Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_204/2025 vom 14. Mai 2025

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Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_204/2025 vom 14. Mai 2025:

1. Einleitung und Streitgegenstand

Das Bundesgericht (II. öffentlich-rechtliche Abteilung) hatte über eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen ein Urteil der Cour de justice des Kantons Genf vom 13. März 2025 zu entscheiden. Streitgegenstand war die Rechtmässigkeit der Administrativhaft (Administrativhaft) eines algerischen Staatsangehörigen (A.__) zur Sicherung seiner Wegweisung aus der Schweiz.

2. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer A.__, geboren 1993 und algerischer Staatsangehöriger, kam 2006 im Rahmen des Familiennachzugs zu seinem Vater in die Schweiz. Seine Aufenthaltsbewilligung wurde 2015 vom Staatssekretariat für Migration (SEM) nicht verlängert, und es wurde eine Wegweisungsverfügung erlassen, die in Rechtskraft erwuchs.

Gemäss Strafregisterauszug vom Februar 2025 wurde A.__ zwischen 2014 und 2024 in der Schweiz achtzehnmal strafrechtlich verurteilt, unter anderem wegen Diebstahl, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Vorbereitung eines Raubes, Gefährdung des Lebens, rechtswidriger Aufenthalt, Bannbruch, Hinderung einer Amtshandlung und Verstoss gegen das Waffengesetz. Bei einigen dieser Delikte (Vorbereitung eines Raubes, Gefährdung des Lebens) handelt es sich um Verbrechen gemäss Art. 10 Abs. 2 StGB. Gegen ihn ergingen zwei aufeinanderfolgende Einreiseverbote sowie zwei gerichtliche Ausweisungen (2019 für 5 Jahre, 2020 für 20 Jahre).

Im Mai 2023 stellte A.__ ein Asylgesuch, das im September 2023 vom SEM abgelehnt wurde und im Oktober 2023 in Rechtskraft erwuchs.

Nachdem die Bemühungen zur Wegweisung des Beschwerdeführers im August 2024 wieder aufgenommen worden waren, teilte das SEM den Genfer Behörden im November 2024 mit, dass das algerische Generalkonsulat den Beschwerdeführer identifiziert habe. Ein Konsulargespräch sei für die Ausstellung eines Laissez-passer unabdingbar. Bei einer Anhörung im Dezember 2024 im Rahmen einer Ausreisebefragung lehnte der Beschwerdeführer eine Wegweisung nach Algerien ab, erklärte sich aber bereit, nach Deutschland auszureisen (wo seine Mutter leben soll). Ein daraufhin gestelltes Gesuch um Wiederaufnahme durch die deutschen Behörden wurde im Dezember 2024 abgelehnt. Am 5. Februar 2025, während er sich noch in Strafhaft befand, weigerte sich A.__, zu einem anberaumten Konsulargespräch zu erscheinen.

Nach Verbüssung seiner Strafen wurde A.__ am 16. Februar 2025, dem Tag seiner Entlassung, vom Polizeikommissär des Kantons Genf in Administrativhaft genommen. Die Dauer der Haft wurde auf vier Monate festgesetzt, bis zum 15. Juni 2025. Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht (Tribunal administratif de première instance) bestätigte die Haft am 19. Februar 2025. Am 26. Februar 2025 wurde der Beschwerdeführer schliesslich von den algerischen Behörden angehört. Die Cour de justice wies die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Urteil am 13. März 2025 ab. Zum Zeitpunkt dieses Urteils warteten die Schweizer Behörden noch auf das Ergebnis des Konsulargesprächs vom 26. Februar 2025.

3. Verfahren vor Bundesgericht

Der Beschwerdeführer beantragte vor Bundesgericht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und seine sofortige Freilassung. Eventualiter beantragte er eine Reduktion der Haftdauer oder die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Er stellte zudem ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.

4. Massgebende Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde in rechtlicher Hinsicht frei (Art. 95 lit. a, 106 Abs. 1 BGG), wobei Rügen der Verletzung von Grundrechten erhöhte Begründungsanforderungen unterliegen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Bei der Sachverhaltsfeststellung ist das Bundesgericht an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden, es sei denn, diese wurden willkürlich oder unter Verletzung von Recht festgestellt (Art. 105 Abs. 1, 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen oder Beweismittel sind grundsätzlich unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

  • Rüge formeller Natur (Gehörsverletzung, Inquisitionsmaxime): Der Beschwerdeführer machte geltend, die Vorinstanz habe eine Tatsache berücksichtigt (Kontaktaufnahme mit algerischen Behörden im Herbst 2024), die nicht im Dossier sei. Das Bundesgericht wies diese Rüge als unbegründet zurück. Der Kontakt mit den algerischen Behörden im Herbst 2024 gehe aus dem SYMIC-Auszug hervor, der sich im Dossier der Vorinstanz befand. Es handle sich daher nicht um eine neue Tatsache, und die Vorinstanz musste nicht ausdrücklich erwähnen, dass diese Tatsache aus dem SYMIC-Auszug stammt.

  • Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV): Der Beschwerdeführer beanstandete, die Vorinstanz habe ignoriert, dass er lange in Strafhaft war und die Behörden bereits 2016 Bemühungen zur Wegweisung eingeleitet hatten. Dies belege, dass die Behörden während seiner Strafhaft untätig geblieben seien und somit den Beschleunigungsgrundsatz verletzt hätten.

    • Das Bundesgericht erachtete diese Rüge als haltlos. Die Vorinstanz habe sehr wohl festgestellt, dass die Administrativhaft am Tag der Entlassung aus der Strafhaft angeordnet wurde. Zudem habe sie detailliert dargelegt, welche Schritte die zuständigen Behörden unternommen hätten, einschliesslich während der Strafhaft. Die Wiederaufnahme der Bemühungen im August 2024 und die Identifizierung im November 2024 gingen aus dem SYMIC-Auszug hervor. Die Frage, ob diese Schritte genügend waren, um den Beschleunigungsgrundsatz zu wahren, sei eine Rechtsfrage, keine Frage der Sachverhaltsfeststellung. Die Rüge sei im Übrigen appellatorisch.
  • Grundsatz der Administrativhaft (Art. 75, 76 AIG): Der Beschwerdeführer bestritt zu Recht nicht das Vorliegen eines Haftgrundes.

    • Das Bundesgericht bestätigte das Vorliegen eines Haftgrundes gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 lit. h des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG). Der Beschwerdeführer wurde rechtskräftig weggewiesen (seit 2015) und wegen mehrerer Delikte verurteilt, die als Verbrechen qualifiziert sind (Diebstahl, Vorbereitung Raub, Gefährdung des Lebens gemäss StGB). Dies stellt einen gesetzlich vorgesehenen Haftgrund dar. Die angeordnete Haft (bis 15. Juni 2025) basiere somit im Grundsatz auf einem gültigen Haftgrund.
  • Prüfung des Beschleunigungsgrundsatzes (Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK, Art. 76 Abs. 4 AIG): Der Beschwerdeführer machte geltend, der Grundsatz der Célérité sei verletzt worden, da die Behörden vor seiner Administrativhaft (seit 16. Februar 2025) keine Schritte unternommen hätten, obwohl er seit August 2024 in Strafhaft war.

    • Das Bundesgericht führte aus, dass gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. f der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) der Freiheitsentzug nur gerechtfertigt ist, solange ein Ausweisungsverfahren läuft und dieses mit der gebotenen Sorgfalt und Diligence geführt wird (EGMR-Praxis). Art. 76 Abs. 4 AIG verlangt ebenfalls, dass die notwendigen Schritte zur Vollziehung der Wegweisung ohne Verzug unternommen werden.
    • Gemäss konstanter Rechtsprechung (z.B. BGE 139 I 206) gilt der Beschleunigungsgrundsatz als verletzt, wenn über mehr als zwei Monate keine Massnahmen zur Wegweisung ergriffen wurden, es sei denn, die Verzögerung ist primär auf das Verhalten der ausländischen Behörden oder des Betroffenen zurückzuführen. Die Behörden müssen aktiv, ernsthaft und hartnäckig bemüht sein, die Wegweisung zu vollziehen, einschliesslich der Identitätsfeststellung und Papierbeschaffung, und sie müssen die ausländischen Behörden drängen.
    • Das Bundesgericht betonte (unter Verweis auf BGE 130 II 488), dass die Behörden nach Möglichkeit die notwendigen Schritte zur Vollzugsvorbereitung bereits während der Straf- oder Untersuchungshaft einleiten müssen, um Administrativhaft nach Entlassung zu vermeiden oder zu verkürzen. Dies dient der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel.
    • Das Bundesgericht gab dem Beschwerdeführer insofern Recht, als die Prüfung des Beschleunigungsgrundsatzes nicht nur die Zeit der Administrativhaft, sondern auch die vorangegangene Strafhaft umfassen muss. Die Vorinstanz habe sich daher zu Unrecht auf die Zeit ab 16. Februar 2025 beschränkt. ABER: Gestützt auf die verbindlichen Sachverhalte der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) hätten die zuständigen fremdenrechtlichen Behörden den Beschleunigungsgrundsatz beachtet, da sie bereits während der Strafhaft des Beschwerdeführers Schritte unternommen hätten. Konkret nahmen sie Ende August 2024 Kontakt mit den algerischen Behörden auf (etwa eine Woche nach Beginn der Strafhaft und fast sechs Monate vor der Administrativhaft). Diese Bemühungen führten zur Identifizierung des Beschwerdeführers am 27. November 2024. Darauf folgten weitere Schritte: Anhörung im Dezember 2024, Gesuch um Wiederaufnahme in Deutschland (abgelehnt im Dezember 2024). Ein für den 5. Februar 2025 angesetztes Konsulargespräch (noch während Strafhaft) wurde vom Beschwerdeführer verweigert. Trotz seiner mangelnden Kooperation blieben die Behörden nicht untätig, sondern ordneten unverzüglich eine weitere Anhörung an, die schliesslich am 26. Februar 2025 stattfand (während Administrativhaft). Zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils wurde noch auf das Ergebnis dieser Anhörung gewartet.
    • Das Bundesgericht schloss, dass den Behörden, die zahlreiche Schritte bereits vor der Administrativhaft unternommen hätten, keine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes vorgeworfen werden könne. Die Administrativhaft sei in dieser Hinsicht rechtmässig.
  • Prüfung der Verhältnismässigkeit (Art. 96 AIG, Art. 5 Abs. 2, 36 Abs. 3 BV): Der Beschwerdeführer rügte, die Vorinstanz habe gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen, indem sie seine privaten Interessen (Gesundheitsprobleme) nicht berücksichtigt habe.

