Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils des schweizerischen Bundesgerichts 5A_800/2024 vom 9. Mai 2025:
Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 5A_800/2024 vom 9. Mai 2025
1. Einführung und Prozessgeschichte
Das Urteil des Bundesgerichts (BGer) 5A_800/2024 vom 9. Mai 2025 betrifft eine Beschwerde in Zivilsachen gegen einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 15. Oktober 2024. Streitgegenstand ist primär die Einräumung eines Rechts auf persönlichen Verkehr (Besuchsrecht) der Grossmutter mütterlicherseits (Beschwerdegegnerin B._) mit ihren beiden Enkelkindern D._ (geb. 2017) und E._ (geb. 2018) nach dem Tod der Kindsmutter F._. Der Beschwerdeführer A._ ist der Vater der Kinder und Ehemann der verstorbenen F._.
Die Kindesschutzmassnahmen begannen, nachdem der Vater die Kinder gegen den Willen der Mutter von U.__ in die Schweiz verbracht hatte. Nach Einreise der Mutter wurde zunächst ein begleitetes Besuchsrecht der Mutter angeordnet, wobei die KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde) eine Besuchsbeistandschaft errichtete. Eine umfassende Vereinbarung zwischen den Eltern im Eheschutzverfahren führte zur schrittweisen Ausdehnung des mütterlichen Besuchsrechts. Ende 2023 stellte die Beiständin einen anhaltenden Loyalitätskonflikt bei den Kindern fest und rapportierte, dass der Vater keine Bindung zwischen Kindern und Mutter zulasse, woraufhin die KESB eine sozialpädagogische Familienbegleitung für den väterlichen Haushalt anordnete.
Ein tragisches Ereignis veränderte die Situation grundlegend: Die Mutter wurde vermisst gemeldet und im Januar 2024 tot aufgefunden, woraufhin der Vater verhaftet wurde und sich seither in Untersuchungshaft befindet (Stand 9. Mai 2025). Die KESB entzog dem Vater superprovisorisch das Aufenthaltsbestimmungsrecht und platzierte die Kinder in einer Institution. Im folgenden KESB-Verfahren, an dem sich auch die Familie der Mutter beteiligte (Bruder H._ und Mutter B._ reisten in die Schweiz ein), ging es um den Verbleib der Kinder. Obwohl die Familie der Mutter zunächst die Obhut beanspruchte, erklärte sie sich später mit einer Unterbringung bei der väterlichen Grossmutter C.__ während der Haft des Vaters einverstanden, beantragte jedoch ein Kontaktrecht für sich.
Die KESB bestätigte im Juni 2024 den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts des Vaters nicht, nahm aber dessen Einverständnis zur Unterbringung der Kinder bei seiner Mutter C._ während seiner Haft Vormerk. Gleichzeitig räumte sie gestützt auf Art. 274a Abs. 1 ZGB der Grossmutter mütterlicherseits B._ ein Besuchsrecht ein (zweiwöchentlich begleitet im Besuchstreff, später monatliche Videoanrufe). Die Kosten für die Durchführung der Kontakte im Besuchstreff auferlegte die KESB dem Vater.
Gegen diesen Entscheid reichten der Vater (A._) und die väterliche Grossmutter (C._) Beschwerde beim Obergericht ein. Das Obergericht wies die Beschwerde des Vaters ab, soweit es darauf eintrat, und sistierte das physische Besuchsrecht, bis es in kindgerechtem Rahmen ausgeübt werden könne, behielt aber die Videoanrufe bei.
Mit Beschwerde in Zivilsachen gelangte der Vater (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht und beantragte im Wesentlichen die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Rückweisung zur Durchführung eines Hauptsacheverfahrens mit neuer Kindesvertretung. Eventualiter beantragte er die Verweigerung des Besuchsrechts der Beschwerdegegnerin B.__ bzw. dessen starke Einschränkung.
