Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (6B_440/2024 vom 7. Mai 2025):
Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 6B_440/2024 vom 7. Mai 2025
Einleitung
Das Bundesgericht hatte über ein Urteil der Cour d'appel pénale des Kantons Waadt vom 16. Januar 2024 zu entscheiden, das einen Schuldspruch und die Verurteilung von A.__ wegen verschiedener Delikte, hauptsächlich Betrug und SVG-Verstösse, sowie die Widerrufung bedingter Strafen und eine Landesverweisung bestätigte. Die Beschwerde betraf im Wesentlichen die Rechtmässigkeit des Urteils in Abwesenheit (Default-Urteil), die Verwertbarkeit von polizeilichen Einvernahmen, die Schuldsprüche wegen der vorgeworfenen Delikte (insbesondere Betrug und SVG-Verstösse), die Strafzumessung, die Gewährung/Verweigerung bedingter Strafen sowie die Rechtmässigkeit der angeordneten Landesverweisung.
Massgebende Punkte und rechtliche Argumente des Gerichts
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Zum Urteil in Abwesenheit (Art. 366 StPO):
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer machte eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs und von Art. 366 Abs. 4 StPO geltend. Er behauptete, die Bedingungen für ein Urteil in Abwesenheit seien nicht erfüllt gewesen, da er nicht ordnungsgemäss zur zweiten Hauptverhandlung geladen worden sei und nicht ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sich zu den Vorwürfen zu äussern, insbesondere zum Risiko einer Freiheitsstrafe, eines Widerrufs bedingter Strafen und der Landesverweisung.
- Erwägungen der Vorinstanz: Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführer zur ersten Hauptverhandlung am 7. November 2022 ordnungsgemäss geladen (auch polizeilich zugestellt) wurde und die Ladung die mögliche Widerrufung der bedingten Strafen erwähnte. Zur neu angesetzten Hauptverhandlung am 25. Mai 2023 sei er, begleitet von seinem Anwalt, im Gerichtsgebäude anwesend gewesen, habe die Örtlichkeiten aber kurz vor Verhandlungsbeginn verlassen. Damit habe er sich selbst der Teilnahme an den (ordnungsgemäss angesetzten) Verhandlungen entzogen (Art. 366 Abs. 3 StPO). Die Voraussetzungen für ein Urteil in Abwesenheit gemäss Art. 366 Abs. 4 StPO seien erfüllt gewesen: Er hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu den Sachverhalten zu äussern (mehrere polizeiliche und eine staatsanwaltschaftliche Einvernahme mit Verteidiger). Die Beweise im Dossier seien für ein Urteil ausreichend gewesen. Bezüglich der Landesverweisung sei er als anwaltlich vertretener Beschuldigter über die Risiken einer Verurteilung informiert gewesen.
- Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht prüfte die Rüge zunächst unter dem Gesichtspunkt der ordnungsgemässen Ladung (Art. 366 Abs. 1 StPO). Bezüglich der ersten Ladung bestätigte das Bundesgericht anhand der Akten, dass diese persönlich und erfolgreich durch die Gendarmerie zugestellt wurde. Bezüglich der zweiten Ladung stellte das Gericht fest, dass selbst eine allfällige unregelmässige Zustellung an den Verteidiger unerheblich sei, da der Beschwerdeführer nachweislich am Tag der Verhandlung im Gerichtsgebäude anwesend war und die Ladung somit ihren Zweck erreicht hatte. Der Beschwerdeführer entzog sich bewusst der Verhandlung.
Zum Argument der unzureichenden Äusserungsmöglichkeit (Art. 366 Abs. 4 lit. a StPO) hielt das Bundesgericht fest, dass die staatsanwaltschaftliche Einvernahme mit Verteidiger als ausreichend gelte, um diese Bedingung zu erfüllen. Eine Äusserungsmöglichkeit zu den Tatsachen der vorgeworfenen Taten sei gegeben gewesen. Ob Art. 366 Abs. 4 lit. a StPO auch eine Äusserungsmöglichkeit zu den für die Landesverweisung relevanten Tatsachen erfordere, könne offenbleiben, da der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, zu welchen spezifischen dieser Tatsachen er sich nicht hätte äussern können. Das Bundesgericht bestätigte zudem seine Rechtsprechung, wonach die Anklageschrift das Risiko einer Landesverweisung nicht erwähnen müsse (Verweis auf BGE 6B_339/2023 E. 2.1 f.). Die Rüge der unzureichenden Beweislage im Dossier (Art. 366 Abs. 4 lit. b StPO) wurde mangels ausreichender Begründung als unzulässig erachtet (Art. 42 Abs. 2 BGG).