    • Das Bundesgericht hielt fest, dass Administrativhaft einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt und verhältnismässig sein muss (Art. 10 Abs. 2 BV). Die Maximaldauer beträgt grundsätzlich sechs Monate (Art. 79 Abs. 1 AIG), eine Verlängerung ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.
    • Der Beschwerdeführer machte geltend, er leide unter physischen und psychischen Gesundheitsproblemen aufgrund seiner schwierigen Lebensgeschichte. Er präzisierte jedoch weder die Art seiner Probleme noch inwiefern diese der Administrativhaft oder deren Dauer von vier Monaten entgegenstünden. Das Bundesgericht befand, dass die blosse Behauptung von Gesundheitsproblemen nicht ausreiche, um die Haft als unverhältnismässig erscheinen zu lassen. Die Haftdauer von vier Monaten liege zudem unter dem gesetzlichen Maximum. Die Frage einer allfälligen Verlängerung der Haft über den 15. Juni 2025 hinaus sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
    • Der Beschwerdeführer brachte auch vor, er habe nichts mit Algerien zu tun und sei in Deutschland geboren, und zitierte Art. 80 Abs. 6 lit. a AIG (Unmöglichkeit oder Unzulässigkeit des Vollzugs). Das Bundesgericht verwies auf die Rechtsprechung, wonach die Haft aufgehoben werden muss, wenn der Vollzug aus rechtlichen (z.B. Non-Refoulement gemäss Art. 3 EMRK, Unzumutbarkeit gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG) oder tatsächlichen Gründen (z.B. schwere, den Transport hindernde Gesundheitsprobleme, Verweigerung der Wiederaufnahme durch Heimatstaat) unmöglich ist.
    • Im vorliegenden Fall berief sich der Beschwerdeführer nicht auf Art. 3 EMRK und machte auch nicht geltend, seine Gesundheitsprobleme würden ihn einer unmenschlichen Behandlung aussetzen oder konkret den Transport verunmöglichen. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine Unmöglichkeit des Vollzugs schliessen liessen und somit die Haft rechtfertigen würden.
    • Zusammenfassend fand das Bundesgericht angesichts der zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und seiner Weigerung, nach Algerien zurückzukehren, keine Elemente, welche die Verhältnismässigkeit der angeordneten Administrativhaft in Frage stellen würden. Die Rüge sei unbegründet.

5. Ergebnis und Kosten

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wurde abgewiesen, da die Beschwerde von vornherein als aussichtslos erschien. In Anbetracht der finanziellen Situation des Beschwerdeführers wurden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es wurde keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

6. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht bestätigte die Rechtmässigkeit der Administrativhaft des Beschwerdeführers zur Sicherung der Wegweisung. Wesentliche Punkte der Begründung sind: * Es liegt ein gesetzlicher Haftgrund vor, insbesondere aufgrund der schweren strafrechtlichen Vorstrafen des Beschwerdeführers (Verbrechen). * Der Beschleunigungsgrundsatz (Célérité) wurde nicht verletzt. Die Behörden haben bereits während der vorangegangenen Strafhaft des Beschwerdeführers aktive Schritte zur Vollzugsvorbereitung unternommen (Kontaktaufnahme, Identifizierung, Anhörungsversuche). Die Verzögerung beim Konsulargespräch war primär auf die Weigerung des Beschwerdeführers zurückzuführen. * Die angeordnete Haftdauer von vier Monaten ist verhältnismässig und liegt unter der gesetzlichen Maximaldauer. * Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vollzug der Wegweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich wäre (z.B. aufgrund der Gesundheitsprobleme), was die Aufhebung der Haft rechtfertigen würde.