2. Prozessuale Vorfragen vor Bundesgericht
Das Bundesgericht prüfte vorab mehrere formelle Rügen des Beschwerdeführers, die aber grösstenteils abgewiesen wurden:
- Auswechslung des Spruchkörpers (Art. 30 Abs. 1 BV): Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung des Rechts auf ein durch Gesetz geschaffenes Gericht, da die Besetzung des Obergerichts ohne Angabe sachlicher Gründe geändert worden sei. Das BGer stellte fest, dass die Vorinstanz tatsächlich keine Gründe für die Änderung mitteilte. Allerdings habe der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, dem die Änderung mitgeteilt wurde, es unterlassen, sich nach den Gründen zu erkundigen und stattdessen den für ihn negativen Entscheid abgewartet, um die Rüge zu erheben. Ein solches Vorgehen sei mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar und führe zur Verwirkung der Rüge (E. 3.1).
- Befangenheit (Art. 30 BV): Eine Rüge der Befangenheit eines KESB-Mitglieds wurde abgewiesen, da der Beschwerdeführer sie auf Tatsachen stützte, die nicht im angefochtenen Entscheid festgestellt wurden und für die er keine tauglichen Sachverhaltsrügen erhob (E. 3.2).
- Rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV): Der Beschwerdeführer machte eine Verletzung des Replikrechts geltend. Das BGer liess offen, ob eine Verletzung vorlag, da der Beschwerdeführer nicht darlegte, welche Vorbringen er bei Gewährung des Replikrechts gemacht hätte und inwiefern diese für den Ausgang des Verfahrens erheblich gewesen wären. Die Rüge ziele daher ins Leere (E. 3.3).
- Untersuchungsmaxime und Sachverhaltsfeststellung (Art. 446 ZGB, Art. 29 Abs. 2 BV, Willkür): Der Beschwerdeführer rügte die Nichtberücksichtigung von Strafakten und anderer angeblicher Noven durch das Obergericht. Das BGer hielt fest, dass im Geltungsbereich der uneingeschränkten Untersuchungsmaxime (Art. 446 ZGB) Noven bis zur Urteilsberatung eingebracht werden können. Die Ankündigung des Eintritts in die "Urteilsphase" markiere diesen Zeitpunkt. Die Weigerung der Vorinstanz, danach eingereichte Noven zu berücksichtigen, sei keine Verletzung der Untersuchungsmaxime oder des rechtlichen Gehörs und nicht willkürlich. Die Rügen seien unbegründet (E. 3.5).
- Aktenführung: Rügen gegen die Aktenführung der KESB wurden als unbeachtlich abgewiesen, da Anfechtungsobjekt nur der vorinstanzliche Entscheid sei und keine konkrete Relevanz für das Verfahren aufgezeigt werde (E. 3.6).
- Rechtsverweigerung: Eine pauschale Rüge der Rechtsverweigerung wurde mangels Begründung nicht behandelt (E. 3.7).
- Weisung an Beschwerdegegnerin/Söhne (Art. 292 StGB): Der Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerdegegnerin und ihren Söhnen unter Strafandrohung zu untersagen, mit Medien zu sprechen oder Verfahrensinhalte preiszugeben, wurde als unzulässiges neues Begehren im bundesgerichtlichen Verfahren (Art. 99 Abs. 2 BGG) abgewiesen. Zudem basierten die Vorwürfe auf Sachverhaltselementen, die nicht im angefochtenen Entscheid festgestellt wurden und für die keine tauglichen Sachverhaltsrügen vorlagen (E. 1.3, E. 4).
3. Materielle Prüfung des Rechts auf Persönlichen Verkehr (Art. 274a ZGB)
Kern des Urteils ist die Anwendung von Art. 274a Abs. 1 ZGB, wonach Dritten (insbesondere Verwandten) bei Vorliegen ausserordentlicher Umstände ein Recht auf persönlichen Verkehr eingeräumt werden kann, sofern dies dem Wohle des Kindes dient.
- Ausserordentliche Umstände: Das Bundesgericht bestätigt (unter Verweis auf BGE 147 III 209 E. 5.1), dass der Tod eines Elternteils einen solchen ausserordentlichen Umstand darstellt, der die Einräumung des persönlichen Verkehrs zugunsten der Verwandten des verstorbenen Elternteils grundsätzlich rechtfertigt, um die Beziehungen aufrechtzuerhalten. Diese Voraussetzung ist unbestritten erfüllt (E. 5.2).
- Kindeswohl: Die entscheidende Frage ist, ob der eingeräumte persönliche Verkehr dem Wohl der Kinder dient. Das BGer prüft die diesbezüglichen Rügen des Beschwerdeführers im Detail und hält fest, dass nach Art. 274a ZGB einzig das Interesse des Kindes relevant ist (E. 5.3).
