en Haut" der Gemeinde Sion, welcher Teil des Inventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) ist (Ensemble 0.4, Kategorie "AB", Schutzziel "A"). Beschwerdeführer sind Nachbarn der Liegenschaft. Beschwerdegegnerin ist die Eigentümerin der Parzelle, die G.__ SA.

2. Sachverhalt im Überblick: Die Parzelle Nr. 657 ist mit einem Wohnhaus und zwei Nebengebäuden bebaut, die sich in einem schlechten Zustand befinden und seit Jahren nicht unterhalten wurden. Nach Vorkommnissen (Besetzungen, Brand) ordnete die Gemeinde Sion im Oktober 2021 sicherheits- und salubritätsbedingte Massnahmen an (Baumfällung, Instandsetzung zur Sicherung/Sanierung und Vermeidung von Eindringen Dritter). Im Januar 2022 beantragte die Eigentümerin eine Abbruchbewilligung im Hinblick auf eine spätere Neubebauung. Gegen die Bewilligung erhoben die Nachbarn Einsprache, die vom Gemeinderat von Sion abgewiesen wurde. Der Gemeinderat erteilte die Bewilligung. Einsprachen und Rekurse der Nachbarn beim Staatsrat des Kantons Wallis und beim Kantonsgericht Wallis blieben erfolglos. Das Kantonsgericht bestätigte im Wesentlichen, dass die ISOS-Einstufung des Sektors den Abbruch des Gebäudes nicht verhindere.

3. Zulässigkeit (Kurz): Das Bundesgericht trat grundsätzlich auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein. Die Beschwerdeführer sind als direkte Nachbarn zur Beschwerde legitimiert. Obwohl sie nur einen Kassationsantrag (Aufhebung des angefochtenen Urteils) stellten, der grundsätzlich unzulässig ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), interpretierte das Gericht die Begründung dahingehend, dass implizit eine neue Entscheidung (Erhaltung des Gebäudes) beantragt wird, und trat deshalb auf die Beschwerde ein (unter Verweis auf ständige Rechtsprechung wie BGE 137 II 313). Neue Vorbringen und Beweismittel in der Replik oder späteren Eingaben wurden als unzulässig qualifiziert (Art. 47 Abs. 1, 99 BGG).

4. Wesentliche Rechtsfragen und Begründung des Bundesgerichts:

4.1. Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und der inzidenten Prüfung der Planung: Die Beschwerdeführer machten geltend, das Kantonsgericht habe ihr rechtliches Gehör verletzt, indem es erstmals die Frage der inzidenten Prüfung der Planung (insbesondere des ISOS-Inventars im Verhältnis zum kommunalen Zonenplan) geprüft habe, nachdem die Vorinstanzen dies versäumt hätten. Das Kantonsgericht habe somit als erstinstanzliche kommunale Behörde fungiert.

  • Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht hält fest, dass eine Behörde das rechtliche Gehör verletzt, wenn sie es unterlässt, über relevante Rügen zu entscheiden (BGE 141 V 557). Eine formelle Verletzung des rechtlichen Gehörs führt grundsätzlich zur Aufhebung der Entscheidung (BGE 135 I 187). Eine solche Verletzung kann jedoch geheilt werden, wenn die beschwerte Partei die Möglichkeit hatte, sich vor einer Rechtsmittelinstanz mit voller Kognition zu äussern (BGE 135 I 279).
  • Im vorliegenden Fall stellte das Bundesgericht fest, dass das Kantonsgericht die Problematik der inzidenten Prüfung sehr wohl behandelt hat. Es hat erkannt, dass die Vorinstanzen die Notwendigkeit einer solchen Prüfung implizit verneint hatten. Das Kantonsgericht hat sodann die Tragweite des ISOS-Inventars im Detail geprüft und den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Äusserung eingeräumt. Da das Walliser Kantonsgericht in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten volle Kognition in Sachverhalts- und Rechtsfragen hat (Art. 78 des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes), konnte ein allfälliger Mangel in den Vorinstanzen geheilt werden.
  • Die Rüge der Beschwerdeführer genügte zudem nicht den erhöhten Begründungsanforderungen für verfassungsrechtliche Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG), da sie die Argumentation des Kantonsgerichts nicht substanziiert bestritten.
  • Schlussfolgerung: Die Rüge wurde als unzulässig, eventualiter als unbegründet abgewiesen.

4.2. Berücksichtigung des ISOS-Inventars und Schutzziel (Art. 6 Abs. 1 NHG, Art. 3 RPG): Die Beschwerdeführer stützten ihre Argumentation hauptsächlich auf eine nach dem Zonenplan erstellte ISOS-Erhebung (Modifikation von 1998, publiziert 2004). Sie machten geltend, der Abbruch sei unzulässig, da er dem Schutzziel des ISOS-Inventars widerspreche.