Ergebnis: Die Rügen bezüglich der Rechtmässigkeit des Urteils in Abwesenheit wurden abgewiesen.
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Zur Verwertbarkeit der Einvernahmen (Art. 131 StPO):
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer rügte die Verletzung von Art. 131 Abs. 3 und Art. 141 Abs. 2 StPO. Er argumentierte, dass die polizeilichen Einvernahmen (PV Nr. 2 und 3) unverwertbar seien, da er bei diesen, trotz Vorliegens eines Falls notwendiger Verteidigung (Art. 130 lit. b StPO, da Freiheitsstrafe drohte), nicht anwaltlich vertreten war. Er verlangte, diese Einvernahmen aus den Akten zu entfernen.
- Erwägungen der Vorinstanz: Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführer bei der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme (PV Nr. 3 vom 28. März 2022), die nach der Anordnung der amtlichen Verteidigung stattfand, anwesend war und in Anwesenheit seiner Anwältin seine früheren Aussagen bei der Polizei bestätigt hatte. Zudem habe er sich detailliert zu allen vorgeworfenen Tatsachen geäussert.
- Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte, dass der Beschwerdeführer bei der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 28. März 2022 in Anwesenheit seiner Verteidigerin seine früheren Aussagen bei der Polizei bestätigt hat. Indem er dies tat, hat er diese Aussagen ratifiziert und bewusst darauf verzichtet, dass die früheren Einvernahmen wiederholt werden (Verweis auf BGE 6B_1202/2022 E. 1.3). Damit sind die Einvernahmen trotz fehlender anwaltlicher Vertretung bei der polizeilichen Befragung verwertbar. Die Rüge bezüglich Analphabetismus wurde als unzulässig erachtet, da sie auf im Urteil nicht festgestellten Tatsachen basierte und keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt wurde.
Ergebnis: Die Rügen bezüglich der Unverwertbarkeit der Einvernahmen wurden abgewiesen.
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Zu den Strassenverkehrsdelikten (SVG):
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer bestritt die Schuldsprüche wegen Fahrens ohne vorgeschriebenen Führerausweis (Art. 95 Abs. 1 lit. a SVG), Fahrens ohne Fahrzeugausweis oder Kontrollschilder (Art. 96 Abs. 1 lit. a SVG), Fahrens ohne Haftpflichtversicherung (Art. 96 Abs. 2 SVG) und missbräuchlicher Verwendung von Ausweisen/Kontrollschildern (Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG). Subsidiarisch machte er Bagatellfälle (Art. 100 Ziff. 1 SVG) oder fahrlässige Tatbegehung geltend. Speziell zum Fahren ohne vorgeschriebenen Führerausweis (BE-Kategorie) argumentierte er, seine französische Bescheinigung über die praktische Ausbildung in Kombination mit seinem B-Ausweis sei in Frankreich zulässig und müsste gemäss Art. 42 Abs. 1 lit. a VZV auch in der Schweiz anerkannt werden.
- Erwägungen der Vorinstanz: Zum Fahren ohne vorgeschriebenen Führerausweis (BE-Kategorie) stellte die Vorinstanz fest, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte französische Bescheinigung lediglich die Teilnahme an einer Ausbildung attestiere, aber keinen BE-Führerausweis darstelle. Art. 42 Abs. 2 VZV verlange, dass die benötigte Fahrzeugkategorie auf dem Ausweis selbst klar in lateinischer Schrift vermerkt sei. Dies sei bei seinem B-Ausweis nicht der Fall gewesen.
Zu den anderen SVG-Delikten (fehlender Ausweis, Versicherung, missbräuchliche Schilder) erachtete die Vorinstanz die Aussagen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig. Er habe gewusst, dass der Fahrzeugausweis annulliert war, keine Versicherung bestand und die Schilder von anderen Fahrzeugen stammten. Die Tatsache, dass das SVG (Art. 100 Ziff. 1 SVG) auch grobfahrlässige Tatbegehung gleichstelle, mache sein Verhalten jedenfalls strafbar.
- Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte die Argumentation der Vorinstanz bezüglich Art. 95 Abs. 1 lit. a SVG und Art. 42 VZV. Letztere Bestimmung verlange klar, dass die Fahrzeugkategorie auf dem Führerausweis vermerkt sei. Die französische Bescheinigung erfülle diese Voraussetzung nicht und berechtige nicht zum Führen der BE-Kategorie in der Schweiz. Die Rüge des Bagatellfalls (Art. 100 Ziff. 1 SVG) wegen kurzer Fahrstrecke wurde als unzulässige appellatorische Rüge (auf neuen, nicht festgestellten Tatsachen basierend) abgewiesen.
Zu den anderen SVG-Delikten wies das Bundesgericht die Rüge, die Schuldsprüche basierten auf unverwertbaren Einvernahmen, zurück (siehe oben). Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe keine Absicht gehabt, sondern sei von einer gültigen Versicherung ausgegangen, wurde als unzulässige appellatorische Sachverhaltsrüge qualifiziert, die keine Willkür (auch nicht unter dem Gesichtspunkt von in dubio pro reo) aufzeige (Art. 105 Abs. 1, 97 Abs. 1, 9 BGG). Die Behauptung, bei Fahrlässigkeit liege stets ein Bagatellfall vor, wurde als Verkennung der Rechtsprechung zurückgewiesen, die für Bagatellfälle hohe Anforderungen stelle.
Ergebnis: Die Schuldsprüche wegen der SVG-Delikte wurden bestätigt.
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Zum Betrug (Art. 146 StGB):
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer bestritt den Schuldspruch wegen Betrugs. Er behauptete, er habe die Absicht gehabt, die Fahrzeuge zu verkaufen (was er schliesslich an andere getan habe). Die Vorinstanz habe seine Absicht und damit auch die Arglist zu Unrecht bejaht, indem sie auf eine angebliche "Systematik" mehrerer Fälle abstelle. Die Rückzahlung der Beträge an die Geschädigten und die Rücknahme der Anzeigen seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.
- Erwägungen der Vorinstanz: Die Vorinstanz stellte fest, dass der Beschwerdeführer die Absicht hatte, die Fahrzeuge nicht zu liefern. Dies ergebe sich aus der Wiederholung und Systematik der Fälle (Anzeige, Akontozahlung erhalten, dann Kontaktabbruch). Er habe letztlich auch zugegeben, keine Lieferabsicht gehabt zu haben und sich des Betrugs schuldig gemacht zu haben. Die Arglist liege vor, da die Täuschung über die Absicht, die Leistung zu erbringen, ein internes Faktum betreffe, das für die Geschädigten nicht überprüfbar gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe alles getan, um Seriosität vorzutäuschen (Fotos, Fahrzeugausweis, Bankkarte), so dass die Geschädigten ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt hätten.
- Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies die Rüge bezüglich der Absicht als unzulässige appellatorische Sachverhaltsrüge zurück. Die Behauptung, er habe die Absicht gehabt zu verkaufen (und dies schliesslich an andere getan), widerspreche den willkürfrei festgestellten Tatsachen und der eigenen (teilweisen) Einräumung. Die Argumentation bezüglich der "Systematik" sei relevant für die Absichtsfrage. Der Einwand, die Fälle seien "zeitlich begrenzt" und beträfen nur zwei Fahrzeuge, wurde als unerheblich und unbegründet erachtet. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die Geschädigten zurückgezahlt hat, sei für die Vollendung der Straftat irrelevant. Das Bundesgericht bestätigte die Argumentation der Vorinstanz zur Arglist gemäss ständiger Rechtsprechung, wonach die Täuschung über die Erfüllungsabsicht grundsätzlich arglistig ist.
Ergebnis: Der Schuldspruch wegen Betrugs wurde bestätigt.