- Vorinstanzliche Begründung: Das Obergericht hatte festgestellt, dass der Kontakt zur Beschwerdegegnerin das Wohl der Kinder klar fördere, dringend notwendig sei, um den Kindern in der schwierigen Situation Halt, Geborgenheit und Raum für Trauer zu bieten, und dass die Kontakte im Interesse des Kindeswohls behördlich geregelt werden müssten, da weder der Vater noch die väterliche Grossmutter einen Kontakt zulassen würden. Ein Beziehungsabbruch zur mütterlichen Grossmutter wäre dem Kindeswohl abträglich, da die Kinder (gemäss Vorinstanz) nur in diesem Verhältnis Raum für die Trauer um die Mutter erhielten (E. 5.4).
- Rügen des Beschwerdeführers und Würdigung durch das BGer:
- Unklare Kindeswohl-Begründung: Der Beschwerdeführer rügte, der Entscheid sei unklar begründet. Das BGer verneinte dies angesichts der detaillierten Ausführungen der Vorinstanz (E. 5.5).
- Bindung: Der Beschwerdeführer bestritt eine enge Bindung. Das BGer bestätigte die Vorinstanz, dass Art. 274a ZGB keinen strikten Nachweis einer bestehenden engen Bindung erfordere. Zudem sei ein Kontaktabbruch zur mütterlichen Familie auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen. Die Vorinstanz habe festgestellt, dass sich die Kinder sehr wohl an die Beschwerdegegnerin erinnert hätten und die wieder aufgenommenen Kontakte herzlich verlaufen seien, von den Kindern genossen und auch für die Zukunft gewünscht würden. Diese Feststellungen seien für das BGer verbindlich, da der Beschwerdeführer keine tauglichen Sachverhaltsrügen erhoben habe (E. 5.6).
- Kindeswohlgefährdung durch mütterliche Familie: Der Beschwerdeführer behauptete eine Kindeswohlgefährdung, z.B. durch angebliche Entführungsgefahr oder Drohungen des Onkels. Das BGer wies diese Rügen zurück, da sie sich auf Sachverhaltselemente stützten, die nicht im angefochtenen Entscheid festgestellt wurden und für die keine tauglichen Rügen erhoben wurden. Die Vorinstanz habe zu Recht auf bestehende Schutzmassnahmen (Ausreisebeschränkung, Präventivausschreibung) verwiesen und objektivierbare Hinweise auf eine Gefährdung durch die mütterliche Familie verneint. Auch die Vorwürfe, die Kinder würden als Mittel zum Zweck benutzt oder eine Entfremdung drohe, wies das BGer unter Verweis auf die vorinstanzliche Würdigung zurück, die keine Kindeswohlgefährdung sah. Die Feststellung der Vorinstanz, dass der Ursprung eines Loyalitätskonflikts beim Beschwerdeführer liege, sei durch dessen dokumentierte Verweigerungshaltung bestätigt (E. 5.7.1-5.7.3).
- Ressourcen und Trauerarbeit: Die Bedeutung der Ressourcen der mütterlichen Familie oder die Feststellung, dass die Kinder nur bei der Beschwerdegegnerin Raum für Trauer erhalten, seien unerheblich, da die Rügen des Beschwerdeführers diesbezüglich die Sachverhaltsrüge-Anforderungen nicht erfüllten (E. 5.7.4).
- Sprachkenntnisse: Die Rüge, die fehlenden Arabischkenntnisse der Kinder stünden einem Besuchsrecht entgegen, wurde zurückgewiesen. Die Vorinstanz habe verbindlich festgestellt, dass die Kinder Arabisch verstehen und eine Übersetzung bei Bedarf über die Beistandschaft organisiert werden könne. Diese Feststellungen seien nicht zu beanstanden (E. 5.7.5).
- Fazit zum Kindeswohl: Das BGer hält fest, dass die Rügen des Beschwerdeführers gegen die Einräumung des persönlichen Verkehrs sowie gegen den Verzicht auf Begleitung oder Anwesenheit einer übersetzenden Person unbegründet seien. Es liege keine Verletzung von Art. 274a, Art. 307 ZGB, Art. 11 BV oder Art. 3 Abs. 1 KRK vor. Der persönliche Verkehr mit der Beschwerdegegnerin diene dem Kindeswohl (E. 5.9).