  • Begründung des Bundesgerichts: Gemäss ständiger Rechtsprechung zum Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) und zur Raumplanungsverordnung (RPG) sind die Inventare des Bundes (wie das ISOS) bei der Interessenabwägung im Rahmen der Erhaltung von schützenswerten Ortsbildern zu berücksichtigen (Art. 6 Abs. 1 NHG, Art. 3 RPG). Das ISOS-Inventar bringt ein Bundesinteresse zum Ausdruck, das bei kantonalen und kommunalen Aufgaben zu beachten ist. Eine Beeinträchtigung ist nur zulässig, wenn sie weder die Identität des Schutzobjekts noch das ihm zugewiesene Schutzziel verändert. Dieses Schutzziel ergibt sich aus dem Inventar und den zugehörigen Objektblättern (Verweis auf diverse BGE-Urteile, z.B. 1C_126/2020, 1C_609/2021).
  • Das Kantonsgericht hatte festgestellt, dass das betroffene Wohnhaus kein individuelles schützenswertes Interesse aufweist; es ist weder einzeln im ISOS noch in anderen Schutzmassnahmen aufgeführt. Die ISOS-Schutzziele für den Ensemble 0.4 beziehen sich auf den Wohncharakter des Quartiers, der durch die Homogenität der Bauweise (Häuser mit 1-3 Wohnungen) geprägt ist, während Mehrfamilienhäuser als störende Elemente genannt werden. Der Abbruch des nicht einzeln geschützten Hauses sei daher nicht geeignet, dieses übergeordnete Schutzziel zu gefährden. Die Frage der Vereinbarkeit einer zukünftigen Neubebauung mit den Schutzzielen sei nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens.
  • Die Beschwerdeführer kritisierten diese Beurteilung nicht substanziell. Ihre Behauptung, der Abbruch würde das Schutzziel gefährden, wurde vom Gericht als unbegründet erachtet, da nicht dargelegt wurde, inwiefern die Zerstörung dieses unspezifisch aufgeführten Gebäudes die Homogenität und den Charakter des Quartiers beeinträchtigen würde. Die Unterscheidung zwischen "Ensemble ISOS" und "Périmètre ISOS" sei irrelevant.
  • Schlussfolgerung: Die Rüge wurde als unbegründet abgewiesen. Das Bundesgericht verwies zudem auf die detaillierten und sorgfältigen Ausführungen des Kantonsgerichts (Art. 109 Abs. 3 BGG).

4.3. Rüge des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB) und offensichtlich unrichtiger Sachverhaltsfeststellung: Die Beschwerdeführer brachten vor, dass das Gebäude (und die Parzelle) bewusst vernachlässigt worden seien, um den Abbruch zu erleichtern. Dies stelle einen Rechtsmissbrauch dar. Sie argumentierten, wäre das Gebäude instandgehalten worden (ggf. durch behördlich angeordneten Ersatzunterhalt), hätte die Gemeinde den Abbruch nicht bewilligen können, da dieser das ISOS-Schutzziel kompromittiere. Das Kantonsgericht hätte klären müssen, ob der Unterhaltsmangel vorsätzlich war.

  • Begründung des Bundesgerichts: Das Prinzip des Rechtsmissbrauchs wird restriktiv angewendet. Es dient der Korrektur offensichtlich ungerechter Rechtsausübung (BGE 143 III 279).
  • Das Bundesgericht analysierte die Sachlage: Die kommunale Verfügung von 2021 ordnete eine Instandsetzung aus polizeilichen Gründen (Sicherheit, Salubrität, Verhinderung Eindringen Dritter) an, nicht aus Gründen des Denkmalschutzes oder der Ortsbildpflege. Das Gebäude genoss weder individuellen ISOS-Schutz noch Schutz nach kommunalem Recht. Es bestand somit keine Pflicht, das Gebäude aus Gründen des Kulturgüterschutzes zu erhalten oder zu unterhalten, und es gab kein Verbot für den Abbruch aus solchen Gründen.
  • Da keine rechtliche Verpflichtung zum Erhalt des Gebäudes aus patrimonialen Gründen bestand und der Abbruch aus solchen Gründen nicht verboten war, kann im Verhalten der Eigentümerin (auch wenn die Vernachlässigung vorsätzlich gewesen wäre) kein Rechtsmissbrauch gesehen werden.
  • Schlussfolgerung: Die Rüge wurde abgewiesen.

5. Ergebnis: Das Bundesgericht wies die Beschwerde, soweit sie zulässig war, ab.

6. Kosten und Parteientschädigung: Die Gerichtskosten wurden den unterliegenden Beschwerdeführern auferlegt. Die Beschwerdeführer wurden zudem verpflichtet, der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu zahlen.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die Bewilligung zum Abbruch eines Wohnhauses in Sion, das in einem ISOS-Gebiet liegt, da das Gebäude selbst keinen individuellen Schutzstatus im ISOS-Inventar oder nach kommunalem Recht geniesst. Das Gericht befand, dass der Abbruch des unspezifisch erfassten Gebäudes das übergeordnete ISOS-Schutzziel für das Quartier (Erhaltung des Wohncharakters und der Bauweise-Homogenität) nicht gefährdet. Eine allfällige Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanzen wurde als durch die volle Kognition des Kantonsgerichts geheilt betrachtet. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs durch vorsätzliche Vernachlässigung des Gebäudes wurde zurückgewiesen, da keine rechtliche Pflicht zur Erhaltung des Gebäudes aus patrimonialen Gründen bestand und der Abbruch nicht aus solchen Gründen verboten war.