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Zum Strafmass, zur Gewährung bedingter Strafen und zur Widerrufung des Aufschubs:
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer rügte, das Strafmass von 34 Monaten Freiheitsstrafe sei unverhältnismässig. Die Vorinstanz habe zu Unrecht seine Schuld als schwer qualifiziert und den bedingten Vollzug verweigert bzw. die früheren Aufschübe widerrufen. Er machte geltend, die Vorinstanz habe bei der Beurteilung seiner Schuld und der Rückfallprognose fälschlicherweise auf das Datum der Urteile statt der Taten abgestellt, die den früheren Verurteilungen zugrunde lagen (was diese Antedenzien als "alt" erscheinen liesse). Zudem habe die Vorinstanz willkürlich eine neue, noch laufende Strafuntersuchung in die Prognose einfliessen lassen, was das in dubio pro reo verletze. Die Verweigerung des Aufschubs und der Widerruf seien nicht ausreichend begründet und vorgeschlagene Verhaltensregeln seien nicht geprüft worden. Eine Geldstrafe sei möglich, da er zur Zahlung in der Lage sei (mit Hilfe seines Vaters).
- Erwägungen der Vorinstanz: Die Vorinstanz qualifizierte die Schuld als schwer angesichts der wiederholten Delikte (Betrug kurz nach einer Verurteilung zu 24 Monaten bedingt, weitere SVG-Delikte danach), der fehlenden Einsicht und des negativen Rückfallprognose. Sie wählte eine unbedingte Freiheitsstrafe, da eine Geldstrafe aufgrund seiner finanziellen Situation irrelevant sei und nur eine Freiheitsstrafe geeignet sei, ihn von weiteren Delikten abzuhalten (General- und Spezialprävention). Der bedingte Vollzug sei aufgrund der klar ungünstigen Prognose zu verweigern; die neue laufende Untersuchung wurde erwähnt. Die bedingten Strafen vom 29. Januar 2021 (Geldstrafe) und 3. Februar 2021 (Freiheitsstrafe) seien aufgrund der erneuten Delikte während der Probezeit und der ungünstigen Prognose zu widerrufen. Die Gesamtstrafe von 34 Monaten (unter analoger Anwendung von Art. 49 StGB, da neue und widerrufene Strafen gleichartig sind) sei angemessen.
- Begründung des Bundesgerichts:
- Antedenzien: Das Bundesgericht bestätigte, dass bei der Beurteilung der Antedenzien (Art. 47 StGB) und der Rückfallprognose (Art. 42, 46 StGB) auf das Datum der früheren Urteile abzustellen ist (Verweis auf BGE 105 IV 225 E. 2), nicht auf das Datum der zugrunde liegenden Taten. Die Rüge, seine Antedenzien seien "alt", wurde abgewiesen. Selbst wenn man auf die Taten abstellte, ändere die relativ kurze straffreie Periode (2018-2021) nichts an der Schwere der Schuld und der ungünstigen Prognose, insbesondere angesichts der weiteren Verurteilungen von 2021 und 2022.
- In dubio pro reo bei Prognose: Das Bundesgericht gab dem Beschwerdeführer Recht, dass die Erwähnung der laufenden Strafuntersuchung bei der Begründung der Rückfallprognose eine Verletzung von in dubio pro reo (Verweis auf BGE 6B_1082/2016 E. 6.2) darstelle. Es qualifizierte diese Verletzung jedoch als unerheblich, da die Vorinstanz die ungünstige Prognose bereits auf die zahlreichen begangenen und wiederholten Straftaten (insb. Vermögens- und SVG-Delikte) und die fehlende Einsicht gestützt habe. Diese Begründung sei für sich allein ausreichend gewesen. Die Verletzung sei somit ohne Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens.
- Strafart (Art. 41 StGB): Das Bundesgericht bestätigte die Wahl der unbedingten Freiheitsstrafe. Angesichts der Antedenzien, der fehlenden Einsicht und der ungünstigen Prognose habe die Vorinstanz ihr Ermessen nicht missbraucht, indem sie annahm, nur eine Freiheitsstrafe sei geeignet, den Beschwerdeführer von weiteren Delikten abzuhalten. Die bedingte frühere Freiheitsstrafe von 24 Monaten habe keine ausreichende Wirkung gezeigt. Der Umstand, dass er angeblich einziger Ernährer seiner Familie sei, sei angesichts des präventiven Zwecks der Strafe nicht ausreichend, um eine Freiheitsstrafe auszuschliessen. Die Begründung der Vorinstanz sei ausreichend (Art. 41 Abs. 2 StGB).