4. Prüfung der angeordneten Weisung und Kosten
- Weisung unter Strafandrohung (Art. 273 Abs. 2 i.V.m. Art. 292 StGB): Dem Vater wurde die Weisung erteilt, das Besuchsrecht einzuhalten, unter Androhung einer Ungehorsamsstrafe. Der Beschwerdeführer rügte, er habe aufgrund seiner Haft keinen Einfluss darauf und sei nicht kooperationsunwillig. Das BGer wies dies zurück. Der Beschwerdeführer sei alleinsorgeberechtigt, woran die Haft nichts ändere. Seine wiederholte Weigerung, behördliche Vorgaben zum Umgang mit der Mutter umzusetzen, sei dokumentiert. Die Weisung sei daher notwendig, geeignet und verhältnismässig, um seinen Defiziten entgegenzuwirken; mildere Massnahmen seien nicht zielführend (E. 6.1).
- Kosten für Besuchstreff (Art. 276 Abs. 2 ZGB): Die Kosten für die Videokontakte im Besuchstreff wurden dem Beschwerdeführer auferlegt. Das BGer bestätigte die Vorinstanz, wonach die Anordnung des Besuchstreffs aufgrund der Verweigerungshaltung des Beschwerdeführers notwendig geworden sei und eine Kostenübernahme durch die Beschwerdegegnerin unbillig wäre. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, seine Verweigerungshaltung sei unklar oder der Besuchstreff sei wegen der mütterlichen Familie nötig, wies das BGer als unbehelflich zurück. Die Kostenregelung verletze kein Bundesrecht (E. 6.2).
5. Kosten des Rechtsmittelverfahrens
Die Rügen des Beschwerdeführers gegen die Kostenverteilung im erst- und vorinstanzlichen Verfahren wies das BGer ab bzw. trat nicht darauf ein, da sich diese nach kantonalem Recht richten und die Rügen die erhöhten Begründungsanforderungen für die Rüge der Willkür (Art. 9 BV) nicht erfüllten (E. 7).
6. Ergebnis
Die Beschwerde des Beschwerdeführers wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen, da die Beschwerde als aussichtslos galt. Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
- Das Bundesgericht bestätigte die Einräumung eines Rechts auf persönlichen Verkehr (Besuchsrecht per Videoanruf) der Grossmutter mütterlicherseits mit ihren Enkelkindern gemäss Art. 274a ZGB.
- Der Tod eines Elternteils stellt einen ausserordentlichen Umstand dar, der ein solches Besuchsrecht zugunsten der Verwandten rechtfertigen kann.
- Entscheidend war die Prüfung des Kindeswohls: Das BGer bestätigte die vorinstanzliche Feststellung, dass der Kontakt zur Grossmutter dem Wohl der Kinder dient, ihnen Halt und Raum für die Trauer um die Mutter gibt.
- Rügen des Vaters (Beschwerdeführers) gegen das Kindeswohl (angeblich fehlende Bindung, Gefahr durch die mütterliche Familie, Instrumentalisierung, Entfremdungsgefahr, Sprachbarriere) wurden vom BGer zurückgewiesen, da sie entweder auf nicht im Entscheid festgestellten Tatsachen basierten oder die vorinstanzliche Würdigung des Sachverhalts nicht als willkürlich oder bundesrechtswidrig ausgewiesen werden konnte.
- Die dem Vater unter Strafandrohung erteilte Weisung zur Einhaltung des Besuchsrechts wurde als verhältnismässig und notwendig bestätigt, angesichts seiner dokumentierten mangelnden Kooperationsbereitschaft bei der Umsetzung des Kontakts.
- Die Auferlegung der Kosten für die Durchführung der Videoanrufe im Besuchstreff an den Vater wurde ebenfalls bestätigt, da seine Verweigerungshaltung die Notwendigkeit einer strukturierten Umgebung begründet hatte.
- Zahlreiche formelle Rügen des Beschwerdeführers (Spruchkörper, Befangenheit, rechtliches Gehör, Noven, Aktenführung) wurden vom BGer abgewiesen.
Dies stellt die detaillierte Begründung des Bundesgerichts für die Abweisung der Beschwerde des Vaters dar.