- Verweigerung bedingter Vollzug (Art. 42 StGB): Das Bundesgericht bestätigte, dass der bedingte Vollzug zu Recht verweigert wurde. Angesichts der früheren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten innerhalb der letzten fünf Jahre (Art. 42 Abs. 2 StGB) wäre ein bedingter Vollzug ohnehin nur bei besonders günstigen Umständen möglich gewesen, die hier aufgrund der wiederholten Delikte und der ungünstigen Prognose fehlten. Die (unerhebliche) Verletzung von in dubio pro reo bei der Prognosebegründung ändere daran nichts.
- Widerruf des Aufschubs (Art. 46 StGB): Das Bundesgericht bestätigte, dass die Voraussetzungen für den Widerruf (neue Straftat während der Probezeit und ungünstige Prognose) gegeben seien. Die Vorinstanz habe geprüft, ob die neue unbedingte Strafe ausreichend präventiv sei, um auf den Widerruf zu verzichten. Sie sei aber zum Schluss gekommen, dass dies angesichts der Vorgeschichte und der schnellen Rückfälligkeit nach der bedingten Freiheitsstrafe nicht der Fall sei. Auch die vorgeschlagenen Verhaltensregeln (Spielbankverbot, psychologische Betreuung, Handelsverbot) seien nicht ausreichend. Die Rüge gegen den Widerruf des Aufschubs vom 3. Februar 2021 wurde daher abgewiesen. Die Rüge gegen den Widerruf des Aufschubs vom 29. Januar 2021 wurde als unbegründet erachtet und mangels Motivation nicht geprüft (Art. 42 Abs. 2 BGG).
- Strafhöhe (Art. 47 StGB): Das Bundesgericht wies die Rüge gegen die Strafhöhe von 34 Monaten Freiheitsstrafe ab. Die Argumentation des Beschwerdeführers zur angeblich geringen Schuld (alte Antedenzien, geringe Schadenshöhe, Rückzahlung) zeige keinen Ermessensmissbrauch der Vorinstanz auf. Das Strafmass sei eine Gesamtstrafe (Art. 49 StGB analog) für die neuen und die widerrufene Strafe (24 Monate bedingt). Es umfasse nicht nur Betrug, sondern auch die mehrfachen SVG-Verstösse. Die Vorinstanz habe die Rückzahlung berücksichtigt. Das Bundesgericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz wichtige strafmassrelevante Elemente übersehen oder falsch gewichtet hätte.
Ergebnis: Die Rügen bezüglich Strafmass, bedingtem Vollzug und Widerruf bedingter Strafen wurden abgewiesen (mit Ausnahme der unschädlichen Verletzung von in dubio pro reo bei der Prognosebegründung).
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Zur Landesverweisung (Art. 66a bis StGB):
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer rügte die Anordnung der Landesverweisung (5 Jahre) als unverhältnismässig (Art. 66a bis StGB, Art. 8 EMRK). Er machte geltend, die Delikte (insb. Betrug) seien "klein" gewesen und vollständig kompensiert. Die Vorinstanz habe zu Unrecht ignoriert, dass er EU-Bürger sei und das Freizügigkeitsabkommen (FZA) ihm ein Recht auf Aufenthalt gebe. Die früheren Taten seien "alt". Er habe starke Bindungen zur Schweiz durch jährliche Aufenthalte mit seiner Familie und seiner Gemeinschaft der "gens du voyage" seit seiner Kindheit, und er arbeite hier. Eine Ausweisung sei ein schwerer Eingriff in sein Familien- und Privatleben.
- Erwägungen der Vorinstanz: Die Vorinstanz ging korrekt von einer fakultativen Landesverweisung (Art. 66a bis StGB) aus. Sie bejahte das öffentliche Interesse an der Ausweisung aufgrund der zahlreichen Delikte (Betrug, SVG-Verstösse) trotz Vorstrafen, was seine Unfähigkeit zeige, die Schweizer Rechtsordnung zu respektieren. Das private Interesse, in der Schweiz zu bleiben, sei gering. Obwohl er sich jährlich/alle zwei Jahre für 3-6 Monate mit seiner Grossfamilie in der Schweiz aufhalte (auf Wohnwagenplätzen) und als selbständiger Maler arbeite, habe er keine konkreten Bindungen zur Schweiz. Er lebe die restliche Zeit in Frankreich und könne dies auch weiterhin tun. Seine berufliche Tätigkeit könne er auch in Frankreich ausüben. Eine Ausweisung stelle keine "schwere persönliche Härte" (Kriterium des zwingenden Härtefalls nach Art. 66a Abs. 2 StGB, hier irrelevant) dar. Das öffentliche Interesse überwiege. Die Dauer von 5 Jahren sei angemessen.
- Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte zunächst die Einschätzung der Vorinstanz, dass es sich um eine fakultative Landesverweisung (Art. 66a bis StGB) handle. Es bestätigte auch die Einschätzung der Vorinstanz, dass das öffentliche Interesse angesichts der wiederholten und vielfältigen Straftaten (Betrug, SVG) schwer wiege und seine Unfähigkeit zeige, die Schweizer Rechtsordnung einzuhalten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es handle sich um "kleine Delikte", wurde zurückgewiesen.
Zum privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz bestätigte das Bundesgericht die Einschätzung der Vorinstanz. Er habe keine tatsächlichen Bindungen zur Schweiz, da er nur sporadisch für 3-6 Monate pro Jahr oder alle zwei Jahre hier weile und seine Familie die meiste Zeit nicht hier sei. Seine Situation sei nicht mit der eines Ausländers vergleichbar, der seit Jahren hier lebe, arbeite und eine Familie gegründet habe.
ABER (Entscheidender Punkt): Das Bundesgericht stellte fest, dass die Vorinstanz zwar die französische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen hatte, jedoch nicht geprüft hatte, ob das Freizügigkeitsabkommen (FZA) seiner Landesverweisung entgegenstehen könnte. Obwohl das FZA die Strafgesetzgebung als solche nicht beeinflusse, müsse die Schweiz bei der Auslegung der Bestimmungen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen berücksichtigen. Gemäss Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dürften die Rechte aus dem Abkommen nur durch Massnahmen eingeschränkt werden, die durch Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt seien. Eine Landesverweisung gegen einen EU-Bürger müsse daher konkret verhältnismässig im Hinblick auf den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sein (Verweis auf BGE 145 IV 364 E. 3.4.1 und 3.9; BGE 145 IV 55 E. 3 und 4).
Das Bundesgericht könne diese Prüfung nicht erstmals selbst vornehmen, da dies dem Beschwerdeführer eine Gerichtsinstanz entziehen würde.
Ergebnis: Das Urteil der Vorinstanz wurde hinsichtlich der Landesverweisung aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die Vorinstanz muss prüfen, ob der Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht gemäss FZA geltend machen kann und, falls ja, ob seine Landesverweisung unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA verhältnismässig ist.
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Zu den Zivilforderungen:
- Standpunkt des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer beantragte, festzustellen, dass die Zivilforderungen bezahlt seien.
- Begründung des Bundesgerichts: Dieser Punkt wurde vom Beschwerdeführer in keiner Weise begründet (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG).
- Ergebnis: Die Rüge wurde als unzulässig erachtet.
Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht hiess die Beschwerde teilweise gut, soweit sie zulässig war. Es hob das Urteil der Vorinstanz bezüglich der Landesverweisung auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung in diesem Punkt an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
- Das Urteil in Abwesenheit (Default-Urteil) und die Verwertbarkeit der Einvernahmen wurden vom Bundesgericht als rechtmässig befunden.
- Die Schuldsprüche wegen der Strassenverkehrsdelikte und des Betrugs wurden bestätigt. Die Argumente des Beschwerdeführers gegen die Arglist beim Betrug und die Annahme der Absicht wurden abgewiesen.
- Das Strafmass, die Verweigerung des bedingten Vollzugs und die Widerrufung der früheren bedingten Strafen wurden vom Bundesgericht bestätigt. Die Begründung der ungünstigen Rückfallprognose unter Verweis auf eine laufende Untersuchung verletzte zwar das in dubio pro reo, dies wurde aber als unschädlich erachtet, da die Prognose bereits aufgrund der zahlreichen Vorstrafen ungünstig war.
- Die Anordnung der Landesverweisung wurde aufgehoben und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Der Grund dafür war, dass die Vorinstanz die Implikationen des Freizügigkeitsabkommens für den französischen Staatsangehörigen nicht geprüft und insbesondere keine spezifische Verhältnismässigkeitsprüfung unter diesem Gesichtspunkt vorgenommen hatte.
- Die Zivilforderungen betreffende Rüge war unbegründet und wurde nicht geprüft.